19 . Eiſcheint Mittwoch und Samstag und toſßet diertelaahrlich 1 Nn. Poſtproviſton. 5 0 10 ö 17 20 Pfg. mit illuſtrirtem Anterhaltungsblatt 1 Mk. 70 exel Inſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die einſpaltige Petitzeile oder deren Raum mit 10 Pf., Local-Anzeigen mit 6 Pfg., Reclamen mit 20 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen ent⸗ ſprechende Rabattbewilligung. — Für Schriesheim nimmt Herr Gaſtwirth Franz Carqus zum „deutſchen Kaiſer“ jederzeit Inſerate an. — Alle Annoncen Expeditionen nehmen Inſerate für uns an. Beſtellungen auf dieſe Zeitung können zu jeder Zeit gemacht werden. Nr. 58. Samſtag, den 19. Juli Politiſches. Karlsruhe, 16. Juli. Mit Schnellzug 7 Uhr 20 Min, traten heute Abend der Großherzog und die Großherzogin, ſowie der Erbgroßherzog die Reiſe nach Stockholm an. Zur Verabſchiedung hatten ſich am Bahnhofe eingefunden: Prinz Lud⸗ wig Wilhelm, Staatsminiſter Turban, Freiherr v. Gemmingen, Hofmarſchall Graf Andlaw u. a. Der Erbgroßherzog bleibt blos einige Tage in Stockholm. Karlsruhe, 16. Juli. Das Geſetzblatt verkündigt nachſtehende ſehr beträchtliche Nach⸗ forderungen zum Budget, nämlich 1) von Seiten des Miniſteriums des Innern: jährlich 6000 Mk. zu bereits bewilligten 15000 Mk. für Förderung der Gewerbe und Unterſtützung gewerblicher Vereine; 10000 M. für eine Enquete des Kleingewerbs; 9500 Mk. für einzelne Zweige der Rindviehzucht; ferner 10000 Mk. im außerordentl. Etat zum Er⸗ ſatz für vom Froſt vernichtete Obſtbäume, zuſa. 111000 M.; 2) von Seiten des Unterrichtsmini⸗ ſteriums: Mehrbeitrag zu den Gehalten der Volk⸗ ſchullehrer jährlich 77300 Mk., ferner zum Witt⸗ wen⸗ und Waiſenfonds jährlich 33000 Mk., ſomit in beiden Poſten für die ganze Budgetperiode 220600 Mark. Darmſtadt, 15. Juli. Ueber den Ent⸗ ſcheidungsprozeß des Großherzogs von Heſſen werden der Frankfurter Zeitung nachſtehende Einzelheiten gemeldet: „Das Darmſtädter Oberlandesgericht, wel⸗ ches den Entſcheidungsprozeß des Großherzogs von Heſſen erledigte, hatte innerhalb 2 Stunden die Sache entſchieden. Um 4 Uhr Nachmittags am Mittwoch trat der für dieſen aus 5 Richtern ge⸗ bildete Senat zuſammen und um 6 Uhr wurde be⸗ reits das Urtheil verkündet. Der Anwalt des Groß⸗ herzogs, Diviſionauditeur Juſtizrath Lotheiſen, trug in der nicht öffentlichen Verhandlung die Klage vor, und von dem Anwalt der Gräfin Czapska, Juſtiz⸗ rath Horwitz aus Berlin, wurden die als Eheſchei⸗ dungsgründe geltend gemachten Thatſachen aus⸗ drücklich zugegeben. Sonach beſtätigt es ſich nicht, daß die Entſcheidungsklage bloß auf die beiderſeitige Einwilligung geſtützt worden ſei. Als der Gerichts⸗ hof um 6 Uhr das Urtheil öffentlich verkündete, war kein Zuhörer zugegen, da niemand wußte, daß die Sache ſchon im erſten Termin entſchieden und der Ausſchluß der Oeffentlichkeit bei der Verkündigung des Gerichtsentſcheides aufgehohen würde. Das Er⸗ kenntaiß, welches die Ehe für aufgelöſt erklärt, iſt, wie man hört, mit 3 gegen 2 Stimmen zuſtande gekommen.“ — Es iſt damit einer der feltſamſten Eheſcheidungsprozeſſe zu Ende gelangt, den die Jetzt⸗ zeit überhaupt erlebt hat. Man darf wirklich neu⸗ gierig ſein, auf welche Gründe hin das derehrliche heſſiſche Oberlandesgericht dieſe Ehe getrennt hat. Berlin, 16. Juli. Der Kaiſer iſt in beſtem Wohlbefinden in Gaſtein angekommen. Die Re⸗ gierung und die Bevölkerung Oeſterreichs überbieten ſich in zuvorkommenden Entgegenkommen gegenüber dem greiſen Monarchen. Es iſt zweifellos, daß eine Zuſammenkunft des Kaiſers Wilhelm mit dem öſter⸗ reichiſchen Kaiſer wie in früheren Jahren, auch jetzt ſtattfinden wird. Ob Kaiſer Wilhelm den Kaiſer Franz Joſef in Gaſtein empfangen oder die kaiſer⸗ liche Familie am Hoflager in Iſchl beſuchen wird, ſteht noch nicht feſt. — Wegen der poͤbelhaften Ausſchreitungen, welche in Paris bei dem National- feſte ſich gegen die deutſche Fahne gerichtet haben, hat zwar nach offiziöſer Angabe der hieſige fran⸗ zöſiſche Botſchafter bei dem Auswärtigen Amt im Auftrage ſeiner Regierung ſein Bedauern ausge⸗ ſprochen, allein ein Theil der hieſigen liberalen Preſſe glaubt von Frankreich noch eine anderweitige Genugthuung, namentlich die Beſtrafung der Schul⸗ diger, fordern zu müſſen. Berlin, 17. Juli. Geheimrath Koch iſt geſtern Abend hierher zurückgekehrt. Der „Nordd. Allg. Zig.“ zufolge ſind die meiſten in der Preſſe, namentlich in der franzöſiſchen und engliſchen zirku⸗ lirenden Mittheilungen über Außerungen Kochs be⸗ züglich der Cholera in Frankreich und deren Abwehr entweder unrichtig oder entſtellt wiederzugeben, ſo daß es gerathen ſcheint, dieſe vollſtändig unzuverläſ⸗ ſigen Mittheilungen mit großer Vorſicht aufzunehmen. Stockholm, 16. Juli. Die Taufe des Herzogs von Söoͤdermanland wird erſt am nächſten Sonnabend ſtattfinden, da der Großherzog und die Großherzogin von Baden erſt Sonnabend früh hier eintreffen können. Die Seereiſe des Königs iſt in Folge deſſen ebenfalls verſchoben worden. Paris, 17. Juli. Von geſtern Abend bis heute früh zebn Uhr ſind in Marſeille 21 und in Toulon 14 Choleratodte konſtatirt worden. Unter den Choleratodten Toulons befinden ſich der Kaſſirer der Banque de France und deſſen Frau. Petersburg, 15. Juli. Im Gouvernement Pleskoff graffirt die ſibiriſche Peſt, die bereits 20 Opfer gefordert hat. Die von den Behörden er⸗ griffenen Vorſichtsmaßregeln zur Unterdrückung der Seuche werden als unzulänglich bezeichnet. Verſchiedenes. *Ladenburg. Die Haushaltungsſchule in Neckarbiſchofsheim beendigte am 15. d. M. ihren erſten Kurs mit einer öffentlichen Schulprüfung, welche bon den Eltern der Schülerinen ſowie von Freunden der Anſtalt zahlreich beſucht war und auf 25 Die Nihiliſten. diftorische Novelle nach Jules Labigne i von H. With. 5 f 31. Fortſetzung. N nem Wort, Excellenz, die Sach ver⸗ halten ſich ſo und ich vermuthe, daß, wenn auch Wladimir nicht zu Petrowitſch geht, die beiden Freunde Serge und Parlowna kommen werden.“ „Was würden Sie an meiner Stelle thun, Noſimof ?“ Ei!“ ſagte der Prinz, „die Gelegenheit iſt gunſtig.“ „Das meine ich!“ „Ich würde Serge einziehen laſſen, auch Par⸗ lowna und „Genug, genug! Dank für Ihre Rathſchläge, Noſimof. Sie ſind wahrlich nicht geeignet, die ge⸗ heime Polizei zu leiten, noch ſie zu berathen.“ „Ich ſcherzte nur, Excellenz; denn gerade habe ich Wladimir verſprochen, ihn bei der Raucourt vor⸗ zuſtellen und wenn man ſeine Freunde einſperrte, das würde ihn ja verſtimmen und traurig machen.“ „Sie iſt liebenswürdig, dieſe Raucourt.“ „Reizend, Excellenz.“ „Sie wird Sie ruiniren!“ Noſimof lächelte wieder; er glaubte, daß dieſe Worte des Grafen einem Geldgeſchenk vorangingen; er irrte ſich, dieſesmal erhielt er nichts. „Jetzt will ich arbeiten,“ ſagte Graf Schu⸗ waloff. „Ich ziehe mich zurück, Excellenz.“ „Dank für Ihre Mittheilung; ich werde ſie be⸗ nützen.“ Man hat geſehen, wie ſich die Sachen zu⸗ tragen. Der Chef der geheimen Polizei hatte be⸗ rechnet, indem er drei Gendarmen ſchickte, um die drei Nihiliſten nach Hauſe zu geleiten und ſie dann wieder frei zu laſſen, daß er Serge, Wladimir und Parlowna ihren Glaubensgenoſſen verdächtigen würde. Er hatte gedacht, daß, wenn dieſe freigegeben, dagegen fünf oder ſechs aus dem Haufen wirllich verhaften ließ, er die Nihiliſten gegen einander auf⸗ bringen und Spaltungen herbeiführen könnte. „Diviser pour regner,“ war dies nicht von jeher der Wahlſpruch der großen Politiker? In Folge dieſer Entſchließung wurde eine Ab⸗ theilung Gendarmen beordert, in den Keller von Pe⸗ trowitſch ſich zu verfügen, nachdem die Eingänge beſetzt worden waren. Das Verſchwinden von Serge, Wladimir und Parlowna hatte eine gewiſſe Aufregung hervorgebracht. Sie erreichte bald ihren Höhepunkt. Welches auch die Beſchwerdegründe ſein mögen, welche wir gegen diejenigen erheben, die jetzt von den Gendarmen weggeführt werden, laßt uns nicht vergeſſen, daß ſie unſere Brüder ſind und daß ſie uns um ſo theurer ſein müſſen, weil ſie unglücklich ſind.“ „Hort! Hört!“ „Nein! die Zeit drängt! Laßt uns fortgehen.“ „Wir werden uns thöͤrichter Weiſe fangen laſſen.“ „Stellt Euch das Schickſal vor,“ fuhr Ri⸗ bowski fort, „welches die drei Perſonen erwartet, die ſoeben noch mit uns ſprachen. Zuerſt ein ver⸗ fängliches Verhör, wobei ihr Athem ſogar als ſtraf⸗ fällig angeſehen wird; dann Gefängniß, monatelange Einzelhaft, Beſchimpfungen, gehäſſige Behandlung, ſchließlich ein Urtheil, und nach einer unberechenbar langen Zeit eine Verurtheilung zum Arbeiten in den Bergwerken, das will heißen zum Tod.“ „Genug! genug!“ wurde gerufen. „Laßt uns hinaus! wir wollen fortgehen!“ „Ich wette, daß wir umzingelt ſind.“ Einige ſtiegen, ohne beläſtigt zu werden, hinauf. Dies beruhigte die Andern. „Und alles dies, dieſe Plagen, Qualen, Morde,“ fuhr Ribowski fort, ſich ſelbſt ſteigernd, „wißt Ihr, weshalb? Weil man gewagt hat, zu denken! Weil man die edelſte Gabe menſchlicher Fähigkeiten, die Vernunft gebrauchte.“ Dieſe effektvolle Rede wurde durch das Er⸗ ſcheinen eines Gendarmen unterbrochen, der aber an der Treppe ſtehen blieb.