5 2 Letzterer fetzt unter dem Geläute aller Glocken fich in Bewegung, ziehtpäber die Schloßbrücke durch die Mittelpromenade unter den Linden, durch das Bran⸗ denburger Thor bis zur Siegesallee, wo die Aller ⸗ böchſten und Höͤchſten Herrſchaften den Wagen be⸗ ſteigen und dann zurück zur Stadt oder auf an⸗ derem Wege ſich zum Mauſoleum nach Charlotten⸗ burg begeben. Die Reichsinſignien werden von der Siegesallee aus nach dem Kronteſror zurückgebracht, der Baldachin wird abgehoben und die Zügel der Pferde übernehmen 8 Leutnante, die Zipfel des Leichentuches 4 Hauptleute. Die weitere Eskorte des Leichenzuges von der Siegesallee bis zum Mau⸗ ſoleum in Charlottenburg erfolgt nur durch das Regiment des Garde⸗du⸗Corbs. Am Mauſoleum iſt die Leibkompagnie des erſten Garderegiments aufgeſtelll. Sobald der Segen über die Leiche ge⸗ ſprochen wird, gibt die Artillerie den Trauerſalut von 101 Schüſſen ab. Der Leichenzug wird eröffnet durch je eine Schwadron, je ein Bataillon der Garderegimenter, durch ein kombinirtes Bataillon vom Königs ⸗ Grenadierregiment, vom Lehrbataillon und der Potsdamer Unteroffizier⸗ ſchule, durch 13 Geſchütze beider Garde⸗Feldartillerie⸗ regimenter, mit Standarten und Fahnen vor der erſten Sektion, hierauf folgen die Dienerſchaft, die Hausofftizianten, die Beamten des Hofmarſchallamts, ſowie aller übrigen könialichen Hofbehörden. der Kor⸗ reſpondenzſekretär des Koͤnigs, Hof- und Leibpagen, Leibärzte, Kammerjunker, Kammerherren, Reichsin⸗ fignien tragende Miniſter und Graf Otto zu Stol⸗ berg mit der Reichskrone, die Hofchargen, Vizeober⸗ hofſchargen, Oberhofſchargen, alsdann der Leichen⸗ waagen; die Ritter des Schwarzen Adlerordens, welche die Zipfel des Leichentuchs halten, find die Generale Blumenthal, Treskow, Obernitz und Ge⸗ neraladjutant Goltz, hinter dem Leichenwagen wird das Leibpferd des verewigten Kaiſers geführt, da⸗ rauf folgt das vom General Pape getragene Reichs⸗ panier, dann folgt der Kaiſer, umgeben von den Königen von Sachſen, Belgien und Rumänien, als⸗ dann der Kronprinz, Prinz Heinrich, die Mitglieder der Königsfamilie, hierauf die zur Beiſetzung er⸗ ſchienenen Allerhöchſten und Höchſten Herrſchaften, die Abgeſandten fremder Fürſten, die Generaladju⸗ kanten, die Flügeladjutanten, das Gefolge des vere⸗ wigten Kaiſers, die Prinzen aus ſouveränen Häuſern Bismarck, Moltke, der Stadthalter Elſaß⸗Lotheingens, die Ritter des ſchwarzen Adlerordens, die Chefs fürſtlicher Häuſer, die Generalität, die Mitglieder des Bundesrats, die Präfidenten des Reichstags, ſowie beider Häuſer des Landtages nun folgen nach der Hofrangordnung alle Beamten und Mitglieder der Behörden, des Reichstags und Landtags, Depu⸗ tationen der Städte Berlin und Potsdam, ſowie anderer Städte. Den Zug ſchließen zwei Garde⸗ bataillione. Zu beiden Seiten des Weges vom Dom bis zur Siegesallee bilden Innungen, Kriegervereine und andere Korporationen Spalier. a Berlin, 14. März. Im Reichstag wird eine kaiſerliche Botſchaft erwartet, welche von dem Ueber⸗ gang der Kaiſerwürde auf Friedrich den III. Mit⸗ teilung macht. Die nächſte Sitzung, die einen be⸗ ſonders feierlichen Karakter tragen wird, ſoll am Montag ſtattfinden. Am darauf folgenden Tag dürften dann die geringen noch rückſtändigen Geſchäfte erledigt und wahrſcheinlich die Tagung geſchloſſen werden. i Paris, 15. März. Das Journal offiziell veröffentlicht einen Bericht des Kriegsminiſters in welchem beantragt wird, den General Boulanger in Nichtaktivität zu ſetzen, der Bericht hebt die der Disziplin wiederſtrebende Urlaubsnahme deſ⸗ ſelben hervor. Der Präsident genehmigte den Antrag. Ladenburg, den 15. März. Er iſt verſchlummert, der edle Helde⸗ kaiſer, der greiſe Sieges held! Eine ſchmerzliche niederſchmetternde Trauerbot⸗ ſchaft, die das deutſche Volk betroffen hat, die ganz Europa, ja den ganzen Erdball in Trauer u. Er⸗ regung verſetzt, denn nicht nur ein großer, mächtiger Kaiſer, den des Glückes Gunſt während ſeines mühe⸗ vollen Lebenslaufes nie verlaſſen hatte, der, ein würdiger Nachfolger ſeines vorausgegangenen Ahn⸗ herrn, des großen Friedrich, unbeſiegt daſteht, ſon⸗ dern ein edler Menſchenfreund, unvergleichlich in ſeiner Liebe und Anhänglichkeit zu ſeinem nun ge⸗ einten Volke, dem alle die noch empfänglich ſind für Großes und Erhabenes mit Freude zujauchzten, dem die deutſchen Herzen mit Vertrauen und Ver⸗ ehrung entgegenſchlugen, iſt zu ſeinen Vätern abge⸗ rufen worden. J Trauernd und wehklagend hat er uns hienieden zurückgelaſſen; aber nicht verwaiſt, denn noch weilt ſein herrlicher, ebenbürtiger Sohn, in den feines ver⸗ ſtorbenen Vaters Geiſt übergegangen iſt, unter uns, noch ſtehen des Reiches ſtarke Stützen, der treube⸗ fliſſene Bismarck, der ruhmgekrönte Moltke, an un⸗ ſerer Spitze! Ein großes edles Werk hat der heim⸗ gegangene Kaiſer vollführt: Sein ganzes Wirken und Uhr verſammelten ſich auf Einladung des hiefſgen ge Streben war darauf gerichtet, der deulſchen Nato eine Stellung in der Welt zu ſichern, die ihr gebürte, die ſie heute einnimmt, denn gefürchtet, aher auc geehrt wird des Deutſchen Vaterland, nur mit Ach⸗ tung klingtdes Deutſchen Name, des Deutſchen Sprache in fremden Landen! Aber nicht durch eigenmäͤchlige, ungerechte Kriegsunternehmungen, nicht durch dez potiſchen Druck ſtellte unſer verſchiedener Kaſſer dee Anſehen, dieſe Macht, dieſe Einheit und Verträgſſch keit der germaniſchen Völker her, nein ſondern a auf friedlichem Wege, durch ſeine Begabung, die he ſondere Brauchbarkeit eines Menſchen zu erſpähen, durch ſeinen edlen, reinen Charakter durch ſein Woh wollen zu dem deutſchen Volke, dadurch brache die Einigung der deuſchen Fürſten und ſom auch ihrer Volker zuſtande. 5 Schwer find wir heimgeſucht worden, ſtehen vor dem Sarkophage des erſten Kaſſers gus gen Hohenzollernhauſe, wir beweinen heute den hee edelſten unſerer Kaiſer, der je die deukſche ag krone trug! g Aber wir wollen nicht verzweifeln, wollen ah vielmehr damit kröſten, daß ſein Geiſt mitten unn uns, daß er verklärt mitten unter ſeinem geſiehi teueren Volke weilt! a Eines Wilhelms würdig ſteht nun ſein Sohg, als Friedrich III., dem deutſchen Volke vor; lh uns ihm dieſelbe Lieb, die ſelbe felſenhafte deu Treue wie ſeinem in Gott entſchlafenen Vater Vorgänger auf dem kaiſerlichen Throne entgegg bringen, denn: 1 Deutſche Treu und Liebe Sind edel, rein und wahr, Des bied'ren Herzens Triebe, Der Heimat, ſonnenklar! Des Deutſchen Treue ſtehet, Sie ſteht und wanket nicht, Bis daß der Tot ihn mähet, i Bis daß ſein Auge bricht! 4 F Ladenburg, 16. Heute Vormittag meinderats die Gemeinde und Staatsbeamten, liche Vereine und die Schüler der Volks⸗ und gerſchule am Kriegerdenkmale und um 10 wegte ſich ein ſtattlicher Zug in ernſter Sei nach der ev. Kirche wo ein Trauergottesdieuß den hochſeligen Kaiſer Wilhelm ſtattfand, in welche Herr Stadtpfarrer Sievert eine ergreifende Tale hielt und die Geſangvereine 2 Lieder zum Vorleg brachten. N 3 „Einige Minuten Geduld!“ bad der ehemalige Offizier, indem er dem Piſtolenkaſten andere Waffen entnahm und in Gemeinſchaft mit dem Sekundanten des Marquis lud. i Die beiden Gegner ſchienen die Rollen vertauſcht zu haben. Während der Graf gestern ſich in einem Zuſtande der Unruhe und Aufregung befand, welche die Veranlaſſung in dem heutigen Zweikampfe ge⸗ worden war, der Marqnis dagegen trotz der ihm zu⸗ gefügten Beleidigung eine bewunderungswürdige Kaltblütigkeit bewarte, war heute gerade das Ent⸗ gegengeſetzte der Fall. Roſelli zeigte ein unna⸗ türliche, nervöſe Haſt, während der Graf eine bei ſeiner Jugend und in Rückſicht auf die ernſte 7 8 8 0 ſeltene Ruhe und Beſonnenheit zur Schau rug. Die Duellanten waren auf ihre Plätze zurück⸗ gekebrt und empfingen auf Neue die totbringenden Waffen. „Zielen Sie gut, Graf, Sie ſehen, Ihr Geg⸗ ner kennt keine Schonung!“ flüſterte der Baron dem Grafen zu. „Sein Schuß muß ihnen das bewieſen haben.“ „Der Marquis iſt von mir beleidigt worden, ich verarge ihm ſeine Unverſoöhnlichkeit nicht,“ er⸗ wiederte der Angeredete leiſe. „Kommen wir jet zum Ziele!“ Der Baron winkte ſeinem Kollegen. „Fertig!“ riefen Beide gleichzeitig. Aufs Neue avancirten die Kämpfer, die Mün⸗ dungen Ihrer Waffen auf den Gegner gerichtet. Todtenſtille herrſchte wiederum, nicht einmal die Tritte der Duellanten waren auf dem weichen Gras⸗ boden vernehmbar. Nur das Summen der Bienen die in Menge die Oelbäme umſchwärmten, um aus den weißen, duftenden Blütenriſpen den ſüßen Stoff zu ſaugen, unterbrach die beängſtigende Ruhe, die um ſo niederdrückender wirkte, als ihr jeden Augen⸗ blick die Kataſtrophe folgen mußte. Abermals krachte ein Schuß, aber nur einer. Die Piſtole des Grafen fiel mit einem leichten Schlage ins Schloß, ſie verſagte. Unſicheren Fußes machte Rowen noch einige Schritte vorwärts, die Waffe entſank ſeiner Hand, er brach zuſam⸗ men und ſank ſchwer und blutend auf den Raſen nieder. Der Baron eilte herbei, ebenſo der Arzt, welcher ſein Verbandzeug in einiger Entfernung vom Kampſplatze ausgebreitet hatte. Beiden brachten den Bewußtloſen in eine ſichere Lage und knieten an ſeiner Seite nieder, der Arzt, um die Wunde zu unterſuchen und den Verbaud anzulegen, der Se⸗ kundant, um ihm dabei hilfreiche Hand zu leiſten. Auch der Marquis und ſein Begleiter tralen heran, das Geficht des Letzteren ſah womoͤglich noch blaſſer, faſt bläulich aus, als er das blutende Opfer des Zweikampfes erblickte. Iſt die Wunde tötlich, Doktor! fragte Roſelli in leiſe vibrirendem Tone. Der Arzt zuckte die Achſeln. „Das läßt ſich noch nicht ſagen, jedenfalls iſt ſie ſehr ſchwer“, erwiederte er. — „Die Kugel iſt in die Bruſt gedrungen, und es wird Alles 1 ankommen, ob die Lunge unverletzt geblieben iſt. „Mir thut der junge Mann ſehr leid,“ wandte ſich der Marquis an Baron Sturm, „er hat ſich geſchlagen wie ein Mann. Ich hoffte, ſeine Kuge würde mir einen ehrenvollen Tod bereiten, und nun ihn zu genauem Vifir zu veranlaſſen, gab ich ihm 5 durch meinen erſten Schuß zu verſtehen, daß keine Rückfichten nehmen würde, aber das Schliche hat es anders gefügt. Jetzt ſtelle ich Ihnen de Mutwagen zur Verfügung, damit Sie den eh wundeten in ſeine Wohnung bringen laſſen könne, ich werde mir erlaben, noch heute und alle Tag ſo lange ich in Monaco weile, mich perſönlich gag ſeinem Befinden zu erkundigen.“ ö Er lüftete den breitkrämpigen Filzhut u. wan ſich dem Wege zu, der nach dem Städtchen fhhez, ſein Sekundant begleitete ihn. Unter den Bemühungen des Arztes, der de Ohnmäͤchtigen ein Fläſchchen mit Salmfakgeſſt uu die Naſe hielt, ſchlug der Graf endlich die Ahe auf; eine raſche Handbewegung nach der Brußß Aa ein leiſer Schmerzenslaut waren die erſten Zeche des wiederkehrenden Bewußtſeins. Mit Hilfe I beiden Männer und ſeines Dieners vermochte ſich zu erheben und den Wagen zu beſteigen dez fan im langſamſten Schritte fahrend an ſeine Wohnung brachte. 5 101 Unterhalb Moe am Strande des Liguriſch n Meeres, liegt ein kleines, armſeliges Fischerdorf, k aus wenigen Lehmhütten beſtehend, aber freund hinter Kaktushecken und Maulbeerbüſchen verſech Im Hintergrunde thürmen ſich die Felſen au deren Scheitel das Städtchen krönt, weſter abrwiltt dem Meere zu, wird dagegen der Boden ſteinig 1. zahlreiche, umhergeſtreute Muſcheln u. Schalen von Se tieren beweiſen, daß dieſer tiefliegende Teilldes Strandes nicht ſelten von den Meeresfluten überſchwemmt wien, Fortſetzung folgt. 85 att 4 f K Ane *