Erſcheint jeden Mittwoch und Samsta mit illuſtiertem Anterhaltungsblakt Politiſches. Karlsruhe, 5. März. Nachdem in den letzten Tagen die Nachrichten über den deutſchen Kronprinzen eine immer beunruhigendere Färbung angenommen hatten, find plötzlich durch ein Macht⸗ gebot alle Quellen, aus denen private Meldungen floſſen, verſtopft worden. Es verlautet nur mehr, was durch den amtlichen Kanal geleitet wird, was der Reichsanzeiger in freilich recht dürftiger, karger Form zu melden weiß. Gleichzeitig gehen wieder Getlüchte um, welche von einer unerwarteten Beſſer⸗ ung im Befinden des hohen Kranken ſprechen, daß auf eine endgiltige Wiedergeneſung des Kronprinzen leider nicht zu hoffen iſt, wurde bereits mit grau⸗ ſamer Deutlichkeit von vielen Seiten ausgeſprochen, das kann aber nicht hindern, daß man mit aufrich⸗ tiger Freude wenigſtens von einer Beſſerung im gegenwärtigen Zuſtande des hohen Kranken vernimmt. Damit iſt jedenfalls die Hoffnung verknüpft, die drohende Kataſtrophe noch in recht weite Ferne hinauszurücken. Karlsruhe, 5. März. Der Zollkrieg zwiſchen Italien und Frankreich, welcher durch das nicht Zuſtandkommen des Handelsvertrags ſeit dem 1. März ſpielt, ſteigert die politiſche Feindſeligkeit zwiſchen beiden Völkern in erheblichem Grade. Nach⸗ dem die Tariferhöhungen den wirtſchaftlichen Zwiſt auf das praktiſche Leben übertragen haben, werden jetzt von beiden Ländern Maßregeln angewandt, welche leicht zu ernſten Verwickelungen führen können. Die franzöfiſche Regierung hat der Kammer vorge⸗ ſchlagen, italieniſchen Packetſchiffen die franzöſiſchen Häfen zu verſchließen, da ja der Schiffahrtsbertrag mit Italien gleichfalls abgelaufen ſey und Italien nicht zögern werde, in ähnlicher Weiſe vorzugehen. Wahrſcheinlich wird dieſer Vorſchlag Geſetz, die und koſtet viertelfährlich 1 Xx 1 * 40 J exel. Poſtproviſion. uſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der pedition ingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die einſpaltige 7 Garmondzeiele oder deren Raum mit 10 Pf., Lokal⸗ Anzeigen mit 6 Pfg. (. Rellamen mit 0 Pf. berechnet. Vie größeren Aufträgen Rabattbewilligung.“ Italiener werden darauf mit gleichen und anderen, womöglich noch ſchärferen Gegenmaßregeln antworten. Ein Hinüberſpielen des wirtſchaftlichen, des Zoll⸗ ſtreites in das politiſche Gebiet der beiden Staaten iſt jetzt kaum noch zu vermeiden, auch laufen be⸗ teits Meldungen über ſtärkere Erregungen der Grenz⸗ bevölkerungen ein. Italien rüſtet zur See und ein mächtiges Panzergeſchwader wird in kurzer Zeit be⸗ reit ſtehen, um der franzöfiſchen Seemacht den Be⸗ weis der Ebenbürtigkeit zu erbringen. So ſpitzen ſich die Gegenſätze bedenklich zu und es wird allen klugen Taktes beider Regierungen bedürfen, den Wirtſchaftskrieg nicht in einen wirklichen Krieg aus⸗ arten zu laſſen. Jedenfalls haben ſich ſeit vergangener Woche die Dinge zwiſchen den beiden Staaten ganz augenſcheinlich verſch lechtert. Berlin, 5. März. Der Reichsanzeiger mel⸗ det: Der Kaiſer iſt von einer leichten Erkältung be⸗ fallen und wird vorausfichtlich genötigt ſein, mehrere Tage das Zimmer zu hüten. San Remo, 5. März. Der Kronprinz verbrachte eine ziemlich gute Nacht. Huſten und Auswurf etwas geringer. Prinz Wilhelm iſt heute früh 9 Uhr abgereiſt. Stuttgart, 3. März. Das Bulletin über das Befinden des Königs aus Florenz lautet: Die Geneſung des Königs macht langſame, aber ſteti ge Fortſchritte. Die Herzaktion iſt wieder kräftiger, der Appetit kehrt wieder: auch das örtliche Leiden hat ſich infolge Abnahme des Fiebers gebeſſert; dennoch ſteht ein nur langſames Fortſchreiten der Wieder⸗ herſtellung zu erwarten. Der König wird noch lange der größten Ruhe und Schonung bedürfen, um den früheren Stand relativer Geſundheit zu erreichen. Paris, 4. März. Der italieniſche Botſchafter Graf Menabrea kündigte dem Miniſter Flourens Nachſtehende Annoneen ⸗Erpeditionen: Alois Herndl in Wien, Adolf Steiner in Hamburg und ſämtliche Annonten⸗Bureaux von Haaſenſtein und Vogler, Rudolf Moſſe, G. L. Daube und J. Barck und Comp. nehmen Inſerate für uns an. 722 5 Inſerate find von nachweisbarer Wirkſamkeit. Redaktion, Druck und Verlag von Karl Molitor in Ladenburg bei deſſen Wochenempfang an, daß er ihm die Ge⸗ genvorſchläge demnüchſt mitteilen werde, die Italien in der Zollfrage gemacht hätte, wenn die Verhand⸗ lungen nicht abgebrochen worden wären. Man wünſcht beiderſeits eine Wederaufnahme der Unterhand⸗ lungen. Derſhlebenes Ladenburg, 5. März. Am letzten Sams⸗ tag vormittag ercignete ſich hier ein ſchrecklicher Un⸗ glücksfall. Die erſt im 44. Lebensjahre ſtehende Ehefrau des Mühlenbeſitzers Hr. Ph. Walter begab ſich durch die Mühle und wurde bei betreten eines ſchmalen Ganges an den Kleidern vom Mühlwerk erfaßt und derart verletzt, daß der Tod ſofort eintrat. i — Aus Mosbach wird berichtet: Dieſer Tage kam das 1 ½ jährige Kind des Taglöhners Hintennach von Nüſtenbach auf recht traurige Weiſe ums Leben. Ein Hafen mit heißer Suppe war auf den Stuhl geſtellt, von dem Kinde herunter⸗ geriſſen und dadurch der Körper ſo verbrüht, daß am ſelbigen Tage noch der Tod eintrat. Eine neue und ernſte Mahnung für die Eltern ihre Kleinen immer recht ſorgfältig zu beauffichtigen. — Villingen, 4. März. Heute früh wurde die Leiche der etwa 23 Jahre alten Tochter des Müllers Käfer von Klengen im Räderwerk der Mühle, nur mit dem Hemde begleidet und in arg zugerichtetem Zuſtande aufgefunden. Das Mädchen ſoll vor einigen Wochen am Nervenfieber erkrankt ſein und hat ſich wahrſcheinlich in einem Fieberan⸗ fall in den Kanal geſtürzt. . — In Darmſtadt ging vor Kurzem ein Milchmann aus Gr. Zimmern in einem Wirtshaus die Wette um 50 Liter Bier ein, in einer halben Das Jiſchermädchen von Genua. Novelle von Moritz Lilie. Machdruck verboden) Wenige Stunden von dem in Veilchen und Roſen gebetteten Nizza, über welchem ein ewiger Frühling lacht, entfernt, liegt auf hoher Felſenter⸗ raſſe das Städtchen Monaco, der Hauptort des kleinſten Fürſtenthums der Erde. Die ganze Pracht der Pflanzenwelt des Südens entwickelt ſich hier, der tiefblaue Himmel Italiens glänzt nirgens ſchöner, als über dieſem geſegneten Fleckchen Erde, und die Paradieſiſche Lage dieſer Miniaturreſidenz mit ihrem herrlichen Klima machte ſie ſeit lange zum er⸗ ſehnten Ziel vornehmer Touriſten, denen es die Verhältniſſe geſtatten, während des Winters den rauhen Norden zu fliehen und die milde, balſamiſche Luft Oberitaliens zu athmen. Aber mitten in dieſem kleinen, an Naturſchön⸗ heiten faſt überreich ausgeſtatteten Erden gedeiht eine Giftpflanze, ſo furchtbar und verderbenbringend, daß durch ſie der Name Monaco in ganz Europa in Beruf gekommen iſt. Der Fluch tauſender, die von dieſer Pflanze gekoſtet, laſtet auf dem Orte und ungezählte Mengen werden ſich jenen noch zu⸗ geſellen, wenn es nicht gelingt, dieſes Giftgewächs ſo bald als möglich auszurotten. Es iſt die ſeit Aufhebung der Spielhoͤllen in den deutſchen Bädern in Monaco begründete Pharobank, welche dieſen Ort ſo berüchtigt und in zu Sammelplatz jener Sorte von Menſchen gemacht hat, die der verderb⸗ lichſten der Leidenſchaften, dem Spiele, huldigen. Der Staat, oder richtiger, der Fürſt, begünſtigt das Inſtitut, weil es für ihn eine Quelle reicher Ein⸗ nahme bildet, und die zunächſt interreſſirten Mächte, Frankreich und Italien, haben es aus Rückficht auf die Souveränität dieſes Duodezmonarchen bis jitzt unterlaſſen, denſelben zur Aufhebung dieſer Spiel⸗ hoͤlle zu zwingen. Es war ein klarer aber kühler Septemberabend vom Mittelmeer wehte eine friſche Briſe herüber u. verſcheuchte die verweichlichten Spaziergänger, die ſich in den herrlichen Parkanlagen ergingen, welche das Schloß des Fürſten Karl III. umgeben. Je einſamer es aber in den Promenaden wurde, deſto lebhafter geſtaltete ſich der Verkehr in den Prunkge⸗ mächern, in denen die Kroupiers des Spielpächters Blanc ihr unſauberes Gewerbe trieben. Immer zahl⸗ reicher wurde die Geſellſchaft, welche ſich um das Roulette und rouge et noir verſammelte, in dicht⸗ gedrängten Reihen umgaben die Spieler die Tiſche und der Employe zeigte ein ſehr vergnügtes Geſicht, denn die Pointeure kargten nicht mit ihren Ein⸗ ſätzen, und die kleinen Berge von Goldſtücken und Wertpapieren, welche der Bankier vor ſich liegen hatte, nahmen nach jedem Spiel an Umfang zu. + Am zahlreichſten war die Geſellſchaft am Rou⸗ lettetiſch; in weichgepolſterten Sammetſeſſen ſaßen in vorderſter Reihe rings um die Tafel ältere und jüngere Damen, ſich eifrigſt am Spiele betheiligend. Hinter ihnen (ſtanden die Herren, welche ſich aus allen ziviliſirten Nationen und den verſchiedenſten Altersſtufen zuſammenſetzen. Der Phyfiognomiker hätte hier interreſſante Studien machen können: Lei⸗ denſchaftlichkeit, Habſucht, Blaſictheit, Verzweiflung, aber auch Unerfahrenheit, Hoffnung und Vertrauen prägten ſich auf den Gefichtern der Anweſenden aus. Unter dieſen erregte ein junger Mann, ſowohl durch ſein Aeußeres als auch durch das ſeltene Glück mit welchem er ſpielte, beſondere Aufmerkſamkeit. Es war eine hohe, ſchlanke Geſtalt, in modernſter Kleidung; leicht gekreuſeltes, braunes Haar zierte das edelgeformte Haupt, ein eleganter zierlich ge⸗ ſchwungener Schnurrbart bedeckte die feinen für einen Mann faſt zu zarten Hände deuteten auf den vornehmen Stand des jugendlichen Spielers. Mit einer Nonchalance, als ſei das Geld für ihn gänz⸗ lich wertlos, ſetzte er hohe Beträge, und ſeine Mienen nahmen einen gelangweilten, faſt mißmutigen Aus⸗ druck an, wenn er immer und immer wieder ge⸗ nötigt war, den ihm zufallenden Gewinn einzu⸗ ziehen. Die ganz Erſcheinung hatte etwas Nobles, Ariſtokratiſches, und die edle Stirn, der helle, kluge Blick ſeiner blauen Augen und die ruhigen,