. 12. Fortſ. 1 8 blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Ar. 51. E ˙» Abonnementseinladung. Mit dem 1. Juli beginnt ein neues Quartal dieſes Blattes und laden zum Abonnement hierauf ergebenſt ein. Die Expedition. Politiſches Berlin, 25. Juni. Abermals hat ſich im Schooße des deutſchen Kaiſerhauſes eine freudige Familienfeier vollzogen, die Vermählung des Prinzen Frledrich Leopold von Preußen, des einzigen Sohnes des berühmten Heerführers und Reitergenerals Prin⸗ zen Friedrich Karl von Preußen, mit Prinzeſſin Duiſe von Schleswig⸗Holſtein, der Schweſter der kegierenden deutſchen Kaiſerin. Die hohe Braut, welche am Sonnabend früh von Dresden, ihrem kisherigen Wohnfitze, mittelſt Extrazuges abgereiſt war, wurde in Falkenberg vom Berliner Oberſchloß⸗ bauptmann Grafen v. Dänhoff und anderen oberen Hoſbeamten, ferner dem commandirenden General des 4. Armeekorps v. Häniſch und dem Oberptäſi⸗ denten der Provinz Sachſen v. Wolff feierlichſt em⸗ pfangen und ſodann über Jüterbog, woſelbſt eben⸗ falls großer Empfang ſtattfand, nach Berlin geleitet und hier auf dem Potsdamer Bahnhofe vom Ober⸗ ſtallmeiſter v. Rauch, dem Gouverneur von Berlin und General⸗Oberſten der Infanterie v. Pape, dem Commandanten von Berlin Generallieutnant Grafen v. Schlieffen und dem Polizeipräfidenten v. Richt⸗ hofen begrüßt. Nachdem ſich die Prinzeſſin Braut mittelſt Equipage nach Schloß Bellevue begeben, be⸗ grüßten ſie hier die kaiſerlichen Majeſtäten und die Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ . l Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. die Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. a Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. 4 — — ä —ů ů ů ů ů ů — Mittwoch den 26. Zuni mittags 4 Uhr erfolgte von Schloß Bellevue aus der feſtliche Einzug der Prinzeſſin⸗Braut, welche von der Prinzeſſin Friedrich Karl begleitet und dem Gefolge, ſowie eine ſtattliche Ehren⸗Esc orte umgeben war, unter den jubelnden Zurufen der Bevölkerung und Kanonendonner in die Stadt Berlin. Gleich nach der Ankunft im Reſidenzſchloſſe erfolgte im Kurfürſtenzimmer die Vollziehung der Ehepakten, woran ſich Galatafel im Weißen Saale ſchloß Sonntag Nachmittag 5 Uhr fand Familiend ner in der Bildergallerie und Abends Feſtvorſtellung im könig⸗ lichen Opernhauſe ſtatt. Am Montag Nachmittag 4 Uhr wurde die kirchliche Vermählung des erlauchten Brautpaares, nachdem der ſtandesamtliche Act im Kurfürſtenzimmer vorangegangen war, in der Schloß⸗ kapelle durch Oberhofprediger Dr. Kögel vollzogen, woran ſich große Defilircour im Weißen Saale reihte und mit dem hiſtoriſchen Fackeltanze, ausgeführt von den Mitgliedern des Staatsminiſteriums, wie dies dieſer alte preußiſche Hofbrauch erheiſcht, fanden Abends in der achten Stunde die Vermählungs⸗ feierlichkeiten ihren Abſchluß. Denſelben wohnte ein glänzender Kreis fürſtlicher Gäſte bei, unter ihnen von auswärts die ſchleswig⸗holſtein'ſchen Verwandten der hohen Braut, ferner der König von Sachſen, der Prinz⸗Regent Abrecht von Braunſchweig, der Herzog von Altenburg u. ſ. w. — In Württemberg und vor Allem in deſſen Hauptſtadt Stuttgart begeht man am heutigen Dienstag den 25. Juni, das 25jährige Regierungs⸗ Jubiläum des Königs Karl, nachdem die erhebende Feier ſchon ſeit Wochen durch verſchiedene Feſtlich⸗ keiten eingeleitet worden war. Die blühende Ent⸗ wickelung, welche das ſchöne württembergiſche Land auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens, nament⸗ lich aber in landwirtſchaftlicher, gewerblicher und in⸗ 1889. duſtrieller Hinficht, in den nun verfloſſenen 25 Re⸗ gierungsjahren König Karls aufzuweiſen hat, wie nicht minder das Bewußtſein der hochgeachtelen politiſchen Stellung im neuen Reiche, welche Würt⸗ temberg der echt deutſchen und wiederholt erprobten nationalen Gefinnung ſeines erlauchten Monarchen verdankt, laſſen es erklärlich erfcheinen, wenn das württembergiſche Volk in allen Kreiſen und Schich⸗ ten das Feſt in freudigſter Bewegung feiert. Kommt ja doch die alte Schwabentreue, welche ſchon Graf Eberhard im Bart preiſen konnte, bei dem König⸗ Karl⸗Jubiläum wiederum auch zum erhebenden Aus⸗ drucke und aus allen ſeinen Gauen, von den Ge⸗ ſtaden des Bodenſees und den Höhen des Schwarz⸗ waldes an bis hinab zum weinreichen Neckarthale hat das Schwabenland zahlreiche Deputationen nach der Reſidenz entſendet, um dem Könige und ſeiner erlauchten Gemahlin zum Ehrentage des Herrſchers aufs Neue die Verſicherungen treuer Anhänglichkeit des württemberger Volkes an ſein Herrſcherhaus darzubringen. Das übrige Deutſchland nimmt an der württembergiſchen Jubelfeier herzlichen Anteil und ein großer Teil der deutſchen Fürſten hat ſich nach Stuttgart begeben, um König Karl per ſönlich zu beglückwünſchen. Als die vornehmſten Gäſte er⸗ ſcheinen aber in Stuttgart der Kaiſer und die Kai⸗ ſerin und verleiht ſomit ihre Anweſenheit den Ju⸗ biläumsfeſtlichkeiten einen beſonderen Glanz. Der Konig von Sachſen und der Großherzog von Baden werden der Jubelfeier auch beiwohnen. Der dem Stuttgarter Hofe bekanntlich nahe verwandte Pe⸗ tersburger Hof iſt bei den Jubiläumsgfeſtlichkeiten durch den Großfürſten⸗Thronfolger Nikolaus ver⸗ treten; das Gerücht, der ruſſiſche Thronfoſger habe auf ſeiner Durchreiſe nach Württemberg in Berlin Ort und Zeitpunkt des Gegenbeſuches des Czaren Prinzen und Prinzeſſinnen des Königshauſes; Nach⸗ ABulutrache. Roman von H. von Ziegler. Nachdruck verboten. Dieſer Brief enthält für uns die Pflicht, uns dem Wunſche des Toden gemüß wenigſtens auf einige — Zeit mit einander zu verloben. — Sie hatte das Giſicht abermals in den Händen geborgen, keine Bewegung, kein Laut verriet, daß fie ſeine Worte vernommen. „Nicht für immer, Nora, hören Sie wohl, ich ſpreche nicht im Egoismus des geſtriegen Abends, ſondern mit klarer kalter Ueberlegung. Wir müſſen vor der Welt als Brautleute auftreten; damit ich das Recht und die Pflicht habe, Sie und Ihre Mama vor allen Wiederwärtigkeiten zu ſchützen! I erſt Gras gewachſen über den furchtbaren Fall, dann, mein armes Kind, erhalten Sie Ihre Freiheit zurück, denn Gott verhüte, daß ich Sie je zwingen könnte, ohne Liebe die Meine zu werden.“ . „Herr Marche ſe!“ 0 „Schon deshalb, Nora,“ fuhr er ruhig fort, obſchon ſein Herz ſtürmiſch pochte, „müſſen wir jene Scheinverlobung ſchließen, weil Sie in Ihrem Kummer ſelbſt zu mir kamen. Mein Diener und Ihr Kutſcher könnten darüber reden und ein Schatten würde auf Ihren Ruf fallen, wenn nicht heute noch die Stadt erfährt, daß es Ihr — Verlobter war, den ſie herbeiriefen, als das Unglück geſchah. „O, Vivian, Sie nehmen die ſchwere Pflicht auf fich, Opfer zu bringen für diejenige, die Ihnen ſo weh that. Wie ſollen wir Ihnen jemals alles vergelten?“ Ihr Herz pochte ſtürmiſch, ſie hätte nieder⸗ finken mogen vor ihn und ihn anflehen: „Nimm mich hin an Dein treues Herz — für immer und alle Zeiten, aber die zitternden Lippen ſchwiegen und auch del Roga ſchaute zu Boden. Wie ſie ihm vergelten ſollte? „Mit Deiner Liebe,“ rief es ſtürmiſch in ſeinem Innern, aber von neuem preßte er die Lippen feſt zuſammen, da⸗ mit kein verräteriſcher Laut denſelben entſchlüpfen könne. Es war die ſeltſamſte Verlobung, die wohl je ſtattgefunden. Eine Scheidewand trennte die Beiden welche ein einziges Wörtchen für immer niederge⸗ riſſen hätte, aber gerade dieſes eine Wort blieb un⸗ ausgeſprochen; ſie reichten ſich wortlos die Hände, dann hob der Marcheſe den zu Boden gefallenen Mantel Nora's auf und legte ihr denſelben um die Schultern. „So geſtatten Sie mir für kurze Zeit das Recht eines Verlobten, Nora, und ſeien Sie ver⸗ ſichert, daß ich dies Opfer nicht länger als nötig in Anſpruch nehmen werde. Ich will ſchon heute mit den Leuten unterhandeln welche Forderungen an den Verſtorbenen ſie haben, dann reiſen Sie nach dem Begräbniß mit Mama ab und erhalten in kurzer Zeit Ihre Freiheit wieder.“ Liebevoll beſorgt wie ein Vater geleitete er das junge Mädchen zum Wagenſchlag, den der Diener geöffnet hielt. „Lebe wohl, Nora, auf Wiederſehen; ich komme ſogleich in die Villa zu — Euch. Weiſe alle Leute an mich und lege Dich etwas nieder.“ Er hatte abſichtlich laut geſprochen, damit die Diener ſeine Worte verſtehen ſollten und in der That ſtrahlten ihre Geſichter voll ehrlicher Freude und Verſtändniß. Als der Wagen davongerollt war, wandte ſich del Roga gegen ſeine ſonſtige Gewohnheit zu dem Kammerdiener und ſagte: „Der Vater meiner Braut, Oberſt von Bohlen hat ſich heute Nacht erſchoſſen.“ „O, Exzellenza,“ rief der Italiener lebhaft, „wie furchtbar wie ſchrecklich! Und gerade zur ſel⸗ ben Zeit mit Ew. Gnaden Verlobung! Die ſchö⸗ ne liebe Signorina; wir wünſchten im Stillen fie ſchon lange zur Frau Marcheſa. Darf ich ganz unterthänigſt Exzelenza,“ meinen Glückwunſch ab⸗ ſtatten?“ Bald darauf betrat Vipian das Trauerhaus,