5 8 wir nicht, die Anſprache des Herrn Stadtpfa Rieks aus Heidelberg mitzutheilen, „Ich war hierhin gekommen, um zu hören, nicht um zu reden; eine freundliche Aufforderung, einige Worte zu ſprechen, konnte ich jedoch nicht verneinen und ſo trete ich denn vor Sie hin. Weh' uns, wenn wir das Evangelium nicht verkündeten! Es iſt die Aufgabe des Altkatholizismus, Verſöhnung hinein⸗ zutragen in die Gegenſätze, die ſich auf religiöſem Gebiete geltend machen. Die Botſchaft des Reiches Gottes, das kein Schaumgepränge hat, ſollen wir verkünden. Und das zu thun ſind wir bereit. Der Altkatholizismus will Jeden zu Gott hinführen, ihm den Weg zu Jeſu Chriſto ebnen. Auf welche Weiſe kann das geſchehen? „Halte die Gebote Gottes“, das iſt die Antwort, die wir dem geben, der nach der Seligkeit verlangt. So wie Gott ſeine Geſetze gegeben, ſollen ſie beobachtet werden; nicht vermeſſen ſoll der Menſch ſein und ſich unterfangen, an den Lehren Gottes zu ändern, weil ſie nicht geändert werden können. Die uns durch Chriſtus gewordene Offenbarung iſt eine ſo vollkommene, das nur der Aberwitz daran rühren kann, denn ſie iſt keine Menſchenſatzung. Die Menſchen nun zu der Erkennt⸗ niß zu führen, das iſt inbegriffen in der Aufgabe der altkatholiſchen Reformbewegung. Wenn wir das befolgen, dann können wir ſicher ſein, das auch Fleiß und Wohlſtand in die Familie einkehrt, daß dann den Nationen auch wieder der Friede wird, denn Gottes Segen ruht dann auf ihnen. Den Frieden wieder ſchaffen, das will die altkatholiſche Bewegung, das iſt niedergelegt und ausgedrückt in Wort und Schrift. Und wenn ſich dann Hinderniſſe in den Weg ſtellen, ſo müſſen wir uns mit dem Erlöſer tröſten, deſſen Weg ja auch voller Dornen war. Auch ihm wurde ja der ſchwere Vorwurf gemacht, ein Zerſtörer väterlicher Religion zu ſein. Doch ſollen wir uns auch noch ein weiteres Beiſpiel an ihm nehmen. Wie er ſollen auch wir mit den Waffen des Geiſtes ausgerüſtet hinausziehen in den Kampf und einſchneiden in das faule Fleiſch des Unglaubens und des Kleinglaubens. Dieſes Streben darf uns nicht verlaſſen, denn wir kämpfen für die Wahrheit. Viele Männer haben geſtanden, daß ſie durch die altkatholiſche Reformbewegung wieder zurückgeführt worden find in die katholiſche Kirche. Noch geſtern hat uns ein Geiſtlicher der anglikaniſchen Kirche verſichert, daß 65 Biſchoͤfe mit uns beten für die Ueberzeugungstreue. Viele Kreiſe fühlen ſich ange⸗ regt. Alle bitten uns, fortzufahren in dem be⸗ gonnen Werke, alle wahren Vaterlandsfreunde begrüßen uns. Wo ſoll es denn auch im Vaterlande hinaus mit dem Zwiespalt, der am Marke der Nation zehrt. Als Volk werden wir dann erſt ganz erſtarkt ſein, wenn wir einig ſind in religibſer Be. ziehung. Erſt dann wird die deutſche Nation wieder ganz groß und mächtig daſtehen, wenn alle gemeinſam in den Schoß des Heilandes zurückkehren. Daß dieſe Hoffnung ſich erfülle, das walte Gott!“ — Berechtigter jubelnder Zuruf belohnte den vorzlig⸗ lichen Redner. 5 Wiesloch, 1. Sept. Das Feſt der feier⸗ lichen Uebergabe der von den hieſigen Frauen und Jungfrauen, aus Anlaß des 25jährigen Beſtehens des Vereins „Liederkranz Wiesloch“, geſtifteten neuen Fahne nahm einen glänzenden Verlauf und gereicht den Veranſtaltern des Feſtes zu hoher Ehre und den Feſttheilnehmern zu großer Befriedigung. Das Feſt ſelbſt wurde durch Boöllerſchüſſe, muſikaliſchen Zapfenſtreich, Tagwache ꝛc. eingeleitet. Nach Beendigung des vormitt. Gottesdienſtes war feierlicher Empfang der auswartigen Vereine, die jeweils mit Mufik und Feſtreitern in unſer mit Triumphbogen, Ehrenpforten, Kränzen und Fahnen prächtig geſchmückten Städtchen einzogen. Die Haupt⸗ feier fand um 11 Uhr auf dem Marktplatze vor dem Rathhauſe ſtatt. Herr Bürgermeiſter Sieber hieß die Feſtgenoſſen Namens der Stadt und des Vereines insbeſonders herzlich willkommen und ſprach ſeine große Freude aus über das Erſcheinen ſo vieler herrlicher, mit allſeitigem Beifall aufgenommener Feſtrede über die Erhabenheit und Veredelung des Männer ⸗Geſanges, deſſen ideale, nationale und volks⸗ thümliche Bedeutung; und widmete der Stiftung, der Entwicklung und dem 25jährigen Fortbeſtand des Vereins „Liederkranz“ anerkennende, aufmunternde Worte. Uebe raus würdevoll war die Uebergabe der Fahne durch die Fahnenjungfrau, Fräulein E. Keller; die Fahne iſt auf weißem Atlas mit Gold kunſtreich geſtickt, trägt die Lyra mit der „Widmung“ einer⸗ ſeits und anderſeits das Stadtwappen mit dem „Motto“: i „Dem Wahren, Guten, Schönen 81 Soll unſer Sang ertönen!“ Unter Hinweiſung auf die auf der Fahne prangen⸗ den Farben und deren ſinnbildliche Bedeutung über⸗ reicht die Fahnenjungfrau, umgeben von 25 Feſt⸗ jungfrauen, Töchtern von Vereinsmitgliedern, die Fahne; ſie ſprach in der That ſehr gut, weithin werthen Gäſte; Herr Profeſſor Engler ſprach in vernehmlich, mit lieblicher Anmuth und einnehmender Beſcheidenheit. Unter dem Ausdruck herzlichen Dankes übernahm der Fahnenjunker, Herr Ed. Größner, die enthüllte, praktvolle Fahne und gab das feierlich⸗ernſte Gelöbniß Namens des Vereins, dleſelbe ſtets hoch in Ehren zu halten als ein Sinnbild der Eintracht, ſie nie zu entweihen durch Mißtöne und Zerwütf⸗ niſſe und mit unwandelbare Treue feſthalten an dem auf derſelben in goldenen Buchſtaben leuchtenden Wahlſpruche. Als nun derſelbe zum erſten Male das kostbare Kleinod — die Fahne des Friedens, der Eintracht — in die Hand nahm und in frohem Jubel ſchwang, da ertönte ein „Hoch“ aus tauſend Kehlen unter den Klängen der Muſik und dem Donner der Kanonen, worauf der Karlsruher Verein ſeine beſten Glu wünſche in herrlichen Accorden darbrachte, und der feſtgebende Verein „Liederkranz Wiesloch“ durch Abſingung des Liedes „Fahnenſchwur v. Th. Mohr ſeinen Gefühlen einen erhebenden Ausdruck verlieh, Der Feſtzug am Nachmittag, an weſchem ſich mehr als 40 Vereine, theilweiſe mit ihren Fahnen, zuſammen etwa 1000 Sänger betheiligten, war impoſant; voraus 3 ſchmucke Reiter, dann die Feſt⸗ jungfrauen mit „rieſigen Bouquetts“, geſchmückt mit hellblauen Chärpen und Kränzen von gleicher Farbe, zwiſchen den Vereinen drei Muſikkapellen je in en⸗ ſprechender Entfernung: — ſo ſetzte ſich der groß⸗ artige Zug vom „Gaſthaus zu Erbprinzen“ am ſüdlichen Stadteingang aus in Bewegung durch die Stadt bis zum Feſſplatz am öſtlichen Stadtiheile, Daß den Sangesfreunden aus den Fenſtern Blumen zugeworfen worden aus „zarter Hand“ und daß die⸗ ſelben immer und immer wieder durch Hochrufe be⸗ grüßt wurden, darf nicht unerwähnt bleiben, In der zu einer Sängerhalle umgewandelten, mit Känzen und ſinnreichen Inſchriften ſchön ge⸗ zierten ſtädtiſchen Turnhalle fand die Geſangsouf⸗ führung ſtatt; zuerſt erklang der „Sängergruß mit Orcheſterbegleitung“, vorgetragen vom „Liederkranz Wiesloch“, hierauf begrüßte der Vorſtand des feſt⸗ gebenden Vereins die Feſtverſammlung in ſchöner Anſprache. Den Geſangesvorträgen, ſowohl der Geſammt⸗, als auch der Einzelchoͤre wurde keſcher, woblverdienter Beifall geſpendet. Reiche Lorbeeren ernteten die Vereine „Liederkranz Bruchſal“ und „Geſangverein Ladenburg“ und wurden dieſelden durch ſtürmiſchen Applaus zum Dacapo beronlaßl. Allſeitige Aufmerkſamkeit erregten die beiden Ehrenpforten; die eine, am unteren Eingang der in ſolchen Fällen nothwendig, hätte vor ſich gehen können. In der Wohnung Parlowna's fand man bei der Hausſuchung weiter nichts als ein Exemplar des Rituals, von der Hand Serge's geſchrieben. Es bewies in Bezug auf den Prozeß nichts, als daß Parlowna Nihlliſtin war. Umſonſt hatten zu verſchiedenen Malen die Unterſuchungsrichter verſucht, Aufklärungen durch ſie zu erhalten. Sie hatte ſich ſogar geweigert, die Beſuche eines Advokaten anzunehmen. ü „Sie haben Unrecht,“ ſagte der Unterſuchungs⸗ beamte zu ihr, „ein Advokat würde Ihnen gute Rathſchläge geben.“ „Welche, da ich ſchon im Voraus verurtheilt bin?“ 5 „Nicht allein ſind Sie noch nicht im Voraus verurtheilt, ſondern noch meiner Anſicht werden Sie freigeſprochen!“ 13 „Freigeſprochen, wie ſo? Von wem?“ „Durch die Jury.“ „Wird man uns eine Jury zugeſtehen?“ „Sicherlich, Ihr Prozeß in ganz politiſcher atur.“ „Nun wohl, dann brauche ich keinen Advokaten.“ „Aber wer wird für Sie plaidiren?“ „Das wäre eine Unvorſichtigkeit.t“ „Warum, wenn ich fragen darf??? „Weil Sie heftig, leidenſchaftlich ſind, ſich nicht mäßigen und ganz gewiß Unkluges thun würden.“ „Das iſt meine Sache.“ „Meine Pflicht iſt, Sie darauf aufmerkſam zu machen.“ „Ich danke Ihnen.“ Mehr war nicht aus ihr herauszubringen; nach dieſer Richtung machte die Unterſuchung keine Fort⸗ ſchritte. „Haben Sie die Gräfin Staſia gekannt?“ „Ich war ihre Lehrerin der deutſchen Sprache geweſen und wurde ihre Freundin, ſie unterſtützte mich mit ihrem Gelde und ich ſie mit meiner Liebe und meinen Rathſchlägen.“ „Sie ſahen ſie oft?“ 1 0 0 , »Sie kannten Wladimir genau!? „Ganz genau.“ „Er war Nihiliſt?“ Was verſtehen Sie darunter?“ In dieſer Weiſe tauſchte Parlowna die Rolle öfter mit ihren Ankläger, indem ſie Fragen ſtellte und der Beamte, der ſie zu verhören hatte, befand ſich zuweilen ihrem Schweigen und ihrem Eigenſinn gegenüber in großer Verlegenheit. Eines Tages meinte er das Mittel gefunden zu haben, ſie in Widerſpruch mit ſich ſelbſt zu bringen und Geſtändniſſe zu erzwingen, indem er ihr das Ritual Serge's mit den Worten vor die Augen hielt: „Erkennen Sie dieſes?“ „Gewiß, es iſt ein Buch, das Ritual einer Sekte.“ „Von der Sekte der Nihiliſten ...“ Welcher nihiliſtiſchen Sekte? Was wollen Sie damit ſagen? Sie haben dieſes Buch bei mir ge⸗ funden, das iſt wahr. Haben Sie nicht aber auch die Geſchſchte Rußlands, die Bibel, eine Nachahmung Chriſti und die Chronik von Neſtor gefunden?“ „Und Ribowsli?“ „Nun?“ N 1 %. „War dies ein Verbrechen?“ „Sie haben ihn gekannt? Er beſuchte Sie ?“ „Kurz. Sie waren mit einer großen Zahl von Sektirern in Verbindung, von Rovolutionären. Die meiſten von ihnen befinden ſich in den Gefängniſſen; i das iſt ſehr ſchlimm für Sie.“ — „Und für Sie auch,“ ſchloß Parxlowna. 3 1 Das waren die Reſultate der Unterſuchung bei Parlowna und bei dem mit ihr verhafteten Serge konnten ſie nicht viel anders ſein. Serge achtete das menſchliche Leben ſehr gering, eine Anſicht, die hervorgerufen war durch Alles, was ſich unter ſeinen Augen zugetragen hatte. Et glaußke, er fühlte ſich nicht ſchuldig. Wenn menſchliche Jufftz ihm aufgegeben hätte zu beſtimmen, was er verdiene, ſo würde er wahrſcheinlich geantwortet haben; „Jh verdiene das Paradies.“ Aber er mußte, daß menſch⸗ liche Gerechtigkeit oft ungerecht iſt. Auf alle Fragen hatte er wie ein Skeptiker ſtandhaft geantworket, der ſich ſelbſt verrathen kann, aber niemals Andexe⸗ Arme Staſta! Soll denn auf ihr alle Schild laſten bleiben? Leider ſagen ſo viele Wahrſcheinlich⸗ keiten gegen ſie aus! — Serge ahnte dies Alles; in ſeiner Zelle, den Kopf auf die Hand geſtützt, ſagte er ſich, daß er zehnmal ſein Leben dafür geben würde, damit Stafia von gar nichts berührt werde. ee h Der Anklageofʒt. Am Vorabend des Prozeſſes, an welchem der⸗ ſelbe ſeinen Anfang nehmen ſollte, war die Aufregung in Petersburg groß, fieberhafte Neugſerde hatte dach aller Gemüther gemächtigt. Gortſetung folgt? )) lien Ne „Feine 1 durch die % tine, 10 Ine, Shih dach un n 0 uchi: 11 unden J abelsche 2 allt, welt begtüßten 1255 bon k unn die lieben wis ſehr k 0 in dem iel Bewirt in. 1 Geſtern Abe Vormittag lt des Liderkt 10g als Noachfe 25 i 5 Durch E tn n Mal! a n peiteren pi Beck ſein in bt, be n lager Zeit img Er hat dum begangen. 1. Flieske Ants Blicwei 1 ihn. end in det bo h Fan. 1 Eren, ſo d ta Nebeng — — —