keinen andern Zweck. Die Leiden eines Krieges und ſelbſt eines ſiegreichen, ohne Not Über Deutſch⸗ land zu verhängen, würde Ich mit Meinem chriſtlichen Glauben und mit den Pflichten, die Ich als Kaiſer gegen das deutſche Volk übernommen habe, nicht verträglich finden. In dieſer Ueberzeugung babe Ich es als Meine Aufgabe angeſehen, bald nach Meinem Regierungsantritt nicht nur Meine Bundes⸗ genoſſen im Reich, ſondern auch die befreundeten und zunächſt benachbarten Monarchen zu begrüßen und mit ihnen die Verſtändigung zu ſuchen über die Erfüllung der Aufgabe, die Gott Uns geſtellt hat, Unſern Völkern Frieden und Wohlfahrt zu ſichern, ſoweit dies von Unſerem Willen abhängt. Das Vertvauen, welches Mir und Meiner Politik an allen von Mir beſuchten Höfen entgegengekommen iſt, berechtigt Mich zu der Hoffnung, daß es Mir und Meinen Bundesgenoſſen und Freunden mit Gottes Hülfe gelingen werde, Europa den Frieden zu erhalten. Miniſter v. Bötticher erklärte ſodann den Reichstag Namens Sr. Maßeſtät für eröffnet. Bei dem Eintritt des Kaiſers brachte der Vizepräftdent Dr. Armand Buhl, bei dem Weggehen des Kaiſers der bayeriſche Bundes bevollmächtigte Graf v. Ler⸗ chenfeld ein ſtürmiſch aufgenommenes Kaiſerhoch aus. In der Hofloge wohnten die Kaiſerin, der Herzog und die Herzogin von Aoſta, Herzog Eſte, Prinzeſſen Albrecht mit ihren Söhnen der Eröffnungsfeier bei. Berlin, 21. Nov. Der Großfürſtthron⸗ folger von Rußland traf heute Abend bier ein, em⸗ pfangen vom Kaiſer, dem Prinzen Heinrich, der Generalität und den zum Ehrendienſt befohlenen Offizieren. Nach herzlicher Begrüßung beſtiegen die Herrſchaften die Hofwagen, die von einer Egladron der Garde⸗du⸗Corps bis zur ruſſiſchen Botſchaft es⸗ kortirt wurden. Berlin, 22. Nov. Das deutſche Blokade⸗ geſchwader an der oſtafrikaniſchen Küſte unter Kom⸗ mando des Contreadmirals Deinhardt wird gutem Vernehmen nach aus 6 Schiffen beſtehen, welche 15 Geſchütze und 1,337 Mann Beſaßzung mit ſich ühren. Berlin, 21. Nov. Die Zabl der in Folge des Krieges 1870071 penſionirten Offiziere, welche am 1. Juni d. J. noch lebten, betrug nach der Militärzeitung bei der preußſſchen Militärverwaltung 3286, bei der ſächfiſchen 152, bei der württem⸗ bergiſchen 65, der bayeriſchen 783 und der deutſchen Marineverwaltung 7. Unter der Geſamtzahl von 8286 befanden fich 8 Generale der Infanterie oder Kavallerie, 42 Generalleutnante, 75 Generalmaſore, 185 Oberſten, 221 Oberſtleutnante, 535 Majore, 736 Hauprleute oder Rittmeiſter, 1263 Premier⸗ oder Sekondleutnante, 81 General- oder Oberſtabs⸗ ärzte und 140 Stab- oder Aſſiſtenzärzte. Roſtock, 21. Nov. Der ruſſiſche Großfürſt⸗ Thronfolger traf Nachmittags nach ſtürmiſcher Ueber⸗ fahrt von Kopenhagen über Gjedſer in Warn⸗münde ein. Dort wurde er empfangen vom Grafen Walder⸗ ſee und dem Oberſten v. Rauchhaupt. Um 4% Uhr fuhr er hier durch nach Berlin. ö Werſchiedenes. — Ladenburg, 23. Nov. Die Gewinne der Münchener Ausſtellungs⸗Lokterie, welche in Kunſt⸗ blättern beſtehen, gelangen nach 8. 5 der Verlooſ⸗ ungsbeſtimmungen (ſtehe Rückseite des Looſes) erſt 4 Wochen nach Einlieferung des Originallooſes zur Abgabe, bezw. zur Verſendung. Mancher Gewinner der ſein Loos bereits eingeſendet hat, dürfte dieſe Bemerkung überſehen haben. Herr Karl Bregenzer Großh. Hoflieferant, Karlsruhe, welcher die meiſten dieſer Kunſtblätter für die badiſchen Gewinner ver⸗ ſendet, macht darauf aufmerkſam, daß die Effectuir⸗ ung derſelben ſich biedurch bis Ende Dezember oder gar zum Ende Januar hinzieht. — Aus Baden, 22. Nov. In O., einer Gemeinde des Baulandes, prozeſſiren ſeit drei Jahren zwei Brüder um einen Acker, der einen Wert von 30 M. hat. Jetzt iſt der Prozeß auch in der ober⸗ ſten Inſtanz entſchieden und hat der unterlegene Teil über 1000 M. Koſten zu zahlen. — Speyer, 21. Nov. Der Prinzregent hat der Ernennung des Herrn Commerzienrat Pf. Diffens von Mannheim zum Belgiſchen Konſul für die Pfalz die landesherrliche Anerkennung erteilt. Generalkdnſul iſt Herr J. J. Cartuyvls in Köln. — Frankfurt a. M., 20. Nov. Heute Abend nach 10 Uhr hat ſich vor dem Hauptbahnhof ein größerer Eiſenbahnunfall ereignet. Der um 10 Uhr 15 Min. von Heidelberg hier fällige Perſonen⸗ zug der Main⸗Neckar⸗Bahn hatte auf der Strecke etwas Verspätung und mußte überdies vor der Ein⸗ fahrt in die Geleiſe des Hauptbahnhofes noch hallen als auch der ſchon 10 Min. ſpäter ankommende Schnellzug derſelben Strecke in Sicht kam. Der Führer des Perſonenzuges gab ſofort ſtark Dampf, um dem drohenden Zuſammenſtoß auszuweichen, ver⸗ mochte aber nicht, in der kurzen Friſt das Geleiſe ganz frei zu machen, ſo daß der Schnellzug mit doller Fahrgeſchwindigkeit in den letzten Wagen del Perſonenzuges hineinfuhr. Der Ellguterwag und der hinterſte Perſonenwagen des leßteren ſiud nber die Böſchung geſchleudert und gänzlich zertrümmert, der zweite Perſonenwagen ſtark deſchädigt worden. Die Lokomative, ſowie die 2 nächſten Wagen dez Schnellzuges find teils umgeſtürzt, teils in Trümmer gegangen. Von allen Seiten wurde um Hilfe gerufen und aus den aufgeriſſenen Kupothüren ſtürzten die Menſchen ins Freie an die eigentliche Unglücksſtätte wo mehrere Frauen und Kinder aus den Trümmern unter Klagerufen hervorkrochen. Die Reiſenden beider Züge find ſofort durch den vom Unfall verſchonten Theil des Perſonenzuges in den Bahnhof beſrdert worden. Auf jeden Fall aber iſt der Materſalſchaden bedeutend. — Aus Halle, 19. Nov,, wird geſchrieben; Ein entſetzlicher Unglücksfall hat ſich geſtern in dem kleinen Dorfe Golga bei Burgkemnitz ereignet. Der Steinbrucharbeiter Huth fand beim Aufräumen einer Bodenkammer ſeines Grundſtückes einen blechernen Behälter, der ſchon mehrere Jahre vermutlich dor gelegen hat und ſich mit blaßen Händen nicht öffnen i öl ging deshalb W dem Hof, um mit Hilfe einer Miſtgabel die Oeffnung vorzunehmen, a Ihm nach folgten ſeine ſechs Söhne im Alter von Hillen! 18, 12, 11, 7, 5 und 3 Jahren. Als der Baer Bri K in die Büchſe ſtach, erfolgte eine entſetzliche Exploſſon, * 5 da der Inhalt aus Dynamit ꝛc. beſtanden hatte, e u außerge wt der 11jährige Knabe mit Verletzungen des Geſichtes und der Augen davon kam. Die Mutter befand 5 ſich glücklicherweiſe in der Stube und zwel weitere 8 Kinder befauden ſich nicht zu Hauſe. Menſchliche Körperteile lagen überall umher, mehrere Häuſer ſind arg demolirt. Der Krach war weithin der⸗ nehmbar. — London, 21. Nov. Heute wurde, t. Frkf. J., abermals ein Frauenzimmer in Whitechapel ermordet. — Meß, 22. Nov. Der lothriggiſche Be⸗ zirkstag bewilligte heute zehntauſend Mark ſüt ein hier zu errichtende Kaiſer Wilhelm Denkmal. + Unter Kameraden. „Ah, ſchneidiger Zioll⸗ anzug Herr Kamerad! Jetzt machen laſſen 3 Alle ſieben Perſonen wurden in die Luft geſchleuderl, fit ein Kind flog hinüber bis in ein Nach bargehöft. Der Vater und 5 Kinder wurden entſetzlich ver⸗ . ſtümmelt und blieben auf der Stelle tot, während 2 „Nein, laſſe immer am Monatsende Maß nehmen, habe da mehr Taille!“ ung des Förſters in Mallings Herzen geweckt, aber wenn er ſich auch über die wahrſcheinliche Unthat ſeines Schwiegerſohnes Kerſtenz bitter grämte, ſo freute er ſich doch noch mehr, daß Ludwig unſchul⸗ dig an dem gräßlichen Verbrechen war, auf ſeinen Bruder Heinrich geſchoſſen zu haben. Der Foörſter, der an jenem verhängnisvollen Augenblicke, wo Hein⸗ rich von einer Kugel getroffen worden war, hinter einem Baume verborgen zwiſchen Ludwig und Ker⸗ ſtenz geſtanden hatte, war ja wohl, die einzige Perſon die ein Schuldig oder Unſchuldig in der ſchlimmſten Affaire aussprechen konnte. Am anderen Morgen hatte Herr Malling ſeinen vertrauteſten Mitarbeiter in ſein Contor rufen laſſen und in beauftragt, ſo fort an mehrere befreundete Geſchäftshäuſer nach Amerika zu tele⸗ graphiren und dieſe zu bitten, nach ſeinem Sohne Ludwig zu forſchen und ihn in des Vaters Namen 10 bitten, ſofort nach Europa zum Vater zurückzu⸗ ehren. E 7 5 Wieder waren zwei volle Wochen verfloſſen und der ungeduldige, habgierige Heinrich hatte ſich dem Ziele ſeiner habſüchtigen Wünſche nicht weiter zu nähern vermocht. Sein Vater befand ſich beſſer in ſeinem Leiden und Kerſtenz wich den Anſpielungen des Schwagers vorſichtiger als je aus. Um ſich Zerſtreuung zu verſchaffen, beſchloß Heinrich auf die Pürſchjagd nach Hirſche in die Ker⸗ ſtenz'ſchen Wälder zu gehen. Er hatte Kerſtenz wie üblich dieſe Abſicht mitgeteilt und den Schwager auch zur Teilnahme an der Jagd aufgefordert, hatte abgeſagt. Nur von ſeinem Jagdhunde begleitet, ſtieg an einem trüben Herbſtvormittage Heinrich in dem von Hügel und Schluchten unterbrochenen Jagdterrain empor. Stundenlang ſchlich er ſpähend mit geſpannter Büchſe durch den Wald, um einen feiſten Hirſch aufzuſpüren, aber das Jagdglück war Heinrich heute nicht hold, er traf kein Stück Wild an und beſchloß zuletzt an den ſteilen Ufern des Gebürgsflüßchens, welches am noͤrdlichen Ende des Waldes dieſen durch ⸗ ſchnitt, ſein Jagdglück zu verſuchen, hoffend, daß er einen Hirſch in den Schluchten am Flußufer auf ſpüren werde. Vorſichtig und leiſe, hinter jedem Buſch und jeder Felsſpalte Deckung ſuchend, ſchritt Heinrich an dem Flußufer entlang und manchmal ſchien es ihm als ob auf der anderen Seite des Flußufers ſich etwas rege. Oft lauſchte und ſpähte er hinüber, aber er konnte kein Stück Wild entdecken. Jetzt ſtand Heinrich an einer ganz ſteilen, erhöhten Stelle des Ufers und blickte vorfichtig über die ganze Umgebung Da knallte plötzlich ein ſcharfer Büchſenſchuß am jen⸗ ſeitigen Ufer und — Heinrich ſtürzte lautlos in den tiefen Abgrund, die Wellen des Fluſſes mit ſeinem Blute färbend. Eine unheimliche Stille trat ein und dauerte wohl mehrere Minuten. Endlich ſah man am jenſeitigen Ufer eine lauernde Geſtalt fich regen und in den Abgrund ſpähen. Es war Kerſtenz, der mit dem Blicke eines Raubtieres ſich nach ſeinem Opfer umſchaute. Dort unten auf harten Felsgeſtein, umſpült von den Wellen des Gebirksfluſſeß lag Heinrich Kerſtenz's unerbittlicher und nun von deſſen Kugel zum zweiten Male getroffener Gegner ſtill und todt da und — Kerſtenz brauchte ihn nicht mehr z fürchten. Aber fort muß er von dieſer Stelle, murmelle Kerſtenz zwiſchen den Zähnen, dort wird er ſo leicht gefunden und dann der Verdacht auf mich fallen. Ich werde ihn vergraben müſſen. Aber wo nu Heinrichs Hund iſt, den muß ich ebenfalls erſchießen, Sollte er den Hund ganz wieder ſeine Gewohnheit zu Hauſe gelaſſen haben? Das wäre mir ſehr recht Aber wer kann das wiſſen. Ich werde den Hund noch heute Abend bergiften müſſe, es iſt am ſſicherſten denn ſonſt könnte gerade der Hund mein Verrälhes werden.“ Mit dieſen Gedanken ſchickte ſich der Mörder an, in die Tiefe zu ſteigen und den Körper ſeines irt 5 mp! u undtig bei Opfers in einen Schlupfwinkel zu ſchleppen. Sein Gewehr, welches er bisher geſpannt in Händen hatte, legte er deßhalb in einem dichten Buſche nie der und kletterte vorſichtig, ſich an Büſchen, Wurzeln und Geſten anhaltend, den Abgrund hinab. Aber kaum hatte Kerſtenz eine Strecke des beſchwerlichen paſſe Weges zurückgelegt, ſo erſcholl auf dem entgegenge⸗ Scwerderfi ſetzten Ufer und genau an der Stelle wa Helneich 7 geſtanden, als er den ködtlichen Schuß empfing, ein n furchtbares Hundegeb⸗l, daß Kerſtenz förmlich zu . ſammenſchrack und Mühe hatte, ſich an dem ſtellen ine Abhange feſtzuhalten. Gleichzeitig bemerkte Rerſſenz — aber auch die markige Geſtalt ſeineszFörſters Hell⸗ mann an jener verhängnisvollen Uferſtelle und deſſen Donnerſtimme rief ihm zu.