Ar. 43. pp — Narlstuhe, 26. Maj. Das Großherzog⸗ liche Paar weilt ſeit heute Nacht wieder in unſerer I Mitte. Berlin, 26. Mai. Mit einem bedeutungs⸗ pollen Beſchluſſe, der endgültigen Genehmigung des Alters⸗ und Inpaliditätsverſicherungsgeſetzes hat der Reichstag am Freitag ſeine diesmalige Thätigkeit beendigt. Die Annahme der Vorlage erfolgte, nach⸗ dem ihr noch eine ziemlich überflüſſige Debatte über eine von der Reichspartei eingebrachte Reſolution, der, das Unterſtützungswohnſitzgeſetz vorausgegangen Wax, in namentlicher Abſtimmung mit 185 gegen 165 Summen; 4 Abgeordnete enthielten ſich der Stimmenabgabe. Die Mehrheit ſetzte ſich aus den Nonſervativen, wit Ausnahme von 7 Mitgliedern, den Freikonſervativen, mit Ausnahme von 4 Mit⸗ gliedern, den Nationalliberalen, mit Ausnahme von 10 Mitgliedern, ſowie 13 Centrumsabgeordneten zuſammen; außerdem ſtimmte ein freifinniger Ab⸗ geerdneker mit der Mehrheit. Gegen das Geſetz fimmten neben den in dieſer Frage mit der Oppo⸗ diion gehenden Mitgliedern der drei zuerſt genann⸗ den Partejen der größte Teil des Centrums, ferner die Freifinnigen, Polen, Welfen, Socialdemokraten und Elſäffer. Eingangs der Sitzung war noch die zu Bern unterzeichnete Erklärung zur internationalen Reblauskonvention definitiv genehmigt worden. Im weiteren Verlaufe der Schlußfitzung erbat und er⸗ Nielt Präfident von Levetzow unter lebhafter Zu⸗ kmmung des ganzen Hauſes die Ermächtigung, dem König Albert von Sachſen die Glückwünſche des Reichstages zum bevorſtehenden Wettin⸗Jubiläum darbringen zu dürfen. Durch eine vom Staats⸗ ſectetär von Bötticher veileſene kaiſerliche Botſchaft, nach deren Verleſung Herr von Bötticher dem Reichs⸗ Da aun 0 hen Mittwoch und Hamstag und koſtet vierteljahrlich 1 Æ — 8 wit iluſtiertem Auterbaltungsblakt 1 4 40 J excl. Poſtproviſton, ſeraße, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in d Alas eingehen, finden ſofortige Aufnahme und 8 5 die ale endete eder deren Raum mit 10 Pf., gokal⸗Anzeigen mit 6 Pfg ( Nelenen mit 20 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen Rabattbewilligung Miktwoch den 29. Mai tage den ſpeclellen Dank des Kaiſers für das Zu⸗ ſtandekommen der Alters- und Invalidenverſicherung ausſprach, erfolgte der Schluß der Seſſſon, worauf die Reichsboten unter begeiſterten Hochrufen auf den Kaiſer auseinandergingen. Der Reichstag hat in ſeiner nunmehr beendig⸗ ten Seſſion, welche 6 Monate und 2 Tage dauerte, eine ſehr ſtattliche Reihe von Geſetzentwürfen zu Stande gebracht. Neben dem bei Weitem hervor⸗ ragendſten geſetzgeberiſchen Werke der ganzen Seſſion, der Alters⸗ und Indblliditätsverſicherungsvorlage, wurden von ferneren größeren Vorlagen genehmigt der Etat nebſt dem dazu gehöigen Etats⸗ und An⸗ leihegeſitz, ſowie dem Nachtragsetat, der Geſetzent⸗ wurf über die Reform des Genoſſenſchaftsweſens und die kolonialpolitiſche Vorlage über Oſtafrika. Zweiten und dritten Rang 's waren die Geſetzent⸗ wücfe, betr. das Nationaldenkmal für Kaiſer Wil⸗ helm I., betr. die Nationalität der deutſchen Han⸗ delsſchiff⸗, betr. die Abänderung des Vereinszollge⸗ ſetzes und des Branntweinſteuergeſetzes, ferner die Vorlagen bezüglich elſaß⸗lothringiſcher Angelegen⸗ heiten, die Handels verträge mit der Schweiz und San Salvator. Auch durch zahlreiche Iniotivan⸗ teäge wurde die Thätigkeit des Reichstages in An⸗ ſpruch genommen, von denen jedoch die Wenigſten zur Erledigung gelangten. Unerledigt blieb die Vor⸗ lage betr. die Abänderung des § 4 des Strafgeſetz⸗ buches, während die Novellen zum Krankenkaſſenge⸗ ſetz und zum Preß⸗ und Strafgeſetze dem Reichs ⸗ tage überhaupt nicht zugegangen ſind. Berlin, 26. Maj. Die Königswoche iſt zu Ende und verrauſcht find die glänzenden Feſt⸗ lichkeiten, welche fich an den Beſuch des Königs Humbert und des Kronprinzen Viktor Emanuel von Italien am deutſchen Kaiſerhofe knüpften, aber Nachſtehende Annoncen ⸗Erpeditionen: Alois Herndl in Wien, Adolf Steiner in Hamburg und fämtliche Annoncen⸗Bureaux von Haaſenſtrin und Vogler, Rudolf Moſſe, 6. L. Daube und J. VBarck und Comp. nehmen Duſerate für ung an. * Inſerate find von nachweisbarer Wirkſamkeit. Redaktion, Druck und Verlag von Rarl Moliter in Ladenburg 1889. die Feſttage werden in den Beziehungen Deutschlands und Italiens zu einander noch lange nachklingen. Denn der Gegenbeſuch des italieniſchen Monarchen in der Reſidenz des deutſchen Kaiſers hat auf's Neue das beide Reiche und ihre Völker umſchlingende ſtarke Band inniger und treuer Freundſchaft aller Welt vor Augen geführt und vor allem iſt durch die bedeutungsvollen Trinſprüche, welche zwiſchen Kaiſer Wilhelm und ſeinem königlichen Freund und Verbündeten im Berliner Königsſchloſſe an feſtlicher Tafel gewechſelt wurden, die feſte Allianz ihrer Staaten wiederum feierlichſt bekräftigt worden. Ob während des italieniſchen Königsbeſuches in Berlin noch ſp cielle politiſche oder militäriſche Abmach⸗ ungen geſchloſſen worden find, wie man aus man⸗ chen Anzeichen herausdeuten will, muß vorerſt da⸗ hingeſtellt bleiben, jedenfalls kann man aber der von der römiſchen „Tribuna“ geäußerten Anſchauung, die von Kaiſer Wilhelm und König Humbert in Berlin ausgebrachten Toaſte drückten klar den Ge⸗ danken aus, daß beide Dynaſtien ihre Sache mit derjenigen ihrer Völker identiflcirten und daß der Beruf beider Dynaſtien von der Vorſehung vorge⸗ zeichnet ſei, nur voll und freudig zuſtimmen. Berlin, 27. Mai. Der König und der Kronprinz von Italien ſind geſtern Abend 9 ¼ Uhr abgereist. Auf dem Anhalter Bahnhofe war keine Ehrenwache, weil der König unerkannt reist. Der Konig und der Kronprinz verabſchiedeten fich vom Kaiſer in herzlichſter Weiſe, ſodann von den auf dem Bahnhofe erfchienenen Prinzen, Grafen Herbert Bismark, der Generalität, den Zivilbehörden und dem Oberbürgermeiſter. Die Kaiſer reichte Crispi wiederholt die Hand; Graf Bismarck ver⸗ abſchiedete ſich auf das Herzlichſte von Crispi. Eine zahlloſe Menſchenmenge war am Bahnhof. Dieſelbe Blutrache. Roman von H. von Ziegler. 8 Nachdruck, verboten. ortſ. Seine Gemahlin hatte ſich nach dem Abend⸗ Iſeen gleichfalls zurückgezogen, und Niemand ahnte, und der klaren, unmodulierten Stimme, nachdem de den Riegel vorgeschoben, verzweiflungsvoll die Hͤnde rang und vor ſich hin murmelte: „O, Ihr Heiligen, ein ganzes langes Leben ſoll ich ſo hin⸗ ſchleppen!“ Der Marcheſe ſelbſt ahnte am allerwenigſten er ſehr zuftjeden mit dieſer ſtandesgemäßen Ehe und ſeinem ganzen Leben überhaupt, und auch nicht der Hauch eines Gedankens flog zu jener glutäugi⸗ Agen Sizilianerin, deren Liebe er einſt beſeſſen. Pater Alberto der kluge Mönch, der ihm ſo bortrefflich geraten, war längſt in ein anderes Kloſter 1 Ubergeſſedelf und kein Menſch mehr brachte ihm 90 aue Erinnerung an Annunc ata und das Häuschen 1 1 im Mandarinengebüſch zurück. Nachläſſig ſtreckte ſich der Marcheſe auf ein daß die Dame mit dem kalten regungsloſen Antliß diefen Gemütszuſtand ſeiner Gemahlin, vielmehr war Ruhebett, ohne zu bemerken, daß durch die offene 5 Aalonihün ein Schatten fiel; erſt als er Geräuſch Knie ſchlotterten, vernahm, öffnete er die halb geſchloſſenen Augen — und fuhr erſchrocken empor. Vor ihm ſtand ein mittelgroßer, ſtämmiger Mann in der Tracht der Dorfbewohner, das Antlitz finſter gefaltet und in der geballten Fauſt einen blitzenden Dolch. Stumm, regungslos hielt er den Blick auf den Marcheſe geheftet, der, kaum wiſſend, was er that den geladenen Revolver von der Wand riß und halb unverſtändlich ſtammelte: „Was — was wollt Jor e Wer ſeid Ihr, und warum dringt Ihr wie ein Räuber in mein Zim⸗ mer 9“ „Ich komme in Annunciatas Namen,“ grollte der Eindringling in tiefen Tönen, „weißt Du nun was das heißt?“ Der Marcheſe ward aſchfahl, aber mit Aufbie⸗ tung aller Kräfte frug er abermals: „Annunciata — ich verſtehe nicht — was ich ihr zu Leid gethan.“ „Wußteſt Du nicht, Schurke, weshalb ſie mich heiratete?“ donnerte jetzt Morendo, mit dem Fuß ſtampfend, während Blutröte über ſein Geſicht lief, ſie hörte Dein Geſpräch mit dem Prieſter und merkte, daß Du ſie abſchütteln wollteſt wie ein gebrauch⸗ tes Gewand und von der Stund' an verwandelte ſich ihre Liebe in Haß und Rache. So ſt⸗he ich den hier im Namen Annunclatas nun Vergeltung zu üben!“ Der Marcheſe zitterte wie Espenlaub, ſeine die Augen quollen ihm blutunter⸗ laufen aus den Höhlen und ſprachlos ſtarrte er den fürchterllchen Rächer an, der noch immer in derſel⸗ ben gleichen Haltung mit dem blitzenden Dolche vor ihm ſtand. „Ich — ich habe ſie nicht verraten, kreiſchte der Marcheſe del Roga, „ſie kam nicht an dem verab⸗ redeten Abend und ſchon zwei Tage darauf galt fie als die Braut eines Andern.“ „Lüge nicht, Verräter!“ ſchrie der Sicilianer und hob die blanke Waffe, „Deine letzte Stunde hat geſchlagen, Du wirſt dies Zimmer lebend nicht mehr verlaſſen, ſondern mußt zur Hölle fahren !“ Der Marcheſe vermochte vor Entſetzen nichts zu reden, er wollte nach der Klingelſchnur faſſen. doch Morendo trat dazwiſchen und ſchon blitzte der ge⸗ fürchtete Dolch in nächſter Nähe. „Dein Lohn, elen⸗ der Schurke, für den Verrat an einem Frauenherzen,“ ſagte Morendo, indem er auf den Marcheſen losging. Das Gemach war nur durch eine Lampe er⸗ hellt, deren matte Glocke die Strahlen auffing; ein Moment athemloſen Entſetzens trat ein, dann durch⸗ ſchnitt der Dolch die Luft, ein Blutſtrahl ſchoß aus des Marcheſe Bruſt hervor — und gleichzeitig er⸗ toͤnte ein Schuß. Leblos ſank Luigi Morendo auf den Teppich, während der Marcheſe taumelnd das Ruhebett erreichte, ehe eine tiefe Ohnmacht ihn um⸗ fing. Durch den Schuß alamiert, ſtürzte die Diener⸗ ſchaft ſofort herbei und erblickte händeringend die