10 Erſcheint jeden Mittwoch und Expedition eingehen, finden Nr. 55. Volitiſches. Baden ⸗ Baden, 7. Juli. Der Großherzog, die Großherzogin und der Erbgroßherzog ſind heute nacht über Freiburg nach der Mainau zu dauerndem Aufenthalte absgereiſt. Darmſtadt, 8. Juli. Die Reiſe des Groß⸗ herzogs von Heſſen nach England mit den Prin- zeſfinnen Jreni und Alice iſt auf den 19 d. Mts. feſtgeſetzt. Berlin, 7. Juli. Bei der Hochzeit des Grafen Wilhelm v. Bismarck mit Fräulein Sibylla v. Arnim waren zugegen die Cltern des jungen Paares und die nüchſten Verwandten, ferner Gräfin Eickſtädt, Prinz Hohenlohe, Geheimrat Rottenburg, Profeſſor Schweninger. Baron Pleſſen, Baron Ohlen und Landrat v. Balan. Berlin, 5. Juli. Die „N. A. 3.“ ſagt in einem Artikel über den Prozeß Lieske: „Wie iſt 18 moglich, daß gerade in unſerem ſüdweſtlichen Deutſch⸗ land, wo die Fruchtbarkeit des Bodens, ſowie viel⸗ ſach entwickelte Induſtrie jeder Thätigkeit mit Ausſicht auf lohnenden Erwerb Raum gewährt, der Zerſtör⸗ ungstrieb in die Maſſen gedrungen iſt ? Wie kommt 88, daß die demagogiſche Wühlerei ſich gerade dort eingeniſtet hat?“ Darauf antwortet das „F. J.“: Menn die „N. A. 3.“ zu verſtehen gibt, daß vor⸗ zugsweiſe in Süddeutſchland der Zerſtörungstrieb in die Maſſen gedrungen ſei, ſo iſt das eine ungerecht⸗ fertigte Verdächtigung. Wenn in Süddeutſchland einige beſonders Aufſehen erregende anarchiſtiſche Atten⸗ late ſtattgefunden haben, ſo iſt andererſeits feſtgeſtellt, daß dieſelben im Auslande geplant und durch Emiſ⸗ ſöre vorbereitet, bezw. ausgeführt ſind. Die Nähe der Schweiz, die den Anarchiſten eine Freiſtatt ge⸗ währte, macht es erklärlich, daß ſich die Anarchiſten Süddeutſchland zum Operationsfelde auserſehen haben. General-Anzeiger für Ladenburg und Amgegend Nachſtehende Annoncen ⸗Erpeditionen: Alois Herndl in Wien, Adolf Steiner in Hamburg und ſämmtliche Annoncen⸗Bureaux von Haaſenſtein und Vogler, Rudolf Moſſe, G. Hamſtag und koſtet vierteljährli mit illuſtirtem Anterhaltungsblakt 1 10 3 Wee 1 Zuſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der 5 ſofortige Aufnahme und werden die einſpaltige Garmondzeile oder deren Raum mit 10 Pf., Lokal⸗Anzeigen mit 6 P., Reclamen mit 90 Pf, berechnet. Bei größeren Aufträgen Rabattbewilligung. ochenb L. Daube und J. Barck und Comp. nehmen Inſerate für uns an. Inſerate ſind von nachweisbarer Wirkſamkeit. Redaktion, Druck und Verlag von Karl Molitor in Ladenburg Samstag, den 11. Zuli 1885. Daraus aber erfolgt lange nicht, daß in den Volks⸗ maſſen der Zerſtöruugstrieb ſtärker entwickelt iſt, als onderswo in Deutſchland. Was ſpeziell Lieske an⸗ langt, ſo iſt derſelbe bekanntlich aus der Mark Bran⸗ denburg, und der Prozeß hat ergeben, daß er weder in Frankfurt noch anderswo in Süddeutſchlond Unter⸗ ſtützung gefunden hat. f Berlin, 6. Juli. In der verfloſſenen Nacht gegen 12 Uhr entſpann ſich in der Haſenhaide zwiſchen dem Führer einer Patrouille des Kaiſer Franz⸗Garde⸗ Grenadierregiments und einer Cibilperſon ein Streit, in deſſen Verlauf letztere zur Kaſernenwache des ge⸗ dachten Regiments gebracht wurde. Dabei entſtand ein Auflauf von mehreren hundert Perſonen, das Straßenplaſter wurde aufgeriſſen und mit Steinen nach der Kaſerne geworfen. Zwei Offiziere ſollen verletzt worden ſein. Unter dem Befehl des wacht⸗ habenden Offiziers rückte nunmehr eine halbe Com⸗ pagnie aus der Kaſerne ab, um die angeſammelte Menſchenmaſſe zu zerſtreuen. Das Publikum leiſtete auf die dreimalige Aufforderung, auseinanderzugehen, jedoch keine Folge, ſo daß ſich die Soldaten veran⸗ laßt ſahen, von ihrer Waffe Gebrauch zu machen indem ſie mit Gewehrkolben die Menge auseinander⸗ trieben, wobei verſchiedene Perſonen verletzt wurden. Neun Perſonen ſind dabei wegen Landfriedensbruchs, Auflaufs bezw. Widerſtands gegen die Staatsgewalt verhaftet worden. Paris, 7. Juli. Wie Courcy aus Hue geſtern, um halb 11 Uhr abends, meldet herrſcht Ruhe; die anamitiſchen Truppen ſeien vollſtändig in Auf⸗ löſung begriffen. Der Palaſt des Königs iſt nicht niedergebrannt, in demſelben beſinden ſich große Kunſt⸗ ſchätze. Regent Thuhong befindet ſich in Gewalt der Franzoſen, welche 10 Tote und 62 Verwundete verloren. An das anamiſche Volk ſei eine von Courey und Thuhong unterzeichnete Proklamation erlaſſen worden, welche den hinterliſtigen Angriff der Anamiten brandmarkte. Der Konig und die Königin⸗ Mutter wurden aufgefordert, in den Palaſt zurück⸗ zukehren. Die Zitadelle, welche einen Flächenraum von 480 Hektaren einnimmt und leicht 15,000 Mann Truppen anfnehmen kann, ſei von 3 Zuavenregi⸗ mentern beſetzt. Aus Tonkan ſei die dort befindliche Marineinfanterie herbeibefehligt. Paris, 7. Juli. Aus der heute in der Kam⸗ mer von Kriegsminiſter verleſenen Depeſche des Ge⸗ nerals Courcy — welche bereits telegraphiſch mit⸗ geteilt wurde — geht hervor, daß der Angriff der Anamiten in der Nacht vom 2. auf den 3. Juli erfolate. Am darauffolgenden Morgen warf Courcg⸗ die Offenſive ergreifend, den Feind aus dem don ihm beſetzten Flügel der Eitadelle und ließ die Stadt beſchießen. Die Franzoſen verloren 60 — nach anderen Nachrichten 300 Mann in den Kämpfen. Die Anamiter an 20,000 Mann ſtark, ließen 1200 Mann auf dem Schlachtfeld zurück. Verſtärkungen ſind von Haiphong aus für Courcy unterwegs. Als Anſtifter des verräteriſchen Ueberfalls gilt der Pre⸗ mierminiſter in Hue. Die Erbitterung in allen Kreiſen des franzöſiſchen Volkes über dieſe neue Verräterei iſt groß; „France“ und andere Adend⸗ blätter verlangen die Entſetzung des Königs von Anam und die Einverleibung Anams in die fran⸗ zoͤſiſche Kolonie. Paris, 8. Juli. General Courch meldet aus Hue von geſtern abend 11 Uhr, die Franzoſen ſeien unbeſchränkte Herren der Stadt, die anamitiſchen Truppen ſind in Auflöͤſung. In der Umgebung der franzöſiſchen Reſidenzſchaft und an gewiſſen Punkten der Citadelle kamen vereinzelte Feuersbrünſte vor; der Koͤnigspalaſt blieb unverſehrt; Dank der muſter⸗ 15 Namenlos. Romantiſche Erzählung von g. Homberg. 5 Da geſchas es denn auch eines Tages, daß Naiſer Karl V. in dem Lager, der deutſchen Ritter erſchien, um dieſen für ihre Tapferkeit und Anhäng⸗ lichkeit an ſtaiſer und Reich, die ſie ihm in dieſer ſchweren Zeit der Not und Bedrängnis in hohem Maße bewieſen hatten, ſeinen Dank auszuſprechen. Bei dieſer Gelegenheit ließ der Kaiſer alle die⸗ jenigen Ritter ſich vorſtellen, die ſich in den Kämpfen gegen die Türken durch ihre Tapferkeit beſonders gusgezeichnet hatten und die älteren Ritter verſäumten es nicht, Junker Georg als den Erſten aller Tapferen ihrem ka iſerlichen Herrn vorzuſtellen. Es waren namentlich Graf Eberhard von Herrenried und der Reichsgraf Hans von Felſeck nebſt noch einigen anderen Rittern, die durch Georgs Todesmut aus jenem Hohlweg gerettet worden waren, welche dem Kaiſer von des jungen Helden tapferen Thaten und feinen wahrhaft ritterlichen Tugenden, die ihn, wie ſie ſagten, wirklich würdig machten, ein Ritter zu ſein, erzähten. Leuchtenden Blickes betrachtete Karl V. den vor ihm ſtehenden Junker, und er forderte Georg auf, etwas Näheres über ſeine Abkunft und Vergangenheit mitzuteilen. Und Junker Georg erzählte mit vor Freude ſachtklopfenden Herzen ſeine Lebensgeſchichte zur Verwunderung des Kaiſers und all' Derer, die des Junkers eigenthümliches Schickſal noch nicht konnten. Der junge Held war mit ſeiner Erzählung gerade im beſten Zuge; ſeine Wangen begannen zu glühen und ſeine Haltung drückte den gerechten Stolz eines heldenhaften Jünglings aus, der ſich für Kaiſer und Reich verdient gemacht hat. Da trat ein Ritter heran und bat, einige Worte für den Juker vor⸗ bringen zu dürfen. Der Kaiſer gewährte dieſe Bitte, und Georg ſchwieg, um jenen Ritter reden zu laſſen. Dieſer war ſchon ein alter graubärtiger Mann, von martialiſchen Aeußern, der augenſcheinlich bereits Vieles erlebt und manche Fehde ausgefochten hatte. „Gott ſei Dank, erfreue ich mich noch eines leidlich guten Gedächtniſſes,“ begann der Ritter in ſeinem rauhen Baß. „Das goldene Kettlein mit dem Wahrzeichen des St. Georg welches unſer junge Held hier um ſeinem Halſe trägt, erweckt mir eine Erinnerung, durch welche das undurchdringliich ſchein⸗ ende Dunkel, in das Junker Georgs Herlunft bisher gehüllt geweſen, gewiß aufgehellt werden wird.“ Der Kaiſer und ſein Gefolge, ſämtliche um⸗ ſtehende Ritter und ganz beſonders Georg gerieten ſichtlich in Staunen und Aufregung über das, was ſie da plötzlich aus jenes Ritters Munde hören ſollten. Der Ritter aber fuhr fort: „Es wird mir nun in dieſem Augenblicke zur Gewißheit, das ich den Junker bereits kennen lernte, als er noch ein kaum einige Wochen altes Knäblein war. Ich ſtattete nämlich ſeinen Eltern eines Tages einen Beſuch ab, und bei dieſer Gelegenheit zeigte mir der Freiherr von Baben und ſeine Gemahlin ihren einzigen, wie geſagt, kaum einige Wochen alten Sprößling, dem kurz nach ſeiner Geburk die Eltern dieſes goldene Kettlein um den Hals ſchlangen. Und hier, ich bezeuge es beim Allmächtigen im Himmel, es iſt dasſelbe Kettlein, und alle übrigen Umſtände paſſen zu des Junkers Schickſal und Lebensgang. Denn ſeine braven Eltern ſind in jenen barten Kämpfen in Böhmen und Schleſien, wo eine Anzahl übermütiger Vaſallen dem kaiſerlichen Scepter ſich nicht unterwerfen wollten, umgekommen. Junker Georg aber wurde vom Grafen Eberhard von Her⸗ renried, den wir hier in unſerer Mitte ſehen, glück⸗ licherweiſe aufgefunden und wohl erzogen. So mußte der junge Freiherr von Baben als verſchollen oder tot gelten und das freiherrliche Geſchlecht derer von Baben als ausgeſtorben betrachtet werden. Aber es iſt kein Zweifel mehr: Junker Georg, der junge Held hier, iſt der durch eine gnädige Fügung Gottes am Leben erhaltene einzige Sohn des umgekommenen Freiherrn Erik von Baben und er iſt ein echter Ritter und des Namen derer von Baben würdig!“ Der Ritter ſchwieg und unter den Verſammelten herrſchte eine lautloſe feierliche Stille. Der Koiſer aber rief eine Anzahl der älteſten und tapferſten Ritter zu einer kurzen Unterredung zuſammen. Kurz r ee 33 e a A . W e 2