Vokitiſches. Karlsruhe, 18. Juli. Heute um / 10 hr erfolgte der feierliche Landtagsſchluß durch den Großherzog, welcher in Begleitung des Erbgroßherzogs eſchienen war. Außerdem war von den Mitgliedern des Großherzogl. Hauſes noch Prinz Karl anweſend. Nachdem ſich der Großherzog mit dem üblichen eremoniell in den Saal begeben, deſſen Tribünen Aberfüllt waren, erteilte Exzellenz Dr. Turban der Verſammlung im Höchſten Auftrag die Erlaubnis ich niederzuſetzen und überreichte dem Großherzog die Thronrede. Mit anfangs heftig bewegter, dann jzaber feſter Stimme verlas der Großherzog die ſelbe, deren Wortlaut der folgende war: 5 i Edle Herren und liebe Freunde! 3 In ſorgenvoller Zeit hat dieſer Landtag be⸗ gönnen; und während Sie in der langen Tagung Sich Ihren vielſeitigen Aufgaben zu widmen hatten, and ſchwere Schickſalsſchläge hereingebrochen, welche Mich und mein Haus in tiefe Trauer hüllten. Der merſetzliche Verluſt, der Unſere Elternherzen ſo chmerzlich betroffen hat, ließ Uns die innige Ge⸗ meinſchaft tief empfinden, in welcher Leid und Trauer don Meinem Volke mitgetragen wird. Erhebend und troſtreich war es Uns, in dieſer Leidenszeit ſo warmes Mitgefühl in wohlthuendſtem Ausdruck zu erfahren. Rundgebungen des Schmerzes, als Unſer Haus, Unſere engere Heimat, unſer Deutſches Reich durch den Verlust der beiden teuren Kaiſer ſo ſchwer geprüft ward. Die Ereigniſſe, welche in raſcher Folge unſer Dieutſches Vaterland im innerſten Leben erſchütterten, waren geeignet, die Liebe zu Kaiſer und Reich noch feſter zu begründen; ſie werden dazu beitragen, die Regierung Kaiſer Wilhelms II. zu einer geſegneten Nicht minder wohlthuend waren die erhebenden General-Anzeiger für Sadenburg und Amgegend. 1 f Nachſtehende Annoneen ⸗Erpeditionen: Alois Herndl in Wien, Adolf Steiner in Hamburg und fämtliche Annoncen⸗Bureaur von Feirſcheint ſeden Mittwoch und Samstag und kostet viertelſährlich 1 A4 1 3 3 5 — RnMudolf Moſſe, G. mit illuſtiertem Anterhaktungsblakt 1 & 40 4 exel. Poſtproviſion. Zuſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Erbedition ingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die einſpaltige 0 Sarmondzeiele oder deren Raum mit 10 Pf., Lokal- Anzeigen mit 6 Pfg. Rellamen mit 20 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen Rabatthewilligung. Sam zu geſtalten. In dankbarem Herzen bewahre Ich die reichen Beweiſe treuer Teilnahme, welche Mir und den Meinigen in den ereignisvollen Tagen ſchwerſter Heimſuchung aus allen Teilen des Landes und aus Ihrer Mitte entgegengebracht worden find, Vertrauen wir guf die Gnade Gottes, die uns ſchon ſo oft Kraft gab, harte Prüfungen im Glauben an Seine Liebe zu überſtehen, daß Er uns erkennen laſſe, wie Seine Wege uns zum Heile führen. Durch die größere Zahl und Bedeutung der Ihnen geſtellten Aufgaben bat der gegenwärtige Land⸗ tag Ihre Thätigkeit in nicht gewöhnlichem Maße in Anſpruch genommen. Gerne und dankbar erkenne Ich die Ausdauer und volle Hingebung, mit welcher Sie die Vorlagen Meiner Regierung beraten und ohne Ausnahme zur Erledigung geführt haben. Auf mannigfaltigen Ge⸗ bieten der koͤrperſchaftlichen und ſtaatlichen Einricht⸗ ungen werden damit längſt erkannte Bedürfniſſe befriedigt, wohlbedachte Fortſchritte und Verbeſſerungen erreicht, zu weiteren Bemühungen um die Förderung des Volkswohls neue Anregungen gegeben ſein. Der leitende Geſichtspunkt unſerer kirchenpoli⸗ tiſchen Geſetzgebung, daß die Kirchen und kirchlichen Vereine im Staate, ihre Angelegenheiten frei und ſelbſtſtändig ordnen und verwalten, iſt Dank Ihrer einſichtsvollen Mitwirkung nun auch auf dem wich⸗ tigen Gebiete des Beſteuerungsrechts der Konfeſſions⸗ genoſſen für örtliche kirchliche Bedürfniffe zu er⸗ wünſchter Durchführung gelangt. f Wenn gleich über den weiteren Entwurf be⸗ züglich der rechtlichen Stellung der Kirchen ein volles Einverſtändnis nicht erzielt werden konnte, ſo iſt doch ſchließlich eine wertvolle Einigung dahin erfolgt, daß einige Beſchränkungen der kirchlichen Freiheit aus den Zeiten des Kampfes, auf welche heute ver⸗ t Inſergte ſinb von nachweisbarer Wirkſamkeit. e Redaktion, Druck und Verlag von Karl Molitor in Labenbur Stag, den 21. Juli Haaſenſtein und Voglet 8. Daube und J. Barck und Comp. nehmen Inſerat für uns an. zichtet werden darf, beſeitigt und namentlich ſehr weſentliche Berechtigungen auf dem wichtigen Gebie der Erziehung der Geiſtlichkeit zugeſtanden worden ſin Ich will Mich gerne der Hoffnung hingeben, daß dieſes Geſetz die Eintracht des Landes, dieſes edle und koſtbare Gut, fördern und zur Befeſtigung des freundlichen Verhältniſſes Meiner Regierung auch zu dem katholiſchen Kirchenregiment beitragen werde. In dem ſchon in nächſter Zeit zum Vollzug ge⸗ langenden Landesgeſetz, welches die Einführung des Reichsgeſetzes über die land⸗ und forſtwirtſchaftliche Unfall⸗ und Krankenverficherung ordnet, baben die heimatlichen Verhältniſſe ausgiebige Berücksichtigung gefunden; die Wohlthaten, welche jetzt einem weiteren und namhaften Teile unſerer arbeitenden Bevölker⸗ ung für die Tage der Hilfsbedürftigkeit gewehrleiſtet find, werden nicht am wenigſten dazu beitragen, dem verewigten großen Kaiſer ein unvergängliches dankbares Andenken auch dafür zu ſichern, daß Er es geweſen, welcher zur Löſung der ſozialpolitiſchen Aufgaben unſerer Zeit die edelſten und mächtigſten Impulſe gegeben hat. Die weitaus größte und mübevollſte Arbeit iſt dem Landtag durch die umfaſſenden Vorlagen be⸗ ſchieden geweſen, welche die nicht länger verſchiebliche durchgreifende Reform der Beamtengeſetzgebung zum Ziele hatte. Ich habe dieſer Aufgabe und allen bis⸗ herigen Verſuchen, ihr gerecht zu werden, ſtets Meine beſondere Aufmerkſamkeit zugewendet, und gebe gerne Meiner hohen Freude Ausdruck, daß beide Kammern gleich Meiner Regierung dor den Schwie⸗ rigkeiten und dem Ernſt dieſer Aufgabe nicht zurück geſchreckt ſind und daß nunmehr eine Löſung ge⸗ funden wurde, welche, wie Ich hoffe und vertraue, ebenſowohl dem Intereſſe des Staats wie den billigen Erwartungen ſeiner Diener zu entſprechen geeignet iſt. Der König von Görlitz. Hiſtoriſcher Roman von H. v. Ziegler. 9 . Nachdruck verbaten. 5. Fortf. 8 f Es thut mir innig leid, denn viele meiner erſten Erinnerungen gipfeln in dem alten, kreuz⸗ braven Lehmann, der meine erſte Armbruſt ſchnitzte und mich auf ſeinen Knieen reiten ließ. 5 „Ihr wart gewiß recht vertieft in die Erzählung, denn des blonden Mädchens Antlitz erglühte vor tiefer Aufregung,“ hoͤhnte die Dame weiter. „Und Ihr. Frau Baſe?“ forſchte Emmerich die Sprecherin ſehr ernſt fixirend, „was wollet Ihr vor dem Wichbilde der Stadt, trotzdem Gertraude a 15 in Freimahl am Tage vor der Hochzeit eie rt?“ Allerdings, ich bin auch geladen, entgegnete ſie eriötend, „aber mein Blut wallt heiß und ich verlangte danach, es draußen im Freien etwas ab⸗ — mulablen⸗ ö Ihr mögt wohl Recht haben, Baſe, Ihr 1 ſeid noch ſtark erregt, aber ich dachte, der Herr — Ritter von Lippa hätte Euch durch ſein Geplauder zerſtreut.“ 5 Der Ritter lächelte etwas blöde, 1 1 5 während Frau Agneta, die ſchöne Wittwe, nur verächtlich bevor ſie ſich am Altare dem reichen, ungeliebten die Achſeln zuckte, ohne darauf zu antworten. Ihr aufglühender Blick traf Emmerich ohne daß er es bemerkte, ihre kleine Hand ſchlug heftig mit der Gerte durch die Luft und ihre ſpitzen Zähne gruben ſich tief in die Unterlippe, daß ein heller Blutstropfen herborſprang. — Nur ein kurzes Weilchen ritt ſie noch weiter, dann hielt ſie das Roß an. Wir wollen umkehren, die Zeit drängt, ich muß mich noch zum Freimahl ſchmücken.“ „Wie ſeltſam ſeit Ihr, Baſe Agneta! ſoeben wolltet Ihr noch bis ans Weichbild reiten.“ ö „Habt Geduld mit mir, Vetter; ich bin ein wildes Geſchöpf, dem gar oft ſelſame Gedanken durchs Hirn ſchießen.“ Unendlich demütig und flehend hafteten die großen grauen Augen der ſchönen Frau an dem Junker, ihre Stimme bebte, doch er merkte es nicht var ſeiner Seele ſchwebte ein anderes Antlitz, ein⸗ gerahmt von bloden Flechten. — f Frau Agneta Fingerin war eine junge Wittwe deren Ehegemahl ſchon vor 2 Jahren das Zeitliche geſegnet und man erwartete allgemein, daß ſie bald eine zweite Wahl treffen werde; aber ſie zögerte noch immer und manch ein Freier verließ mit zier⸗ lichem Körbchen das alte Haus des verſtorbenen Herrn Fingerin. J Agnetas Herz hatte freilich gewählt, ſchon Manne mit grauem Haare vermählte, aber er, dem all ihr Sinnen und Denken galt, merkte nichts da⸗ von und ging anbekümmert ſeiner Wege. Daher kam auch der fried⸗ u. ruheloſe Zuſtand ihrer Seele, das ewig wechſelnde Weſen von kindlicher Fröhlichkeit bis zur vollſtändigſter Troſtlofigkeit und Lebensüberdruß. Ihre Umgebung vergöoͤtterte die ſchöne Frau und doch verletzte ſie in leidenſchaftlichem Un⸗ geſtüm oft diejenigen, welchen ſie ſonſt nur Liebes erwies. i g Es war eben ein wunderliches Gemiſch von Gut und Böſe in ihrem heißen Herzen, ein Engel und Dämon zugleich, und die einzig harmoniſche Auflöſung deſſelben hätte nur Einer vermochte Emmerich! . Endlich waren die Reiter bei Agnetas Hauſe angekommen; Georg ſprang aus dem Sattel, ließ den Thürklopfer dröhnend herabfallen und half ſo⸗ dann ſeiner Baſe beim abſteigen. Er merkte nicht daß ſie bei der Berührung ſeiner Hand jäh die Farbe wechſelte, daß ein ſchmerzliches Zucken um die feinen Mundwinkel irrte; nur ein kühles Wort des Dankes erreichte ſein Ohr, der Ritter don Lippa erhielt beinahe gar keinen Gruß und die junge Frau eilte haſtig ins Haus, welches der alte Diener ehen ⸗ ſo haſtig hinter ihr wieder ſchloß. Meine fchöne Baſe ſcheint übel aufgelegt, lachte Emmerich beim Weiterreiten, ſchlimm für mich, denn