leben. 71 755 ehen jeden Aittwoch 195 Samstag und koſtet vierteljährlich 1ũ / — mit iluſtiertem Anterhaltungsblakt 1 4 40 3 excl. Poſtproviſton Znſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in 05 Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die einſpaltige Vokal⸗Anzeigen mit 6 Pfg Bei größeren Aufträgen Rabattbewill igun 0 Harmondzeiele oder deren Raum mit 10 Pf., Reklamen mit 20 Pf. berechnet. Nr. 15. Politiſches Schwetzingen, 17. Febr. Heute Nach⸗ mittag ſtattete unſer Landtagsabgeordneter Herr Miniſterialrat Frech von Mannheim vor einer äußerſt zahlreichen Verſammlung von Wählern der Bezirke Ladenburg, Schwetzingen und Weinheim Bericht in der Ritterhalle dahier über ſeine Thätigkeit im letzten Landtage ab. Die Rednerbühne war mit den von herrlichen Topfpflanzen umgebenen Bildniſſen unſeres Kaiſers und Großherzogs geſchmückt. Der Vor⸗ ſitzende des nationalliberalen Vereins, Oberamtsrichter Clauß, eröffnete die Verſammlung, ſprach ſeine größte Befriedigung und Dank aus über die zahl⸗ reiche Beteiligung, was gewiß von einem geſunden Sinn der wackeren Pfälzer zeuge und forderte mit zu Herzen gehenden Worten die Anweſenden auf, ſtets in religibſer Duldſamkeit neben einander zu Das am Schluſſe ſtürmiſch aufgenommene Hoch galt Kaiſer und Reich. Sodann ergr ff unſer Landtags abgeordneter, Herr Frech, das Wort und warf vor Allem einen Rückblick auf die Arbeiten des lezten Landtages, die von ungewöhnlich langer Dauer und reichem Arbeitsſtoff, mehrmals durch er⸗ ſchütternde Ereigniſſe unterbrochen werden mußten, und verlas die darauf bezüglichen Worte unſer⸗s edlen Großherzogs an den Landtag und ſein Volk. Wie aus dem Vortrag zu entnehmen war, wurden im Ganzen 20 Geſetzesvorlagen beraten und ange⸗ nommen. Was den Staatshaushalt betrifft, ſo ſei derſelbe ſehr befriedigend und die Finanzlage eine recht günſtige. Redner weist beſonders die Aus⸗ gaben für Hochſchulen, Mittelſchulen, Kultus, Be⸗ zirksverwaltungen, Polizei, Förderung der Gewerbe, Landwirtſchaft, Waſſer⸗ und Straßenbau und Staats⸗ zuſchuß zur Tilgung der Eiſenbahnſchuld ziffermäßig nach. Ebenſo die Einnahmen, beſonders an Brannt⸗ Mittwoch, weinſteuer, Domänen, Grund⸗ und Häuſerſteuer und der Eiſenbahnen. Redner beſpricht ſodann in ein⸗ gehender Weiſe die Unfall⸗ und Landeskrankenver⸗ ſicherung, gebt über zur Landwirtſchaft, hebt be⸗ ſonders die Steuerfreiheit des Haustrunkes hervor, beſpricht die Schankwirtſchaft⸗Einnahmen, die jetzt nach der Einwohnerzahl der Orte erhöht wurden. Zum Beamtengeſetz übergehend, gibt Redner die näheren Erläuterungen hiezu, wonach die Gehalts⸗ bezüge der Beamten ſich auf 7½ Proz. erhöhen. Und die Volksſchullehrer? Dieſe konnten ihrer eigen⸗ arligen Stellung wegen und weil die Volksſchulen Gemeindeanſtalten ſeien, keine Aufnahme im Be⸗ amtengeſetz finden. In dasſelbe aufgenommen zu werden, ſpricht der Redner den Lehrern jede Hoff⸗ nung ab. Zudem ſei auch ihrer in anerkennens⸗ werter Weiſe gedacht worden. Redner beſpricht ein⸗ gehend die Kirchenvorlage, Kirchenſteuer, und geht über zum kirchenpolitiſchen Geſetz. Dieſer von der Regierung eingebrachten Vorlage lonnte der Redner nach reiflicher Ueberlegung mit beſtem Wiſſen und Gewiſſen ſeine Zuſtimmung nicht geben; führt die Gründe hiezu an. Zum Schluſſe ſeines ausführ⸗ lichen Vortrags verlas der Redner das Dankſchreiben unſeres Großherzogs an die 2. Kammer, gedachte dieſes edlen Fürſten mit begeiſterten Worten und brachte demſelben ein dreifaches Hoch dar, das ju⸗ belnd erwidert wurde. Oberamtsrichter Clauß er⸗ griff nun das Wort, um dem Herrn Abgeordneten für ſeine erfolgreiche Thätigkeit mit einem freudig begrüßten Hoch zu danken und gab unſerem Reichs ⸗ tagsabgeordneten Herrn Diffene aus Mannheim das Wort. Derſelbe dankt vor Allem für den herzlichen Empfang, ſpricht in eingehender Weiſe über Zoll⸗ tarif, Tabakſteuer, Kolonialpolitik und über das Reichsbudget. Mit geſpannter Aufmerkſamkeit lau⸗ Rudolf Moſſe, „„ Nachſtehende Annoncen ⸗Erpeditionen: Alois Herndl in Wien, elf in Hamburg 11 ſämtliche Annoncen⸗Bureaux von Haaſenſtein und Vogler L. Daube und J. Barck und Comp. nehmen Inſerate für unz an. Inſerate ſind von nachweisbarer Wirkſamkeit. Redaktion, Druck und Verlag von Karl Molitor in Ladenburg 22 U m bU— — — — den 20. Jebruar 1889. ſchten die Anweſenden dieſen klaren, überzeugungs⸗ treuen Worten. Am Schluſſe ſeiner Ausführung brachte der Redner unſerm jugendlichen Kaiſer, einer ächten Hohenzollernnatur, ein begeiſtert aufgenommenes Hoch aus. Fabrikant Ritzhaupt von Werſauerhof dankte mit herzlichen Worten unſerem geehrten Reichstagsabgeordneten, worauf der Schluß der Ver ⸗ ſammlung erfolgte. Berlin, 16. Febr. Der Kaiſer empfing um 12% Uhr den marolkaniſchen Geſandten mit den Attaches in beſonderer Abſchiedsaudienz und ließ demſelben koſtbare Geſchenke überreichen. Die Geſandtſchaft reiſt morgen früh ab und begibt ſich zu zweitägigem Aufenthalte nach Eſſen zu Krupp. Berlin, 16. Febr. Die Kaiſerin Auguſta feierte heute den 60jährigen Jahrestag ihrer Ver⸗ lobung. — Der Papſt ſoll nach dem „Berliner Tageblatt“ wiederhold den ſehnlichſten Wunſch aus⸗ geſprochen haben, den Jeſuiten⸗Orden und deſſen Erziehungsanſtalten in Deutſchland wieder herge⸗ ſtellt zu ſehen. Aus Berlin ſoll indeſſen eine direkt abweiſende Antwort im Vatican eingelaufen fein. Das Befinden des Papſtes iſt neuerdings den Ver⸗ hältniſſen nach vorzüglich. Trotzdem hat er vielfach Ohnmachtsanfälle. Seine Nahrung iſt ausſchließ⸗ lich flüſſig. Das Wohlbefinden iſt verhältnismäßig gut, doch iſt in Folge der Altersſchwäche eine plöͤtz⸗ liche Kataſtrophe nicht ausgeſchloſſen. a Berlin, 17. Februar. Die Nachrichten über die Sommerdispoſitionen Sr. Maj. des Kaiſers, de⸗ ſonders auch über eine Reiſe nach England, werden als verfrüht bezeichnet unter Hinweis darauf, daß Angeſichts der zu erwarteten fürſtlichen Gegenbeſuche die Verfügung über den Sommer nicht frei ſei. In Kiel will man wiſſen, Kaiſer Wilhelm und Czar Alexander III. würden im Juni dort zuſammen⸗ Nachdrud Kanten, 10. Fort. . e Dann gtüppitte man n ſich um den einladenden Kaffeetiſch auf welchem die Weihnachtsſtollen lieblich dufteten. Magnus ſaß neben Eveline und 4 ſeine Frage noch einmal im nerckiſchen on. „Du biſt nicht mehr der alte Magnus,“ er⸗ wiederte Eveline ernſthaft, „es liegt etwas Fremdes in 1 Zügen, womit ich mich erſt befreunden muß. Magnus lächelte. Du ſiehſt ſehr ſcharf Eveline ein verändertes Leben giebt eben dem Menſchen ein anderes Gepräge. Das Leben in Berlin gefällt Dir wohl ſehr? fragte Walter jetzt. „O es iſt wunderſchön,“ rief Magnus be⸗ geiſtert.“ Hoffentlich vernachläſſigſt Du bei den vielen Zerſtreuungen, die das Leben dort bietet, Deine Stu⸗ dien nicht! ertönte plötzlich Herrn v. Senden harte Stimme. Magnus wurde dunkelrot unter den ſcharfen prüfenden Blicken ſeines Onkels. „Ich lann dem Studium der Medicin bis jetzt noch ſehr wenig Geſchmack abgewinnen,“ erwiederte er dann freimütig. Das wird und muß fich finden! ſagte Herr v. Senden ſtreng. Es iſt Deine Pflicht, den Hauptzweck Deines Aufenthaltes in Berlin immer im Auge zu behalten!“ Frau v. Senden begann jetzt nach ihren Ver⸗ wandten zu erkundigen, Magnus atmete erleichtert auf und erzählte mit vieler Weitſchweifigkeit von dieſen Verwandten, die ihm im Grunde alle ſehr unſympatiſch waren. Man pries es ein großes Glück für ihn, in ſolcher Familie Zutritt zu haben, wo er ſeine freien Abende zubringen konne und Magnus hielt es nicht für notwendig, Aufklärung darüber zu geben, daß er ſeine Abende in ganz andern Kreiſen zuzubringen pflegte, und bei den Verwandten nur die notwen⸗ digſten Pflichtbeſuche mache. Das waren im Grunde doch nur nebenſächliche Dinge im Vergleich zu den Geſtändniſſen, die er ſeinem Onkel machen wolle. Wie würden dieſelben den kleinen Kreis, in welchem ſich das Leben nun ſchon ſeit Jahren ſo gleichmäßig und geordnet abſpielte, in Unruhe verſetzen! Würde es wohl einer von Ihnen wagen, dem Onkel gegen⸗ über für ihn einzutreten. CEveline vielleicht! Sie hatte wenigſtens als Kind den Mut dazu gehabt. Ob er ſich ihr anver⸗ traute? wozu ſie damit beunruhigen, ein Verſtänd⸗ niß konnte ſie ja doch nicht haben für das große übermächtige Gefühl was ſein Geſchick lenkte, was den ihm vorgeſchriebenen Bahnen auf die unfichern Wege der Kunſt trieb. . Sinnend ſaß er ihr gegenüber auf dem kleinen Seſſel am Kamin, in welchem die Halz⸗ ſcheite munter praſſelten. Der Mondesſchein warf unfichere flackende Lichter auf ihr friſches Gefichtchen Auf dieſen kleinen Polſterſtühlchen am Kamin hatten ſie ſchon als Kinder am heiligen Abend vor der Beſcheerung geſeſſen. Eveline hatte er⸗ klärt: fie käme nicht in die richtige Weihnachts⸗ ſtimmung, wenn ſie hier nicht ſäße und Nüſſe knackte, und Walter und Magnus waren ihr nach dieſem traulichen Plätzchen gefolgt. während die Andern ſich in den anſtoßenden Saal begeben hatten. „So, nun käme allgemach die richtige Weih⸗ nachtsſtimmung über mich,“ ſagte Eveline, indem ſie ſich behaglich in ihren Seſſel zurücklehnte und die Nüſſe verzehrte, die ihr Walter galant aufknackte. „Wenn ſch auch nicht ganz ſo ungeduldig mehr bin wie in den Kinderjahren, ein gut Teil von der freudig erwartungsvollen Stimmung iſt mir doch geblieben. „Ja Deine Ungeduld war ſtets groß!“ rief Walter. „Ich ſehe Dich noch in dem kurzen ſchot⸗ tiſchen Kleidchen ungeduldig hin und her trippelnn, oder an der Thür lehnen und durch das Schlüſſelloch