Politiſches. Berlin, 23. Nov. Bei der heutigen Bu⸗ reauwahl im Reichstag wurde zum erſten Präſidenten der Abg. v. Levetzow mit 271 von 281 Stimmen gewählt. 9 Zettel waren unbeſchrieben. Abg. v. Le⸗ bezow nahm die Wahl dankend an. Darauf wurde Dr. Buhl mit 169 von 259 Stimmen zum erſten Meeipräftdenten gewählt. 87 Zettel waren unbeſchrieben Bel der Wahl des zweiten Vic präſidenten erhielt don Unruhe⸗Bomſt 150 von 244 Stimmen. Auch die beiden Viceprä fidenten nahmen die Wahl dankend an, Die frühere Schriftführer find ebenfalls wieder gewählt worden. Die nächſte Sitzung findet am Dienſtag ſtatt. 5 Berlin, 26. Nobbr. Das vom ruſſiſchen Auswärtigen Amt inſpirirte „Journal de St. Peters⸗ urg“ weiſt auf die Kundgebungen herzlicher Sym⸗ dalhſe hin, deren Gegenſtand der Großfürſt Thron⸗ ſolger während ſeines Aufenthaltes in Berlin ſeitens de Koiſers, des geſamten Hofes und der Bevölker⸗ ung geweſen ſei und bemerkt dazu: Man iſt glück⸗ uns, dieſe Kundgebungen verzeichnen zu ee, obschon keineswegs überraſcht davon, ange⸗ eis der perfönlichen Liebenswürdigkeit des Groß⸗ ſhaſten⸗Thronfolgers und bei den innigen Bezieh⸗ ungen der Freundſchaft, die zwiſchen den beiden Aaferlichen Familien beſtehen. — Das Blatt con⸗ fate ferner den friedlichen Charakter der vom Noiſer Wilhelm gehaltenen Thronrede. Berlin, 25. Nov. Im neuen Etat find die Bezüge der Commandanten von Sonderburg⸗Düppel und Stralſund als künftig wegfallend bezeichnet. Sonderburg⸗Düppel und Strahlſund find danach, wie es im vorigen Jahre bei Kolberg der Fall war, als Feſtungen aufgegeben. — Infolge der 1887 ſtattgehabten Heeresverſtärkung und der ſtetig General- Anzeiger Ja kuſcheint jeden Mittwoch und Famstag und koſtet viertel — mit ikuſtiertem Anterhaltungsblatt 1&4 40 4 a, e 7 Zuſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der rpedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die einſpaltige Harmonpzeiele oder deren Raum mit 10 Pf., Lokal- Anzeigen mit 6 Pfg. Neklamen mit 20 Pf. berechnet. Bei arbſeren Aufträgen Rabattbewilligung. e zunehmenden Zahl der Abiturienten des Kadetenkorps hat ſich der Zudrang zu den Kriegsſchulen derartig geſteigert, daß die Erweiterung einer der letzteren in's Auge gefaßt iſt. — Im Millitäretat befindet ſich ein Poſten von 5200 Mark, welcher dazu beſtimmt iſt, die preußiſche Hauptbibelgeſellſchaft, die den Bedarf an heiligen Schriften für unfer Heer deckt durch Beihilfe zu unterſtützen, um dadurch bei der⸗ ſelben einer Abname der Verbreitung hieliger Schrift en vorzubeugen. Berlin, 26. Nov. beſtandes mit den deutſchen Garniſonen im Bereiche des 1., 2., 5. und 6. preußiſchen Armeekorps er⸗ gibt folgendes Reſultat: In den beiden ruſſiſchen Bezirken ſtehen gegenwärtig 8 Armeekorps zu je zwei Diviſtonen und eine Garde⸗Divifton; da jede Infanterie ⸗Divifien aus 4 Regimentern zu vier Bataillonen formirt iſt, ſo beläuft ſich die Zahl der dort garniſonirenden Bataillone auf 272; rechnen wir 2 Schützenbrigaden zu 5 Bataillonen hinzu, ſo find es 282 Bataillone. Nun iſt das Effectiv dieſer Bataillone nachweisbar kaum 400 Mann ſtark. Bei den im September dieſes Jahres ſtattgehabten Mandvern in der Umgegend von Warſchau, an denen ſich 77 Bataillone Infanterie, 79 Escadrons und 37 Batterien Artillerie, darunter 7 reitende Batterien beteiligten, hatten dieſe ſämtlichen Truppenteile nur eine Stärke von zuſammen 45,000 Mann, wovon auf die Reiterei und Artillerie circa 15,000 Mann kamen, ſo daß alſo die Bataillone noch nicht ganz die Stärke von 400 Mann erreichten. Dieſen 282 ruſſiſchen Bataillonen mit einer Friedenspräſenz von Nachſtehende Annenen - Erpebitienen: Ulis Herndl in Wien, Avelſ Stetaer in Hamburg und fämtliche Annoncen⸗Bureaux von Haaſenſtein und Vogler Rudolf Moſſe, G. a Inſerate find von nachweisbarer Wirkſamleit. Redaktion, Druck und Verlag von Rarl Moliter in Ladenburg L. Daube und J. Barck und Comy. nehmen Inſerate für uns an. 1888. 112,000 Mann ſtehen in den oben genannten preußiſchen Armeecorpsbezirken 38 Infantrrie⸗Re⸗ gimenter à 3 Bataillone gegenüber, die im Kriegs⸗ fall ſofort auf je 4 Bataſllone in der Stärke von 1000 Mann gebracht werden können, zu denen dann noch vier Jägerbataillone der Linie und 32 Infanterie⸗ Regimenter der Landwehr erſten Aufgebots 4 3 Bataillone hinzugerechnet werden müſſen, zuſammen alſo 252 Bataillone Infanterie, die mit entſprechen⸗ der Reiterei und Artillerie eine Streitmacht von Eine Vergleichung des nach den neueſten Veränderungen in der ruſſiſchen Heeresorganiſation in den beiden an die deutſche Oſtſeegrenze anſtoßenden ruſſiſchen Militärbezirken, dem Wilnaer und Warſchauer, befindlichen Truppen⸗ 288,000 Combattanten ergeben, die durch die Truppenkörper der Landwehr zweiten Aufgebots und des Landſturms aus jenen vier Armer corpsbezirken in kurzer Zeit auf eine halbe Million Streiter ge⸗ bracht werden kann. 1 55 N Paris, 26. Nov. Auf dem geſtrigen Bou⸗ langiſtenbankek hielt Boulanger eine Rede, worin er gegen die allgemein verbreiteten Anfichten Emſprache erhebt, daß er aggreſſive Hintergedanken habe. Er erinnert an die Worte, welche er 1886 bel dem Feſte in Hippodrom ſprach: jedes Volk, welches leben wolle, müſſe ſtark ſein in der gegenwärtigen Lage Europas. Angefichts der von allen Nationen getroffenen Maßnahmen würde Frankteich weniger in Sicherheit leben, wenn es weniger gerlſtet, weniger vorbereitet als die Nachbarn wäre. Frank⸗ ſei eiferſüchtig auf ſeine Rechte, trachte aber doch nach Frieden und ſchütze die Arbeil. Er, mehr Patriot als Soldat, wünſche ſehnlichſt die Aufrecht⸗ erhaltung des Friedens. Es gebe nun zwei Arten des Friedens: den Frieden, um welchen man bittet und den Frieden, welchen man durch eine würdige, feſte Haltung auferlegt. Letzterer allein gezieme den Franzoſen. Boulanger fragt, ob Jemand es wagen würde, eine andere Sprache zu führen, verwünſcht die gegenwärtige Politik, welche die Kräfte des Novelle von R. Sturm. Nachdruck verboten. 1 5 Schluß. Feiger, verfluchter Mordbube Zum zweiten Male entgehſt Du Deiner Strafe nicht. Hinunter in den Abgrund oder ich verhafte Dich auf der Stelle und Aberliefere Dich dem Henker! „Hellmann. Sie ſind vertückt, Sie bringen 1 ich und Ihre Familie um's Brod, wenn Sie 11 ſolche Dinge ausſprechen,“ keuchte Kerſtenz hervor. 0 ö „Schweig Elender, ich kenne Dich beſſer! Voriges 1 Jahr haft Du ſchon auf den Schwager geſchoſſen * und ich habe geſchwiegen, weil die Wunde nicht 1 tödlich war und weil ich größeres Elend vermeiden wollte, aber diesmal läßt mir mein Gewiſſen keine Ruhe, es muß Sühne geschaffen werden. Entweder folgt die Sühne auf der Stelle und Sie ſtürzen 1 ſich freiwillig in den Abgrund oder ich verhafte Sie und übergebe Sie heute noch der Staatsan- waltſchaft.“ ö b 10 O lmann ſeien Sie barmherzig! Ich will Ihren Gehalt verdoppeln und Ihnen ote Hälfte meines Ver⸗ mögens geben.“ „Lieber will ich als Taglöhner mein Brod ver⸗ dienen, ais Sündenlohn annehmen, erwiderte kalt der erbitterte Föͤrſter. Die Sünden der Väter. „O, ſo ſeien Sie barmherzig um meiner Frau und um meines Schwiegervaters willen, deren ein⸗ zige Stütze ich jetzt bin, wimmerte Kerſtenz. 8 „Deren einzige Stütze Sie find!“ lachte der Förſter mit furchtbarem Hohn. „Ihre Angehörigen werden froh ſein müſſen, wenn ſie Sie, das Unge⸗ heuer in Menſchengeſtalt, los ſind. Wer ſoll noch vor Deiner Hand ſicher ſein, Mörderbube, wenn es die Verwandten nicht find. Wähle, wähle, der Sturz in dieſen Abgrund iſt die einfachſte Sühne für Deine Schandthaten und bewahrt Deine edle Frau und Deinen braven Schwiegervater vor der Schande, den Gatten und Schwiegerſohn einem Mordprozeſſe und dem Henker Überliefert zu ſehen. — Hinüber Hector Juno hinüber und wenn einer von Euch den Hals dabei bricht,“ rief dann der zornige Foͤrſter den Hunden zu, haltet ihn feſt den Mörder, haltet ihn feſt! g Ein Praſſeln am Ufer und lautes Gebel verkündete, daß die Hunde dem Fböiſter ge⸗ horchten und tollkühn ſich auf Kerſtenz zu ſtürzen ſuchten. Hellmann ſprach jetzt kein Wort mehr, ſondern heftete nur ſeine ſtrengen Blicke auf den am ſteilen Üferrande hängenden Verbrecher. Ein ſeltſames Züttern und Zucken ging jezt durch deſſen Korper. War es Erschöpfung, war es Angſt und Ent⸗ ſetzen vor ſeiner Entdeckung oder war es Furcht vor ſeiner unmittelbar bevorſtehenden Feſtnahme und Auslieferung in die Hände der irdiſchen Richter ? Niemand wußte es zu ſagen und mit geſtei⸗ gerter Spannung beobachte Hellmann den bebenden Verbrecher. 5 Da auf einmal erſcholl ein gräßlicher, unarti⸗ kulirter Laut und Kerſtenz ſtürzte im Falle mehrere Male an die Felſenvorſprünge anſtoßend, in die furchtbare Tiefe hmab. Auch von ſeinem Blute färbten ſich die Wellen des Gebirgsfluſſes rot und trieben ſeinen Leichnam faſt an dieſelbe Stelle, wo derjenige Heinrichs lag. Entſetzt blickte der Förſter auf die Leichen und faltete ſtill die Hände zu einem Gebet für die Seelen der Todten. Dann wandte er ſich eilenden Schrittes von der Mordſtätte ab, um Anzeige beim Gericht zu machen. N ö Heinrich Mallings Hund Hector war es ge⸗ weſen, der den in der Nähe durch den Wald gehenden Förſter ſo raſch an die Stelle geführt hatte, wo Heinrich vom tödtlichen Blei getroffen in die Tiefe geſunken war. Der kluge Hund hat kein nutzloses Klagegeheul ausgeſtoßen, als er ſeinen Herrn ſo jählings in den Abgrund ſtürzen ſah, ſondern war eiligſt und leiſe winzelnd vor die Füße gefallen. Der Föͤrſter hatte daraus ſofort geſchloſſen, daß etwas ganz Außergewöhnliches mit dem Herrn des Hundes vorgefallen ſein müſſe und hatte ſich von dem Hunde an die Stelle, wo ſein Herr ermordet worden war 1