auge gen 0 77). Reklamen mit 20 Pf. berechnet. Erſcheint jeden Mittwoch und Samskag und koſtet vierteljährlich 1 & 20 3 mit illuſtiertem Anterhaltungsblakt 1 % 70 J excl. Poſtproviſion. Inſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bit Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die einſpaltige Garmondzeile oder deren Raum mit 10 Pf., Lokal⸗ Anzeigen mit 6 Pf., ( Bei größeren Aufträgen Rabattbewilligung. Rudolf Moſſe, * Ladenburg, 21. Feb. Der Bundesrat hat die Branntweinmonopolfrage mit einigen Aenderungen, den zu zahlenden Preis für Rohbranntwein und verſchiedene Verkaufsbedingungen betreffend, ange⸗ nommen. Für die ſüddeutſchen Staaten ſoll natür⸗ lich das Geſetz erſt nach deren erfolgter Zuſtimmung in Kraft treten. In dem Reichstag haben der ſozialdemokratiſche Abgeordnete Auer und Genoſſen einen Geſetzentwurf, betreffend Abänderung des Wablgeſetzes und Wahl⸗ reglements für den de utſchen Reichstag eingebracht. Nach demſelben ſoll die Wahlfähigkrit mit dem 21. ſtatt 25. L bensjahr beginnen und die Zahl der Abgeordneten nach Maßgabe der Volkszählung von 1885 feſtgeſetzt werden; ferner ſollen Wahlumſchläge eingeführt werden und die Wahlen ſtets an einem Sonntag ſtattfinden. Dem preußiſchen Herrenhaut iſt in der Woche ein G.ſetzentwurf auf lirchenpolitiſchem Gebiet zugegangen. Durch denſelben ſollen bei den geſetzlichen Vorſchriften über die Vorbildung des Kle⸗ rus und über die kirchliche Jurisdiktion die Anſtände beſeitigt werden, welche dem durch die Geſetz⸗Novelle vom 11. Juli 1883 neu geordneten Verfahren bei Beſetzung kirchlicher Pfründen noch im Wege ſtanden und bei den geiſtlichen Oberen die gewünſchte Frei⸗ heit der Bewegung in der H ranbildung des Klerus und in der Handhabung der Disziplin über denſelben inſoweit gewährt werden, als dies mit den Inter⸗ eſſen des Staates verträglich iſt. Den Londoner Straßenunruhen ſind ſolche in Birmingham, Parmouth und Leiceſter ge⸗ folgt, in letzterem zerſtörten die Arbeiter der Strumpf⸗ webe reien die Maſchinen der Etabliſſements. Für Nr. 16. 150 Vokitiſches. Mittwoch, Lord⸗Major eine Sammlung, welche in den erſten Tagen bereits 400 000 M. ergab. Die ſozialiſtiſchen Führer, welch ſeinerzeit auf dem Trafalgarſquare die aufrühreriſchen Reden hielten und die Exz ſſe beranlaßten, ſind doch endlich vor das Polizeigericht geſtellt worden. Der Antrag des Staatsanwaltes lautete auf Verweiſung vor die Aſfiſen. Die Ent⸗ ſcheldung des Richters wird in acht Tagen erfolgen. Karlsruhe, 19. Feb. Die Regierung legte einen Geſetz entwurf über die Zwangserziehung ju⸗ gendlicher Perſonen bis zu 10 Jahren vor. Berlin, 19. Feb. Gegen das Branntwein⸗ monopol ſtimmten geſtern im Bundesrat nur Ham⸗ burg und Bremen, während ſich die ſüddeutſchen Reſerpatſtaaten dafür erklärten (ohne abzuſtimmen), unter Vorbehalt des Reſervatrechts, und Mecklenburg wegen mangelnder Inſtruktion des Bevollmächtigten die Abſtimmung ſich vorbehielt. London, 22. Feb. Das geſtrige ſozialiſtiſche Meeting im Hydepark war von etwa 20 000 Per⸗ ſonen beſucht. Die Führer auf Wagen mit roten Fahnen, hielten Anſprachen, in denen es hieß. es werde zum Blutvergießen kommen, wenn die Regierung die ſoziale Lage der Arbeiterklaſſe nicht verbeſſere. Die Reſolutionen wurden angenommen, welche die Nichtbeſchäftigung der Arbeitsloſen tadeln und eine achtſtündige Arbeitszeit fordern. Als Burns die Menge nochmals anredete, ſchritt berittene Polizei ein und beſchlagnahmte Burn's Wagen, worauf ſich die Menge zerſtreute. Verſchiedenes. * Ladenburg. 20. Febr. Bei der heute dahier ſtattgehabten Erneuerungswahl von vier Ge⸗ meinderatsmitgliedern find von den ſeitherigen Mit⸗ den 24. Februar die Londoner verdienſtloſen Arbeiter eröffnete der Nachſtehende Annoncen ⸗Erpeditionen: Alois Herndl in Wien, Adolf Steiner in Hamburg und ſämtliche Annoncen⸗Bureaux von Haaſenſtein und Vogler, G. L. Daube und J. Barck und Comp. nehmen Inſerate für uns an. Inſergte ſind von nachweisbarer Wirkſamkeit. Redaktion, Druck und Verlag von Karl Molitor in Ladenburg 1886. gliedern die Herren Adam Stumpf, Jakob Lo ſch I. und Peter Remelius wieder erwählt worden. Neu gewählt wurde Herr Privatmann Johann Pilger. Die Wahlbeteiligung war eme ſehr ſtarke. Von 396 Wahlberechtigten haben 295 ihr Wahlrecht ausgeübt. Die Stimmenzerſplitterung war ziemlich groß; die Stimmen haben ſich auf 18 Kandidaten verteilt. Von den Gewählten haben an Stimmen erhalten: Herr Stumpf 285, Herr Löſch 275, Herr Remelius 190, und Herr Pilger 159. Die nächſt größten Stimmenzahlen erhielten: Die Herren Joh. Melch. Wolf 120, Herr Adolf Merkel 75, Herr J. von Kenne I. 28. und Herr Adelbert Schmitt II. 26. Die übrigen Kanditaten haben Stimmen erhalten von 1 bis 6. * Ladenburg, 21. Feb. Die letzten Wochen boten uns ſo vielerlei in Akrobatik und Athletik, daß wir es dem Turnverein als kühnes Unternehmen anrechneten, nach den gewerbsmäßigen Vorſtellungen ebenfalls aufzutreten. Das Sommerturnen auf dem geräumigen Platze iſt längſt geſchloſſen und das Winterturnen findet in einem ſo ungenügenden Raum ſtatt, daß unſer erſter Gedanke war, der Verein kann die Mittelmäßigkeit kaum erreichen. Das Inter⸗ eſſe für die Vorſtellung war ein ſo reges, daß der Saal bis auf das letzte Plätzchen gefüllt war. Der Anfang wurde mit Reckturnen gemacht und führte der Turnwart eine Anzahl gleichmäßig gekleideter Turner vor. Die Schulübungen gingen nicht beſonders glatt, woran jedenfalls die erſte Befangenheit ſchuld geweſen ſein mag. Was jedoch hier verfehlt war, wurde durch das folgende Kunſtturnen doppelt ein⸗ geholt. Man vergaß vollſtändig einen kleinen Land⸗ verein vor ſich zu haben und wurden die ſchwierigſten Uebungen ſo ſauber ausgeführt, daß die Zuſchauer nicht aus dem Beifallrufen kamen. Am Barren Die Lieblingskinder. Novelle von M. Gerbrandt. Stockhauſen ſprang eilig herab und bot ihr dienſtb e floſſen ſeinen Beiſtand. Als ſie, ſich verbeu⸗ gend, die Fuß pize in ſeine Hand ſetzte, fiel ihr duftendes Haar über ſeine Stirn. Er hob den Kopf und ſtreifte leiſe mit einem Kuß ihre Wange. „Sind Sie nicht geſch-ut ?“ lachte Leonie, ſich wieder aufrichtend, indem ſie ihm einen leichten Schlag mit dem Stiel der Reitgerte verſetzte. „Wie ſoll ich denn herabkommen ? So ſtehen Sie doch ſtill!“ „Nicht, bis Sie mir geſtatten, meine Kühn⸗ heit zu wiederholen.“ „Damit mein Mann ſich umſieht und es bemerkt!“ — „Gnädige Frau! — Leonie!“ — „Nun denn?“ Sie ſtützte b ide Hände auf ſeine Schultern und neigte ihr Geſicht zu dem ſeinen. Er umfing ſie, küßte ſie mehrmals glühend und hob ſie auf den Boden nieder. Dann erſt blickten ſie auf. Alexander hatte ſich gewandt und ſah ſie Beide mit großen Augen an. Dabei machte er eine Bewegung, als wolle er ſeinen Begleiter anrufen: „Du, ſieh doch, Salwitz — iſt das wirklich meine Frau?“ Aber er kehrte ſich ſchweigend zurück und un⸗ mittelbar darauf horten ſie ihn in gleichgiltigen Ton auf eine bezügliche Bemerkung Salwitz erwidern: „Je nachdem, ich würde an Deiner Stelle ver⸗ kaufen.“ Leonie wurde dunkelrot und preßte die Lippen zuſammen. Solche wegwerfende Verachtung, ſolche Gleichgeltigkeit gegen ihren Verluſt hatte ihre Eitel⸗ keit und Hoffahrt von dem Gatten nicht erwartet. Schweigend legte man den Reſt des Weges zurück. Am Waldrand verabſchiedeten ſich die Gäſte, und Starkow bog mit ſeiner Gattin in den Weg, der zu ihrer Villa führte. Leonie hatte den Kopf abgewandt, um ihre Thränen nicht ſehen zu laſſen. und blickte ſtarr in die untergehende Sonne. „Erlaubſt Du, daß ich mir eine Cigarre an⸗ zünde?“ fragte Alexander nach langem Schweigen. Das brachte ihre Empörung zum Ausbruch. „Dir iſt j'denfalls wenig an meiner Erlaubnis gelegen.“ Die verächtliche Gleichgiltigkeit, die Du von jeher gegen mich gezeigt haſt —“ ſie vollendete nicht, ſondern brach in Schluchzen aus. Er klappte langſam ſeine Etui zu, und ſteckte es, ohne eine Cigarre genommen zu haben, an ſeinen Ort. „Von jeher nicht, wie Du weißt, entgegnete er ernſt. „Du erinnerſt Dich wohl noch meiner Bitten und Vorſtellungen am Anfang unſerer Ehe und ſpäter, als wir in Wien waren. Ich darf wohl ſagen, daß es mir damals ſchmerzte, als all meine Verſuche, Dich für mich und unſer Kind zu gewinnen, mitlangen. — Heftige Scenen liebe ich, wie Du weißt, nicht; auch wird es mir immer unmöglich ſein, den letzten Blütenſtaub weiblicher Schamhaftig⸗ keit abzuſtreifen, indem ich Stirn an Stirn meiner Frau gegenüber Dinge verhandele, die ſich zart nie⸗ mals ausdrücken laſſen. — Ich trage gern jedem Charakter Rechnung und bin, wie Dir bekannt, auch ziemlich tolerant. Aber wenn Du an einem Tage, wo unſer Kind uns neu geſchenkt iſt, wo man nach meinem Gefühl keine Empfindung haben ſollte als die ſanfter Rührung, — wenn Du an einem ſolchen Tage Dich ſo weit vergeſſen kannſt, wie ich esſheute ſehen mußte, ſo habe ich dafür keinen Zorn, keinen Schmerz, mir fehlen ſelbſt die Worte ein Urteil darüber zu ſprechen.“ Sie waren in dieſem Augenblick in den Hof⸗ raum gelenkt. Er wies den Diener der ihm ent⸗ gegen eilte, zur Hilfeleiſtung zu ſeiner Gattin, ſprang aus dem Sattel und ging, ohne noch einen Blick auf Leonie zu werfen in das Haus. Leonie, außer ſich vor Entrüſtung, hatte Mühe ihre Thränen vor dem Diener zu verbergen, aber bald trotzig die leiſe Anwendung von Reue nieder⸗ kämpfend, warf ſie den Kopf zurück und murmelte: „Es giebt, Gott ſei Dank, noch Menſchen, die an⸗ ders denken, mein Lieber!“ e