früh auf der Jagd einen Auerhahn erlegt. Um 8 ½ Uhr erfolgte die Ankunft hierſelbſt. Ein jubelnder Empfang ward dem Kaiſer in der glänzend ge⸗ ſchmückten Stadt bereitet. Am Bahnhof wurde Seine Majeſtät vom Großherzog, dem Erbgroßherzog und der Stadtvertretung empfangen und von den Krieger⸗ vereinen, Schulen und der ſonſtigen Bevölkerung begeiſtert begrüßt. Der Kaiſer reichte dem Ober⸗ bürgermeiſter dankend die Hand, ſchritt die Ehren ⸗ kompagnie ab und fuhr mit dem Großherzog und dem Ergroßherzog auf die Wartburg, wo gefrühſtückt wurde. Berlin, 29. April. Die Samoakonferenz trat heute Nachmittag um halb 3 Uhr im Kon⸗ greßſaale des Reichskanzlerpalaſtes zur erſten Sitz⸗ ung zuſommen, welche bis nahezu 4 Uhr dauerte. Betreffs der Verhandlungen iſt auf Antrag Deutſch⸗ lands ſtrengſte Geheimhaltung beſchloſſen. Berlin, 30. April. Im Landesausſtellungs⸗ palaſte hier fand heute in Gegenwart des Kaiſer⸗ paares die feierliche Eröffnung der deutſchen allge⸗ meinen Ausſtellung für Unfallverhütung ſtatt. Es bedarf wohl kaum eines beſonderen Hinweiſes da⸗ rauf, daß man es hier mit einem äußerſt zeitge⸗ mäßen Unternehmen zu thun hot, denn dasſelbe bildet ein faſt unentbehrliches Glied in unſerer ſo⸗ clal⸗politiſchen Entwickelung. In 22 großen Gruppen gewährt die Ausſtellung einen orienkirenden Ueber⸗ blick über fämtliche Erfindungen auf dem Gebiete der Unfallverhütung aller beteiligten Betriebe und Gewerbe und legt klar, was überhaupt für eine ſolche Vorbeugung in den verſicherten Betrieben bis⸗ lang geſchehen iſt. Dieſe Gruppen zerfallen wie⸗ derum in drei große Abteilungen, von denen die erſte alle Gegenſtände auftpeiſt, die mehr oder weniger von gemeinſamem Intereſſe für die verſicherten Be⸗ triebe ſind, während die zweite diejenigen Gegen⸗ ſtände umfaßt, welche vorwiegend einzelne Gewerbe oder Gewerbegruppen angehen; die dritte Abteilung enthält die auf die Unfallverhütung bezügliche Lit⸗ teratur, alſo gewiſſermaßen die Ausſtellungsbibliothek. Das Unternehmen verſpricht in jeder Beziehung den ſchönſten Erfolg. Berſchiedenes. — Ladenburg, 28. April. Am 24. dieſes Monats find es 37 Jahre geweſen, ſeitd m Groß⸗ herzog Friedrich von Baden nach dem Tode ſeines Vaters, des Großherzogs Leopold, zunächſt als Regent, wegen der Erkrankung ſeines älteren Bruders die Regierungsgeſchäfte übernahm. Aus Anlaß dieſes Grinnerungstages hat unſer anädiger und dielgellebter Landesherr eine Reihe von Ordensverleihungen und Auszeichnungen verdienſtpollen Männern unſeres Landes zu Teil werden laſſen, und ſo auch unſerer Stadt gedacht, in dem Herr Bezirksrat Carl Steingötter das Ritterkreuz zweiter Klaſſe vom Zähringer Löwen erhielt. f — Heidelberg, 27. April. Ein braves, cirea 20 Jahre altes Mädchen, das längere Jahre bei einer hieſigen Doktorsfamilie bedienſtet und ge⸗ achteter Leute Kind war, ſtürzte ſich in ſeiner Hei⸗ mat Eberbach vor 15 Tagen in den Neckar, um dem Leben zu entfliehen, das ihm das erhoffte Glück an der Seite eines geliebten jungen Mannes nicht brachte. Heute früh wurde die Leiche des unglücklichen Mädchens bei der Schlierbacher Fähre vom Fähr⸗ mann geländet. — Konſtanz, 28. April. Von einem Grenz⸗ aufſeher am Emmishofer Zoll wurde, lt. „Konſt. Ztg.“, letzter Tage eine elegant gekleidete Dame, die mehrmals des Tages aus der Schweiz gekommen war und ſich durch ihren auffallend üppigen Wuchs bemerklich gemacht hatte, angehalten und der Viſitier⸗ frau überwieſen. Statt der erhofften zollpflichtigen Seidenſtoffe u. dgl. fanden ſich in der verbeſſerten Büſte jedoch nur — alte Lumpen! Unter Hohnge⸗ lächter wurde die „Dame“ wieder entlaſſen. — Berlin, 28. April. Der Schauplatz einer wahrhaſt entſetzlichen Scene war am Freitag bauminiſters verbietet auf der geſammten an Bel⸗ gien und Deutſchland ſtoßenden Grenze die Einfuhr Vormittag der Kreuzungspunkt der Invaliden⸗ und Ackerſtraße. Um die elfte Stunde vernahmen die Inſaſſen eines Omnibus der Berliner Omnibus⸗ und Packetfahrgeſellſchaft ein knirſchendes Geräuſch, gleich⸗ ſam als ob der Wagen über einen Kiesweg führe. Unbeſchreiblich war daher der Schrecken der Paſſagiere, als fie vernahmen, daß dieſes Knirſchen von den Knochen eines etwa Zjährigen Mädchens herrührte, welches beim Spielen unter den Omnibus geraten von den Rädern des Wagens zermalmt wurde. Die Inſaſſen waren größtenteils Frauen, und auf dieſe wirkte die Kunde von dem ſoeben Geſchehenen ſo erſchütternd, daß ſie alle in heftige Wein⸗ und Schrei⸗ krämpfe ausbrachen. Aber auch den Kutſcher hatte ein ſo jäher Schrecken gepackt, daß er wie vom Schla⸗ ge gerührt vom Bock ſank und in Krämpfe verfiel. Zu all' dieſem Jammer und Weh kam aber noch daß die Mutter der überfahrenen Kleinen zufällig Zeu⸗ gin des Vorgangs geweſen war, und nun in furcht⸗ barſter Verzweiflung ſchrie und weinte, ſo daß ſich auf der Straße ein Bild entrollte, wie es von gleicher nützlich erwieſe wie gerade dieſes. 1 Urt ſchmerzens⸗ und thränenreich ſelbſt in den af ſen einer Weltſtadt zu den Seltenheiten gehört. Alg man das Kind unter den Rädern hervorholte, gab ez noch Lebenszeichen von ſich, allerdings ſo ſchwache, daß kaum anzunehmen iſt, daß das Mädchen noc am Leben. Der vollſtändig gebrochene Kutſcher, der, zum Bewußtſein gebracht, immerwährend kief „Mein Gott! Ich habe ſelbſt Kinder und konnte ſe etwas anrichten!“ wurde nach ſeiner Wohnung gebracht, und nur ſein gleichfalls mitleiderregender Zuſtand hat ihn vor einem Akt der Lynchjuſtiz bewahrt. — Nizza, 28. April. Als die Königin von Württemberg geſtern Abend in einem Landauer von Nizza nach Monaco fuhr, gingen die Pferde durch, überſprangen eine Bruſtwehr und zerriſſen, die Zügel. Der Wagen blieb auf dem Wege. Die Rönlgin konnte den Wagen unbeſchädigt verlaſſen; der Diener wurde leicht am Fuße verletzt. — New⸗Mork, 29. April. Geſtern Abend entgleiste in der Nähe von Hamilton (Ontario) der auf der Grand-Trunk⸗Eiſenbahn aus Chieago kommende Zug. Derſelbe war hauptſächlich mit Reiſenden, die zur Gedenkfeier des Präſidentſchaflg⸗ antritts nach Waſhington reiſten, gefüllt. Zwel Perſonen waren ſofort todt. Die Wagen gerſeten in Brand, worauf 18 Perſonen in den Flammen umgekommen ſind; 12 wurden verletzt. — Viehſperre in Frankreich. Ein im fran⸗ zöſiſchen Amtsblatt veröffentlichter Beſchluß des Acker⸗ ieh, Schafen, Ziegen und Schweinen, Vom BMüchertiſche. Die Deutſche Rundſchau, Berlin: Die Gediegenheit und Vorzüglichkeit des Meyerſchen Hand- Tex iſtons Leipzig, Bibliogre⸗ phiſches Inſtitut, Preis in 1 Bd. geb. 15 Ml., in 2 Bdn. geb. 16 Mk. haben wir ſchon wiederholt an dieſer Stelle hervorgehoben; es giebt kaum ein andrez Buch, welches im täglichen Gebrauch ſich derart Reichhaltig, ge⸗ nau, knapp und dennoch erſchöpfend zu ſein — daz ſind die Vorzüge, denen dieſes Werk ſeinen außer⸗ ordentlichen und ſich immer ſteigernden Erfolg zu danken hat. Auch die neue, vierte Auflage weſſt eine beträchtliche Vermehrung und gründlichen Neu⸗ bearbeitung der Artikel auf, der illuſtcative Teil it noch verſchönt und bereich rt, das Format vergrößert und zum Druck eine ſcharfe d eutſche Schrift gewählt. dem Todten die Augen zuzudrücken. Als er ſpäter die junge Wittwe aufſuchte, fand er dieſe ſchon merk⸗ würdig gefaßt. Ruhig beſprach ſie mit ihm alle die raurigen Anordnungen die zu treffen waren, nur dann und wann fuhr ſie mit] dem feinen Battiſt⸗ taſchentuch über die ſchönen Augen. 5 „Auch Magnus müſſen wir wohl eine Todes⸗ anzeige zukommen laſſen,“ ſagte ſie etwas zögernt, „Sie wiſſen wohl ſeine Adreſſe.“ erinnern Sie michl Ich habe ihn total vergeſſen in dieſen Tagen.“ 5 Unruhig fuhr er in die Taſchen ſeines Rockes herum. „Wahrhaftig da ſteckt der Brief auch noch!“ „Was für ein Brieſe“ rief Irene und blickte neugierig auf die Adreſſe.“ „Eveline von Bork! was ſoll das heißen! Hatten Sie Auftrag von Mag⸗ nus an ſie zu ſchreiben 2“ „Nein das nicht, aber ich verſprach es der jungen Dame damals im Harz, ihr Nachricht von Magnus zu geben, wenn feinem Künſtlerflug ſich große Hindernſſſe in den Weg ſtellen ſollten, wie die Sorgen um das tägliche Brot und ähnliche 5 Calamitäten. Fräulein von Bork iſt reich, und ich hielt es für das Beſte, ſein Schickſal dieſer ſeiner Jugendgeſpielin anzuvertrauen. Hoffentlich iſt es auch jetzt noch nicht zu ſpat dazu, ich werde den Brief ſofort beſorgen. Irene legte jedoch energiſch die kleine Hand auf den Brief. Begehen Sie keine 9 9 7 5 Kant! Welche Idee von dieſer Seite Hülfe für Magnus du erbitten, von den Menſchen die ſeine Kunſt, ſein Heiligſtes, verachtet haben! Ueberlaſſen Sie es nur getroſt mir, mir allein, ich werde ſchon die rechten Mittel und Wege finden für unſern jungen Künſtle gefühllos.“ Sie 5 loſen Augen, und verfiel in ein krampfhaftes Schluch⸗ „Magnus!“ rief Kant betroffen, „mein Gott, woran „Irene!“ rief Kant mit einem Blick zorniger Verachtung! Dort drüben liegt Ihr Mann auf dem Todtenbette, Sie wiſſen, was die Veranlaſſung ſeiner Krankheit geweſen. Solchen bodenloſen Leichtſinn habe ich kaum für moͤglich gehalten.“ „Sie wollen mir den Tod meines Mannes zum Vorwurſ machen! O das iſt grauſam, das iſt legte beide Hände vor die thränen⸗ zen, welches Manöver jedoch bei dem gereizten Doktor Kant gänzlich ſeine Wirkung verfehlte. „Den Tod Ihres Mannes habe ich Ihnen nicht vorgeworfen, nur Ihren grenzenloſen Leichtſinn,“ er- wiederte er. „Magnus würde ſolche Hülfe von Ihnen übrigens auch voll Verachtung von ſich weifen!“ „Das würde er nicht! Die Liebe verzeiht Allet!“ „Liebe!“ rief Rant ironiſch. „Es kommen uns Männern zu unſerm Heile Stunden, wo uns ein Blick geſtattet iſt in die berderblichen Tiefe ſo mancher Frauenſeele. Nach ſolchem Blick iſt es für alle Zeit vor⸗ bei mit der Liebe !“ b Irene ſah ſcheu zu ihm auf, ſie war wohl zu weit gegangen, ſie mußte notwendig einlenken. Was ſollte ſie anfangen ohne den Beiſtand dieſes einzigen treuſten Freundes. „Der Schmerz, die Aufregung hat wohl meine Sinne verwirrt,“ begann ſie mit leiſer Stimme. O Gott, ich weiß ja nicht, was ich ſpreche, was ich thue, ich wollte unſer Kind holen, aber ich brach hier zuſammen vor Schmerz.“ Kant war feſt davon überzeugt, daß sie ganz genau wußte, was ſie ſprach und that. Wieder⸗ wille und Verachtung erfaßte ihn der Frau gegen⸗ er mit voller Glut ſeines leidenſchafklichen Herzens jahrelang hoffnungslos geliebt. — Und ſeßt wo er der Hoffnung hätte Raum geben dürfen, da war ihm der eine Blick geworden, in die Diefen dieſer Frauenſeele. Er war geheilt! „Sie wollen gehen? fragte Irene angſtvoll, als er jetzt den Brief wieder einſteckte. f „Ich will den Brief ſelbſt beſorgen, ſollten Sie ſonſt noch meinen Beiſtand brauchen, ſo ſtehe ſch gern zu Dienſten.“ „Ich bitte darum,“ hauchte Irene. a Kant empfahl ſich, und die ſchöͤne Sünderin ſah ein wenig nachdenkend aus, als die Thür ſich hinter ihm geſchloſſen, dann aber zuckte es ſpoltiſch über ihr Geſicht. „Der kommt ſchon wieder, bedenklicher war das mit dem andern, mit Magnus,“ dachte ſſee, Aber wenn er ſie wiederſah, als trauernde Mittwe, mit dem Blick einer mater dolorosa, das zarte blaſſe Antlitz von ſchwarzen Spitzen umrahmt, ſollte er da nicht, übermannt vom Mitleid, Alles vergeſſen! Und wo erſt Meitleid in einem Herzen Raum gefunden, da iſt bis zur Liebe nur ein kürzer Schritt. Irene hatte Erfahrung in ſolchen Dingen und begann jetzt ihre Trauertoilette zu machen, mit gar leichtfinnigen Gedanken und thoͤrichten Träumen, die durchaus nicht harmoniſch ſtimmten, zu dem langen, ſchwarzen Wittwenſchleier, den ſie grazid ö ſchwarzen Flechten befeſtigte. Fortſetzung folgt. Gefährliches Vergnügen. Karlchen, Du bit doch nicht an meinem Schreibtiſch und zerſchneidrſt etwas 7“ — „Ach, Papachen, ich nehm immer nur Beſchriebenes! g