Erſcheint jeden Mittwoch und Samſtag und koſtet vierteljährlich 1 4 mit illuſtirtem Anterhaltungsblakt 1 % 70 0 1 05 Poftproviſon 0 Juſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr i Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und h die 1 Garmondzeile oder deren Raum mit 10. Pf., Lokal- Anzeigen mit 6 P. Bei größeren Aufträgen Rabattbewilligung. Rellamen mit 20 Pf. berechnet. Nr. 98. Bolitiſches. Berlin, 3. Dez. Der Reichstag nahm den Antrag Windthorſts auf Aufhebung des Expa⸗ triierungsgeſetzes mit 217 gegen 93 Stimmen an. Windthorſt begründete den Antrag. Bismarck er⸗ klärte, die Wiederholung des erſt kürzlich abgelehnten Antrags ſei eine Mißachtung des Bundesraths. Das Geſetz ſei unter den beiden letzten preußiſchen Kul⸗ tusminiſtern nicht mehr angewendet worden. Die Haltung des Zentrums erſchwere die Verſtändigung mit Rom. Preußen könne fragliches Geſetz nicht aufgeben, wenigſtens nicht für die polniſchen Lan⸗ destheile; es werde für das Poſener Erzbisthum nur einen Prälaten acceptiren, der keine Sympathie habe für die Beſtrebungen, Weſtpreußen und Ober⸗ ſchleſten loszureißen. Die Verhandlungen Preußens mit der Kurie ſeit 1878 ſeien trotz preußiſcher Kon⸗ zeſſionen erfolglos und ſchwebten noch. Die Re⸗ gierung könne warten und werde weitere Konzeſ⸗ ſionen nur machen, wenn Gegenkonzeſſionen erfolgen, um den Frieden herzuſtellen. Auf Erwiederungen Windthorſts nahm Bismarck nochmals das Wort und hob hervor, die Freiheit der Kirche ſtehe nir⸗ gends in Frage, Preußen übe nur ſein vertrags⸗ mäßiges Hoheitsrecht aus, wenn es in Poſen einige Biſchofskandidaten ablehne. Er freue ſich, daß Windthorſt gegen das parlamentariſche Regiment ſei. Ein aus Konſervativen, Freiſinnigen und So⸗ cialiſten beſtehendes Miniſterium würde ſelbſt das Kabinet Gladſtone an Kühnheit übertreffen. Windt⸗ horſt habe die Anerkennung des Zentrums vermißt. Beim Wegfall des Kult urkampfs würde das Zen⸗ kum auseinanderfallen, Viele zum Fortſchritt über⸗ gehen, Viele verſchwinden, deßhalb ſcheine der Kul⸗ türkampf für das Zentrum von Werth. Am Kul⸗ übenburger General-Anzeiger für Ladenburg u Samftag, den 6. Dezember turkampf ſei er weniger betheiligt, als Windthorſt annehme. Das Geſetz wolle nicht das Meſſeleſen in Polen verbieten, ſondern ſei gegen die politiſchen Agitationen der Geiſtlichen gerade in Polen gerichtet. Das Geſetz belaſte daher auch nicht das Gew ſſen. Madrid, 3. Dez. Eine heute veröffentlichte Verordnung hebt die Quarantäne für die Probe⸗ niezen aus Italien und Südfrankreich auf. Nur die direkt von Paris kommenden Reiſenden ſind noch einer dreitägigen Beobachtung unterworfen, jedoch auch dieſe Maßregel wird mit dem 20. Dezember ihr Ende nehmen. Verſchiedenes. — Der Pfalzgauausſchuß der landwirth⸗ ſchaftlichen Bezirksvereine hat im letzten Frühjahre beſchloſſen, in dieſem Jahre kein Ganfeſt mit Aus⸗ ſtellung zu veranſtalten, dagegen wie vor 2 Jahren in Heidelberg eine Gauverſammlung abzuhalten, in welcher wichtige, die Landwirthſchaftznahe berührende Fragen beſprochen werden ſollten. Dieſe Verſamm⸗ lung wurde am 30. November in der geräumigen Halle des ſilbernen Ankers über der Brücke abge⸗ halten und war dieſelbe von Landwirthen aus allen Gegenden des Pfalzgaues recht zahlreich beſucht. Von Seite der landwirthſchaftlichen Centralſtelle war Herr Domänenrath Rottmann aus Karlsruhe er⸗ ſchienen. Der Vorſitzende des ſtändigen Bureau's des Gauausſchuſſes, Herr Scipio, war im Reichs⸗ tag abweſend, ſtatt deſſen leitete der Vorſtand des Bezirks Heidelberg, Herr Domänenverwalter Futterer, die Verhandlung. Der erſte Gegenſtand betraf das Unfallverſicherungsgeſetz mit beſonderer Berückſich⸗ tigung der Ausdehnung deſſelben auf die landwirth⸗ ſchaftlichen und forſtwirthſchaftlichen Arbeiter, worüber Herr Dr. Blum aus Heidelberg in längerem Vor⸗ a0 nd Almgegend. Nachſtehende Annoncen ⸗ Erpeditionen: Alois Herndl in Wien, Adolf Steiner in Hamburg und ſämmtliche Annoncen⸗Bureaux von Haaſenſtein und Voglere Rudolf Moſſe, G. trag referirte. L. Daube und J. Barck und Comp. nehmen Inſerat, für uns an. 0 Inſerate ſind von nachweisbarer Wirkſamkeit. Redaktion, Druck und Verlag von Karl Molitor in Ladenburg. 1884. Der zweite Gegenſtand betraf die Erhebungen über die Lage der badiſchen Land⸗ wirthſchaft, welche die Großh. Regierung im Jahre 1883 veranſtaltet hatte. Hierüber hatte Herr Land⸗ wirthſchaftslehrer Schmezer von Ladenburg das Re⸗ ferat übernommen. Er beſprach die allgemeinen Ergebniſſe dieſer Erhebungen, die hypothekariſche Verſchuldung der Landwirthe, die in der Pfalz 25 Prozent des Vermögens betragen ſoll, über Beſſerung der mißlichen landwirthſchaftlichen Lage durch Ver⸗ beſſerung der Technik und Oekonomie der Land⸗ wirthſchaft, durch Creditvereine und Productivge⸗ noſſenſchaften und durch Erhebung eines mäßigen Schutzzolles. Herr Domänenverwalter Futterer be⸗ tonte, daß nach ſeiner Anſicht weder einſeitig durch Staatshilfe, noch allein durch die Selbſthilfe der Landwirthe geholfen werden könne, daß nur ein gegenſeitiges, wohlwollendes Unterſtützen und Zu⸗ ſammenwirken beider Factoren den jetzt erkannten Mißſtand auf die Dauer heben könne und verſprach thatkräftige Beihilfe von Seite des landwirthſchaft⸗ lichen Vereins. Herr Schrader aus Mannheim wies auf die rationelle Behandlung des Tabakes in Holland hin und empfiehlt dieſe Behandlungsweiſe. Herr Präſident Rottmann empfiehlt die ländlichen Creditvereine, Conſumvereine, den landwirthſchaft⸗ lichen Verein, und ein feſtes Zuſamenwirken des⸗ ſelben mit der Centralſtelle. Nachdem noch der Vorſitzende den beiden Referenten für ihre belehren⸗ den und anregenden Vorträge und dem Herrn Prä⸗ ſidenten der Centralſtelle für ſein Erſcheinen bei der Verſammlung den wohlverdienten Dank ausgeſprochen und die verſammelten Landwirthe durch Erhebung von ihren Sitzen beigeſtimmt hatten, wurde dieſe zweite Gauverſammlung des Pfalzgauverbandes, die über 3 Stunden gedauert hatte, geſchloſſen. — Vine unglückliche Königin. Hiſtoriſche Erzählung von R. Hoffmann. 4. Fortſetzung. [Nachdruck verboten!] Und ſie träumte, daß ſie ſich in herrlichen paradiſiſchen Gefilden befand, wo alles in Herrlich⸗ keit prangte. Und ſie luſtwandelte in dieſem Pa⸗ kadis. Sie ging über ſonnige Auen und blumige Mieſen. Sie ſah herrliche Bäume mit goldenen Früchten, liebliche Weiher und Bäche, grün ſchim⸗ mernde Wälder, anmuthige Gebirge. Und wie ſie durch dieſe glücklichen Geſilde dahinſchritt, da war es ihr, als würde ſie plotzlich getragen und ſie ſchwebte dahin in den Harmonien der Glückſeligkeit lange, lange. Dann auf einmal wurde ſie von einem Windſtoße gepackt, der ſie über das Gebirge, welche die paradieſiſchen Gefilde begrenzte, entführte. Dort war Alles Nacht und Dunkelheit. Anna wollte schreien, aber ſie konnte nicht. In der Fin⸗ ſterniß war auch Niemand, der ihre Stimme gehört hätte. Und dann erhielt ſie einen zweiten Stoß und ſtürzte mit einem gellenden Schrei in einen furchtbaren Abgrund. Doch gleichzeitig erwachte Anna Boleyn aus dieſem erſt ſo beſeligenden und dann ſo furchtbaren Haume und blickte ängſtlich um ſich. Sie hatte lange geſchlafen, denn es war ſchon Tog und die erſten Strahlen der Februarſonne gli⸗ zerten verſtohlen durch die nicht ganz verhüllten Fenſter des Gemaches. Es dauerte einige Minuten, ehe ſich Anna Boleyn ihre geſammte Situation klar machen konnte. Denn der lange, lange Traum mit ſeinem fröhlichen Anfange und ſeinem entſetzlichen Ende laſtet noch ſchwer auf ihr. Und dann erinnerte ſie ſich auch der Erlebniſſe der geſtrigen Nacht, was ihr der König geſchworen und was für einen Schwur ſie ihm ge⸗ leiſtet hatte. Anna ſchauderte. Sollte dieſer Traum die richtige Vorbedeutung für ihre Zukunſt ſein? — Doch bald faßte ſie wieder Muth, denn ſie wußte, daß mit ihrem Willen, ſei es als einfaches Hoffräulein, ſei es Königin niemals ſchlimme Thaten vollbracht und was ſonſt die Vorſehung über ſie ver⸗ hängen würde, das wußte ſie mit Standhaftigkeit als Prüfung dahin zu nehmen, denn Annas Herz und Geiſt beſaßen dazu die nöͤthigen Eigenſchaften. Was konnte alſo der Traum im ſchlimmſten Falle bedeuten? Er konnte ihr vorher ſagen, daß die Herrlichkeiten einer Königskrone auch ihre Schat⸗ tenſeiten beſaßen, daß ſie viel Neider und Feinde am Hofe bekommen würde und daß deren Bosheit ihr Uebles zufügen wollte. Doch ihre Tugendhaftigkeit ſollte ſie gegen alle Angriffe ihrer Feinde wappnen und dann beſaß ſie doch auch die Liebe Heinrichs, des mächtigen Königs von England, der ſeine künftige Gemahlin im Noth⸗ falle doch auch in ſeinen Schutz nehmen mußte. Die Schrecken des Traumbildes überwand Anna Boleyn daher bald. Sie erhob ſich frohen Muthes von ihrer Lagerſtätte, kleidete ſich an und ſchellte dann ihrer Zofe, um ihre Toilette zu vollenden und den Morgenimbiß einzunehmen. Bald erſchien das flinke Mädchen mit freund⸗ lichem Morgengruße, um ſich ihrer Obliegenheiten zu erledigen und verkündete auch gleichzeitig ihrer Herrin, daß bereits ein Bote des Lord Perch einen Brief gebracht habe und auf Antwort warte. Der Bote mit dem Briefe harrte einſtweilen auf dem Corridore und könnte wohl, ſobald die Toillette vollendet, empfangen werden. Die Zofe Eliſa ſagte dies mit ſehr freundlichem Lächeln, da ſie jedenfalls annahm, ſie brächte ihrer Herrin eine ſehr angenehme Botſchaft, denn Lord Percy war ja der anerkannte Bräutigam Anna Bo⸗ leyn's und ein Bote von dieſem konnte nach der Anſicht Eliſas ihrer ſchönen Herrin doch nur Glück⸗ liches, Erſehntes bringen. Aber merkwürdiger Weiſe wurde Anna Boleyn ſehr bleich, als ſie von dem Boten hörte, der einen Brief von ihrem Bräutigam brachte und erſt nach einer Weile ſagte ſie ihrer Kammerzofe Eliſa, daß dieſe ſich von dem Boten den Brief Lord Percy's geben laſſen und ihr bringen ſollte. Leiſe zitternd und ihre innere Erregung kaum