1 Mittwoch und Samstag und koſtet vierteljährlich 1 M. 20 Pf. mit ikuſtrirtem Anterhaltungsblatt 1 Mf. Poſtpropiſton. b Juſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die ein⸗ ſpaltige Petitzeile oder deren Raum mit 10 Pf., Local-Anzeigen mit 6 Pf., Reclamen mit 20 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen entsprechende „deutſchen Kaiſer“ jederzeit Inferate an. — Alle Annoncen⸗Expeditionen 70 Pf. excl Nabattbewilligung. — Für Schriesheim nimmt Herr Gaſtwirt Franz Carqus zum nehmen Inſerate für uns an. Mittwoch, den 32. ANai 1883. Politiſches. Rarlsruhe, 19. Maj. J. K. H. die Pronprinzeſſin von Schweden und Norwegen iſt geſtern abend wohlbehalten in Stettin angekommen, hat die Nacht über an Bord zugebracht und iſt heute ſtühe — von S. M. dem Kaiſer und S. K. H. dem Kroprinzen an dem Stettiner Bahnhofe em⸗ Rangen — mit S. K. H. dem Herzog von Schoo nen in Berlin eingetroffen. Nach den bis jetzt vorliegenden Reiſe⸗Dispoſitionen wird J. K. H. Sonntag abends Berlin verlaſſen nd Montag vormittags 11 Uhr 40 Minuten in Korlsruhe anlangen. — Karlsruhe, 19. Mai. Wie man dem 8. M. mittheilt, iſt die erſte Probeerhebung hin⸗ ſſchtlich der landwirthſchaftlichen Statiſtik trotz der Koßen Anzahl der Einzelfragen und der theilweiſen Schwierigkeit ihrer Beantwortung im Großen und Ganzen ſo befriedigend ausgefallen, daß die zahl⸗ keſchen Zweifel, die in fachmänniſchen Kreiſen und außerhalb derſelben über die Möglichkeit der Durch⸗ führung einer ſo viel umfaſſenden Enquete ſich we⸗ Higſtens nach dieſer Seite nicht als berechtigt heraus⸗ geſtelk haben. Ob die Erhebung in dieſem Umfang ar das ganze Land durchgeführt werden ſoll und kann, hängt natürlich noch von ganz anderen Fak⸗ koken ab, als von der blos theoretiſchen Möͤglichkeit. — Berlin, 21. Mai. Der Kaiſer ſtattete geſtern nachmittag dem Reichskanzler Fürſten Bis⸗ Marck einen Beſuch ab, und folgte heute der Ein⸗ lodung des franzöſiſchen Botſchafters Courcel zum Diner. Die Schwediſche Kronprinzeſſn mit Gefolge geſtern abend nach Karlsruhe abgereist. Berlin, 20. Mai. Der Bundesrat wird ich morgen mit dem Antrag der Buhl⸗Thilenius, betreffend die Rheincorrection, beſchaͤftigen und ver⸗ 0 mutlich zunächſt den Ausſchüſſen zur Vorberatung Überweiſen. Peſt, 19. Mai. Der der Ermordung Mai⸗ laths angeſchuldigte Spanga geſtand geſtern dem Unterſuchungsrichter Thoth, daß der Leibhuſar Be⸗ recz Spanga und Pitely abends durchs Thor einge⸗ laſſen habe. Sie verbargen ſich in Berecz' Zimmer; um 1 Uhr nachts gingen Spanga und Pitely in Mailaths Schlafzimmer. Spanga ſagte: Ich bin um Geld gekommen. Mailath rannte auf ihn zu und verwundete ſich an Spangas vorgehaltenem Meſſer. Pitely warf darauf Mailath nieder und band ihm die Füße zufammen, während Spanga ihn mit einem Haudtuch knebelte. Er nahm darauf den Caſſenſchlüfſel, konnte aber die Caſſe nicht öffnen, nahm daher Ring, Uhr und Kette. Pitely nahm die Brieftaſche. Darauf ließen ſich beide an einem Seile auf die Straße hinab. Pitely gab Spanga in Peſt 600 Gulden. Petersburg, 20. Mai. Die Vertreter Deutſchlands, Frankreſchs, Oeſtereichs, Englands und anderer Staaten bei der Kroͤnung ſind geſtern mit einem Specialzuge nach Moskau abgereißt. Herr v. Giers reiſt heute dorthin ab. Petersburg, 20. Mai. Das kaiſerliche Paar mit den Kindern und den Großfürſten Alexis und Paul iſt nachts 1 Uhr von Gatſching nach Moskau abgereißt. ö Verſchiedenes. W Ladenburg, 21. Mai. Der Ausflug des hieſigen Kriegervereins am geſtrigen Tage ge⸗ ſtaltete ſich zu einem recht vergnügten. Die Mit⸗ glieder fanden ſich mit ihren Angehörigen ſehr zahl⸗ reich und pünktlich im Vereinslokal ein, ſo daß ſich etwas vor 1 Uhr Mittags ein ſtattlichet Zug unter Leitung des eifrigen Vorſtandes durch die Haupt⸗ ſtraße nach dem Schriesheimer Thor bewegte. Voran ſchritten zwei Tambours und die Muſikkapelle Abel von Weinheim, welche im Spiele mit einander ab⸗ wechſelten. Das Ziel des Ausflugs war eine wal⸗ dige Anhöhe bei Leutershauſen. Als der Verein dort angelangt war, entwickelte ſich ein munteres, lebhaftes Treiben. Für Speiſen und Getränke hatte Kamerad Beidinger ſehr gut geſorgt. Auch Witz und Spaß kamen zur Geltung in dem ſog. Wurſt⸗ laufen, welches ein Mitglied mit der zahlreich er⸗ ſchienen Dorfjugend veranſtaltete. So vergingen die Stunden des Nachmittags in der angenehmſten Weiſe. Gegen Abend trat der Verein den Rück⸗ gang an und kam um 8 Uhr hierher zurück. Unter⸗ wegs wurde in Leutershaufen noch ein kurzer Raſt gemacht und eine kleine Tanzunterhaltung arrangirt. Hier kehrte der Verein bei Kamerad Beidinger ein und verbrachte die Abendſtunden bei gutem Bier und angenehmer Conzertmuſik der genannten Muſikapelle. Erſt um Mitternacht ſchloß das Vergnügen, welches bei allen Mitgliedern gewiß in angenehmer Erinne⸗ rung bleiben wird. — Ladenburg. Die am Donnerstag ab⸗ gehaltene Generalverſammlung des Turnvereins war ſehr zahlreich beſucht und Jedermann geſpannt auf die Rechnungsvorlage über das jüngſt abgehaltene Anturnen. Turnwart Zentmayer Bericht über den Verlauf des rauf Caſſenwart Müller die Abrechnung vorlegte, aus welcher hervorging, daß der genehmigte Zu⸗ ſchuß aus der Turnkaſſe nicht nur nicht angegriffen, ſondern ein Ueberſchuß von Mk. 8.23 erzielt wurde, welcher der Vereinskaſſe zu gut kommt. 0 gab einen gedrängten Turnens ſelbſt, wo⸗ Vorurtheil und Felbſt. perleugnung. Schilderungen aus dem Leben eines Kaufmanns von Paul Böttcher. Die Lokomotive braust vorwärts auf ihrer Juhn, ſie hat gerade die ſchöne thüringiſche Stadt berlaſſen, deren Lichter rötlich durch den Nebel ühen. Halbverſchleiert in ihrem Mantel von Rauch, ürmen die unförmlichen Waggons, wie von Dämon⸗ änden geſchoben, dahin. En gut Teil Leben — die Vertreter aller laſſen der Geſellſchaft finden wir in ihren ſchmalen⸗ äumen vereint und mit Blitzesſchnelle dahingetragen, den Augenblick näher und näher dem erſehnten ele. In das Innere eines Coupés der dritten Bagenklaſſe eintretend, gewahren wir die meiſten ir Paſſagiere in nachläſſſger Bequemlichkeit auf den zmalen Holzbänken hingeſtreckt, in möoͤglichſter Nähe s wärmeſpendenden Ofens ſich einem leichten Halb⸗ lummer überlaſſend. b Nur zwei Fahrgäſte, ein älterer Herr und ein inger Mann ſcheinen ſich dieſe Bequemlichkeit nicht nnen zu wollen. Sie hatten ſich in unmittel⸗ er Nähe der Thür und der Plattform, entfernt n den übrigen Paſſagieren, niedergelaſſen und jeder derſelben ſchien ſoviel mit ſich ſelbſt beſchäftigt, daß er die Gegenwart des andern kaum gewahrte, geſchweige denn ſich um ihn bekümmerte. Der ältere Herr, allem Anſchein nach ein Kauf⸗ mann, hielt, lebhaft rechnend, in der einen Hand das Kommiſſionsbuch, während er in der andern das bereits ergraute Haar ruhen ließ; die beiden Ellenbogen hatte er auf den Knieen geſtützt. Seine eckige, muskulöſe Geſtalt weist noch im Alter Zeichen ihrer früheren Stärke. Die Schultern ſind breit, die Bruſt herkuliſch kraftvoll gewölbt. Soeben ſchien der alte Herr mit ſeiner Be⸗ rechnung zu Ende. Er richtete ſich aus ſeiner bis⸗ herigen Stellung auf und ſchob mit einem zufriedenen Lächeln das Kommiſſionsbuch in die linke Taſche ſeines eleganten Ueberziehers, während er aus der rechten das mit reſchen Goldſtickerejen verſehene Ci⸗ garrenetuits hervorholte und aus dieſem ein beſſeres überſeeiſches Gewächs langſam ſeiner endlichen Be⸗ ſtimmung, dem Feuertod entgegenführte. Das bei dieſer Gelegenheit in Brand geſetzte Zündhölzchen warf alsbald ein ſchwaches Licht auf das Gegennüber des alten Herrn, den ſchon erwähnten jungen Mann, der erſt jetzt ein Gegenſtand der Be⸗ trachtung für den Kaufmaun wurde. Während der ältere Herr in ſeinen leichten Bewegungen noch Leben und Jugendfeuer verriet, ſchien bei dem jungen Mann gerade das Gegenteil der Fall zu ſein. Er ſaß zuſammengekauert in dem — Winkel des Wagens, ſeine Arme hielt er berſchränkt über der Bruſt und ſein Haupt war auf die Schulter geſenkt, als ſei es ſein Wunſch, ſelbſt das ſchwache Licht zu vermeiden, welches trüb auf ſeine großen Augen ſtrahlt. Sein Geſicht mag einſt ſchön, ſeine Geſtalt zierlich und muskulös geweſen ſein, aber jetzt trägt dies Geſicht die blaſſe, gelbliche Farbe phyſiſchen und geiſtigen Leidens; ſeine Geſtalt iſt dürftig in einen fadenſcheinigen, dunklen Tuchrock gehüllt, der an den Nähten weiß geſcheuert und bis an den Hals zu⸗ geknoͤpft iſt. Die Stirn iſt weiß wie wie Marmor, während die Wangen fahl und farblos ſind. Dichte Maſſen von braunem Haar fallen wirr über feinen Nacken herab und ruhen auf dem erblichenen Kragen ſeines Rockes. Die Lippen ſind fein gebaut, aber ihre Farbe deutet auf Nichts weniger als Geſundheit. Die Adlernaſe, das runde und feſte Kinn, die ge⸗ wölbten, ſchwarz und zierlich geſchwungenen Brauen, alle tragen den Stempel der Energie, einer kräftigen Konſtitution. Die Augen ſind groß, ihre Farbe ein tiefes Grau, welches jetzt von einer gläſernen Stumpf⸗ heit getrübt wird. Im Ganzen genommen bietet der junge Mann, der elend in das fadenſcheinige Gewand der Armu gekleidet iſt, den Blicken ſeines älteren Beſchauers ein Bild traurigen Elends und frühzeitiger Leider Herr Wohlmann, ſo wollen wir den älteren Herrn nennen, betrachtete ſeinen Nachbar mit de