E i 1 9 * Dee ehlt Poſtpropiſion. Nutzen gereicht. daß es ſich für das Großherzogthum Baden keines⸗ i 8 mendgenuſſes. daß zwar in einzelnen Ortſchaften des Landes bei geringem landwirthſchaftlichem Areal eine 1886 Erſcheint Mittwoch und Zam tag 111 ag un d koſſet vierteljährlich 1 M. 20 Pfg. mit ikuſtrirtem Anterhaltungsblatt 1 N. 70 ercl. Inſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die 5 einſpaltige Petitzeile oder deren Raum mit 10 Pf., Local⸗Anzeigen mit 6 Pfg., Reclamen mit 20 Pf. berechnet. ſprechende Rabattbewilligung. — Für Schriesheim nimmt Herr Gaſtwirth Franz Carqué zum „deutſchen Kaiſer“ jederzeit Inſerate an. — Alle Annoncen⸗ 5 Expeditionen nehmen Inſerate für uns an. Bei größeren Aufträgen ent⸗ Beſtellungen auf dieſe Zeitung können zu jeder Zeit gemacht werden. Nr. 36. Samſtag, den 3. ai 1884. Bolitiſches. Karlsruhe, 28. April. Mit großer Mehr⸗ i heit nahm heute die zweite Kammer den Antrag an, die Regierung wolle bei dem Bundesrath dahin wirken, daß von Seiten der Reichsregierung eine zweckmäßige Colonialpolitik eingeſchlagen werde, welche die deutſche Auswanderung ſo leitet und ſichert, daß ſie den Auswanderern, wie dem Mutterlande zum Alle Redner waren darüber einig, wegs darum handle, die Auswanderung zu unter⸗ ſtützen, da es im Lande thatſächlich an Arbeits⸗ kräften fehle, Vielmehr könne der Zweck des Antrags nur der ſein, die Auswanderung als vorhandenes und leider unvermeidliches Uebel wenigſtens in ſolche Bahnen zu leiten, daß den Ausgewanderten ihr Volksthum und ihr politiſcher und wirthſchaftlicher Zuſammenhang mit dem Mutterlande thunlichſt er⸗ halten bleibe. Die Verhandlung ſelbſt beſchäftigte ſich faſt gar nicht mit dem abſichtlich ganz allgemein gehaltenen Inhalt des Antrags, ſondern mehr mit der Ueberbürdung der Gemeinden und insbeſondere mit der ſteuerlichen Belaſtung des ſogenannten All⸗ Als Thatſache wurde dabei feſtgeſtellt, locale Uebervölkerung ſtattfinde, weil die jüngeren Einwohner . theils aus Liebe zum Heimathsort, theils aber auch aus Trägheit an der Scholle kleben bleiben, daß aber von einer Uebervölkerung des Landes im ganzen durchaus nicht die Rede ſein kann. Der Geſetzent⸗ wurf über die Braumalzſteuer hat wenig Hoffnung darauf, zum wirklichen Geſetz erhoben zu werden, da von allen Seiten — nicht allein von den kleinen Brauern — der Steuererſatz von 10 M. für den Doppelcentner als unerträglich angeſehen wird, die Regierung aber nicht davon abgehen zu können glaubt. Die Commiſſion iſt deshalb zu dem Antrag gelangt, die Kammer ſolle von der Berathung des Geſetzes abſehen. Karlsruhe, 28. April. Die in dem Be⸗ richte des Geh. Raths Dr. Schulze enthaltenen Vor⸗ ſchläge, ſoweit dieſelben eine neue geſetzliche Grund⸗ lage für die Erhaltung ganzer „Landgüter“ (Land⸗ güterordnung) ſchaffen wollen, wurden bereits be⸗ ſprochen. Außerdem enthält aber der Bericht auch noch ſolche Vorſchläge, welche darauf abheben, das bisherige Recht der ſog. geſchloſſenen Hofgüter nach dem Edikt von 1808 auf eine erweiterte Grundlage zu ſtellen und eine Zerſchlagung derſelben da zu verhindern, wo dieſelbe wirthſchaftlich nachtheilig wirken wüßte. Der größere Theil dieſer Vorſchläge läßt ſich auf dem Wege der Verordnung durchführen; ein Geſetz wäre nur für die neue Beſtimmung be⸗ züglich des Taxwerths der Uebernahme nothwendig, welcher ſich nicht mehr nach dem augenblicklichen Verkehrswerth, ſondern nach dem wirklichen nachhal⸗ tigen Ertragswerth richten ſpll. Karlsruhe, 29. April. Der Großherzog begibt ſich, wie letztes Jahr, zu mehrwöchentlichem Kurgebrauch nach Kiſſingen. Heidelberg, 30. April. (Allerhöchſter Be⸗ ſuch.) Heute Vormittag 10 Uhr trafen Seine Königliche Hoheit unſer deutſcher Kronprinz mit ſeiner erlauchten Familie zum Beſuche Ihrer Majeſtät der Kaiſerin von Oeſterreich und deren Tochter hier ein. Die deutſchen Herrſchaften wurden von der Kaiſerin von Oeſterreich und deren Tochter Valerie am Bahnhofe erwartet und fuhren dann die hohen Herrſchaften in offener Droſchke in das Schloßhotel. Die Kaiſerin ſchien durch den Beſuch faſt der ganzen kronprinzlichen Familie ſehr erfreut zu ſein und war die Unterhaltung zwiſchen ihr und der Frau Kron⸗ prinzeſſin allem Anſcheine nach eine ſehr herzliche. Darmſtadt, 30. April. Die Vermählung der Prinzeſſin Viktoria mit dem Prinzen Ludwig von Battenberg hat programmmäßig ſtattgefunden. Nachdem Staatsminiſter v. Stark im Reſidenzſchloß den Standesact vollzogen hatte, begab ſich der Feſtzug, in welchem die Braut von dem Großherzog und dem Prinzen Alexander, der Bräutigam von der Prinzeſſin Karl und der Prinzeſſin von Bat⸗ »tenber geführt wurde, durch den Schloßhof in die feſtlich geſchmückte Hofkirche, woſelbſt die kirchliche Trauung durch Oberhofprediger Bender erfolgte. Beim Ringwechſel ertönten dreimal zwölf Kanonen⸗ ſchüſſe. Der Feier wohnten ſämmtliche hier an⸗ weſende Fürſtlichkeiten bei. Die Stadt hat in den Hauptſtraßen Feſtſchmuck angelegt. — Der Großherzog hat anläßlich der Vermählung eine theil⸗ weiſe Amneſtie gewährt. Kairo, 30. April. Eine Depeſche des Gou⸗ verneurs von Berber iſt heute Vormittag hier ein⸗ gelaufen, worin derſelbe das Anſuchen um Ver⸗ ſtärkungen wiederholte und die Regierung beſchwört, ihn nicht im Stiche zu laſſen. Seitdem iſt nichts weiteres eingelaufen; man glaubt, daß die Telegra⸗ phiſten Berber verlaſſen haben. Verſchiedenes. — Ladenburg, 2. Mai. Am Sonntag den 4. und Montag den 5. Mai finden in Mann⸗ heim wie alljährlich die Pferde⸗Rennen ſtatt. — In unſerm Nachbarorte Leutershauſen feiert der dortige Kriegerverein am kommenden Sonntag das Feſt der Fahnenweihe. Alt und Jung macht in ſchönſter Einigkeit Anſtrengungen die vielen Vereine 0 * 6 * Die Nihiliſten. Hiſtoriſche Novelle nach Jules Lavign von 5. With. 9. Fortſetzung. Der Gardevoi iſt ein Mittelding zwiſchen Soldat und Civilbedienſteter; er iſt mit der Aufſicht in den Straßen der Stadt betraut; er hütet die Felder und die Cité; er iſt der ſtarke Schutz des Eigenthums nnd der Geſetze; er iſt die Stütze der Fußgänger und der Fremden, die Erkundigungen einziehen wollen; er iſt der Retter für feſtgefahrene Schlitten; aber man muß ihm Gerechtigkeit wider⸗ fahren laſſen, der Gardevoi verrichtet dieſe verſchie⸗ denen Funktionen mit unerſchütterlicher Ruhe und gehörigem Phlegma. Nichts kann ihn aus ſeiner Kaltblütigkeit auf⸗ ſtören, nie verläßt ihn ſeine Ruhe, er iſt der Mann des Horaz, der Gardevoi würde ſich unter den Ruinen begraben laſſen, im Begriff ſeine Pflicht zu thun, aber auch nicht mehr. Mit ſeinem ſcheinbar friedlichen Weſen erweiſt der Gardevoi eigentlich Niemanden Gutes, da er aber auch nicht ſchadet, ſo iſt er geachtet. Man kann ſich nicht enthalten zu lächeln, wenn man ihn ſieht, umgürtet mit einem unſchädlichen Säbel, bei der geringſten Veranlaſſung laut ſchreiend, als ob er Alles vernichten wolle, und nie vernichtet er etwas. Er würde auch keine Fliege auf die Polizei führen. Man hat verſucht, dieſe Leute eine bedeutendere Rolle ſpielen zu laſſen, ihnen Anweiſungen zu geben über die Art zu beobachten, zu ſpioniren, aber um⸗ ſonſt! Die Gardevoi, die anſtelligſten, haben große Augen gemacht und nichts geſehen. Obſchon die Nihiliſten ganz genau die Natur dieſer ruhigen Geſchöpfe, beſtimmt den Thron und den Altar zu ſchützen, kannten, eigriffen ſie nichts deſtoweniger aus Grundſatz einige Vorſichtsmaßregeln. Aus Grundſatz, aber auch der Tradition wegen: Alle Verſchworenen liebten es von jeher, ſich eine gewiſſe Wichtigkeit beizulegen. Es iſt möglich, daß eine Regierung gar keine Notiz von gewiſſen unbedeutenden Sekten oder un⸗ unſchuldigen Comité's nimmt; aber gerade je mehr ſind ſie geneigt, das Gegentheil von ſich zu glauben, mit je mehr Borſicht umgeben ſie ſich. Es war intereſſant zu ſehen, mit welcher affek⸗ tirten Sorgloſigkeit und mit welchem totalen Sich⸗ gehenlaſſen die Nihiliſten ankamen; ſobald ſie ihre Augen nach allen Richtungen hatten ſchweifen laſſen, konnte man beobachten, mit welcher haſtigen Art ſie die hundert Stufen der Treppe hinanſtiegen, die zu dem Berathungszimmer führte. Pünktlichkeit wurde verlangt, ſie war eine Be⸗ ſtimmung des Programmes und der Verbrüderung. Ohne Pünktlichkeit war man eingebildeten Gefahren ausgeſetzt, man konnte jeden Moment erwarten, überraſcht zu werden. Sobald jedermann zur rechten Zeit auf ſeinem Poſten ſich eingefunden hatte, wurden die Thüren ſogleich geſchloſſen, man hatte Niemanden mehr zu erwarten und konnte in Ruhe die Hoffnungen der Partei beſprechen. Dieſen Abend war man bald vollzählig, Ri⸗ bowsky wurde zum Präſidenten gewählt und die Verhandlungen begannen. Zuerſt wurde die Correſpondenz geleſen; im Allgemeinen behandeln dieſe Briefe beſtimmte Themas, in übereingekommenen Ausdrücken, damit, wenn je⸗ mals durch einen boͤſen Zufall die Korresſpondenz gefunden würde, die Polizei angeführt wäre und nicht erfahren könnte, um was es ſich handele. Dieſes Mal waren mehrere Briefe aus Zürich und aus den Gegenden des Urals eingelaufen. Zürich iſt, wie bekannt, vorzugsweiſe der Aufenthaltsort von ruſſiſchen Flüchtlingen. Dort hat der berühmte Agitator Boukounine viele ſeiner Landsleute, ver⸗ bannte und freiwillig ausgewanderte, um ſich ver⸗ ſammelt. In dem Ural leben die Arbeiter in den Bergwerken von Sibirien, die unglücklichen Depor⸗ tirten, ohne Zukunft, ohne Familie, ohne Glück. Der einzige Troſt bei ihrem harten undz elenden Schickſal für ſie, iſt an ihre Freunde, an diejenigen Verwandten, die ihnen treu geblieben ſind zu ſchreiben; durch die Poſt befördert, würden dieſe Briefe. nur