von Int ichen . Erſcheint jeden Mittwoch und Samſtag und koſtet vierteljährlich 1 /“ 20 mit illuſtirtem Anterhaltungsblakt 1 % 70 excl. Poſtprobiſton 1 Inſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die einſpaltige Garmondzeile oder deren Raum mit 10 Pfg., Lokal⸗Anzeigen mit 6 Pfg., Bei größeren Aufträgen Rabatthewilligung. Reclamen mit 20 Pfg berechnet. —— 2 Nr. 94. B ... —— Politiſches. Berlin, 20. Nov. Heute Nachmittag ½2 Uhr eröffnete der Kaiſer den Reichstag mit fol⸗ gender Thronrede: Ich freue mich, daß es mir ver⸗ gönnt iſt, Sie ſelbſt zu begrüßen und heiße Sie Namens der verbündeten Regierungen willkommen. Es gereicht mir zu beſonderer Genugthuung, daß die Wünſche, welche in der Botſchaft vom 17. No⸗ vember 1881 kundgegeben find, ſeitdem auf den Wegen zu ihrer Erfüllung weſentliche Fortſchritte gemacht haben und entnehme ich daraus am Abende meines Lebens die Zuverſicht, daß der ſtufenweiſe Ausbau der begonnenen Reform ſchließlich gelingen und für den inneren Frieden dem Reiche die Bürg⸗ ſchaften herſtellen werde, welche nach menſchlicher Unvollkommenheit erreichbar ſind. Die nächſten Schritte in dieſer Richtung werden in der Ausdehnung der Unfallverſicherung auf die Arbeiter der Landwirth⸗ ſchaft und des Transportweſens und der Erweiter⸗ ung der Sparkoſſeneinrichtungen beſtehen, wofür die Vorlagen Ihnen zugehen werden. Der Entwurf des Reichshausetats wird Ihnen unverweilt vorgelegt werden. Die Fortentwicklung der Einrichtungen des Reichs bedingt naturgemäß das Anwachſen ſeiner Ausgaben. Sie werden mit mir die Mahnung er⸗ kennen, neue Einnahmequellen für das Reich zu erſchließen. Der Verſuch der Rübenzuckerſteuer im Wege der Reform höhere Reinerträge abzugewinnen, wird für jetzt durch die Nothlage der betheiligten Induſtrie und der in Mitleidenſchaft ſtehenden Land⸗ wirthſchaft erſchwert. Die Herſtellung eines einheit⸗ lichen Zoll⸗ und Handelsgebiets im Reiche iſt durch die Verſtändigung mit Bremen vorbereitet; die Be⸗ willigung des Beitrages hierzu wird Ihnen zur Be⸗ ſchlußnahme vorgelegt werden. Im Anſchluß an Samſtag, den 22. November den revidirten Geſetzentwurf wegen der Dampfer⸗ ſubvention werden Ihnen Mittheilungen über die unter den Schutz des Reichs geſtellten überſeeiſchen Anſiedlungen und die darüber gepflogenen auswär⸗ tigen Verhandlungen zugehen. Wenn dieſe Anfänge kolonialer Beſtrebungen, nicht alle Erwartungen, die ſich daran knüpfen, erfüllen können, ſo werden ſie doch dazu beitragen, durch Entwicklung der Han⸗ delsverbindungen und Belebung des Unternehmungs⸗ geiſtes die Ausfuhr unſerer Erzeugniſſe dergeſtalt zu fördern, daß unſere Induſtrie zu lohnender Be⸗ ſchäftigung ihrer Arbeiter befähigt bleibt. Im Ein⸗ verſtändniß mit der franzöſiſchen Regierung habe ich die Vertreter der meiſten ſeefahrenden Nationen hierher eingeladen, um über die Mittel zur Förder⸗ ung des Handels und Sicherung desſelben vor Störungen durch internationale Reibungen zu be⸗ rathen. Die Bereitwilligkeit der betheiligten Re⸗ gierungen, welche der Einladung entſprochen haben, iſt ein Beweis der freundſchaftlichen Geſinnung u. des Vertrauens, wovon alle Staaten des Auslandes Deutſchſand gegenüber erfüllt ſind. Dieſem Wohl⸗ wollen liegt die Anerkennung der Thatſache zu Grunde, daß die kriegeriſchen Erfolge, die Gott uns verliehen uns nicht verleiten werden, das Glück der Völker auf anderem Wege als durch Pflege des Friedens und ſeiner Wohlthaten zu ſuchen. Ich freue Mich, dieſer Anerkennung und insbeſondere darüber, daß die Freundſchaft mit der durch die Tradition der Väter und die Verwandſchaft der regierenden Häuſer in der Nachbarſchaft liegenden Länder und der mir beſonders naheſtehenden Monarchen Oeſterreichs und Rußlands durch die Begegnung in Scierniewice derart hat beſiegelt werden können, daß ich ihre ungeſtörte Dauer für lange Zeit geſichert halten darf. Ich danke dem Allmächtigen Gott für dieſe Nachſtehende Annoncen ⸗Erpeditionen: Alois Herndl in Wien, Adolf Steiner in Hamburg und ſämmtliche Annoncen⸗Bureaux von Haaſenſtein und Vogler, Rudolf Moſſe, G. L. Daube und J. Barck und Comp. nehmen Inſerate für uns an. Inſerate find von nachweisbarer Wirkſamkeit. Redaktion, Druck und Verlag von Karl Molitor in Ladenburg. 1884. Gewißheit und erblicke darin eine beruhigende, ſtark Bürgſchaft des Friedens. Berlin, 19. Nov. Die Kaiſerin überſandte dem vaterländiſchen Frauenberein in Hanau ſechs⸗ hundert Mark zur Unterſtützung der Hinterbliebenen der bei dem Hanauer Eiſenbahnunfall Verunglückten. — In der heutigen Sitzung der Kongo⸗Konferenz präſidirte Staatsſekretär Hatzfeldt. Seitens Deutſch⸗ lands wurde der Konferenz ein Projekt vorgelegt, welches die Zwecke der Konferenz nochmals darlegt und Anträge enthält, welche durch die Konferenz zu Beſchlüſſen zu erheben ſein würden. Dieſes Projekt wurde an eine Kommiſſion verwieſen, beſtehend aus Deutſchland, Frankreich England, den Vereinigten Staaten, Spanien, Belgien und Portugal. Dieſe Kommiſſion, welcher der franzöſiſche Botſchafter Courcel präſidiren wird, ſoll erſtens die Abgrenzungen der verſchiedenen Gebiete am Kongo feſtſtellen, zwei⸗ tens die Anſprüche der verſchiedenen dort konkurri⸗ renden Parteien formuliren. An den Berathungen der Kommiſſion werden die techniſchen Beiräthe theil⸗ nehmen, außerdem wird dieſelbe alle Sachverſtändigen hören, deren Aeußeruugen ſie für wünſchenswerth hält. Die Arbeit der Kommiſſion wird auf 6—8 Tage geſchätzt. Berlin, 19. Nov. In der heutigen Sitzung des Bundesrathes wurde der Reichshaushaltsetat 1885/86 auf M. 621,196,051 Ausgabe, nämlich M. 556,314,286 fortdauernde und M. 64,881,765 einmalige Ausgabe, ſowie auf M, 621,196,051 Einnahmen feſtgeſetzt. Die aufzunehmende Anleihe beträgt M. 44,671,996. Berlin, 18. Nov. Das Ergebniß der Reichs⸗ tagswahlen iſt bezüglich von 397 Mandaten bekannt, von den Gewählten zählt man: 100 Centrum, 11 Welfen, 75 Deutſchkonſervative, 30 Deutſche Reichs⸗ Eine unglückliche Königin. Hiſtoriſche Erzühlung von R. Hoffmann. Nachdruck verboten!] Es war im Februar des Jahres 1831 und im dreiundzwanzigſten Regierungsjahre König Hein⸗ richs 8. von England. Heinrich der 7. war da⸗ mals noch nicht ſo verrufen, wie er es ſpäter durch ſeine wankelmüthigen und tyranniſchen Neigungen wurde; man verehrte in ihm am engliſchen Hofe den ritlerlichen, hochgebildeten, ſtaatsklugen und männ⸗ lich ſchönen König, den erſten Gentleman des Landes, und wenn Heinrich 8. nicht auf Kriegszügen be⸗ griffen war oder ernſten Staatsgeſchäften obliegen mußte, ſo hielt er gern Feſtlichkeiten und Jagdzüge ab und es ging dann gar luſtig an den Höfen von London und Windſot zu. So geſchah es auch, daß im Winter 1531 zahlreiche Ball⸗ und Maskenfeſte, theils in dem königlichen Reſidenzſchloſſe zu Windſor, theils in dem Saint⸗James⸗Palaſte zu London ab⸗ gehalten wurden, wo König Heinrich inmitten ſeines Hofes und der Würdenträger ſeines Landes ſich gern fröhlich zeigte und nicht nur mit ſeiner Ge⸗ mahlin, der Königin Katharina, einer Prinzeſſin von Aragonien, den luſtjgen Reigen eröffnete, ſon⸗ dern auch mit den erſten Damen des Landes und der Ariſtokratie tanzte, Die herrlichſte und anmuthigſte unter den ſchönen Damen am engliſchen Hofe war aber damals weder eine Prinzeſſin, noch Lady von Geblüt, ſon⸗ dern Miß Anna Boleyn, welche als ein wahres Wunderkind, bereits in ihrem ſiebenten Lebensjahre von einer Edeldame adoptirt und an den franzöſiſchen Hof gebracht wurde, wo das liebreizende und ta⸗ lentvolle Mädchen die feinſte Erziehung empfing. Als darauf Anna Boleyn in ihrem achtzehnten Le⸗ beusjahre wieder nach England zurückkehrte, wurde ſie wegen ihrer ausgezeichneten Schönheit und Bil⸗ dung des Geiſtes und Herzens von der Königin Katharina, der Gemahlin Heinrichs 8., zum Hof⸗ fräulein ernannt. Am Hofe gewann Anna Boleyn durch ihre glänzenden Eigenſchaften alle Herzen und mußte ſich dabei durch ihre Beſcheidenheit und Tugendhaftigkeit auch die dauernde Gunſt der Königin und der Hof⸗ damen zu erhalten. Natürlich mußte eine Dame wie Anna Boleyn auch bald die Herzen der Männer entflammen, ſtolze Herzöge und Lords erblickten in einer Vermühlung mit der ſchönen Bäckerstochter keine Mesalliance und bewarben ſich um ihre Hand. Anna zögerte dieſen Bewerbungen gegenüber eine Zeit lang, denn eine innere Stimme mochte ihr vielleicht ſagen, daß es für ſie, das einfache Bürger⸗ kind, nicht ohne Bedenken und Gefahren war, die Werbungen eines ſo vornehmen Lords zu begünſtigen. Aber wie es kaum anders ſein konnte, verlor Anna Boleyn doch an einen jungen Edelmann, den Lord Richard Perey, einen Sohn des Grafen von Northumberland, welcher dem ſchönen Hoffräulein eine ebenſo heiße Liebe entgegenbrachte, ſo daß Anna ſich mit ihm verlobte, nachdem ſie die Einwilligung des Königs und der Königin zu dieſem Schritt er⸗ langt hatte. — Anna Boleyn war aber kaum einige Monate die Braut Lord Perly's, als ſie durch ein uner⸗ wartetes Ereigniß in ein ganz anderes Schickſal gedrängt wurde; denn kein Geringerer als König Heinrich 8. ſelbſt verliebte ſich in Anna und ihre ſtrahlende Schönheit und unvergleichliche Anmuth entflammten in dem Herzen des Königs eine hef⸗ tige Leidenſchaft, welche in Heinrich 8. wohl des⸗ halb ſo mächtig wuchs, weil die Königin um neun Jahre älter war als ihr Gemahl und Heinrich nicht aus gegenſeitiger Neigung, ſondern nur in Folge der egoiſtiſchen Politik ſeines Vaters König Hein⸗ richs 7. mit Katharina von Aragonien vermählt worden war. Denn Katharina war bereits mit Heinrichs älteſtem Bruder, Prinz Arthur vermählt, und als dieſer ſtarb, verheirathete König Heinrich 7. ſeinen zweiten Sohn, den nachmaligen König Heinrich 8., mit Katharina von Aragonien, obwohl ſie neun Jahre älter war als dieſer, und wie man ſagt, wurde dieſe Ehe hauptſächlich nur deßhalb be⸗ werlſtelligt, damit Heinrich 7. die reiche Mitgift der Katharina von Aragonien, 200,000 Goldgulden, eine ſehr große Summe für die damalige Zeit, nicht wieder herauszugeben brauchte