Allgemeiner Jenzeiger fü r Ladenburg und Schriesheim. 1 10 Erſcheint Mittwoch t Poſtproviſion. nehmen Inſerate für uns an. N Juſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Ex ſpaltige Petitzeile oder deren Raum mit 10 Pf. Rabattbewilligung. — Für Schriesheim nimmt Herr Gaſtwirt Franz Carqué zum „deutſchen Kaiſer“ „Local⸗An und Samstag und koſtet vierteljährlich 1 M. 20 Pf. mit illuſtrirtem Anterhaltungsblatt 1 Mk. 70 f. excl⸗ zeigen mit 6 Pf., Reclamen mit 20 pedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die ein⸗ Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen entſprechende jederzeit Inſerate an. — Alle Annoncen⸗Expeditionen Nr. 6. Samstag, öden 20. Januar 1883. lz. 2 . Volitiſches. ien, Karlsruhe, 18. Jan. Das neue deutſche Reich feiert heute ſeinen zwölften Geburtstag. Uns Badenern ruft der heutige Tag überdies noch die Erinnerung an den Abſchluß der ſchweren Kämpfe um Belfort wach, in welchen unſere heldenmütigen Truppen ſich mit unvergänglichem Ruhme bedeckten. An ſolchen Merktagen der Geſchichte blickt man un⸗ willkürlich zurück auf die Vergangenheit: Es iſt nicht Alles geworden, wie man es bor einem Jahr⸗ zehnt im Ueberſchwang der Hoffnungen erwartet; es iſt nicht ſo geworden, weil es nicht werden konnte in der kurzen Spanne Zeit, weil die Be⸗ dingungen des Werdens vielfach erſchwert wurden, weil Gegenſätze auf's Neue aufgeſtellt und künſtlich groß gemacht wurden, die man im erſten Sieges⸗ jubel für immer beſeitigt geglaubt. Wenn hier und dort die volle Zufriedenheit fehlt, erſcheinen an dieſem Unbehagen Nord und Süd gleich ſchuldig. Laſſen denn nicht auch manche Badener ſich durch Verhetzungen und Berbitterungen, deren unlautere och, r, eh 5 Motive ſie nicht erkennen — wollen, die Erinnerung — an den Geiſt, welcher in den Tagen von Belfort l. geherrſcht, zurückdrängen? Karlsruhe, 17. Jan. Aus Paris bringt der Telegraph heute hochwichtige Nachrichten: die Veröffentlichung eines Manifeſtes des Prinzen Je⸗ rome Napoleon und die in Folge deſſen verfügte Verhaftung desſelben. Frankreich ſteht alſo, wie brigens der unbefangene Zuſchauer längſt beſürch⸗ et, vor einem neuen Staatsſtreich und damit vor dem Bürgerkrieg, wenn nicht die republikaniſche Re⸗ gierung der Situation gewachſen iſt. Was die Bo⸗ neparte Frankreich ſchon gekoſtet hat, iſt zu friſch in aller Gedächtnis, und darum erſcheint es kaum oͤglich, daß dieſer Verſuch Jerome's irgend welchen Erfolg haben ſollte; es iſt ein tollkühnes Unter⸗ fangen, in Scene geſetzt ohne Ueberlegung und ohne mit der Stimmung des Landes zu rechnen. Der Tod Gambetta's und die dadurch hervorgebrachte Verwirrung bei allen politiſchen Parteien hat Je⸗ rome's Entſchluß, ein viertes Kaiſerreich zu prokla⸗ mieren, allzuſchnell reifen laſſen und dadurch viel⸗ leicht gerade dürfte Frankreich vor den Segnungen einer nochmaligen napoleoniſchen Regierung bewahrt bleiben. Die napoleoniſche Partei ſelbſt ſſt an ſich zu ſchwach und zu ſehr disereditiert und im Haß gegen dieſelbe ſuchen ſich die republikaniſche und die rojaliſtiſchen Parteien zu überbieten. Berlin, 17. Jan. Die Nordd. Allg. 3g. ſchreibt über die Verhaftung des Prinzen Napoleon: Ohne uns auf politiſche Erörterungen einlaſſen zu wollen, bemerken wir nur, daß der Prinz nach dem Wortlaute der napoleoniſchen Hausgeſetze formell unzweifelhaft zur Inanſpruchnahme des imperialiſt⸗ iſchen Erbes berechtigt iſt, wobei ja anderſeits durch⸗ aus und bedingungslos eingeräumt werden muß, daß ſein jetziges Auftreten und die Auseinander⸗ ſetzung des in Frankreich herrſchenden Regimentes mit ſeinen grundſätzlichen politiſchen Wiederſachern lediglich in die Katogorie der innern Angelegenheiten gehört, Betreffs welcher jedes Volk ſein allein be⸗ rufener eigener Richter iſt. Berlin, 16. Jan. Der Plan, an Kaiſers Geburtstag den Grundſtein zum neuen Reichstags⸗ gebäude zu legen, ſcheint nicht zur Ausführung kommen zu ſollen. Dem Vernehmen nach weigert ſich einen der Raczynski'ſchen Agnaten bis jetzt, zu dem Verkaufe des Gräfl. Raczynski'ſchen Palais an Beſtehens. In der feſtlich geſchmückten Kirche ce⸗ lebrierte Biſchof Reinkens das Hochamt. Pfarrer Demmel hielt die Feſtpredigt. Hamburg, 18. Jan. Die Bürgerſchaft nahm einſtimmig den dringlichen Antrag des Senats auf Bewilligung von 50,000 Mk. für die Ueber⸗ ſchwemmten im Rheinlande an. Paris, 16. Jan. Der „Figaro“ veröffent⸗ licht ein Manifeſt Jerome Napoleons, in welchem derſelbe die gegenwärtige Lage erörtert und die na⸗ poleoniſche Erbſchaft für ſich in Anſpruch nimmt. Paris, 16. Jan. Prinz Napoleon wurde heute nachmittag verhaftet und in die Conciergerie gebracht. Paris, 17. Jan. Prinz Napoleon iſt noch immer in der Conciergerie zur Dispoſition der Ge⸗ richtsbehörden, welche frei, ohne jegliche Intervention der Regierung, in der Angelegenheit handelten. Die Regierung iſt entſchloſſen, das Geſetz ſtrikte walten zu laſſen. Auf Anſuchen Prinz Napoleon's erhielt Oberſt Brunet die Erlaubnis, ihm im Ge⸗ fängniſſe Geſellſchaft zu leiſten. Petersburg, 18. Jan. In der Antwort des Czaren auf die Neujahrsglückwünſche des Mos⸗ kauer Generalgouverneurs heißt es: Ich beginne das neue Jahr mit feſtem Vertrauen auf Gott und ſeinen Schutz für Rußland, und freue mich, daß der Tag nicht mehr fern iſt, wo Moskau und ganz Rußland mit uns ſich vor den Heiligtümern des Kremels zu einer großen religiöſen Feier (der Krö⸗ nung) vereinigt. Berſchiedenes. das Reich ſeine Zuſtimmung zu geben. Bonn, 14. Jan. Die hieſtige altkatholiſche Gemeinde begeht heute die Feier ihres 10jährigen B Ladenburg, 18. Jan. Auch hier wurde zu Gunſten der Hochwaſſerbeſchädigten eine Samm⸗ lung veranſtaltet und heute geſchloſſen. An Liebes⸗ Der Schloßherr. Novelle von Th. von Aſchenberg. ö (Fortſetzung.) Und ſie rief noch lauter: „Thereſe, Thereſe l Diesmal antwortete eine ſchwache und zitternde Stimme aus dem Innern der Chaiſe: „Wer ruft mich? Wo bin ich? Großer Gott, iſt das Alles möglich?“ — Herr von Mira wollte mit ſeiner Hand den Mund der Frau Lampert zuhalten; aber ſie machte ſich frei und rief nur um ſo lauter: „Ich bin es, meine liebe Thereſe, Deine Su⸗ nne, die Freundin Deiner guten Mutter.“ „Suſanne!“ tönte ein jäher Ruf zurück. In demſelben Augenblick ſprang eine in einen chten Mantel gehüllte Frauengeſtalt mit aufgelöſten daren aus dem Wagen und lief gegen das Haus. lle ferneren Anſtrengungen Mira's waren umſonſt; it einem Fluche ließ er Suſanne los und ſah, je Thereſe faſt leblos in die Arme ihrer mütter⸗ en Freundin fiel. Frau von Fliera befand ſich einer Art Delirium und heftiges Fieber ſchüttelte re Glieder. Ihre Worte waren verwirrt und zu⸗ mmenhängend; ſie umſchlang Suſanne leiden⸗ aftlich mit den Armen und rief: „Susanne, Du kommſt zur rechten Zeit — Gott ſchickt Dich — ich habe Dich verraten — ich fürchte mich — er nahm mir das Verſprechen ab, Dich nicht mehr zu ſehen, Dir nicht mehr meine Geheimniſſe anzuvertrauen. — Aber nein, dieſer Wagen, dieſe nächtliche Flucht, dieſe Finſternis, alles das exiſtiert ja nicht wirklich, ſondern ſind Ausge⸗ burten meiner Thorheit! Suſanne, laß mich Deine Stimme hören, das wird mich beruhigen.“ „Armes Kind, es iſt leider Alles traurige Wahrheit,“ entgegnete Suſanne ernſt. „Nein, nein, o ſage das nicht!“ fuhr Frau von Fliera fort. „Du kannſt ja Alles, was Du willſt; o ſo mache doch auch, daß dies nichts ſei, als ein Traum, ſorge aber auch, daß er nicht zu lange dauert; denn ich könnte es nicht ertragen!“ „Nun ja, Du kannſt den Traum beendigen, wenn Du willſt,“ meinte Suſanne, „und ich will Dir behülflich ſein, weil Du es ſelbſt verlangſt. — Wenn Du, wie ich denke, ganz unbemerkt aus dem Schloſſe entflohſt, ſo kannſt Du auch ebenſo wieder hineinkommen. Folge mir, Thereſe, komme wieder in das Haus, das Du nie hätteſt verlaſſen ſollen, und wenn Dir die Kraft zu dieſem Wege fehlt, ſo iſt Deine alte Suſanne immer noch ſtark genug, Dich zu geleiten.“ Eine kräftige Hand ſuchte die beiden Frauen zu trennen, die ſich noch immer feſt umſchlungen hielten. „Keine Kindereien!“ rief jetzt Mira, „Sie können glauben, Frau Lampert, daß weder ich, noch Thereſe dieſen Schritt unternommen haben, ohne ihn reiflich erwogen zu haben und ohne durch tref⸗ tige Gründe dazu gezwungen worden zu ſein. Be⸗ nutzen Sie alſo nicht die momentane Verwirrung Thereſens; ſie würde es morgen bereuen, Ihnen gefolgt zu haben, und da ſie nun von ihrer Ohn⸗ macht erwacht iſt, ſo —“ „Sie wird nicht mit Ihnen gehen!“ ſagte Suſanne mit Energie. „Noch einmal, Frau Lampert,“ bat Mira, „endigen Sie dieſe lächerliche Scene! Wenn auch Ihre Strenge Thereſen eine an ſich ſelbſt verdam⸗ mungswürdige Handlung vorwirft, ſo kennen Sie doch beſſer als ſonſt irgend Jemand die Gründe, die uns bei dieſem Schritt entſchuldigen. Ich weiß, daß Sie Thereſe wahrhaft lieben; haben Sie denn gar kein Mitleid mit ihren Leiden? Wollen Sie denn, daß ſie vor Gram ſtirbt? Sehen Sie nicht, daß ihr das Leben unerträglich geworden bei einem Manne, den ſie verachtet und haßt? Muß ſie, nur um einigen nichtigen Gründen zu gehorchen, ſo ohne Weiteres das ſchrecklichſte Los annehmen, das je einer Frau bereitet werden kann?“ „Still, böſer Geiſt!“ unterbrach in Frau Lam⸗ pert mit Würde, „wagen Sie es denn, mir gegen⸗ über jene ſchändlichen Grundſätze zu wiederholen, mit denen Sie Thereſens Herz vergiſtet haben ? Sie war in ihr Schickſal ergeben, Sie haben ſie 1