ie leben Mittwoch und Hamstag und kostet vierteljährlich 1 — exel. Poſtproviſion, Juſerale, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Arbedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die einſpaltige ondzeiele oder deren Raum mit 10 Pf., Lokal- Anzeigen mit 6 Pfg Malanen mit 20 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen Rabattbewilligung il iluſtiertem Auterhaltungsblakt 1 & 40 — —— Der ſociake Frieden in Deutſchland. Es wird wohl Niemand zu beſtreiten wagen, daß wir uns in Deutſchland vor der bedauerlichen Thalſache befinden, daß in einer Zeit, wo die Reichs⸗ geſeßgebung gewaltige und auch bereits erfolgreiche Auftrengungen machte, das Loos des Arbeiterſfandes zu beſſern, und wo die Erwerbsverhältniſſe für die Arbeiter nicht gerade ungünſtig liegen, ſich dennoch Zuftände entwickelt haben, welche einer Gefährdung des ſocialen Frieden ſehr ähnlich ſehen. Die maſ⸗ ſenhaften Strikes der Bergarbeiter in den Rhein⸗ landen, dann in Schlefien und Sachſen ſind zum Teil don Umſtänden begleitet geweſen, welche von einer Abditterten Feindſchaft zwiſchen den Arbeitgebern und Mbeſter zeigten und in mehreren Fällen ja auch zu ſpeial revolutionären Scenen führten. Das Bedrohen der Gtubenbefitzer, Bergbeamten und der Bergwerke lot durch die Arbeiter, wie es zwar bei den Strikes nicht als Regel, aber doch immerhin als ſymptomatiſche Einzelerſcheinung in Weſtfalen und Schleſſen vorgekommen iſt, bedarf in Bezug auf ſeine möglichen Folgen keiner beſonderen Aufklärung hin⸗ fichtiich der Gefährdung des ſoclalen Friedens. f nun auch nach den neueſten Nachrichten gute Hoff⸗ nung vorhanden, daß die großen Strikebewegung en tſedlich verlaufen und die Arbeitgeber und Arbeiter bald eine neue Grundlage finden werden, auf wel⸗ Her ſie fich verſtändigen können, ſo erſcheint es doch deingend geboten, an der Befeſtigung der Stützen des ſoclalen Friedens in Deutſchland unermüdlich und vor allen Dingen mit Umſicht und Nächſtenliebe wefter zu arbeiten. Einen ſehr deutlichen Finger⸗ zeig, wie dies bereits im Wirtſchaftsleben ſelbſt zu geſchehen hat, erhielten in ihren Audienzen ja auch die Arbeiter und Arbeitgeber der weſtfüliſchen Berg⸗ Ir nburger General-Anzeiger fur Ladenburg und Amgegend. i 27 * liches dürft Ihr begehen, nicht der Socialdemokratie Euer Ohr leihen!“ ſagte der Kaiſer zu den Ar⸗ beitern, und den Arbeitgebern erklärte der erlauchte Monarch, daß er von ihnen in Hinblick auf die Ethaltung des ſocialen Friedens, zumal in denjeni⸗ gen Bezirken, wo der größte Teil der Einwohner⸗ ſchaft dem Arbeiterſtande angehöre, eine gewiſſe Opferwilligkeit verlangen müſſe, und daß er im Uebrigen den Arbeitgebern nur empfehlen könne, mit den Arbeitern eine beſſere Fühlung zu unterhalten damit die Gelegenheit ergriffen werden könne, ſchon vor Ausbruch eines Strikes mit den Arbeitern güt⸗ lich zu verhandeln und Differenzen zu beſeitigen. Man muß zugeben, daß dieſe kaiſerlichen Worte die Kernpunkte des ſocialen Friedens, wie es zwiſchen den Arbeitgebern und Arbeitern am beſten zu er⸗ halten iſt, ſehr klar und richtig kennzeichnen. Unge⸗ ſetzliche Handlungen der Arbeiter um ihre Lage zu verbeſſern, können nie geduldet werden, aber von den an Bildung, einflußreicher Stellung und Vermögen den Arbeitern weit überlegenen Arbeitgebern muß auch verlangt werden, daß fie ihre Arbeiter mit Wohlwollen und im Intereſſe des ſocialen Friedens zuweilen auch mit opfervoller Nachſicht behandeln. Es ſoll ſich dabei durchaus nicht das Verhältnis heräusbilden, daß ſich nur der Arbeitgeber Alles von den Arbeitern gefallen laſſen müſſe, nein, die ge⸗ wünſchte kluge und humane Nachſicht der Arbeit⸗ geber ſoll nur das Loos det Arbeiter erleichtern und ein menſchlich ſchönes Verhältnis zwiſchen dem Un⸗ ternehmer⸗ und Arbeiterſtande herbeifühten helfen. Daß dies möglich iſt, haben bereits einzelne geniale und hervorragend menſchenfreundlich geſinnte große Unternehmer bewieſen, indem ſie nicht nur gute Löhne zahlten, ſondern auch eine Menge humane Anſtalten für ihre Arbeiter und deren Familien Nachſtehende Annonem - Erpedinionen: Alois Hern Dien, in Hamburg und fümtliche Annonten⸗Bureaux von Haaſenſtein und Vogler, Rudolf Moſſe, G. L. Daube und J. Varck und Comp. nihmem Inserate . Inſerate find von nachweis barer Wirkſamleit. 5 Redaktion, Druck und Verlag von Karl Molitor in Jabenburg für uns an. ſchufen. Unter ſolchen Umſtänden, wo der Arbeiter täglich ſieht, daß der Arbeitgeber auch für ihn ſorgt, kann ſich eben der den ſocialen Frieden gefährdende Klaſſenhaß nicht entwickeln. Folitiſches Berlin, 18. Mai. Reichstag. Eingegangen Novelle zum Strafgeſetzbuch. Bei der dritten Beratung der Alters⸗ und Invaliditätsverficherungsvorlage kreten Gebhardt für, Langwarth v. Stimmern gegen, Wendt (Centrum) für die Vorlage ein. Letzterer ſagt, das Reich möge nur nach anderer Richtung auch ſeine Autorität geltend machen, jeder Religlon freie Be⸗ thätigung gewähren und 'die katholiſchen Orden wieder zulaſſen. Staudy ſpricht Namens eines Teil der Conſervativen gegen die Vorlage. Staatsſeeretär v. Bötticher wiederlegt die gegen die Abſtufung und gegen das Markenſyſtem erhobenen Bedenken. Der Vorwurf übermäßiger Capitalanſammlung ſei über⸗ trieben, die Vorlage ſei nichts als die Selbſthilf e des Vaterlandes gegen die ſociale Gefahr. v. Kar⸗ dorff tritt nochmals für die Vorlage ein. Dann er⸗ greift der Reichskanzler Fürſt Bismarck das Wort und ſagt, er ſei keineswegs überraſcht, die ſocial⸗ demokratiſche Partei, beſonders deren Vertreter im Hauſe gegen das Geſetz auftreten zu ſehen. Deren Hauptſache iſt, daß die von ihnen geleiteten oder die vielmehr mißleitenten Maſſen unzufrieden find! Alles, was ſie in der Herſtellung der Arbeiter⸗ bataillone gegen die Ordnung im Staate hindern kann, das bekämpfen ſie natürlich. Sie brauchen eben die Unzufriedenheit. Auch wundere er ſich nicht, daß die freifinnige Partei dagegen ſtimme, die doch auch beim Wehrgeſetz gewiß nicht blos aus Frac⸗ tiontzintereſſe dagegen war. (Es ertönt der Ruf „Pfui“.) Einen ſolchen Zwiſchenruf — erklärt der Reichskanzler — bezeichne ich als unverſchämt. Ich 3 werksbezirle vom Kaiſer Wilhelm. „Nichts Ungeſetz⸗ Roman von H. von Ziegler. 1 M Nachdruck. verboten. vorbei, die Kirchgänger ver⸗ ließen das Gotteshaus und auch das ſchöne Mädchen wollte durch den Kloſtergarten heimkehren; andächtig hatte ſie freilich nicht ſein können, denn die Granate mckte immerwährend hinein in die Gedanken, welche ſich hinter ihrer Stirn kreuzten und die Stimme des Prieſters ſchien fich unausgeſetzt in eine andere heißgeliebte, welche ihr tktauſend füße Worte zuzu⸗ rauſcht; der Zorn deines Vaters, der Spott der Freunde und Standesgenoſſen bleibt dafür zurück, flüſtern ſchien, zu verwandeln. „Vipiano,“ murmelte ſie ganz leiſe, als jetzt die ſchwere Kirchthür hinter ihr in's Schloß ſiel; wieder eine Stunde ihrer Wartezeit war verfloſſen und bald trug ſie den Ring des Geliebten an der Hand. Ihr Herzichlag ſtockte, ſie trat befangen zur Seite, denn jetzt drangen Schritte an ihr Ohr. Gleich darauf erkannte ſie auch durch die Zweige der dicht belaubten Kaſtanien die beiden Männer, welche da⸗ herſchritten; der eine trug die Möhachskutte, der andere aber war Marcheſe Viano del Roga ſelbſt. Sie ſpra⸗ gen eifrig zuſammen und das Mädchen trat zurück in den Schatten des alten Kloſterportals, um nicht geſehen zu werden; freilich vermochte ſie auch nicht zu entſchlüpfen, als die beiden jetzt ihre Wanderung unterbrachen. „Nun denn Viviano,“ begann der Pater mit einem ſcharfen Ausdruck in der Stimme, „was willſt du eigentlich?“ „Was rätſt Du mir, Alberto?“ kam es un⸗ ſicher, zögernd von del Rogas Lippen. „Ich bin in unauslöſchlicher Leidenſchaft für die ſchöne An⸗ nunciata entbrannt, aber ſie kann nicht meine wirk⸗ liche Frau werden. Iſt es denn nicht möglich, daß ich nur zum Scheine mit kann und willſt Du mir dabei nicht behülflich ſein?“ g „Unſeliger was willſt Du beginnen,“ herrſchte der Pater den Marcheſino an. Das kurze Liebesglück ver⸗ und endlich kann die ſchöne Bäuerin Dich nicht für ihr getraut werden — immer feſſeln, denn ihre Bildung iſt eine von der Deinen gänzlich verſchiedene! Eine Trauung zum Scheine kann überhaupt ein Prieſter Gottes nicht vornehmen, das wäre ein entſetzicher Frevel, und eine wirkliche Trauung vollziehe ich an Dir und an der Bauer⸗ in nicht. Ich bin der Vertraute deines Hauſes, Vivi⸗ ano, und kann zu nichts die Hand bieten, was Dein Vater verdammt. Die Leidenſchaft hat Deine Ver⸗ nunft umſtrickt laß ab von dem wahnwitzigen Be⸗ ginnen. Hüte Dich auch vor dem rachſüchtigen Geiſte uuſeres Volkes, beſonders der Frauen; ſie wiſſen mit 1 dem Dolch verzweifelt gut umzugehen.“ . „So ſoll ich Annunciata verlaſſen?“ „Ja, mein Junge; zudem iſt heute aus Nizza von der Gräfin Dorient das Jawort eingetroffen, denn Du weißt, daß Dein Vater bei ihr für Dich um Komteß Marion anhielt.“ „Tod und Teufell fluchte der junge Edelmann, ich bin wie in Feſſeln geſchlagen. Wer doch die Freiheit beſäße!“ „Bezwinge die ſündige Begierde und Du ſollſt Abſolution für Deine Frevel haben,“ ſagte der Pater ſtreng. Der junge Kavalier ſeufzte kläglich; dann gingen Beide weiter, ohne zu ahnen, wie tief ihre Worte in jenes zuckende Mädchenherz dort unter der rotblüh⸗ enden Kaſtanie eingedrungen waren. Durch die breiten, lichtgrünen Blätter fielen golde⸗ ne Sonnenſtrahlen auf das bräunliche, ſchöne Antlitz, Annuciatas; verſtändnißlos ſchauten die dunklen Augen ins Leere, keine Thräne trat in dieſelben, keine Wimper zuckte und dennoch hatte ſie ſoeben ver⸗ nommen, daß der Mann, in deſſen Liebe ſie ihre ganze Seligkeit vertraut, ſoeben geſagt: „Goldene Freiheit, wär Dich noch beſäße!“ Es war der Todesſtoß für ihr Glück ge weſen, denn nun wußte ſie, daß ſie im eine Feſſel ſei! Zu⸗ dem beſaß ja eine Andere ſchon ſein Wort, eine ſtandesgemäße Braut, die hineinpaßte in die vorneh⸗ me Familie auf dem altersgrauen Kaſtel!