Poſtproviſſon. Expeditionen nehmen Inſerate für uns an. Erſcheint Mittwoch und Samstag und koßet vi 5 erteljährlich 1 M. 20 Pfg. mit ilkuſtr 5 5 i e de ee e % r e irtem Anterhaltungsblatt 1 Ml. 70 excl. Juſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die einſpaltige Petitzeile oder deren Raum mit 10 Pf., Local⸗ Anzeigen mit 6 Pfg., Reclamen mit 20 Pf. berechnet. ſprechende Rabattbewilligung. — Für Schriesheim nimmt Herr Gaſtwirth Franz Carquô zum „deutſchen Kaiſer“ jederzeit Inferate an. — Alle Annoncen⸗ Bei größeren Aufträgen ent⸗ Veſtellungen auf dieſe Zeitung können zu jeder Zeit gemacht werden. Nr. 54. Samſtag, den 5. Zuli 1884. e, Volitiſches. 1 55 Darmſtadt, 2. Juli. Die Eheſcheidungs⸗ llage Sr. Kgl. Hoh. des Großherzogs gegen Frau b. Kolemine iſt ſchon vor einiger Zeit bei dem hie⸗ ſigen Oberlondesgericht von dem Herrn Juſtizrath Lotheißen eingereicht worden und ſoll der erſte Termin bereits fixirt ſein und noch vor den bekanntlich am 15. Juli beginnenden Ferien ſtattfinden. Ebenſo wenig iſt bis jetzt bekannt geworden, ob die Ge⸗ richtsverhandlung eine öffentliche ſein wird. Der Gerichtshof iſt zuſammengeſetzt aus den beiden Herren Präſid. Dr. Görz und Dr. Müller, ſowie aus den Herren Oberlandesgerichtsräthen Königer, v. Heſſe und von Ricou. Straßburg, 2. Juli. Wie der „Fr. Ztg.“ ein zuverläſſiger Reiſender berichtet, iſt geſtern Nacht ein Cbolerafall in Macon (Burgund) vorgekommen. — Die Stadt Straßburg baut zur event. Unter⸗ bringung der Kranken, da die Cholera ſchon an der Grenze, Baralen mit tauſend Betten. Amſterdam, 1. Juli. Es wird ein Geſetz⸗ entwurf vorbereitet, durch den für den Fall eines Thronwechſels Königin Emma zur Regentin ernannt werden ſoll. Dr. von Seenen, Vicepräſident des Staatsraths, Graf von Lynden van Sanderburg, früher Miniſter des Aeußern, und Baron A. Schim⸗ melpenninck van der Oye, Verwalter der königlichen Domänen, würden ihr als Rathgeber zur Seite ſtehen. Toulon, 2. Juli, Abends. Seit Vormittags 10 Ubr ſind 6 Perſonen an der Cholera geſtorben. Marſeille, 2. Juli. Seit heute Früh ſind zwei, ſeit vierundzwanzig Stunden im Ganzen vier Perſonen an der Cholera geſtorben. Paris, 1. Juli. An die oberſte Sanitäts⸗ behörde in Toulon iſt der Befehl ergangen den von A ee der Regierung des deutſchen Reiches dorthin geſandten Cholera⸗ Gelehrten Dr. Koch, mit zuvorkommender Höflichkeit zu empfangen. Toulon verödet mehr und mehr. In Marſeille verurſachten die erſten Nach⸗ richten von der Einſchleppung der Cholera einen großen Schrecken und mancher ließ ſich zu Kopflo⸗ ſigkeiten hinreißen; ſo entließen mehrere Gaſthäuſer ihre Leute. Hier in Paris bereitet man unausgeſetzt auf die Cholera vor, der Cholera wirkſam entgegen⸗ zutreten. Geſtern wurden alle Räume in den Kaſernen mit Carbolſäure gereinigt und die Soldaten mußten ihre geſammte Wäſche waſchen. — Der Miniſter des Innern, Waldeck⸗Rouſſeau, denkt daran, die Ueberwachung der aus Toulon kommenden Reiſenden genauer durchzuführen und deren Desinficirung ſofort bei der Ankunft organiſiren zu laſſen. Das Gepäck wird in beſonderen Waggons untergebracht werden. Vielleicht wird eine mehrtägige Quarantäne in einiger Entfernung von Paris eingerichtet werden. — Aus Baſtia auf Corſica wird von geſtern telegrapbirt: „Heute iſt ein Zwiſt ausgebrochen zwiſchen der Ge⸗ meindebehörde, welche alles, was vom Feſtlande kommt, kurzweg zurückweiſen wollte, und dem Direktor des Geſundheitsdienſtes, welcher die Ausſchiffung nach einer Quarantäne erlaubte, die von vielen als un⸗ genügend erachtet wird. Die Bevölkerung hat die Gebäude zerſtört, die als Lazarett dienen ſollten. Eine ſtarke Reibung drohte auszubrechen, wurde aber noch durch eine Depeſche des Präfecten ver⸗ hindert, die jede Ausſchiffung verbot. Das Paketboot aus Marſeille, welches 300 Reiſende bringt, hat vor der Reede Anker geworfen. London, 3. Juli. „Daily News“ melden aus Aſſuan vom 2. Juli die Einnahme Debbahs durch 12000 Aufſtändige. Die Gar⸗ niſon wurde niedergemetzelt. 1181 Verſchiedenes. e Mannheim, 30. Juni. Schwurgericht. Unter dem Vorſitz des Herrn Landgerichtsrath Rauch begannen heute die Schwurgerichtsverhandlungen für das zweite Quartal und kamen folgende Fälle zur Verhandlung: 1) Caſimir Weißenburger, 28 Jahre alter Weber von Weilheim, wegen Brandſtiftung. Auf Grund des Wahrſpruchs der Geſchworenen wird der Angeklagte wegen Brandſtiftung im Sinne des 8306 Abſ. 3 des Reichſtrafgeſetzbuchs in eine Zucht⸗ hausſtrafe von 1 Jahr 8 Monat, 3 Jahr Ehrver⸗ luſt und in die Koſten verurtheilt. 2. Fall. Pauline Eckert, 38 jährige ledige Näherin vom Heuchlinger Hof, Gemeinde Unter⸗ griesheim, wegen Kindstötung. Die Geſchworenen beantworteten die beide an ſie gerichteten Fragen mit Ja, worauf die Angeklagte in eine Gefängniß⸗ ſtrafe von Z Jahr und 6 Monaten und in die Koſten verurtheilt wird. 3. Fall. Friedrich Schneider, 47jähriger Tag⸗ loͤhner von Neckarzimmern, wegen Nothzuchtsverſuchs und Vornahme unzüchtiger Handlungen. Die Ge⸗ ſchworenen bejahten die Schuldfrage, verneinten aber die Frage nach mildernden Umſtänden, worauf der Angeklagte wegen Verbrechens gegen § 176 Ziff. 1 und § 177 des R.⸗St.⸗G.⸗B. in eine Zuchthaus⸗ ſtrafe von 3 Jahren, Verluſt der bürgerlichen Ehren⸗ rechte auf die Dauer von 5 Jahren und in die Koſten verurtheilt wird. 4. Fall. Heinr. Schneider, 23 Jahre alt, led. Eſſenbahnbedienſteter von Gauangelloch wegen Unter⸗ ſchlagung im Amt und Urkundenfälſchung. Die Ge⸗ ſchworenen bejahten beide an ſie gerichteten Fragen, worauf der Angeklagte wegen Unterſchlagung im Amt und Urkundenfälſchung im Sinne der 88 350 Hiͤſſoriſche Novelle nach Jules Lavigne 5 von §. With. e 0 27. Fortſetzung. an Demnach konnten die Konſervativen der alt⸗ ruſſiſchen Partei Staſia nicht verzeihen, nicht unter ihnen oder ihren Söhnen ſich den Gemahl gewählt zu haben. Schließlich hatte Fritſchen, ſo boshaft wie eitel, nicht verfehlt, ſobald er von der Reiſe des Ehepaares nach Moskau hörte, die verläum derichſten Gerüchte Über ſie zu verbreiten. In Bezug auf Staſia be⸗ gnügte er ſich damit, die Photographie vorzuzeigen, die ihm Parlowna verkauft hatte, und gab tauſend Dinge zu verſtehen, an die aber Niemand glaubte, aber in Bezug auf Wladimir war er wirklich grauſam. Er hatte Nachforſchungen würdig eines Polizeiſpionen, angeſtellt, und alle die gemachten Entdeckungen ſeinen Korreſpondenten in Moskau mitgetheilt. Dieſes erklärt genügend die Verlaſſenheit, in welcher das junge Paar lebte und die Freude welche ſie bei der Ankunft von Serge und Parlowna em⸗ pfanden. „Was nun beſchließen?“ fragte Parlowna, nachdem ſie während einiger Zeit die Lage der Dinge beobachtet und über die zu ergreifenden zweckmäßigſten Mittel nachgedacht hatte. „Wir müſſen,“ ſagte Serge, „ſobald wie moͤglich nach Petersburg zurückkehren und ſie mit uns nehmen.“ Petersburg iſt weniger kleinſtädtiſch. Wladimir kann dort, wenn er will die Leute zum Schweigen bringen und dann nur in der Stadt ſelbſt, wo wir die Revolution unternehmen wollen, im Eentrum unſerer Operationen kann Wladimir die genügende Energie wieder erlangen. „So ſei es denn! Ich übernehme es Staſia zu beſtimmen; thun ſie das Gleiche bei Wladimir.“ Am Abend bei der Tafel wurde das Geſpräch geſchickt auf das Leben gebracht, welches die jungen Ehegatten führten. Serge theilte mit, daß er bald abreiſen müſſe; Parlowna ſagte, daß ſie ihm nächſtens folgen werde. „Und wie?“ fragte Staſia. „Jetzt, wo Wla⸗ dimir ſich langweilt, was wird aus uns werden?“ „Nun, und wenn wir alle zuſammen zurück⸗ gingen?“ Bei dieſem Vorſchlag ſah Wladimir Slaſia an, um in ihren Augen zu leſen, wie ſie über die an⸗ geregte Idee denke. Was ihn betraf, ſo fand er ſie vortrefflich; ſie ſagte ihm in jeder Beziehung zu. Der Entſchluß wurde nun verhältuißmäßig ziem⸗ lich raſch gefaßt; man würde ſpäter nach Moskau zurückkehren. Petersburg ſei doch hundertmal ange⸗ nehmer; im Ganzen ſei es doch die Hauptſtadt, der Mittelpunkt, die Bewegung, die Wärme, das Leben, Moskau dagegen nur die Provinz. Parlowna ließ nicht nach und verfehlte nicht, hervorzuheben, wie viel un gerechtfertigten Stolz der Adel von Moskau ihnen gegenüber kund gegeben. Endlich reiſte man ab. Parlowna gratulirte ſich und das mit Recht, das Zurückgehen des Paares nach Petersburg ver⸗ anlaßt zu haben, dort konnte in jeder Beziehung Alles wieder gut gemacht werden. Wer am meiſten bei alledem gewonnen hatte, war Serge: ſein einfaches Weſen, ſeine Offenherzigkeit, ſeine Feſtigkeit hatten Eindruck auf Staſia gemacht. V. Die Nihiliſten erregen Beſorgniſſe. Parlowna wußte wohl, was ſie that, indem ſie Staſia nach Petersburg zurückführte; ſie verhehlte ſich nicht, daß es gelte den ſtummen Befehlen des nihiliſtiſchen Komite's zu gehorchen. Die Nihiliſten hatten gehofft, daß Wladimir nichts Eiligeres zu thun haben würde, als bedeu⸗ tende Summen dem Werke zur Verfügung zu ſtellen, und nun, weit davon entfernt, dieſe Erwartungen zu erfüllen, überließ er ſich ganz und gar dem Glück und lebte wie ein gewöhnlicher Menſch ſeinem Ver⸗ gnügen. Serge ſagte: „Wir wollen Geduld haben!“ aber man hörte nicht auf ihn. Wie hätte das auch ſein können? Sein Einfluß war ganz geiſtiger Natur; die Dienſte, welche er den