blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. en die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Ar. 46. In einem Lenze ſo ſchön und ſonnig, wie er iu unſeren Breitegraden zu den größten Seltenheiten Ahle, begehen wir das diesjährige Pfingſten, das anmutige und liebliche, hehre und heilige Doppel⸗ e des Frühlings und der erhabenen chriſtlichen Aalnnerung an die Ausgießung des heiligen Geiſtes an das ſcheinbar ſo verlaſſene Häuflein der Jeſus⸗ Inger, Pfingſten iſt deshalb ein Dank⸗ und Fieudenfeſt in des Wortes ſchönſter Bedeutung, und wohrhaft wunderbar muß es erſcheinen, wie die Pechſelvollen Vorgänge in der Natur die Sympole i die Geſchicke der Menſchheit find. Wie nach langen kalten und bangen Wintertagen endlich doch der Lenz ſiegreich, glänzend und hoffnungsſtrahlend enen Hochzeitseinzug in der Natur hält, und Pfingsten gerade als das Triumphfeſt des Lenzes, zem nun der kückiſche Winter keinen Schaden mehr ſufgen kann, begangen wird, ſo brach auch einſt das Cöriſtentum als ein wahrer göttlicher Frühling die Feſſeln einer Zeit der Finſternis und öden Bar⸗ dare, und nachdem an jenem erſten chriſtlichen Pfingftfeſte die von Jeſus verheißene göttliche Be⸗ gelſterung über die Jünger gekommen war, da ver⸗ mochte auch alle Macht des Heidentums das Chriſt⸗ emum, auch wenn es erſt wenige Bekenner zählte, nicht wieder zu vernichten. Fürwahr es giebt gar keinen glänzenderen und zugleich fichtbareren Beweis für die heilige Gotteskraft des Chriſtentums als die Hiſtoriſche Thatſache, daß die Lehre, welche zwölf niedrig geborene, ungelehrte, ſchlichte Männer im Namen ihres göttlichen Meiſters verkündeten, das Bemeingut und die Grundlage der ganzen maß⸗ gebenden Kulturmenſchheit auf dieſem Erdball ge⸗ worden iſt. Mögen nationale Unterſchiede und ver⸗ * N Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Peels vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. die 171 Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. e Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg 19 N Samskag öden 8. Juni 1889. lin einen oder zwei Tage vorher erfolgen dürfte. Berlin, 15. Juni. Präſident Carnot iſt von ſeiner Rundreiſe durch die nordfranzöſiſchen Induſtrie und Kohlenbezirke am Dienstag Abend nach Paris zurückgekehrt, nachdem er nochin Boulogne eine Flotten revue abgehalten hatte. Die verſchiedenen politiſche Kundgebungen, welche die jüngſte Rundreiſe de franzöſiſchen Staatsoberbauptes zeitigte, fanden ihren Abſchluß mit einer in Calais gehaltenen Rede Car⸗ nots, in welcher er natürlich wiederum die Republick feierte, welche alle Unglücksprophezeihungen ihre Gegner zu Schanden gemacht habe. Carnot ſoll dieſer Rede großen Eindruck erzielt haben, wie denn überhaupt ſeine Reiſe durch die nördlichen Departe⸗ ments Frankreichs als politiſch erfolgreich bezeichnet werden muß. Gerade der Norden des Landes galt als am meiſten vom Boulangismus angeſteckt und um ſo bemerkenswerter erſcheint die Thatſache, daß es auf der nun beendigten Rundreiſe Carnot s z keiner einzigen boulangiſtiſchen Demonſtration ge kommen iſt. Der franzöfiſche Miniſter des Auswär⸗ tigen, Herr Spuller, hielt am Dienſtag in der De⸗ ſchiedenartige Entwickelungen dem Chriſtentum auch verſchiedene hiſtoriſche Formen gegeben haben, ſo find doch alle Chriſten in dem Glauben an den einzigen Gott und in der Hoffnung auf das Erlöſerwerk des Gottesſohnes vereinigt. Zu dem Sterne der Hoffnung, der allen Chriſten unwandel⸗ bar leuchtet, tritt am herrlichen Pfingſtfeſte ſtets er⸗ neut aber auch derjenige der heiligen Begeiſterung hinzu, und läßt für alle empfänglichen Herzen Kum⸗ mer und Not dieſes Erdenlebens gering erſcheinen. Religion und Natur verkünden den Sieg des Lebens über den Tod, des Lichtes über die Finſtrrnis. Welch edles Herz ſollte da nicht neue Kraft und neuen Mut für die Kämpfe und Mühen des Lebens empfangen Politiſches Berlin, 5. Juni. Der Bundesrat erteilte den Beſchlüſſen des Reichstags zur Indaliditäts⸗ und Altersverſicherung ſeine Zuſtimmung. Berlin, 5. Inni. Dem Vernehmen nach hat der Kaiſer ſämtlichen bei dem Zuſtandekommen des Invalidenverſorgungsgeſetzes beteiligten Reichs⸗ beamten Auszeichnungen verliehen. Es haben erhal⸗ Wputirtenkammer gelegentlich verſchiedener Anfragen ten: Der Staatsminiſter v. Bötticher die Kette zum eine hochpolitiſche Rede. In derſelben hob er das hohenzollernſchen Hausorden, der Miniſterialdirektor glänzende Gelingen der Pariſer Weltausſtellung her⸗ Boſſe das Komturkreuz und der Geh. Regierungs⸗ vor und erklärte er. daß in ihr die Politik des rat von Wödtke das Ritterkreuz desſelben Ordens, Friedens und der Gerechtigkeit, welche die franzöſche dem mathematischen Sachverſtändigen iſt der Rothe Regierung verfolge, zum erhebenden Ausdrucke ge⸗ Adlerorden verliehen worden. langen. Die Ausſtellung ſei ein Zeugnis der Kraft Berlin, 5. Juni. Der Schah von Per⸗ des modernen und republikaniſchen Frankreichs ſien wird am Sonntag den 9. Juni mit ſeiner und dieſe Politik weiſe keine Großſprecherei und Begleitung Nachmittags 6 Uhr in Berlin ein⸗ keine Schwäche auf, ſie wiſſe, was ſie wolle und treffen. b gelde, nur müſſe ſie mit Klugheit und Geduld ge⸗ Berlin, 5. Juni. Am 15. Auguſt findet handhabt werden. Die Rede Spuller's ſchloß mit der eine Heerſchau der Berliner Beſatzung zu Ehren des Verficherung, Frankreich ſei ruhig, weil es ſtark ſeiz Kaiſers von Oeſtereich ſtatt, deſſen Ankunft in Ber⸗ jedenfalls klingt aus den Worten des Leiters der — „ Blutrache. 1 10 1 man von H. von Ziegler. Nachdruck. verboten. 7. Fortſ. „Es iſt gerade gut genug für Deine Schön⸗ heit, Nora,“ entgegnete der junge Mann feurig, „die waſſerblauen Krepefalten und die Maiglöckchen werden Dich unſtreitig zur Ballkönigin machen.“ Voll unverſtellter Verachtung über das fade Rompliment zuckte Vivian die Achfeln, Nora aber ſchlug dem Sprecher lachend ein Schuſppchen und klef ſpöttiſch: „Soll das ein Kompliment ſein, Herr Vetter? Du denkſt wohl, das Kleid iſt ja doch die Hauptſache! Ich bedanke mich ſchön bei Dir!“ Sie lachte übermütig, bemerkte aber im ſelben „Moment ein kleines zierliches Käſichen zwiſchen den Falten des Krepes und zog es neugierig hervor „Was iſt den das? Ei, wie entzückend! Wer ö ſich ohne etwas zu erwidern; er hatte gehofft, bei hat mich damit beſchenkt.“ Der Lieutenant und Frau von Bohlen traten näher, als das junge Mädchen denn Deckel des Et⸗ uis öffnete; Vivian ſprach indeſſen eifrig mit dem Oberſt. . Ein leiſer Ausruf der Bewunderung entſchlüpfte den Lippen der drei Perſonen, als ſich jetzt von den mattgelben Atlaspuffen ein mit Brillanten geſchmack⸗ voll beſetzte Broſche abhob. bedeckten Tiſche verſanken vor des Marcheſe Blicken „O wie wundervoll, wie koſtbar !“ rief Nora und es wurde Nacht um ihn. Brennendes Heimweh nach einer Pauſe höchſten Erſtaunens, „Mama, Du zog in ſein wundes Herz und er beſchloß auf ein⸗ b haſt mich überladen mit den koſtbarſten Geſchenken.“ (doch ich ahne —“ mal, zurückzukehren in ſein väterliches Kaſtell, um dort das zu finden, was er hier vergebens geſucht: Glück und Frieden. „Nun, Hert Marcheſe, warum auf einmal ſo furcht⸗ bar ernſt, ſchmeckt Ihnen der Punſch nicht oder find Sie krank?“ frug der Hausherr ſcherzend. „Beides nicht. Herr Oberſt, mir wird nur der Abſchied von den lieben Bekannten ſchwer: ich gehe demnächſt nach Sizilien zurück .“ „Hoho, ein ſchlechter Scherz! Wer's Ihnen wohl glaubt, Freundchen?“ „Es iſt mein voller Ernſt. Herr don Bohlen.“ „Aber weshalb ſagten Sie uns nie eine Silbe davon? Oder haben Sie vielleicht ſchlechte Nachrichten von dem Verwalter ihrer Güter 2“ „Nein, nicht im geringſten, doch ich denke, es iſt beſſer, der Heimat ſich nicht ganz zu entfremden. Zudem ſtehe ich hier völlig einſam.“ Annahme des kleinen Geſchenks zu erkennen, ob das Frau von Bohlen beobachtete heimlich ihren Gaſt, junge Mädchen Liebe für ihn empfinde — und ſah deſſen dunkle Augen ſchmerzlch bewegt auf Nora ruh⸗ ſich getäuſcht. Dies Herz glich einem unbeſchriebe⸗ ten; ſeine bärtigen Lippen zuckten jedesmal nervös, nen Blatt auf dem bis jetzt weder ſein noch ein an⸗ wenn ſich Athur zu der Kouſtine beugte um ihr etwas derer Name eingezeichnet ſtand. zuzuflüſtern. Der brennende Lichterbaum mit dem Silberge⸗ Das pochende Mutterherz hatte ja gleichfalls er⸗ kannt, daß Nora den Marcheſe nicht liebe, aber wür⸗ „Nicht doch, Kind, die Broche iſt nicht von uns Und fragend reichte ſie dem Marcheſe die ſchmale Hand hin, welche er verbindlich an die Oippen og. s „Meine gnädigſte Frau,“ bat er einfach, Sie müſſen meiner Kühnheit entſchuldigen, doch ich wußte nicht womit ich all die Gaſtfreundſchaft Ihres Hau⸗ ſes vergelten ſollte und erlaubte mir daher, dem gnädigen Fräulein einen Gruß meiner Heimat im Geſtalt dieſer kleinen Weihnachtsgabe zu verehren“ „O, lieber Herr Marcheſe,“ rief Nora und bot ihm unbefangen die Hand, „das ſollten ſie garnicht, Sie beſchämen mich, denn es iſt ein fürſtliches Ge⸗ ſchenk. Sie beſchenken mich wie ein gütiger Onkel.“ Das Wort war heraus, del Roga biß ſich auf die Lippen, aber er ſagte nichts, ſondern verneigte flimmer der ſtrahlende Kronleuchter und die reich ⸗