beißt es, die Regierung habe nichts gethan, was den Frieden ſtören könnte, weil ſie auf dieſe Weiſe einem oft geäußerten Wunſche nachkommen wollte, ſie könne aber nicht auf die im Berliner Vertrage bezeichnete Grenzlinie verzichten, welche damals ſchon Griechen⸗ land durch die Mächte aufgedrungen wurde, ohne daß dem nationalen Gefühle Rechnung getragen werde. Übrigens werde die Kammer überzeugt da⸗ von, daß die Erreichung der gedachten Linie das ſchon gefährdete Gleichgewicht auf der Balkanhalb⸗ inſel wiederherſtellen und den Frieden im Orient ſichern werde, morgen ihre Sitzungen ſchließen, nach⸗ dem ſie ſämtliche Regierungsvorlagen votiert habe. — Der Kriegsminiſter hat demiſſioniert. Verſchiedenes. ( Mannheim, 20. April. Vorgeſtern vormittag fiel in der Schwetzingerſtraße eine frei⸗ ſtebende Mauer auf dem Bierkeller, der zur Zeit ab⸗ gebrochen wird, um und begrub den Zimmermann Ritter aus Schwetzingen unter ihren Trümmern. Der Unglückliche blieb auf der Stelle tot. — Feudenheim, 20. April. Ein trauriger Unglücksfall verſetzte am Samſtag mittog halb 1 Uhr die Familie des Schuhmachers Opfermaun hier in entſetzliche Aufregung. Das 2 jährige Kind der Familie lief, gerade als der Straßenbahnzug an der Station langſam einfuhr, über die Schienen, wurde von dem Train erfaßt und überfahren, ſo⸗ daß das arme Weſen auf der Stelle tot blieb. Den Zugführer trifft keine Schuld. — Darmſtadt, 17. April. Nachdem am vorigen Montog in einer hieſigen Möbelfabrik 20 Schreiner wegen Verweigerung der zehnſtündigen Arbeitszeit die Arbeit niedergelegt, find heute ſämt⸗ liche Schriftſetzer einer Buchdruckerei ihrem Beiſpiel gefolgt. Die Polizei hat umfaſſende Maßregeln getroffen, um die Schritte der Streikenden zu über⸗ wachen. — Schweinfurt. 14. April. Großes Aufſehen ruft hier ein Doppelſelbſtmord hervor. Im Laufe des geſtrigen Tages fand man nämlich an der Straße nach Deutſchhof einen jungen Kaufmann namens Käppel und im Walde an der ſogenannten Haardt einen zweiten Kaufmann erhängt auf. Beide waren Tags zuvor mit der Polizei in Konflikt ge⸗ raten und von derſelben die Nacht über in der Wachtſtube zurückgehalten worden. Als ſie in der Früh freigelaſſen wurden, ſchritten ſie ſofort zur That. Furcht vor der bevorſtehenden Strafe wird ols Motiv angenommen. 5 aufm in Heilbronn und wegen Wortwechſels mit ſeinem Prinzipale aus dem Dienſt entlaſſen worden. Er befand ſich daher ſeit einiger Zeit bei ſeinen Eltern, und ſcheint ihn auch zum Teil Tieffinn darüber, daß er keine Stelle bekam, zu dieſem Schritte ber⸗ anlaßt zu haben. In ſeinem Beſitze fand ſich einiges Geld, feine Uhr und ſein goldener Zwicker vor. Unter dem Baume an dem er hing, fand man eine leergetrunkene Weinflaſche. — Mainz, 16. April. Bei den Erdarbeiten in der Rheinallee iſt geſtern eine ſehr ſeltene römi ſche Amphora aufgefunden und dem ſtädtiſchen Muſeum einverleibt worden. Der Fundgegenſtand ſoll ein Alter von über 2000 Jahre beſitzen. f — Schömberg, 15. April. Hier find in⸗ folge Genuſſes verdorbener Blutwürſte in den letzten Tagen 9 Perſonen an den Erſcheinungen der Wurſt. vergiftung erkrankt; ein 16 Jahre alter Knabe iſt ſchon am 11. April und deſſen Mutter in der Nacht vom 13 14 April geſtorben. Die übrigen Erkrank⸗ ten ſind leichter erkrankt. Amtliche Unterluchung iſt eingeleitet. — Gotha, 15. April. Aus einer hieſigen Apotheke waren heute morgen der Hausdiener mit einem Dienſtmädchen aus demſelben Hauſe der⸗ ſchwunden. Im Laufe des vormittags wurden beide am Galberg, durch Gift getötet, aufgefunden. — Berlin, 16. April. Ein herbes Mißge⸗ ſchick hat den Landtagsabgeordneten Herrn Werner von Beltheim betroffen. Die Gattin desſelben hatte nach dem „B. B.⸗C.“, vorgeſtern auf der nach Oranienburg führenden Chauſſee einen Spazierritt unternommen. Das Pferd ſcheute, warf ſeine Reiterin ab und dieſe fiel ſo unglücklich, daß ſie infolge eines Bruches des Halswirbels den Geiſt aufgab. Dem Gemahl der Verunglückten wurde die Trauerkunde während der Sitzung des Abgeordnetenhauſes über⸗ bracht. — Hamburg, 16. April. Die Mühle des Fürſten Bitzmarck in Friedrichsruh iſt in letzter Nacht völlig niedergebrannt. Es wurde telegraphiſch die hieſige Feuerwehr requiriert, doch als dieſelben nach Friedrichsruh abdampfen wollte, kam bereits die Nach⸗ richt, daß alle Mühe umſonſt ſei. — Wien, 15. April. Ein blutiges Verbrechen ſpielte ſich, wie hieſige Blätter berichten, heute Abend gegen 9 Uhr an der Halteſtelle der Pferdebahn, Ecke der Kärntnerrings⸗ und der Kärntnerſtraße ab. 2 Männer, ein junger und ein älterer, wallten nämlich gleichzeitig in enen eben senden Pferdebahnwagen ſteigen, und da einer dem onder dem Vorantritt ſtreitig machte, gerieten ſie in 0 Wortwechſel, der ein traurſges Ende gahm und wahrſcheinlich den Tod eines der Beteiligten ur Folge haben wird. Der ältere der Beſden ein kräftiger Mann, war nämlich früher guf die Plat, form des Wagens gelangt, doch kaum hatte er die, ſelbe erreicht, ſtieß er einen markdurchdringenden Schrei aus und taumelte zurück. Sein Gegner hatte ihm, wie nachträglich feſtgeſtelt werden long mit einem dolchartigen Meſſer einen bis in die Luft röhre reichenden Stich in die linke Seite des Halſez verſetzt und ergriff die Flucht, wurde jedoch von nacheilenden Perſonen und Wachleuten feſtgenommen Der Thäter iſt der in Hernals wohnende 24 üheige Kellner Franz Wagner, der lebensgefährlich wundete der Juwelenagent Karl v. Spit. — Wien, 17. April. (Galizien) ſteht in Flammen. Ganze Stadtteſle und der Bahnhof ſind abgebrannt. Hunderte von Familſen find brod⸗ und obdachlos. Da auch das Telegraphen⸗ amt abgebrannt iſt, wird ein Feldtelegraph errichte, Der Schaden iſt enorm. — Ein ganzes Schiff in die Luft geſprengt) Aus Odeſſa ſchreibt man dem „N. W. T. fer folgende ſchreckliche Kataſtrophe, welche ſich vor we⸗ nigen Tagen auf dem Schwarzen Meere ereignel hat: Am 31. März lief das der Firma Tag ef und Brüder Sarkiſſoff in Baku gehörige Schi „Neſtalan“ mit einer Ladung von 18,740 Pud (ein Pud iſt gleich 40 Pfund) Petroleum und 1430 Pud Benzin aas der Baku'ſchen Nhede ins Meer hinaus. Kaum war das Schiff einige Rlafter vom Hafen weit weggefahren, als plötzlich eine ſchreckliche Detonation erfolgte und das Schiff Nef⸗ talan“ mit ſeiner ganzen Ladung und mit feiner geſamten Bemannung von 13 Perſonen in die Luft flog. Im Nu befand ſich das Meer auf einer großen Fläche in Flammen. Das Schiff mi Jam Bemannung war durch die Exploſion in Stüc zerriſſen worden. Augenzeugen ſchildern dieſen An⸗ blick dieſer Kataſtrophe als einen ſchrechen⸗ und grauenerregenden. Das Schiffsdeck, die Moftdzume und die 13 Perſonen wurden 30—40 Kloſter hoch in die Luft geſchleudert und fielen zun in Stücken und Fetzen in das brennende Meer zuräch, in welchem ſie total verbrannten. Die Urfache der Exploſion blieb unbekannt. Das verunglückte Schiff war ganz gut und wurde erſt neulich kemonziert, keit! Siehe da die Herren Lindner und Bertini!“ „Entſchuldigen Sie die Störung, Frau General⸗ Direktorin,“ ſagte der Baſſiſt. „Hätten wir eine Ahnung davon gehabt, daß Sie hier Siſta halten, würden wir nicht gewagt haben, Ihre poetiſche N durch unſere proſaiſche Erſcheinung zu ren.“ „Glauben Sie, die Schattengeſtalten der Bücher wären mir ſo ſehr an das Herz gewachſen, daß ich ſie ſo liebenswürdiger lebendiger Geſellſchaft vorziehe?“ antwortete die General⸗Direktorin. „Bitte, nehmen Sie Platz, meine Herren.“ Bertini warf einen Seſtenblick auf den Schau⸗ ſpieler. Dieſer ſetzte ſich ſtumm auf ein Tabouret und ſtarrte den Boden an. „Ich beſuche häufig dieſes Stückchen Feenwelt,“ fuhr ſie fort, „und es kommt immer wie ein großer 15 über mich, wenn ich eine Stunde hier geruht abe.“ „Und bedürfen Sie zuweilen des Troſtes?“ fragte Bertini. Die General⸗Direktorin ſeufzte tief auf. „Mehr, als Sie zu glauben. ſcheinen,“ entgegnete ſie, „o, ja, ich bin eine ſehr troſtheiſchende Natur. Früher fand ich ihn auf der Bühne, jetzt iſt das longe vor⸗ Über. Wahrlich, ich neige mich zur Melancholi, faſt wie hier unſer Freund, Herr Lindner.“ Als dieſer ſo plötzlich ſeinen Namen nennen hörte, fuhr er aus ſeinem tiefen Sinnen auf. „Ver⸗ zeihung,“ ſagte er, „aber der Spaziergang hierher durch den herbſtlichen Park, die Fahrt über das Waſſer — die Stille des Ortes hier — All' dies hat mich wehmütig geſtimmt. Ich dachte an ein altes Märchen und an meine längſt begrabene Mutter die es mir einſt erzählte.“ 125 12 5 e „Ja,“ ſprach Bertini, „er läßt ſich gern von der Erinnerung umgarnen, obwohl die Gegenwart doch ſo ſchön iſt.“ „Wer weiß, antwortete mit bedeutungsvoller Betonung die General⸗Direktorin, „vielleicht iſt Herrn Lindners Vergangenheit ſchöner, als die reizloſe Gegenwart.“ „Nein, nein!“ rief der Schauſpieler, unwill⸗ kürlich hingeriſſen von dem Gedanken, daß er mit der Frau, die er ſo heiß liebte, zum erſtenmale un⸗ geſtört reden, ihr alle ſeine Gedanken und Empfin⸗ dungen des Herzens offenbaren konnte. „Nein die Vergangenheit, ſo ſchön ſie auch geweſen ſein mag, erblaßt zum Schemen vor der Gegenwart. In dieſer nur iſt Fleiſch und Blut, in dieſer nur iſt eine Seele. Die Vergangenheit iſt ein weſenloſer Traum.“ „Auch Träumen iſt bisweilen ſchön,“ ſprach wie in ſich ſelbſt verſunken die Dame. Aber nutzlos!“ antwortete Lindner. „Wer ein Leben hinter ſich hat, wie Unſereiner, dem iſt die Erinnerung eine böſe Fee, die uns zur Ver⸗ zweiflung bringt — oft mit zwei Augen, in die wir früher geſchaut und ſie wieder aufleuchten läßt in längſtbegrabener Herrlichkeit — oft durch ein Wort, das wir einſt in ſüßem Taumel zur unrechten Stunde geredet und das ſie uns mahnend wieder⸗ klingen läßt — oh, ich haſſe die Erinnerung.“ „Hat Ihnen die Vergangenheit ſo viel Böͤſes gethan?“ fragte die General⸗Direktorin. „Bitte, er⸗ zählen Sie mir ihre Leiden, vielleicht kann ich Sie tröſten.“ „Ich ſoll Ihnen meine Vergangenheit erzählen.“ ſprach Lindner. „Sie 5 n 5 12 5 9 00 Welches Intereſſe könnt Sie für den armen Komb. dianten hegen, der Nichts ſein eigen nennk, als eine Welt des Grames.“ „Mich intereſſiert Alles, was Sie beteifft flüſterte faſt tonlos Emilie und ſah dabei den Schau⸗ ſpieler mit einem Blick an, ſo tief, ſo eigenlich, daß es ihn wie ſüßer Schauer überkam. Es trat eine lange Pauſe ein. Berkint hate ſich fortgeſchlichen — Theodor war allein it dem beſtrickenden Weibe. „Bitte,“ flüſterte ſie noch einmal, „erzöblen Sie!“ Und wie von ungefähr ſtreifte die weiche Hand die feine. Theodor Lindner hob ſeine Augen und schaute lange träumeriſch in das Antlitz der General-⸗Direktorin, welche langſam ihre Blicke zu Boden ſenlle. Dann begann er: „Ich könnte die Worte Schillers; „Zweſ edle Häuſer in Mirandola, der Eiferſucht, der langen Feindſchaft müde,“ als Molto für die Epiſdobe meiner Pilgerfahrt wählen, die ich Ihnen feht mik⸗ teilen will. Ich bin ein boͤhmiſcher Edelmann, mein Mirandola lag in den Wäldern meiner Heimo: Mein Vater lebte mit dem Beſſtzer eines nahegele⸗ genen Rittergutes ſeit ſeiner Jugend in bitterſter Feindſchaft. Der Streit der Welfen und Waib⸗ linger — der Montecchi und Kapuleti, wiederholte ſich in unſeren Familien täglich im Kleinen. Als ich in das Jünglingsalter eintrat, hatte mich mein Vater ſchwören laſſen, der Konefsly, ſo hießen ſere Nachbarn ganzes Haus zu haſſen, wie er. M. mir hatte Wando, ein Vetter, daſſelbe Gelllbde gelegt. Vel⸗ 9 Die Stadt Steh a r — 8 Zur beh rühulige ien. 7