Erſcheint jeden Mittwoch und Hamstag und koſtet vierteljährlich 1 && 20 mit illuſtiertem Anterhaltungsblatt 1 % 70 J exel. Poſtproviſton. Zuſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der ſofortige Aufnahme und werden die einſpaltige, Pf., Lokal- Anzeigen mit 6 Pfg. Bei größeren Aufträgen Rabattbewilligung. Expedition eingehen, finden Garmondzeile oder deren Raum mit 10 Reklamen mit 20 Pf. berechnet. —— — — Politiſches. Berlin, 30. Juni. In einer vereinigten Schlußſitzung beider Häuſer, welcher der Herzog bon Ratibor lerſter Vorſitzender des Herrenhauſes) prüfidierte, wurde heute die Seſſion des Landtages durch den Miniſter des Innern von Puttkamer ge⸗ ſchloſſen. Herzog von Ratibor ſchloß die Sitzung mit einem dreimaligen Hoch auf den Kaiſer und König, in welches die ſpärlich erſchienenen Mitglieder beider Häuſer lebhaft einſtimmten. Berlin, 1. Juli. Der Rücktritt des hieſigen franzöſiſchen Botſchafters de Coureel ſteht jetzt feſt und wird erklärt durch die zunehmende radicale Rich⸗ tung der innern und äußern Politik des Kabinets Freyeinet, in welchem der Kriegsminiſter Boulanger mehr und mehr die Herrſchaft erlangt. Courcel wird jedoch nicht ſogleich ſeinen Poſten aufgeben, ſondern erſt nach einiger Zeit. Bremerhafen, 30. Juni. Die Feſtfahrt auf dem nach Amerika abgehenden Schnelldampfer Ems, 5000 Tonnen Gehalt, bis zum Rotenſand⸗ Leuchturm nahm einen günſtigen Verlauf bei ſchönſtem Wetter. Alle Schiffe in Bremerhaven hatten pracht⸗ voll geflaggt. Auf der Rhede lagen ſechs große Lloyd⸗Dompfer darunter die vormittags einige Stunden nach der Beſichtigung durch die Gäſte in See gegangene Oder, der wir auf unſerer Rückfahrt mit dem Lloydſcheffe begegneten, wobei die Ragen des ausfahrenden Reichspoſtdampfers dicht mit Matroſen beſetzt waren. Die mäßig bewegte See forderte keine Opferſpenden für Neptun trotz oder vielleicht auch wegen des guten Frühſtücks auf der Ems. Die Ein⸗ richtung der Oder für die Tropenfahrt fand allge⸗ meine Anerkennung. Der Anſtrich iſt grau zu beſſern Abhaltung der Sonnenſtrahlen, während die übrigen Lloyddampfer ſchwarz find. Im Innern ſind über⸗ General-Anzeiger für Ladenburg und Almgegend. Nachſtehende Annoncen ⸗Erpeditionen: Alois Herndl in Wien, Adolf Steiner in Hamburg und ſämtliche Annoncen⸗Bureaux von Haaſenſtein und Vogler, Rudolf Moſſe, G. L. Daube und J. Barck und Comp. nehmen Inſerate 00 Redaktion, Samstag, den 3. Juli all Raltluftführungen angebracht; zur Erzeigung von Kalte dient eine eigene Maſchine. Elektriſche Be⸗ leuchtung, Bade⸗Einrichtungen, geräumigte Kajüten, reiche Saalräume erſter und zweiter Klaſſe machen den Aufenthalt möͤglichſt behaglich. Die Größe des Schiffes iſt 3000 Tons. Zum Vergleich diene, daß die größten Rhein⸗Kohlenſchiffe 1000 Tons enthalten. Alle Teilnehmer an der Fahrt waren hoch be⸗ friedigt. Verſchiedenes. Ladenburg, 1. Juli. Von dem Untezeichneten ging uns folgendes Schreiben zu, mit der Bitte um wortgetreue Aufnahme, der wir ſtattgeben. D. R. Geehrter Herr Redakteur! In Ni 52 Ihres geſchätzten Blattes brachten Sie einen Artikel, in welchem das Inſtitut der „Freiwilligen Feuerwehr“ über alles gebotene Maß hinaus kritiſtert wird; unter Anderem, daß ſich ein Mann wegen Krankheit entſchuldigt, um gleich da⸗ rauf mit dem Kriegerverein auszurücken. Ich Unterzeichneter kann nicht umhin, dieſes auf mich zu beziehen, da ich mit noch zwei Ka⸗ meraden, von welchen der Eine nicht zum Korps gehört, der andere dagegen zur Uebung ausgerückt war, als Deligirte zum Abgeordnetentag des „Rhein⸗ Neckar⸗Militär⸗Gauverbandes“ ernannt wurden, und mich nicht wegen Krankheit entſchuldigt habe, ſon⸗ dern aus Gründen, welche ich nicht geſonnen bin, jedem auf die Naſe zu hängen. Wenn mich, wie ich vermute, der Herr Einſender des Artikels per⸗ ſönlich kennt, ſo weiß derſelbe auch, daß mir jede Lüge verhaßt iſt, und ſolche für Feigheit halte. Ich mochte dem Einſender noch den wohlgemeinten Rat erteilen, ſich künftig genauer zu informieren, bevor derſelbe einen ehrlichen Mann öffentlich als Lügner Inſerate ſind von nachweisbarer Wirkſamkeit. Druck und Verlag von Karl Molitor in Ladenburg 3 2 N für uns an. 1886. hinſtellt. Es gewinnt überhaupt mit jedem Tag mehr den Anſchein, als ob min ſich von einigen Weltverbeſſerern erſt den Conſens zu ſeinen Hand⸗ lungen holen müßte. Möge doch ein jeder vor ſeiner Thür kehren, dann würde er Beſen genug brauchen, und die Proletarier des Odenwaldes würden über flauen Geſchäftsgang in der Beſenin⸗ duſtrie gewiß nicht zu klagen haben. Achtunasvollſt Bruno Arban. — Baden, 28. Juni. (Schützenfeſt.) Die Stadt hat ihr Feſikleid angethan. Die Häuſer ſind reichlich beflaggt und geſchmackvoll mit Kränzen und Guirlanden behangen. Auf den Straßen wim⸗ melt es von einer ungeheuren Menſchenmenge. Nicht nur ganz Baden iſt auf den Beinen, ſondern auch zahlreiche Fremde find herbeigeſtrömmt, um Zeuge des großen und ſchönen Schützenfeſtes zu ſein. Schon um 7 Uhr hatte ſich mit einer Schützenabordnung ein Muſikkorps durch die Straßen unſerer Stadt bewegt, um der Feſtſtimmung Ausdruck zu geben. Als aber der Himmel ſich immer mehr aufheiterte, die Sonne das Feſt mit ihren freundlichen Strahl en beleuchtete, als die Nachricht ſich verbreitete, S. K. H. der Großherzog werde den Feſtzug vom Kon⸗ verſationshauſe aus betrachten, da wollte Niemand ferne bleiben. Kurz nach 11 Uhr, nach Beendig⸗ ung des Gottesdienſtes, ſetzte ſich der ſtattliche Zug in Bewegung, der ſich zwiſchen dem Badiſchen und Europäiſchen Hof aufgeſtell hatte. In vier Ab⸗ teilungen marſchierte er auf dem Promenadeplatz auf. Ein förmlicher Blumenregen entlud ſich auf die ſchmucken Schützen und Feſtgäſte. Es war ein ma⸗ leriſcher, flotter Zug, in ſtrammer Haltung, der auf das Prächtigſte, ohne die geringſte Störung verlief. — Würzburg, 1. Juli Heute nachmittag Der Wilderer. Von Fritz Brentano. . 6. 1 „Den haben wir, Dieter, und halten ihn feſt,“ flüſterte der Alte ſeinem jüngeren Gefährten zu, „heute, Bruderherz, kampieren wir nochmals im 3 aber morgen hat alle Not und Sorge ein nde.“ „Und was willſt Du thun?“ fragte der Deſerteur. „Willſt Du ihn anzeigen?“ „Pah, Unfinn!“ antwortete der Gefährte. „Wäre mir auch was Rechts. Nein, bluten ſoll er, Geld ſoll er geben viel Geld, damit wir ſchweigen, und ich will ihn preſſen, ſo lange 15 ein roter Heller aus ihm herauszukriegen iſt!“ — Und während die Beiden auf dem mondbe⸗ beſchienenen Waldweg verſchwanden, ſchritt Ulrich dem einſamen Hof zu und verſuchte vergeblich den Haß gegen den Toten wieder neu aufleben zu laſſen in ſeiner Bruſt. Aber umſonſt. Seltſamer Weiſe ſah er jetzt Alles in ganz anderem Lichte, und nur Eines ſtand groß und furchtbar vor ihm — ſeine eigene Schuld! Waldquell vergangen — acht bange — ſchwere Tage. Die Förſterin hatte am anderen Abend bereits im Dorfe Mitteilung gemacht, daß ihr Mann, der in das Revier gegangen, nicht wieder zurückgekehrt ſei. Hatte fie auch an ſeiner Seite ein freud⸗ und troſtloſes Leben geführt, ſo überkam ſie doch jetzt eine ſchreckliche, innere Angſt, und ein ſchwerer Vor⸗ wurf laſtete auf ihrem Gewiſſen, wenn ſie der letzten Unterredung mit ihm gedachte. Ob er vielleicht hinausgegangen war in die weite Welt, wie er ſchon einmal gedroht? Ob er ſich am Ende gar ein Leid angethan? Sie wußte es nicht — aber Eines fühlte ſie, daß ſie ihn nie wieder⸗ ſehen werde. Und ſie ſah ihn nie wieder. Wohl wurde der ganze Forſt abgereiſt — kein Buſch blieb undurchſtoͤbert, denn die Männer aus dem Dorf hatten ſich tagelang auf die Suche be⸗ geben, allein der Förſter blieb verſchwunden. Der erſchoſſene Hirſch wurde gefunden und neben ihm eine mächtige Blutſpur, allein das dunkle Rätſel derſelben blieb ungelöſt, der Mund des Grabes in der Mordeiche verſchloſſen. Und wunderbar! Während ſonſt Volksſtimme — Gottesſtimme iſt, diesmal ſchwieg ſie, denn während auf Den und Jenen als den Thäter geraten — hier Einer und dort Einer als Wilderer und Mörder des Förſters bezeichnet wurde, auf Ulrich von Schweden⸗ hof dachte Keiner, denn Niemand hatte eine Ahnung davon gehabt, daß der ſtille, ſchꝛue Mann faſt all⸗ nächtlich hinausgegangen war zum Wald. Wohl wußte man, daß die Förſterin einſt die Braut Ulrich's geweſen, daß der Vater Ulrich's von der Hand des Förſters gefallen war — aber darüber waren Jahre vergangen, und weil die vom Schwedenhof nicht zu Denen gehörten, die aller Welt tagtäglich von ihrem Schmerz erzählen und Jeden zum Zeugen des ſelben aufrufen, ſo glaubte man, daß jene Vorfälle ver⸗ ſchmerzt, jene Wunden vernarbt ſeien. Und ſo ging Ulrich nach wie vor ruhig unbe⸗ achtet ſeinen Weg. Acht Tage waren ſeit dem Ver⸗ ſchwinden des Förſters vorüber — die erſte Auf⸗ regung hatte fich gelegt, und man fing ſchon an, dem Gedanken Raum zu geben, daß er am Ende doch nicht ermordet wäre und wiederkehren werde, weil ſich ſo gar keine Spur von der Leiche ſinden wollte. Nur 2 wußten ſicher, daß dies nicht der Fall ſei, und daß er irgendwo draußen in einem ſtillen Winkel des Waldes liege — Gertrud, ſein Weib und die Schwedenhofbäuerin, die Mutter des Mörders. Und während die Erſtere in dumpfem Hinbrüten in dem einſamen Forſthaus ſaß, das ſie nun bald verlaſſen mußte, um anderweiteg den Kampf mit des Lebens Sorge aufzunehmen, ſchlich die An⸗ dere wie ein Geſpenſt durch den Hof. Ueber ihre bleichen Lippen kam kein Wort, am wenigſten aber der Name des Toten — ihre Augen aber wichen