* 8 1. Inſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die einſpaltige Petitzeile oder deren Raum mit 10 Pf., Local⸗Anzeigen mit 6 Pfg., Reclamen mit 20 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen ent⸗ ſprechende Rabattbewilligung. — Für Schriesheim nimmt Herr Gaſtwirth Franz Carqus zum „deutſchen Kaiſer“ jederzeit Inſerate an. — Alle Annoncen⸗ Expeditionen nehmen Inſerate für uns an. Beſtellungen auf dieſe Zeitung können zu jeder Zeit gemachl werden. Nr. 78. Samſtag, den 27. September 1884. Abonnements Linladung. Hiermit erlauben wir uns zu zahlreichem Abonnement auf das mit dem 1. October beginnende IV. Quartal des „Tadenburger Wochenblatts“ freundlichſt einzuladen. In der nächſten Nummer beginnt die Kri⸗ minal⸗Novelle „Der Fluch des Goldes“. Der Abonnementspreis beträgt vierteljährig 1 Mk. 20 Pfg. und können Beſtellungen in der Expedition wie bei den Zeitungsträgern gemacht Inſerate in unſerm Blatte ſind von nachzu⸗ weiſender Wirkſamkeit. Gleichzeitig machen wir auf das „Illuſtrirte Anterßaktungsblatt“ aufmerkſam, welches ſich durch ſeine Reichhaltigkeit großer Beliebtheit erfrent und pro Quartal nur 50 Pfg. koſtet. Ladenburg, im September 1884. 5 Der Verlag. Bolitiſches. Karlsruhe, 24. Sept. Bereits morgen dürften der Kaiſer und die Kaiſerin, ſowie das Kron⸗ prinzenpaar in Baden⸗Baden eintreffen. Auch der Großherzog und die Großherzogin werden aus Mainau und der Erbgroßherzog aus Potsdam, reſp. von den Kuiſermanödvern am Rhein, in Baden eintreffen. Schon ſeit einer Reihe von Jahren wird der Ge⸗ rtstag der Kaiſerin ſtets in Baden gefeiert und zwar mit einem gewöhnlichen Ausflug (Waldkirch, reiſach u. ſ. w.). Derkum, 22. Sept. Die heutige Kaiſer⸗ parade des 8. Armeecorps bei Lommerſum wor vom prächtigſten Wetter begünſtigt. Der Paradeplatz, für größere Truppenaufſtellungen wie geſchaffen, ge⸗ währte von der Zuſchauertribüne ein wundervolles Bild. Am Fuße der Tribüne war eine große Zahl von Kriegervereinen mit über 40 Fahnen aufgeſtellt. Der Kaiſer traf punkt 10 Uhr zu Pferde ein, be⸗ gleitet von einem glänzenden Gefolge darunter die Kronprinzeſſin in der Uniform ihres Huſaren⸗Regi⸗ ments und die Prinzeſſin Viktoria, beide zu Pferde. Der Kaiſer mit klingelndem Spiel und dem Jubel der Menge empfangen, ritt zunächſt die Front der aufgeſtellten Truppen ab, was beinahe eine Stunde in Anſpruch nahm. Dann erfolgte der Vorbeimarſch wobei die Artillerie ein prächtiges Bild bot. Der Kaiſer ſelbſt führte hierbei zwei Regimenter vor: ſein eigenes Koͤnigshuſaren⸗Regiment (Bonn) und das Regiment der Kaiſerin Auguſta. Gegen 12 / Uhr kehrte der Kaiſer nach Schloß Brühl zurück. In der Nähe des Bahnhofs Derkum war die Schul⸗ jugend des Kreiſes aufgeſtellt, welche den Kaiſer ſtürmiſch und herzlich begrüßte. Berlin, 24. Sept. Der Kaiſer erträgt die nicht geringen Anſtrengungen, welche die rheiniſch⸗ weſtfäliſchen Manöver für ihn im Gefolge haben, mit einer für ſein hohes Alter bewunderswerthen Ausdauer, nur mit Widerſtreben fügt ſich der Mo⸗ narch dem Rathe der Aerzte, ſich Schonung aufzu⸗ erlegen. Dem Fürſten Bismark war aber die Reiſe nach Polen ſo anſtrengend, daß er es ſich verſagen mußte, dem Kaiſer an den Rhein zu folgen. Morgen ſchon gedenkt ſich der Kanzler nach Friedrichsruhe zu begeben und eine Zeitlang dort die ſelten ſchönen Tage dieſes Herbſtes zuzubringen. Seine Abreiſe gilt als Zeichen dafür, daß die Angelegenheiten des 75 Staatsrathes, denen er in letzter Zeit ſo große Sorg⸗ falt gewidmet hatte, zu einem gewiſſen Abſchluſſe gelangt ſind; man glaubt, daß ihn die Eröffnung des Staatsrathes wieder hierher zurückführen wird. Dieſe iſt aber kaum vor den letzten Tagen des Ok⸗ tober zu erwarten, da der Kaiſer und das kron⸗ prinzliche Paar — der Kronprinz iſt bekanntlich Vorſitzender des Staatsrathes — nicht vor dem 23. Oktober hierher zurückkehren werden. Am 21. k. M. will der Kaiſer wie das kronprinzliche Paar der goldenen Hochzeit des Fürſten von Hohenzollern beiwohnen. . Bregenz, 22. Sept. Kaiſer Franz Joſef ſchiffte ſich geſtern früh auf dem Dampfer „Habsburg“ ein und ſtattete dem Großherzog und der Groß⸗ herzogin von Baden auf der Inſel Mainau, dem König von Württemberg nebſt Gemahlin in Friedrichs⸗ hafen und der Prinzeſſin Ludwig von Baiern in Lindau längere Beſuche ab. Der Kaiſer wurde von der Bevölkerung überall aufs Herzlichſte begrüßt. Abends 6 Uhr fand hierſelbſt eine Hoftafel ſtatt, an welcher der Miniſterpräſident, eine Anzahl Ge⸗ heimräthe, die zur Feier der Eröffnung der Arlberg⸗ bahn geladenen Gäſte, die Spitzen der Behoͤrden und der aus der Schweiz eingetroffene Herzog von Parma theilnahmen. Abends um halb 9 Uhr trat der Kaiſer die Rückreiſe auf der Arlbergbahn an. An den Ecken der hieſigen Straßen wurde geſtern Abend ein kaiſerliches Schreiben an den Statthalter angeſchlagen, welches der getreuen Bevölkerung Tyrols und Vorarlbergs, in deren Mitte der Kaiſer ſtets gern weile, den wärmſten Dank für die erneuerten Kundgebungen der Liebe und angeſtammten Treue anläßlich des bedeutungsvollen Ereigniſſes ausdrückt und derſelben der kaiserlicher Huld und unabläſſigert landes väterlicher Fürſorge verſichert. Die Nihiliſten. Hiſtoriſche Novelle nach Jules Lavigne von §. With. 5 51. Fortſetzung. Was Parlowna anbelangt, war eine Reihenfolge von Fragen in nachſtehender Ordnung geſtellt worden: 1. „Gehört Parlowna zu der Nihiliſtenpartei?“ 2. „Hat Parlowna eine thätige Rolle unter den ruſſi⸗ ſchen Revolutionären geſpielt?“ 3. „Hat ſie ihre Stimme erhoben für den Umſturz des Reiches und die Vernichtung der kaiſerlichen Familie?“ 4. „Iſt ſie Mithelferin bei dem Morde Wladimirs?“ 5. „Hat ſie mit dem Gemordeten politiſche Beziehungen irgend welcher Art gehabt, die vermuthen laſſen können, daß ſie unbewußter Weiſe zum Morde Wladimirs, ſei es durch Wort oder That, beigetragen haben?“ Die drei erſten Fragen wurden mit einem einſtimmigen „Ja“ beantwortet. Auf die vierte Frage erfolgte ein einſtimmiges „Nein“. Da die fünfte Frage in zweifelhafter Form geſtellt war und den Geſchworenen jede Auslegung geſtattete, ſo erwartete das Publikum mit Ungeduld den Ausſpruch des Gerichtes. Der Präſident hatte eine Kunſtpauſe, wie man bei dem Theater zu ſagen pflegt, gemacht und fing hierauf wieder an weiter zu leſen. Auf die fünfte Frage einſtimmig „Ja“. Somit nahmen die Geſchworenen an, daß Parlowna abſichtslos zu dem Morde konnte beigetragen haben. Es war nach ruſſiſchem Geſetz eine Anklage auf Todſchlag aus Un⸗ vorſichtigkeit, und ſomit verfiel Parlowna in die Strafe der Deportation nach Sibirien und Einſperrung auf eine gewiſſe Zeit. „In Folge deſſen,“ fuhr der Gerichtspräſident fort, „verurtheilen wir nach der Strenge des Geſetzes Parlowna zur Deportation nach Sibirien, jedoch ohne Zwangsarbeit und zu vorübergehender Einſperrung. Das Gericht willigt eine, dieſe beiden Strafen in eine zuſammengefaſſen und in lebenslängliche Einſperrung zu verwandeln, an dem Orte, den es der Regierung gefallen wird zu bezeichnen, wofern der Regierungsbezirk Archangel nicht überſchritten wird.“ Wie man ſieht, lautete das Urtheil über Parlowna ſtrenger als das über Serge. Bei einem unruhigen, leb⸗ haften Geiſte wie der Parlowna's konnte man der Lehrerin keine größere Qual auferlegen als die einer Haft, in der all ihre Energie und Kraft würde gebrochen und zerſtört werden. Parlowna hatte das Bewußtſein davon. Sie würde bei weitem die Bergwerke vorgezogen haben; ihr Herz ſchlug laut und als der Präfident wie bei Serge die Frage richtete: „Haben Sie etwas zu Ihrer Vertheidigung zu ſagen?“ ſagte ſie mit ſtarker Stimme, indem ſie ſich gerade aufrichtete: „Nein, ich würde den Tod vorgezogen haben, das iſt Alles!“ Parlowna verſchwand durch die Thür der Verurtheilten und Staſia blieb allein zurück. Man kann ſich das Intereſſe und das Mitleid denken, welches die kleine Gräfin einflößte; ihre Ehrfurcht gebietende Haltung, die ſo einfachen und wahren Reden, deren Gegen⸗ ſtand ſie geweſen war, ihre trauernde Schönheit, die Zukunft der jungen Frau, die bald Mutter werden ſollte, alles dies rief eine Reaktion zu Gunſten Staſia's hervor und als der Präſident anfing, das Urtheil zu verleſen, fehlte nicht viel, daß nicht ein Gemurmel entſtand. Mehr wie einer nahm eine drohende Miene an. Hier folgen die Gründe für das von den Geſchworenen erlaſſene Urtheil. „Die Fragen, welche in Bezug auf Staſia geſtellt wurden, waren ohngefähr die gleichen wie für Serge und Parlowna, Nur findet ſich ihr Fall gänzlich getrennt von den übrigen, weil keiner der Anklagepunkte in gleicher Weiſe für ſie an⸗ nehmbar iſt und ihr einfach Zuſtimmung des Gedankens zur Laſt gelegt werden kann. 5 „Gräfin Staſia hat ſomit einzig und allein in ihrem Namen und perſönlich dem Gericht Rede zu ſtehen.“ 1. „Iſt Gräfin Staſia Nihiliſtin?“ 2. „Hat ſie den Umſturz der beſtehenden Ordnung und den Ruin der kaiſerlichen Familie gewünſcht?“ 3. „Hat ſie das Ritual von Serge geleſen und die darin enthaltenen Anſichten getheilt?“ 4. „Hat ſie die Verbreitung der nihiliſtiſchen Lehren begünſtigt?“ 5. „Hat ſie durch ihre Heirath mit Wladimir unbe⸗ wußt die Hoffnungen der Feinde der Ordnung genährt?“ Die drei erſten Fragen wurden mit „Nein“ die beiden letzteren mit „Ja“ beantwortet. „In Bezug auf Mord: 1. „Hat die Gräfin durch ihre Umtriebe, Aufrufe, ihr Geld, in irgend einer Weiſe wiſſentlich oder unwiſſentlich zum Morde Wladimirs beigetragen?“ 2. „Hat ſie direkt oder indirekt Verkehr mit Ribowski gehabt?“ 3. „Konnte ſie wiſſen, daß Wladimir bedroht war? Iſt ſie nicht, wie Parlowna, ſchuldig aus Unvorſichtigkeit?“ Die Geſchworenen beantworteten die beiden erſten Fragen mit „Nein“, die letztere mit „Ja“. „In Folge deſſen, nach Kraft der beſtehenden Geſetze iſt Gräfin Staſia beſchuldigt und überwieſen, durch Leichtſinn, Unvorſichtigkeit oder anderweitig die Verbreitung ſtaatsge⸗ fährlicher Lehrſätze begünſtigt zu haben und verurtheilt zur Deportation in eine der Grenzſtädte des Reiches, ohne andere Zeitdauer, als die, welche die kaiſerliche Gnade nach zehn⸗ jährigem Aufenthalt beſtimmen wird. „Die drei Angeklagten ſind ſomit verhandelt und ab⸗ geurtheilt ohne Appellation“. Ein dem Summen der Bienen im Sommer ziemlich ähnliches Gemurmel folgte dieſem Wahrſpruch, welcher zu