. 2 Berlin, 15. Aug. Der Kaiſer gewährte heute früh dem Maler Angelin (Wien) eine mehr · ſtündige Sizung nahm mebrere Vorträge ent⸗ gegen und kehrte nachmittags 1 Uhr nach Potsdam urück. b f Berlin, 16. Aug. Ein allerböchſter Erlaß, dadirt von Kiel, 31. Juli, an den Chef der Ad⸗ miralität ſagt: Ich habe bei meiner Reiſe nach Rußland, Schweden und Dänemark Veranlaſſung genommen, einen größeren Teil meiner in Dienſt geſtellten Schiffe und Fahrzeuge zu beſichtigen und zur Begleitung auf dieſen Fahrten heranzuziehen. Mit lebhafter Befriedigung habe ich hierbei geſehen, daß die Führung, der Dienſtbetrieb und die Manns ⸗ zucht der Marine mit vollſter Hingebung gehandhabt werden. Die Erſcheinung der Schiffe in fremden Häfen war geeignet, ſie eine anerkennende Beurteil⸗ im Auslande finden zu laſſen. Gern ſpreche ich dieſen kaiſerlichen Dank den Admiralen, Komman⸗ danten, Offizieren und Mannſchaften meiner Mandver⸗ flotte aus, beſonders auch dafür, daß bei der Zu⸗ ſammengehörigkeit von 10 Schiffen zu faſt drei⸗ wöchentlicher Fahrt keinerlei Zwiſchenfälle eingetreten find, welche die geſtellte Aufgabe in ihrer gewiſſen⸗ baften Ausführung hätten beeinträchtigen können. Ich vertraue daher, daß die Schiffe und Fahrzeuge, welche unter meinen Augen einen Teil ihrer Uebungs⸗ periode mit ſo gutem Erfolge abſolvirt haben, auch allen ferneren Aufgaben bis zum Schluſſe zu meiner Zufriedenheit entſprechen werden. Berſchiedenes. — Ladenburg, 16. Aug. Für Land⸗ wirte iſt eine Entſcheidung des Reichsgerichts von ernſter Bedeutung. Dieſelbe beſtimmt, daß Butter, welche nicht genügend ausgepreßt iſt, alſo eine noch ungehörige Quantität Waſſer enthält, nicht in Ver⸗ kauf zu bringen iſt. Das Reichsgericht hat dahin erkannt, daß in der den normalen Prozentſatz über⸗ ſteigenben Waſſermenge eine Verfälſchung der Butter, mithin ein Vergehen gegen das Nahrungsmittelgeſetz zu finden iſt. — Heidelberg, 16. Aug. Man kann nie vorfichtig genug ſein bei Anwendung von Gift⸗ mitteln im Haushalt. Ein trauriges Exempel con⸗ ſtatirte ſich dieſer Tage wieder in der Familie eines hiefigen Pfläſterers, indem deſſen Kinder unwiſſender Weiſe von den zur Tödtung der Ratten geſtreuten Giftkörnern aßen. In kurzer Zeit trat Uebelkeit bei den drei Kindern ein und geſtern ſchon trug man ens bon Ihnen, ein Mädchen von 8 Jahren nach dem Friedhof, während die beiden anderen noch in Behandlung des Arztes find. Man laſſe ſich ja durch ſolche Beiſpiele zur Vorficht mahnen. — Neuenheim, 15. Aug. Die Beerdigung des Herrn Geh. Hofrats Dr. Georg Weber fand unter überaus ſtarker Beteiligung auf dem alten Friedhof dahier ſtatt. Ein Beileidsſchreiben des Großherzogs bekundete die Teilnahme unſeres Lan⸗ desherrn an dem Heimgang des großen Gelehrten. Am Grabe wurden neben zahlreichen Blumenſpenden drei prächtige Lorbeerkränze niedergelegt: Von Herrn Prorektor Geh. Rat Dr. Arnold im Namen der Uniberfttät, gewidmet dem Manne der Wiſſenſchaft, dem Hiſtoriker, dem Zoͤgling und Ehrendoktor der Ruperto⸗Carola; von Herrn Bürgermeiſter Dr. Walz im Namen des Stadtrats Heidelberg dem Ehren⸗ bürger der Stadt geweiht, und von Herrn stud. jur. Bleicher Namens der Burſchenſchaft Alemannia die ihrem Ehrenmitglied den Abſchiedsgruß ſandte. Namens der Hinterbliebenen dankte mit warmen Worten Herr Prof. Dr. Holtzmann⸗Straßburg für die vielen Beweiſe, der Liebe und Hochachtung, die dem Verblichenen zu Teil wurden. — Aus Baden, 16. Aug. In Offen⸗ burg wollte eine Köchin Bodenwichſe anfertigen, das dabei verwendete Terpentinöl geriet in Brand, die Kleider der Köchin wurden entzündet und die letztere erlitt ſchwere Brandwunden. — Auf ühn⸗ liche Weiſe verunglückte in St. Georgen Fabrikant B., der ein leeres Spritfaß ausbrennen wollte. In dem Faſſe mußten ſich Gaſe angeſammelt haben, denn es flog mit kanonenſchußartigem Knall aus⸗ einander, als Herr B. dem Spundloch mit brennen⸗ den Streichhölzchen nahe gekommen war. Herr B. erhielt im Geſicht ſchwere Brandwunden, — In Lauf bei Bühl wurde der 27jährige, ledige Bier⸗ brauer Ludwig Falk in der Brauerei ſeines Vaters von der Treibſtange der im Gange befindlichen Malzſchrotmaſchine ſo ſchwer verletzt, daß er bald darauf ſtarb. — Worms, 15. Aug. Der hieſigen Polizei⸗ verwaltung iſt die Nachricht zugegangen, daß dem Landwirt Jakob Emmerich in Albisheim in der Pfalz geſtern 1227 Mark beſtehend in 510 Mark Goldgeld, ſechs Hundertmarkſcheinen, eine Rolle mit Einmarkſtücken im Betrage von 100 Mark und der Reſt aus verſchiedenen Münzen geſtohlen wurden. Der Diebſtahl geſchah am hellen lichten Tage. ſich. Kurze Zeit darauf vernahm man ein kläͤgliches zwiſchen den Stationen Elſterwerda und Frauenhain, „„Benzheim, 15. Aug, Auf der Shaghe von Alsbach nach Darmſtadt gerieten zweſ Fuhr⸗ leute wegen dem Ausweichen in Streit, worauf der Kleinere dem Großen einen Stich in den Leih verſetzte, der den Tod ſofort zur Folge hatte. . — Offenbach, 14. Auguſt. Eine Frau, welche einen Ausgang zu machen hatte, aber ihr zweijähriges Kind nicht mitnehmen wollte, gab ihm als Spielzeug einen Stiefelknöpfer und entfernte Gewimmer und die hinzugeeilten Nachbarsleute fanden das Kind mit heraushängendem Auge, Das⸗ ſelbe hatte ſich den Knöpfer ins Auge geſtoßen und ſich auf dieſe Meiſe mit dem Haken das Auge her⸗ ausgeriſſen. — Dresden, 13. Aug. Ein ſchrecklichen Unglücksfall ereignete ſich heute auf dem von Berlin nach hier und Schandau abgelaſſenen Sonderzug Der Zug hielt plotzlich mitten im Felde. Die Reiſen⸗ den ſprangen heraus, um nach dem Grunde des Stillſtandes zu fragen. In einem der vorderen Waggons hatte man bemerkt, wie Blut vom Ver deck auf das Trittbrett herabſtrömte. Man halte deßhalb die Bremsvorrichtung in Thätigkeit ge ſitzt. Bei näherem Zuſehen fand man auf dem Verdeck den Wagenwärter Keßler mit vollffändig zertrümmertem und zum Teil vom Rumpfe gerſſſenen Schädel tot hing⸗ſtreckt. Der Unglückliche batte ſich wie feſtgeſtellt wurde, von ſeinem Sitz erhoben und nicht bemerkt, daß der Zug an eine ziemlich tief liegende Brücke heranbrauſte. Die eiſernen Träger derſelben hatten ihm im Augenblick den Schäde zermalmt. Man nahm den größlich verſtümmelte Leichnahm, der an der Fundſtätte eine große Blut lache hinterließ, mit nach Dresden. Keßler hatte ſic erſt vor kurzem verheiratet. — Einſtürzende Häuſer find Frankreich jetzt etwas Alltägliches. Vor einige Tagen erſt iſt in Havre in dem Moment ein in Bau begriffenes Haus eingeſtürzt, wo die 15 A beiter, die dei dem Bau beſchäftigt waren, ſich zurüch ziehen wollten. Sämtliche Arbeiter wurden unt den Trümmern begraben. Mehrere mutige Nach barn, unter ihnen ein Muncipalrat und ein Wein händler, kamen ſofort zu Hilfe und ſuchten di Rettungsarbeiten zu organiſiren, als plotzlich von Neuem ein Krach erfolgte und das, was noch vo dem Hauſe übrig blieb einſtürzte. Die Feuerwehr die in größter Schnelligkeit herbeieilte, zog 17 Todle I fich g in bet Schweſter Gertraude ihm ſoeben einen Teller dampf⸗ ender Suppe reichte. Es lag eine gewiſſe Beklommenheit über allen Perſonen im Bürgermeiſterhauſe, wenn ſchon der Landvoigt und ſeine Gemahlin ſich bemühten, ein anregendes Geſpräch im Fluß zu halten. Im Hin⸗ tergrunde des Gemaches wanderte der Bürgermeiſter ſchweigend und finſter umher, gepeinigt von man⸗ chen Selbſtvorwürfen, aber trotzdem ſtarr und unbeugſam wie zuvor. Vater und Sohn hatten keinen, wenn auch noch ſo flüchtigen Blick für ein⸗ ander. Jetzt trat ein Diener ins Gemach, mit der Meldung, draußen ſtehe ein alter Mann der dem Junker Lebewohl ſagen wollte; kopfſchüttelnd begab ſich Georg hinaus, ohne zu ahnen, wer es ſein könne. 7 . g Draußen aus dem Flur aber prallte er plötzlich mit einem halblauten Ruf der Ueberraſchung zurück. Der alte Tuchmacher Horſchel trat dem Junker ehr⸗ erbietig grüßend plötzlich entgegen. Meiſter ſeid Ihr es wirklich, kommt Ihr von — Benigna ? „O, gnädiger Herr,“ bat der Alte demütig, „verzeiht dem grauhaarigen Manne und jagt mich nicht mit Schimpf und Schande von dannen. Ich verſprach es meinem armen Kinde — —“ Was wünſcht Benigna, Meiſter ſprecht! Will ſie mir noch einmal Lebewohl ſagen ? „Nein, ach, nein Herr,“ entgegnete Horſchel und ſchüttelte traurig den Kopf, ſie iſt verändert ſeit ſie vom Gottesacker kam, ſtill, thränenlos, aber doch ſchon ganz anders als ſonſt. Sie kam vorhin zu mir, um mir dies Amulet zu geben, welches ſie am linken Oberarme ſtets getragen, Ihr ſollt es 15 mitnehmen in Kampf und Noth, damit es Euch ſchütze, Euch erhalte und ſegne. O, gute Benigna, mein theures Lieb, ſtieß da auf einmal der ſchöne Junker heraus, und preßte lautaufſtöhnend die Hand vors Geſicht, „wie lange wird es dauern, daß ich ſie wiederſehen u. als Gattin heimführen kann!“ „Nein, Junker,“ begann Horſchel feierlich, die Hand wie zum Schwure gehoben, „das kann und ſoll nie geſchehen, ich ſchwöre es beim all⸗ mächtigen Gotte im Himmel! Mein Kind hat Euch und Eurer Liebe entſagt und Gott lohne es ihr, denn nur ſo entgehen wir alle dem Unglück und dem Elend. 5 5 100 „O, mein Gott, ſo giebt Benigna ihre Liebe auf?“ „Nein, gnädiger Herr, ihre Liebe behält mein armens Kind tief drinnen in der Bruſt; die kann nicht erſterben, wenn gleich ihr junges Leben dahin⸗ ſiechen wird wie die Blume, deren Wurzeln aus dem Boden geriſſen worden. Ich meine, Benigna wird den Schmerz der Trennung von Euch nicht lange überleben. Und nun ihre letzte Bikte. Sie ſendet Euch dies Amulet, das ſie ſelbſt bisher ge⸗ tragen, damit Ihr es zu Euch nehmt und es als Andenken behaltet. 5 O, Benigna, geliebte Benigna,“ murmelte Georg erſchüttert und preßte das Liebeszeichen des armen Mädchens ſtürmiſch an die Lippen „habe Dank, heißen Dank, ich will es nie mehr von mir laſſen und wenn ich dereinſt am jüngſten 0 auferſtehe, will ich es mitnehmen in das ewige eben.“ „Glückliche Reiſe und kommt glücklich wieder heim, Herr Junker! Det alte Lehmann glaubte bis zuletzt feſt daran, daß Görlitz dereinſt durch Euch berühmt werden würde. „So lebt denn auch ihr wohl, Vater Horſche grüßt meine Benigna noch viel tauſendmal vo mir und ſagt ihr, ich hielte feſt an dem Gedanke unſeres zukünftigen Glückes — ich kann ſie nich aufgeben.“ 8 Und ehe der erſchrockene Handwerker es; hindern vermochte, ſchloß ihn der vornehme Junke liebevoll in die Arme und küßte ihn; dann eilte e hinweg, mit der Hand nochmals dem alten Horſche zuwinkend. Gerührt blickte dieſer ihm nach, eine Thrän glänzte in ſeinem Auge. „Er hat mich umarmt,“ ſagte der alte Mann ganz leiſe vor ſich hin, „es iſt ein braver, edlesz Herr — nur ſchade ein Patrizier!“ 9 9 da eb eue S U un Als Frau von Stein, nachdem ihr Bruder 194 ſich verabſchiedet und von dannen geritten, wieder 1 a heimgekehrt war, ließ ſich Frau Agneta Fingern han sch bei ihr melden und trat gleich darauf ins Woh gemach. „Biſt Du es, liebſte Baſe,“ rief Gertrau ihr noch ganz traurig die Hand reichend, „Georg iſt nun fort, wer weiß wann und ob er je wieder kommt. Ein leiſes Rot färbte das Antlitz der jungen Witwe, ſie ſah die Freundin nicht an, ſondern ente gegnete halb abgewandt: „Nicht wahr, Georg reiſt über Venedig „Jawohl, von da aus führt ſein Weg über Alexandria.“ . „Und wann wird er wohl in Venedig ankommen?“ Fortſetzung folgt. r