Handelſchiffe ſeien aufgefordert, die Häfen ſofort zu verlaſſen. Verſchiedenes. — Baden, 29. Auguſt. Heute Nachmittag nach 4 Uhr verbreitete ſich in der Stadt die Kunde von einem ſchweren Unglücksfall, der ſich am Schloß⸗ hof zugetragen. Ein mit 2 Pferden beſpanntes Sandfuhrwerk fuhr die Schloßbergſtraße hinab, um das für Erſtellung einer Senkgrube erforderliche Material an Ort und Stelle zu verbringen; plötzlich brach die Mücke, der ſchwer beladene Wagen kam in Schuß und raſte im ſchnellſten Laufe die ſteile Straße hinunter, der 7 bis 8 Meter hohen Mauer⸗ böſchung entgegen. Dem Fuhrmann, einem 20jährigen Burſchen aus Sandweier, reichten die Kräfte nicht aus, die Pferde auf die Seite zu ziehen und ſo erfolgte eine ſchreckliche Kataſtrophe. Die Deichſel fuhr an das bölzerne Geländer, dasſelbe brach durch und Fuhrmann und Pferde ſtürzten aus ſenkrechter Höhe auf die gepflaſterte Schloßſtraße hinunter, während der Wagen ſich überſchlug und ebenfalls in die Tiefe folgte, die am Boden liegenden Pferde mit ſeinem Jahalt überdeckend. Der Burſche wurde bewußtlos vom Platze getragen und ſpäter mittelſt Droſchke in das Krankenhaus überführt; er doll ſchwere innere Verletzungen erhalten haben. Die Pferde, von denen das eine das Genick gebrochen, das andere einen Beinbruch erlitten, mußten anf dem Platze erſchoſſen werden. Die Kunde von dem traurigen Ereigniß rief ein zahlreiches Publikum auf dem Schauplatz, welches den glücklichen Zufall pries, daß zur kritiſchen Zeit keine Perſonen die Straße begingen, anſonſt das Unglück entſetzlichen Unfang hätte annehmen konnen. — Von einem Eiſenbahnzug überfahren. Man ſchreibt aus Mingolsheim: Geſtern Abend 8 1 Uhr, beim Herannahen des Schnellzuges vom Oberland, würde der Bahnwartablöſer Bender von hier von der Maſchine erfaßt und zermalmt, ſo daß er ſofort todt war. Bender war ein pflichtgetreuer, gut be⸗ leumundeter Mann im Alter von 43 Jahren; er hinterläßt eine Wittwe mit 5 unerzogenen Kindern. — Ueberfahren. Bei der Bahnſtation Hoch⸗ ſtätten wurde vorgeſtern früh der Weichenwärter Weindorf von einem Zuge überfahren; man fand ihn zwiſchen den Schienen, den Kopf vom Rumpfe getrennt. Da der Verunglückte kurz zuvor über heftige Leibſchmerzen klagte, ſo liegt die Vermuthung nahe, daß er in Folge plötzlichen Unwohlſeins das Bewußtſein verlor und auf die Schienen fiel. N — Ulm, 29. Aug. Geſtern Abend lief bei der hieſigen Eiſenbahnbetriebs ⸗Inſpektion ein Tele gramm ein, wonach ein Bremſer auf der Fahrt in verdächtiger Weiſe ſich an den im Packwagen befind⸗ lichen Kiſten zu ſchaffen gemacht haben ſollte. Die ſofort in Kenntniß geſetzte Polizei paßte dem Betref⸗ fenden bei Ankunft des Güterzuges auf, nahm ihn mit ſeiner gefüllten Reiſttaſche auf die Polizei und unterwarf ihn dort einer Durchſuchung. Es wurde bei ihm ein größeres Quantum feinerer Wurſtwaaren, eine Zeuglesſchürze, ein Quantum Bonbons, ſowie ein Packet Haarnadeln vorgefunden, von denen der Feſtgenommene nach anfänglichem Leugnen zugeſtand, ſolche während der Fahrt mit den ebenfalls bei ihm vorgefundenen Brechwerkzeugen aus Frachtkiſten ge⸗ ſtohlen zu haben. Eine ſofort von dem Polizei⸗In⸗ ſpektor Mack angeordnete Hausdurchſuchuug ergab, daß eine große Anzahl aller möglichen Gegenſtände, vom Kinderbettkittel bis zum Frauenkleid, von der Kaffeetaſſe bis zum Nachtopf, von dem Beſchuldigten auf die gleiche Weiſe geſtohlen worden war, der denn auch bei Vorzeigung des bei ihm vorgefunde⸗ nen Waarenlagers ſchließlich bekannte, alles im Laufe der Zeit geſtohlen zu haben. Der Betreffende iſt Vater von 4 Kindern und ſammt feiner Frau, die ein fünftes zu erwarten hat, verhaftet worden. — München, 29. Auguſt. Heute wurde hier der folgende raffinirte Betrug ausgeführt. Ein Fremder, elegant gekleidet, mit vornehmen Allüren, kaufte in einem Bankgeſchäft für 18,000 Mark Papiere und bat, dieſelben in ſeine Wohnung, Heß⸗ ſtraße 25, zu ſenden. Der Bankbste fand den Fremden zu Hauſe, welcher die Papiere kontrolirte, in eine im Zimmer befindliche Kommode legte, dieſelbe verſchloß und mit den Worten: der Kaſſenbote werde das Geld gleich erhalten, in das Nebenzimmer ging. Von hier aus verſchwand er und, während der Bankbote wartete, verkaufte der Fremde die Papiere in anderen Bankhäuſern, um mit der Baarſchaft zu verſchwinden. Die Rückwand der Kommode batte eine Oeffnung, in der Mauer zeigte ſich ein Loch und ſo war der Diebſtahl ausgeführt. Auf die Ergreifung des Diebes, welcher ſich Architekt Victor Rudorff aus Prag nannte, ſind 2000 Mark Belohnung ausgeſetzt. — Hamburg, 29. Auguſt. Heute Vor⸗ mittag 11 Uhr fand in dem Geldwechslergeſchäft Moritz Kaner ein Attentat auf den Eigenthümet desſelben ſtatt, wobei zwei Verbrecher beteiligt waren. Während der Eine Wache ſtand, derſeßle der Andere dem Kaner, der allein im Laden war, einen Schlag mit einem ſpitzen Juſtrument in den Nacken. Die Verletzung iſt nicht lebensgefährlich. Kaner ſchlug eine Fenſterſcheibe ein und rief um Hülfe. Obgleich der Geldſchrank geöffnet war, fand der Räuber nicht Zeit, Werthpapiere und Geld an te ſich zu nehmen. Derſelbe entfloh und wurde nach een e heftiger Gegenwehr auf der Straße ergriffen, ohne in 9 daß er von den zahlreichen Waffen, die er bei ſich 15 10 n und trug, Gebrauch machen konnte. Man fand bei ihm 91 gam 23 Patronen, Jagdmeſſer, Hammer und Dolch, ae in Der Verbrecher iſt ein Schloſſergeſelle Namens Borne⸗ Amn gab mann, 29 Jahr alt, der ſich in der letzten Zeit in eee 10 Schleswig⸗Holſtein und Dänemark und vorher längere Ane (ns Zeit in Amerika aufgehalten hat. Der Verbrecher 5 n 1 benimmt ſich außerordentlich ſrech und verweigert ue pilleln 11 fan in getherte e e, 0 . dcn Tu. 1 Sualztlegtabhe em. Das etwa 61 bid durch eine ee durch Bl F t die Nennung ſeiner Complicen, von denen eher geſtern mit ihm in dem Geſchäftslokol erſchienen war. — Der Wandsbecker Luſtmörder iſt bereits, wie es immer wahrſcheinlicher wird, der Hamburger Polizei in die Hände gerathen. Am Dienſtag vor, Woche nämlich war ein Menſch verhaftet worden, der auf offener Straße eine Frau angebetielt und als dieſe ihn abgewieſen. dieſelbe mit einem Meſſer bedroht hatte. Einem Polizeioffizianten fiel es auf, daß der Ergriffene durchaus der Beſchreibung ene ſprach, welche die beiden überfallenen Frauen von dem Mörder gemacht hatten. Man konfronzirze daber den Verdächtigen, der ſich für einen Schlächter geſellen ausgiebt, im Uebrigen aber jede weitere Auf⸗ klärung über ſeine Perſon verweigert, mit der hoch am Leben befindlichen Ehlers — die Frau oops iſt bereits am Montag geſtorben — und dieſe hat mit Beſtimmtheit erklärt, der Ergriffene ſei derſenige, der den Attentat gegen ſie verübt habe. Inzwiſchen iſt aber gegen den Verhafteten auch noch ein anderer Verdacht rege geworden. Man bringt denſelben namlich in Zuſammenhang mit den lezten in der Gegend von Bochum und Hamm verübten Luſt⸗ morden, die in ihrer Ausführung im Weſentlichen der Wandsbecker Blutthat entſprochen haben, und man wird in jener Vorausſetzung noch weſenklich dadurch beſtärkt, daß der Arreſtant zugegeben hal, früher in der erwähnten Gegend gearbeitel zu haben. III uptgewii 0 U a2 U Schuljahr unt zr mit de Es ſind daher bereits Photographien der Ber⸗ g dächtigen an die betreffenden Behörden abgeſandt, At 15 und hoffentlich gelingt es baldigſt, zur vollen Klarheit * n in der Affaire zu gelangen. n h bisher beſü half Jedermann mit. Demnach machte die Verläum⸗ dung ihren Weg, ſich vergrößernd von Stunde zu Stunde, von Tag zu Tag zunehmend, erſt ſchüchtern an der Wand kriechend, dann alle Stimmen in ein furchtbares Gemurmel zuſammenfaſſend, ſchließlich losbrechend wie der Donner an einem Gewitter⸗ himmel. In dieſer Weiſe hatte die Verläumdung Staſia mit ihren tauſend Fäden umgarnt; während die kleine Gräfin allein in ihrem Palaſte weinte und träumte, zerriß die Verläumdung ihren Ruf mit gierigen Biſſen um ſo giftiger, als Staſia reiner war und wenig Anhaltspunkte bot für den niederen Klatſch einer ſkandalſüchtigen Geſellſchaft. Man erzählte ſich mehr wie eine Geſchichte, welche der Gräfin nicht zum Vortheil gereichte, und da Alles bekannt wird, machte man Gloſſen über das Duell zwiſchen Serge und Wladimir und haupt⸗ ſächlich über den Beſuch, welchen Staſia im Geheimen dem Verwundeten gemacht hatte. Man reihte geſchickt alle Umſtände aneinander und die Menge als richtiger öffentlicher Ankläger, gelangte zu beklagenswerthen Schlußfolgerungen. Wir müſſen noch hinzufügen, daß Staſia unter der Atiſtokratie eine Ausnahmeſtellung einnahm, und daß eine leichthin vollzogene Verhaftung eine allgemeine Empörung beigeführt hätte; denn obſchon die öffentliche Meinung gegen die Gräfin ſich kundgab, hätte es eines Schattens, eines Nichts bedurft, um einen Umſchlag zu ihren Gunſten herbeizuführen. Das Gericht war in großer Verlegenheit. Es bedurfte einer höchſten Entſchließung, von dem Kaiſer direkt ausgehend; aber es wurde zu gleicher Zeit vorge⸗ ſchrieben, daß die größte Schonung der Gräfin gegen⸗ über beobachtet werde. Der höhere Beamte, welcher auserſehen war, den Befehl der Gräfin zu notificiren, mußte ſich dazu verſtehen, ſobald wie moglich ſich ſeines ſchweren Auftrages zu entledigen. Sich dem Palaſte Roſtow nähernd, fühlte, troßz ſeiner Uebung in derartigen Geſchäften, der Beamte einige Angſt; es handelte ſich darum, eine traurige Pflicht zu erfüllen, es aber mit aller Hoͤflichkeit eines gewandten Weltmannes zu thun. 5 Staſia ſaß mit einer Stickerei beſchäftigt an dem Fenſter, ſie litt unter jener Schwermuth eines frühzeitig getrübten Daſeins, welches nichts mehr gemein hat. Der Beamte verbeugte ſich. Gleich bei den erſten Worten hatte ihn Staſia verſtanden. Sie richtete ſich empor und die Augen weit geöffnet vor Erſtaunen, die Bruſt beengt, fand ſie keine Worte, ſo hart war der Schlag, der ſie traf, ſo ganz unverdient. Mein Auftrag iſt ſchwer“, ſagte der Offizier, „ich hatte, um ihn ausführen zu können, mehr Muth nöthig, als ich auf dem Schlachtfelde bedürfte. Ich habe nur noch beizufügen, daß es der Wille der Majeſtäten iſt, Sie mit der größten Achtung behan⸗ delt zu ſehen. Sie werden durchaus nicht als Schul⸗ dige betrachiet, aber der Wortlaut des Geſetzes iſt ſtreng. Bis auf weiteren Befehl bleiben Sie auf Ehrenwort Gefangene in Ihrem Hauſe. Sie werden in keiner ihrer Lebensgewohnheiten geſtört werden“. Die Gräfin dankte dem Ehrenmanne, ſein Auftrag lautete zwar ſehr hart, aber er entledigte fich desſelben anf ſo ſchonende Weiſe, daß es ihr unmoglich geweſen wäre offen ihre Entrüſtung zu zeigen. Nach dem Weggehen des Beamten überkam Staſia die äußerſte Muthloſigkeit, die Conſequenzen des gewaltſamen Todes ihren Gatten traten iht mit einer Klarheit vor die Augen, wie ſie ſolche bisher noch nicht erkannt hatte. Um der Form zu genügen, wurden Wachen die Engänge des Palaſtes Roſtow geſtellt. i Frlantuſſe für 1 95 in 9 „ Dulſchrift. Anz im ort She in deulſ Aantris der Haaleraum bi WI N f XXIV. Das Verhör. 1 85 ſelen d Die Einleitung des Prozeſſes der Nihiliſten bälle 10 fte, ab von dem Tage an begonnen, wo Wladimir ermordek 1 80 d. worden war, aber in Wirlichket nohm die Sue , b J enterſte erſt Geſtalt an, nachdem der Kaiſer befohlen halte, Menn Bürge daß Staſia in Arreſt zu erklären ſei. Aigle einem Die Gräfin mußte alle Kränkungen der Verböte 0 t wet nach und Verdächtigungen erdulden. In Folge un a che win ſpeziellen Vollmacht, abweichend von dem gewöhnlichen in Geſchäftsgange, wurde ein Unterſuchungsrichter zu ihr beordert und ſie war genöthigt, unter den Augen des Gerichtsſchreibers Rede zu ſtehen. Staſia antwortete kurz oder ausweichend. Die Fragen, welche ihr vorgeleg? wurden, ne ſo delikat und taktvoll vorgebracht, berührten nichls⸗ deſtoweniger ihre Privatderhältniſſe; dies berlehl 9 0 und empörte ſie. N alen gen Hierauf fand eine Hausſuchung ſtalt. Nicht 8. 10 allein die Gemächer Wladimirs wurden durchforſcht fh l. Noldd und durchwühlt, ſondern auch die Möbel, in welchen ahi ud die Gräfin ihre geheimen Papiere und Correſpondenzen N,, N mein bewahrte, ſie mußte ihre Schubladen den indiskreten, 8 00 u, Ge prüfenden Blicken eines Polizeiofſiziers preisgeben. G85 8 n nein In dem Augenblicke, als der Unterſuchungs“ ihr. ö richter mit ziemlich wenigem Erfolge ſich zu ückziehen wollte, ereignete ſich ein Zwiſchenfall. (Fortſetzung folgt.)