meinbeſinden iſt andauernd ein fehr gutes. Selne Königliche Hoheit verlaſſen das Bett ſchon im Laufe des Vormittags und verweilen gewöhnlich bis gegen 8 Uhr am Abend außerhalb des Krankenzimmers. Bei ſichtlich zunehmender Kräftigung konnte das Ruhebett zeitweilig mit dem Rollſtuhle vertauſcht und in demſelben mehrere Stunden ſitzend zugebracht werden. Auch wurden bereits, bis jetzt freilich kurz dauernde Verſuche zum Stehen unternommen. a Karlsruhe, 15. Mai. Ueber die Einkom⸗ menſteuer ſind auch in Kreiſen, bei welchen man beſſeres Wiſſen vorrausſetzen ſollte, noch vollig irrige Anſchauungen verbreitet. Alle ſogenannten Ertrag⸗ ſteuern beſtehen neben der Einkommenſteuer fort, alſo die Grund-, Häuſer⸗, Gewerbe⸗ und Kapital- rentenſteuer. Die Einkommenſteuer aber gleicht ge⸗ recht aus (oder erſtrebt dies wenigſtens), indem ſie die Leiſtungsfähigen höher trifft und indem ſie den Abzug der Schulden zuläßt. Völlig hinweggeſallen ſſt die Gewerbeſteuer aus dem landwittſchaftlichen Betrieb, ſowie die Erwerbsſteuer aus dem ſogenannten unfundierten Verdienſt, z. B. der Anwälte, Aerzte, Künſtler, Handlungsbefliſſenen, der Arbeiter u. ſ. w. Ueberhaupt frei von der Einkommenſteuer ſind alle Einkommen unter 500 Mk. Da der Staat wenigſtens für die laufende Budgetperiode aus dem Ertrag der Einkommenſteuer von rund 4½ Millionen gar keinen „Profit“ machen ſoll, ſo wurde mit Einführung der neuen Steuer der Steuerfuß aller direkten Steuern entsprechend vermindert und zwar die Grund⸗, Häuſer⸗ und Gewerbeſteuer von 26 auf 18½ und die Kapitalrentenſteuer auf 11 (von 15) Pfennigen. Nach Verlauf von 2 Jahren wird ſich zeigen, ob die jetzigen Steuerſätze einfach auf⸗ recht erhalten bleiben können. Das badiſche Gendarmerie⸗Korps, eine anerkannte Elitetruppe, be⸗ ſitzt nunmehr eine Geſammtſſärke von 490 Mann und iſt durch das leßte Budget mit einer feſteren Regulierung der Löhnung bedacht worden. Die Mannſchaft iſt in drei Dienſtklaſſen mit Wachtmeiſtern und Oberwachkmeiſtern geteilt. Sebaſtopol, 15. Mai. Der Kaiſer, die Kaſſerin und die Großfürſten find nebſt Gefolge nachmittags hier eingetroffen und feierlich empfangen worden. Der Dampfer, auf welchem dieſelbe während ihres hieſigen Aufenthaltes verweilen, ankert gegen⸗ über der Admiralität, woſelbſt das Panzerſchiff „Tſchesme“ zum Stappellaufe bereit liegt. Zahlreiche ehemalige Militärs, welche an den Kämpfen um Sebaſtopol teilgenommen haben, find hier eingetroffen. — Morgen wird das Kalferpaar den Frſedhof, auf welchem die gefallenen Krieger liegen, beſuchen und darauf die nördlichen Befeſtigungen beſichtigen. Als⸗ dann ſindet ein Diner ſtatt, zu welchem die früheren Sebaſtopolkämpfer und die Spitzen der Behörden geladen ſind. Verſchiedenes. — Großſachſen, 17. Mai. Anläßlich des geſtern hier ſtattgehabten Kriegerfeſtes ereignete ſich beim Schießen mit Böllern ein bedauerliches Unglück, indem einem Mann aus Ziegelhauſen durch einen Schuß beide Füße derart verletzt wurden, daß ihm dieſelben nach ſeinem Verbringen in das akkademiſche Krankenhaus in Heidelberg abgenommen werden mußten. — Schriesheim, 13. Maj. Unſerem ſchönen Forellenreichtum der früher allerwärts bekannt war, der aber durch das Zuſammenwirken verſchie⸗ dener Urſachen total verarmte, ſteht wieder eine Zu⸗ kunft in Ausſicht. Die Herren Kaufmann Hubert Renner in Mannheim und Kollegen, Pächter der Jogd und des Fiſchwaſſers ließen letzteres mit zehn⸗ tauſend jungen Forellchen aus der Heidelberger Schloß fiſchbrutanſtalt bevölkern. Es waren ſchöne, geſunde Fiſche, die in den Bach geſetzt wurden und es ſteht deten Entwickelung außer Zweifel. Mögen die be⸗ rechtigten Erwartungen der Herren Fiſchbachpächter in Erfüllung gehen. Jedem Schriesheimer wird es eine Ehrenſache ſein, den Schutz der Fiſcherei in dem Bach nicht dem berufenen Aufſichtsperſonal allein zu überlaſſen. — Diedenhofen, 10. Mai. Sergeant Hartmann vom 8. Rh.⸗Inf.⸗Neg. Nr. 70 hatte beim Schießen mit dem Zielgewehr das Unalück den Sergeant Chilius in den Unterleib zu treffen. Im erſten Schreck lief er in die Kaſerne und er⸗ ſchoß ſich. Chilius iſt ſchwer verwundet. — Kroſſen a. d. Oder. 14. Mai. Heute nachmittag wurde unſer Ort von einer furchtbaren Windhoſe beimgeſucht. Häuſer ſtürzten ein, faſt ſämtliche Dächer wurden abgedeckt und Scheiben ein⸗ gedrückt. Der Wind knickte die Fabrikſchornſteine. Von der Kirche wurde der Turm herabgeſtürzt und ſchlug ein benachbartes Haus in ſeinem Fall zu Trümmern. Militär und Feuerwehr find beſchüftigt die Trümmer wegzuräumen, da Menſchen darunter vergraben ſind. Einige find ſchon hervorgezogen. Sie find ſchwer verletzt, Andere tot. Auf der Oder ſind zwei Schiffe verſunken, dabei fünf Menſchen ertrunken. Der Schaden an held ißt unberechenbar — Wahn, 15. Mal. Geſtern 920 00 dierte in der Barackenwohnung eines Offiglers auf dem Artillerieſch eßplatze eine Granade, weſche den Burſchen des Offiziers in Stücke riß, ſo daß der Tod augenblicklich eintrat. Der Offizier ſelbſt, der zur Schießübung auf der Wahner Haide kammandjer⸗ war und aus bisher noch unermittelten Gründen die Granate mit in ſeine Wohnung genommen halte wurde ſchwer verletzt, ein Auge ging ihm durg einen Granatſplitter verloren. Den Verwundeten ſchaffte man geſtern abend noch nach Deutz in' Lazarett. — Paris, 14. Mal. Pillot, ein Agent der Verſicherungsgeſellſchaft „Foneſcre“ in London der ſchon wegen Fälſchungen und Prellereſen in Haft war, aber auf ſeiner Ueberführung nach Parſs eigen Wächtern entwich, kam geſtern nachmitlag auf die Banque d' Eskompte und frug nach Herrn de Soubehran, der ihn auch empfing. In das Bureau dezſelben eingetreten, zog er einen Revolver aus der Tasche und zwang Herrn de Soubehran unter der Drohung, ihn zu erſchießen, drei Wechſel über zufammen 150,000 Fr., in Genf zahlbar, zu unterzeichnen, Herr de Soub yran unterſchrieb, worauf Pilot per⸗ ſchwand. Heute nacht wurde er in Genf verhaftet, — Brüſſel, 14. Mai. Heute vormittag um 10 %½ Ühr iſt ein Beamter der Staatseſſenbahn⸗ Verwaltung, Herr Arthur Carlier, auf ſeinem Burean ermordet worden. Carlier war Chef der dritten Abteilung (Rechnungsweſen und Static) in der Direktion des Materials; der Mörder iſt ſein Schwager Georges Verhaeren. Calier wurde von dem leßzeren, der ein ſauberes Früchtchen iſt und bereſts — er ſteht im 26. Lebensjahr — ſein anſehnliches valer⸗ liches Erbteil durchgebracht hat, wiederholt mit Held⸗ forderungen beläſtigt, die er ſchließlich entſchleden ob⸗ wies. Am Mittwoch als der Schwager abermalz mit einer Forderung kam, wies ihm Farſſex die Thüre. — Madrid, 15. Mai. Durch einen beſtigen Wirbelwind ſind hier und in der nächſten Umgegend große Verwüſtungen angerichtet worden; zohleeiche Häuſer ſind zerſtört worden, der obere Teil des Turmes der Kirche San Jeronſmo iſt eingestürzt. Die Zahl der bei der Kataſtrophe ums Leben ge⸗ kommenen wird auf 50, die der Verwundelen auf 400 geſchätzt. Tauſende von Bäumen find ene wurzelt worden. halten. Mit einem Auffſchrei ſtürzte er zu den Füßen des ſchönen Mädchens und preßte krampf⸗ haft ſeine glühenden Lippen auf ihre eiſigen Hände. In dieſem Augenblicke öffnete ſich die ſchwere Portiere; eine dunkle Geſtalt, deren Schritt von dem dicken Teppiſch gedämpft wurde, erſchien auf der Schwelle hinter dem Rücken des knieenden Liberati und der volle Schein des Lichtes traf das in dieſem Augenblick unheimlich blaſſe Geſicht des Theodor Lindner. Einen langen, feſten Blick warf er auf die Scene, dann ſiel der Vorhang wieder unhörhar und der Lauſcher verſchwand. Es war tief in der Nacht. Der Liberati ſaß einſam in ſeinem Gemach. Barbara, war, als ſie nach einer Weile mit ſeiner Hilfe wieder zu ſich kam, lautlos entflohn und er — er hatte es ge⸗ ſchehen laſſen, ſtumm, mit blutendem Herzen. Nun, da er ſich gewaltſam von dieſem Mädchen getrennt hatte, war es ihm, als habe er den erſten Schritt in eine unendliche Oede gethan. Die rote Bärbel war ſo plötzlich, ſo unverhofft quer durch ſein Leben geſchritten, daß er unwillkürlich ſtutzte. Ihm unbe⸗ kannte, rätſelhafte Gefühle für das Mädchen waren in ſeiner Seele erwacht. Gefühle, welche in keinem Einklang ſtanden mit ſeinen bisherigen Neigungen. Nie hatte er das Bedürfnis gefühlt, mit einem ſolchen Weſen in Beziehung zu treten und doch war es ihm längſt gefehlt, ein unbekanntes Etwas, einen Teil ſeiner Seele. In die kalte Halle ſeiner Ideen, in welcher froſtige Marmorbilder ſtanden — ſchöne Ideale, verirrte ſich das glühende Kind der Erde und er hatte die in Liebe für ihn Erglühte ver⸗ ſchmäht — war dem Weibe ſeiner erſten Wahl treu geblieben, das er rein und treu geliebt hatte, für deſſen erlaubten Beſitz er Alles mit Freuden ge⸗ opfert hätte. Dieſe und andere Gedanken wogten durch die Seele des Liberati, während er einen Brillantſchmuck, der in einem eleganten Sammetkäſtchen vor ihm auf dem Tiſch ſtand, anſtarrte. Er hatte denſelben an Emilie Alberti geſchickt, das letzte fürſtliche Geſchenk, welches er ihr machen konnte. Seine Güter, ſein bedeutendes Vermoͤgen war verſchwendet, ſie befanden ſich in den Händen der Frau General⸗Direltorin. Von all' ſeinem Reichtum beſaß er nur noch einen kleinen, armſeligen Teil, der ihn vor der äußerſten Not ſchützen konnte. Stets mit Göttern und Helden wandelnd, hatte er ſein irdiſches Gut, wie Staub leichtſinnig von ſich geſtreut. Weßhalb hatte das ſchöne Weib dieſen Brillant⸗ ſchmuck nicht angenommen 2 Ahnte es ihr, daß es der Letzte war, den ihr der Liberati geben konnte und wollte ſie ihm denſelben in einer Anwandlung von Großmut laſſen, oder ſah ſie die Thränen, welche aus den Augen des Gebers auf die funkeln⸗ den Edelſteine gefloſſen waren? „Sie war keine Freundin von Thränen, die ſchöne, üppige Künſtlerin. Am andern Tage ließ ſich der Liberati bei der Gene ral⸗Direktorin melden. Dieſe empfing ihn mit kaltem, ſtarren Ausdruck in den Zügen und mit einem vollſtändigen Eishauch in der Stimme. „Iſt Ihnen nicht wohl, Emilie?“ fragte er. „Ich fühle mich wohl, wie ſeit lange nicht,“ entgegnete ſie. 5 7 „Dann täuſcht Ihr Ausſehen,“ ſprach er „Sie erſcheinen mir ſehr verändert.“ „Ihnen gegenüber verändert? Sie mögen Recht haben,“ antwortete ſie in hoͤhniſchem Tone, „Emilie,“ ſprach der Liberati, dicht guf ſie zu⸗ gehend, „was iſt zwiſchen uns getreten? Mit Schrecken habe ich dieſes unerklärliche Etwas ſchon elt Tagen bemerkt. Reden Sie, was haben Sie hergufbe⸗ ſchworen?“ . 1191 „Ich 9 * As „Sie! Oder bin ich etwa der Schuldige, welcher den boſen Geiſt zwiſchen uns wach rief O, Emilie, 170 0 Du denn nicht, daß ich nur Dich auf Erden liebe!“ 1 „Reden Sie nicht ſo vertraulich mil mir, Herk von Auguſti,“ ſprach die Grneral⸗Direktorin kalt. „was würde mein Gatte davon denken müſſen, wenn er uns hörte?“ Der Liberati ſchaute die Sprecherin ſlarr an. „Weßhalb haben Sie mir die Diamanten zurückgeſchickt?“ fragte und ſeine Slimme bibriette. „Schicken Sie den Schmuck doch der ſolen Bärbel,“ entgegnete ſie kalt. „Barbara!“ flüſterte der Liberati, betroffen, den Namen aus dieſem Munde zu hören, „Das aſo war es?“ f „Können Sie läugnen, Herr von Augufti, daß dieſe Barbara Gilbert in einem vertrauten Verhält⸗ niſſe zu Ihnen ſteht “ 9 „Barbara,“ wiederholte noch einmal wie weſend der Liberati und er fühlte, wie es in einem Herzen zuckte bei den Gedanken an fi