Aae Poſtproviſion. im „Hotel d' Europe“ Abſteigequartier. Erſcheint Mittwoo 1 14 7 2 und Samstag und koßeet vierteljährlich 1 M. 20 Pfg. mit ikuſtrirtem Anterhaktungsblatt 1 k. 70 excl. Inſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die einſpaltige Petitzeile oder deren Raum mit 10 Pf., Local⸗Anzeigen mit 6 Pfg., Reclamen mit 20 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen ent⸗ ſprechende Rabattbewilligung. — Für Schriesheim nimmt Herr Gaſtwirth Franz Carqus zum „deutſchen Kaiſer“ jederzeit Inſerate an. — Alle Annoncen⸗ Expeditionen nehmen Inſerate für uns an. Veſtellungen auf dieſe Zeikung können zu jeder Zeik gemacht werden. Samſtag, den 2. Auguſt Dolitiſches. . Berlin, 1. August. Die deutſche Colonial⸗ ewegung hat ein neues Unternehmen gezeitigt. Vom Ausſchuß der in Berlin domieilfrenden Geſellſchaft für deutſche Colonifation iſt ein Aufruf erlaſſen worden, in deſſen Eingang die Mittheilung gemacht wird, daß eine Anzahl von Herren zuſammengetreten ſei, um in Südafrika größere Länderſtrecken anzu⸗ kaufen und auf dieſe Weiſe mit Anlegung einer deutſchen Ackerbau⸗ und Handelskolonie borzugehen. Es wird nun zum Beitritt aufgefordert und zwar 5 ſoll der erſtmalige Beitrag mindeſtens 5000 Mark betragen; diejenigen, welche ſich für dieſe Angelegen⸗ heit intereſſiren, werden zu einer Zuſammenkunft, welche auf den 19. Auguſt in Berlin anberaumt iſt, eingeladen. Vorläuſig ſcheint es jedoch nicht, als oß das Unternehmen in weiteren Kreiſen große Sympathien erwecken würde. Berlin, 30. Juli. Die diplomatiſche Action der Mächte gegen die von der Pforte geplante Auf⸗ hebung der fremden Poſtämter in der Türkei hat ihren Anfang genommen. Die Botſchafter Deutſch⸗ lands, Frankreichs und Oeſterreich⸗Ungarns in Con⸗ antinopel haben gegen dieſen Plan formell proteſtirt und find hierin von den Vertretern der übrigen roßmächte nachdrücklich unterſtützt worden. Dieſer Einmüthigkeit gegenüber wird wohl die Pforte die Ausführung der von ihr geplanten Maßregel auf unbeſtimmte Zeit verſchieben. Gaſtein, 30. Juli. Nach dem nunmehr feſtgeſtellten Reiſeprogramm wird die Rückreiſe des Kaiſers von hier am 5. Auguſt Mittags erfolgen. In Salzburg wird übernachtet. Der Kaiſer nimmt Am 6. Auguſt Vormittags 9½ Uhr begibt ſich unſer Kaiſer m Beſuch des Kaiſers und der Kaiſerin von Oeſterreich nach Iſchl und nimmt im Hotel „Kai⸗ ſerin Eliſabath“ Wohnung. Die Rückreiſe des Kaiſers Wilhelm von Iſchl erfolgt am 7. Auguſt, Nachmittags 3 ½ Uhr, und geht über Regensburg, Hof, Leipzig, Witten berg, Großbeeren nach Babels⸗ berg, wo die Ankunft am 8. Auguſt, Vormittags 9 ½ Uhr, erfolgt. Brüſſel, 29. Juli. Die Miſſion des be⸗ kannten Afrikareiſenden Stanley, welche er als Leiter der internationalen afrikaniſchen Geſellſchaft am Congo ausgeübt hat, iſt zu Ende. Sein vierjähriger Con⸗ tract mit der genannten Geſellſchaft iſt abgelaufen, infolge deſſen Stanley ſeine Stelle niederlegte. Noch in dieſer Woche wird Stanley in Plymouth erwartet, von wo aus er ſich nach Oſtende zum König von Belgien, dem Protektor der afrikaniſchen Geſellſchaft, begiebt, um demſelben Bericht zu erſtatten. Petersburg, 29. Juli. Die ſibiriſche Peſt iſt bereits in der nächſten Umgebung von St. Peters⸗ burg ausgebrochen. — In Klimow, Gouvernement Tſchernigow, haben ſchlimme Ausſchreitungen der der Bauern und Arbeiter gegen die Handelsleute, welche der Sekte der Altgläubigen angehören, ſtatt⸗ gefunden. Mehrere Läden wurden geplündert. In dem Aufruhr gab es einen Todten und zwei Ver⸗ wundete. Die Tumultuanten erklärten überall, die Altgläubigen ſeinen weit ſchlechter als die Juden. — Die Commiſſion, welche niedergeſetzt wurde, um die Rechnungen der Grand Societe des Chemins de Fer zu revidiren, hat die Exiſtenz ernſter Miß⸗ bräuche in der Verwaltung entdeckt. Während der letzten 15 Jahre ſind dem Staatsſchatze mehrere Millionen Rubel verloren gegangen. Rom, 30. Juli. In Pancalieri bei Turin ſind bereits ſiebzehn Cholerafälle vorgekommen, darunter drei Todesfälle. Verſchiedenes. — Mannheim, 31. Juli. In der Nacht von Sonntag auf Montag wurde in Neckerau gelegentlich eines Raufhandels, welcher ſich wegen 10 Pfennige entſpann, dem ungefähr 17 Jahre alten Valentin Ritter von dem ledigen Burſchen Roßnagel eine 6 etm. tiefe Stichwunde in den Hals beigebracht, die für das Leben des Verletzten das Schlimmſte befürchten läßt. Die Unterſuchung iſt im Gange. — Karlsruhe, 27. Juli In den Tagen vom 23. bis 25. September wird in Karlsruhe der XXIII. Kongreß für innere Miſſion tagen. Der Stadtrath der Reſidenz hat hierzu die Feſthalle un⸗ entgeltlich überlaſſen. Das Lokalkomitee, welchem viele angeſehene Männer verſchiedener Richtungen angehören, erließ einen Aufruf zur Gewährung von Freiquartjeren. Die Gegenſtände der Verhandlung gehören zutheil den eben auf der Tagesordnung öffent⸗ licher Beſprechung und Unternehmung ſtehenden Ge⸗ bieten an. So wird Paſtor von Bodelſchwingh über Arbeiterkolonien und Naturalverpflegungsſtationen, Direktor Dr. Stark von Stephansfeld über den Kampf gegen die Trunkſucht, Fabrikant Steinheil von Rothan i. E. über Frauenarbeit und Familien⸗ wohl referieren. Außerdem ſtehen eine Reihe weiterer wichtiger Tagesfragen aus dem Gebiet der chriſtl. Liebesthätigkeit zur Tagesordnung und werden Abend⸗ predigten von namhaften deutſchen Predigern, wie Generalſuperintendent Dr. Baur, Superintendent Dryander, Berlin, Oberkonfiſtorialrath Dr. Burk, Stuttgart gehalten. Es empfiehlt ſich, daß man ſich wegen Erlangung von Freiquartieren, ſonſtigen Ver⸗ günſtigungen der Kongreßmitglieder, Mitgliederkarten (à 3 M.) zeitig an das Bureau des Evangeliſchen Vereins in Karlsruhe Adlerſtraße 23, wende. — Die Nihiliſten. Hiſtoriſche Novelle nach Jules Lavigne 5. Fortſetzung. f ſagt, daß Ihr Gatte nicht freundlich mit Ihnen iſt; i igt, obſchon er Ihnen Alles g Staſia erklärte, daß Wladimir der beſte Ehe⸗ mann ſei; ſie theilte mit, was ſie bald zu hoffen habe und die Kaiſerin verſprach, ihre Pathin ſein wollen. Aus Stolz erlaubte ſich die kleine Gräfin zu lügen; ſomit blieben die höheren Ortes eingeleiteten Schritte ohne Wirkung; man hätte es beinahe er⸗ arten können, denn die Güte und Milde über⸗ wogen bei Staſia die Ueberlegung. „Ach! handelt es ſich denn auch wohl darum? Wladimir war heiter, ſorglos, glücklich. Alles ſchien dazu beizutragen, ihn die Freude und guter Geſundheit zu erhalten; noch nie hatte er ſo brillant, ſo ſtrahlend ausgeſehen! Aber der Andere, der edle Serge, der Verwundete, was wurde aus ihm e In dem Verhältniß. wie Staſia für Serge lebhafter und mit mehr Beſorgniß fühlte, um ſo weniger er⸗ kundigte ſie ſich nach ihm. Parlowna war es, die ihr über ihn berichtete. Im Ganzen ging es gut; es war keine Verſchlimmerung zu befürchten; nach einem leichten Fieber hatte ſich die Wunde an der Seite geſchloſſen. Serge erfreute ſich eines ruhigen Schlafes, ein Vorbote baldiger Heilung. Ein Wunſch, den ſie nicht auszuſprechen wagte, quälte Staſia; „ ie hätte mögen den Kranken beſuchen und je mehr „Nun, meine Liebe, was muß ich hören? Man ſie ſich bewußt war, daß dies ein krankhafter Wunſch ſei, daß der Beſuch ein unüberlegter Streich wäre, je mehr drängte es ſie dazu, um ſo heftiger ver⸗ langte ſie darnach. Sie vertraute ſich Parlowna an; dieſe lachte. „Nein, meine Süße, nein, das wäre ein Wahnſinn, wir wollen nicht mehr daran denken. Vergeſſen Sie nicht, wie aufgebracht ſie an jenem Abend in dem Alexander⸗Theater waren ..“ „Welchen Vergleich biſt Du im Begriffe zu machen? In wie fern gleicht die Schuld Wladimir's meinem Vorhaben?“ „Ganz richtig. Aber wiſſen ſie auch, daß die Welt nicht viel braucht?“ „Wohin ziehlſt Du?“ „Dahin: Nehmen Sie an, Wladimir überraſchte Sie, im Begriff die Treppe, die, nebenbei geſagt, ſehr hoch iſt, zu dem Zimmer von Serge führt, hinauf⸗ zuſteigen?“ „Das iſt lächerlich, das will Alles nichts be⸗ deuten.“ n „Doch, das bedeutet ſehr viel.“ „Wie ſieht es bei ihm aus?“ „Mein Gott, nicht ſehr luxuriös. Nun wohl, wollen Sie, meine Anſicht hören. Sie haben großes Verlangen zu gehen, um ſelbſt nachzuſehen, ob Serge ſich beſſer befindet, alſo werden Sie gehen.“ „Du biſt alſo einverſtanden ?“ „Nein, gar nicht. Aber ich weiß, daß wenn ich Sie nicht dahin führe, Sie allein gehen werden. So iſt es beſſer, ich komme Ihnen entgegen. Wir werden Serge beſuchen, wenn es Ihnen gefällig iſt.“ „Wie gut Du biſt, wie liebenswürdig. Mit welcher Freudigkeit gebe ich Dir einen Kuß. Du darfſt Serge aber nicht davon benachrichtigen.“ „Ganz gewiß nicht! Er würde ſich ihrem Vor⸗ haben entgegenſtellen. Er weiß zu wohl, welchen Gefahren man ſich ausſetzt, wenn man der Schick⸗ lichkeit Trotz bietet.“ „Wirklich, Parlowna, man muß geſtehen, daß die Welt ſchlecht eingerichtet iſt. Es findet ſich ein Mann, der mich ſogar gegen meinen Gemahl ver⸗ theidigt, er iſt ſchwer verwundet, leidend, ich em⸗ pfinde Freundſchaft für ihn, bin beunruhigt. Das iſt Alles recht und gut: aber ich verlange ihn z ſehen und das iſt ein Verbrechen.“ „Wann gehen wir zu ihm?“ N Auf dieſe Weiſe überraſcht, war die Gräfin unſchlüſſig ſie fühlte nicht mehr den gleichen Muth. „Wann glaubſt Du, daß wir ſollten?“ „Je früher, je beſſer, gleich jetzt.“ So ſprechend machte Parlowna der Unent⸗