Nr. 101. ll, 6 „ gh 5 Erſcheint Mittwoch und Samstag und koſtet vierteljährlich! M. 20 Pf. mit illuſtrirtem Anterhaltungsblatt 1 Mk. 70 Pf. ercl · Poſtproviſion. Inſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die ein⸗ ſpaltige Petitzeile oder deren Raum mit 10 Pf., Local-Anzeigen mit 6 Pf., Reclamen mit 20 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen entſprechende Rabattbewilligung. — Für Schriesheim nimmt Herr Gaſtwirt Franz Carqus zum „deutſchen Kaiſer“ jederzeit Inferate an. — Alle Annoncen⸗Expeditionen nehmen Inſerate für uns an. 1882. Volitiſches. Karlsruhe, 16. Dez. Der Großherzog und die Großherzogin von Baden ſind heute mittag wohlbehalten hier eingetroffen. Berlin, 18. Dez. Mit der am vergangenen Donnerstag eingetretenen und bis zum 8. Januar incl. k. J. währenden Vertagung des Reichstages hat derſelbe den erſten Abſchnitt ſeiner Nachſeſſion, die am 30. November ihren Anfang nahm, beendigt. Wenn man die Thätigkeit unſers Parlaments wäh⸗ rend dieſes vierzehntägigen Abſchnittes überblickt, ſo muß man allerdings bekennen, daß dieſelbe gerade nicht viel poſitive Reſultate aufzuweiſen hat. Vor wichtigere Entſcheidungen wurde der Reichstag nur in der Frage der Doppeletats geſtellt, in welcher er ſich bekanntlich mit großer Majorität gegen die von der Regierung gewünſchte gleichzeitige Beratung der Etats von 1883/84 und 1884/85 entſchied. Ei⸗ nen großen Teil ſeiner koſtbaren Zeit mußte der Reichstag auch Anträgen und Interpellationen aus der Mitte des Hauſes opfern, welche beſſer unter⸗ blieben wären, was namentlich auch der Fall be⸗ züglich der beiden letzten Sitzungen vor der Ver⸗ tagung war. Auch die unfruchte Debatte über die Interpellation des Abg. Windthorſt am 13. Dezbr., betreffend die Aufhebung des Expatriirungsgeſetzes, folgte die nicht minder unerquickliche Diskuſſion über die Ausnahme⸗Maßregeln gegen die Socialdemokra⸗ tie, welche nicht nur den Reſt der Sitzung vom 13. Dezember, ſondern auch die ganze folgende Sitzung am Donnerstag in Anſpruch nahm. Die peinlichen Verhandlungen über dieſen Gegenſtand führten jedoch zu dem erfreulichen Endreſultate, daß der von ſocialiſtiſcher Seite geſtellte Antrag „der Reichstag wolle die Motive, welche den Bundesrat Mittwoch, öden 20. Dezember zur Verhängung des kleinen Belagerungszuſtandes über Berlin u. ſ. w. bewogen haben, für nicht zu⸗ reichend zur Begründung dieſer Maßregel erklären“ gegen die Stimmen der Socialdemokraten, Volks⸗ parteiler und Fortſchrittler abgelehnt wurde. In ſeiner nächſten Sitzung am 9. Januar k. J. wird ſich der Reichstag zunächſt mit der Interpellation Rickert⸗Richter (Hagen), betreffend das Verbot der Einfuhr amerikaniſchen Schweinefleiſches, beſchäftigen. In der Donnerstags⸗Sitzung des Bundesrates wurde der Antrag Preußens, betreffend die Erhöhung der Holzzölle, an den zuſtändigen Ausſchuß zur Vorberatung überwieſen. a Berlin, 18. Dez. Die gehäſſigen Artikel, welche in jüngſter Zeit wieder in zahlreichen, fran⸗ zöſiſchen Staatsmännern naheſtehenden Zeitungen erſcheinen, ſind hier bemerkt worden, da man zwiſchen ihnen und ähnlichen Artikeln ruſſiſcher Zeitungen, wenn auch kein formelles Einverſtändnis, ſo doch eine für Deutſchland nicht gerade beruhigende Uebereinſtimmung der Geſinnung Deutſchlands ge⸗ genüber erblicken will. Köln, 15. Dez. Eine Berliner Korreſpon⸗ denz der Kölniſchen Zeitung weiſt auf umfangreiche ruſſiſche Eiſenbahnbauten hin, bei denen Handels- zwecke unerſichtlich ſeien und die Rückſichten des friedlichen Verkehrs die dafür ausgegebenen Summen nicht rechtfertigen. Die Bauten ſeien daher auf militäriſche Leiſtungen berechnet, was kaum ver⸗ kennbar, zumal gleichzeitig die Umformung der Reiterei, die Vermehrung der Artillerie, große Feſt⸗ ungsbauten bei Kowno, Grodno, Warſchau, Iwan⸗ gorod, Breſt⸗Litowsk und anderen Weſtſtädten ſtatt⸗ gefunden hätten; zunächſt werde das Bahnnetz an der preußiſchen und öſterreichiſchen Grenze ausge⸗ baut. Die Kölniſche Zeitung führt die große An⸗ zahl der betreffenden Baulinien auf, weiſt die auf⸗ fallende Beſchleingung der Bauarbeiten nach und ſchließt: „Wir mochten gern überzeugt ſein, daß die Ruſſen freundnachbarlich gefinnt ſind, und haben ſelbſt den feſten Willen, die beſtehenden guten Be⸗ ziehungen aufrecht zu halten, aber Vorbereitungen, welche ebenſowohl zu Angriffs- wie zu Verteitigungs⸗ zwecken dienen können, zwingen die Nachbarn zu entſprechenden Vorkehrungen, und die Regierung, welche verſäumte, ſolche rechtzeitig anzuordnen, würde eine ſchwere Verantwortlichkeit auf ſich laden“ London, 17. Dez. Der Prinz von Wales wird anfangs nächſten Monats die gegenüber der Kriegsakademie in Woolwich errichtete und von Gra Gleichen gefertigte Marmorſtatue des Prinzen Louis Napoleon, ehemaligen kaiſerlichen Prinzen von Frank reich, enthüllen. W Verſchiedenes. — Mannheim, 14. Dez. Schwurgericht Aug. Müller von Oberſcheidenthal und Wilh. Mälle von Wagenſchwend wegen Meineids und Verleitun hiezu. Beide wurden des ihnen zur Laſt gelegten Verbrechens für ſchuldig befunden und Auguſt Müller wegen Meineids zu 1 Jahr 3 Monaten und Wilhelm Müller, der ſchon wegen Beihilfe zum Diebſtahl und Hehlerei beſtraft, zu 2 Jahren Monaten Zuchthaus verurteilt, zugleich wird gege Beide auf Ehrverluſt von je 3 Jahren un dauernde Unfähigkeit derſelben zur Zulaſſung eine Eides oder als Sachverſtändiger und Tragung der Koſten erkannt. 8 8. Fall. Karl Sachs, 26jähriger Schloſſer von Kaiferslautern, wohnhaft in Neckarau, wege Körperverletzung mit nachgefolgtem Tod. Die Ge ſchworenen bejahten nach kurzer Beratung die Der Schloßherr. Novelle von Th. von Aſchenberg. (Fortſetzung.) „Herr von Fliera,“ entgegnete Suſanne mit ernſter Stimme, „ich habe Ihnen nichts zu verzei⸗ hen, denn ich bin nicht Ihr Richter; Gott allein urteilt über die Größe von Schuld und Sühne. Wos mich armes Weſen betrifft, das der Himmel zum Zeugen des ſchrecklichen Ereigniſſes gemacht hat, wodurch ich Sie zwang großmütig zu ſein, ſo werde ich Sie nur ſtels an das erinnern, was ich Ihnen damals ſagte: Wenn mir mein Gewiſſen be⸗ fohlen hätte, zu ſprechen, ſo würde ich es gethan haben; ich glaubte aber, daß die chriſtliche Nächſten⸗ liebe verlange, daß ich Ihnen Zeit laſſe zur Ruhe und zur Buße; und da ich leiden muß, wie Sie widerrechtlich Achtung und Liebe genießen, die Ihnen nicht mehr gebührt, ſo mache ich die Bedingung, daß Ihr Leben auch wirklich eine Sühne ſei, daß Sie nicht Ihre Vorteile benutzen, um alle Menſchen unglücklich zu machen, die mit Ihnen in Berührung kommen. Zwei Perſonen, die mir teurer ſind als mein Leben, erregen ganz beſonders Ihren Haß; mein Sohn Denys und Ihre Frau, Thereſe von Norall, die Tochter der beſten und einzigen Freun⸗ din, die ich je auf Erden gehabt. So lange Sie 26. dieſe beiden Perſonen nicht angreifen, haben Sie nichts von mir zu fürchten; ich habe es vor Gott geſchworen und ich habe die Toten zum Zeugen angenommen! Aber an dem Tage, an dem Sie Ihrer Bosheit freien Lauf laſſen, an dem Sie ge⸗ gen das Glück und die Ruhe dieſer beiden Perſonen etwas unternehmen werden, an dem Tage beginne ich unerbittlich gegen Sie zu werden.“ Fliera war von dieſen Worten Suſannens wie zerſchmettert; er wagte kaum zu atmen, ſo ſehr hatte dieſe kräftige Anſprache alle ſeine Glieder gelähmt. „Wie können Sie fürchten,“ verſetzte er end⸗ lich mit großer Demut, „daß ich meinen heiligſten Schwüren untreu werde? Iſt Ihr Sohn Denys nicht gegen jede meiner Launen geſchützt? Iſt ihm nicht der Pacht auf zehn weitere Jahre vertrags⸗ mäßig zugeſichert? Was kann ich noch ferner gegen ihn thun? Und was Thereſe betrifft, dieſe Frau, die ich ſo ſehr geliebt, die mir ſo viel gekoſtet, glauben Sie denn, Suſanne, daß ich unempfindlich bin für die Liebe und Sorgfalt, womit ſie mich überhäuft? Hören Sie! Ich weiß ſo gut wie Sie, daß hereſe aus Ihrem Herzen nicht das Bild eines Andern reißen konnte, der glücklicher war, als ich; ich weiß, daß ſie bitter ihren kurzen Enthuſiasmus bedauert, der ſie auf ewig mit mir vereint hat, und das ſtille, einförmige, ja ſogar traurige Leben, das ſie an meiner Seite führt, vermehrt vielleicht — täglich ihre Reue! Ich weiß, daß ſie in München, wo wir zuletzt gewohnt haben, oft jenen Mann, ihren ehemaligen Bräutigam getroffen haben muß — Nun, Suſanne, trotz alledem habe ich nicht mehr den geringſten Groll gegen Thereſe; ich bedaure ſie von Herzen und weit entfernt, ihre geheimen Leiden vermehren zu wollen, möchte ich dieſelben nach Kräften vermindern.“ 5 Frau Lampert betrachtete den Sprecher miß. trauiſch; dieſer jedoch hielt beſtändig die Augen zur Erde geſenkt und ſeine übrigen Züge trugen nu den Stempel großer phyſiſcher Schmerzen. „Möchten Sie aufrichtig ſein!“ ſagte ſie end lich, „möchte mein Verdacht nicht begründet ſein! Die erſte Perſon jedoch, die Sie nach Ihrer Zu rückkunft hierher beſuchten, zeugt nicht gerade für Ihre verſöhnlichen Abſichten!“ 8 „Ah, Sie wollen von Breih ſprechen?“ rief Fliera. „Es iſt wahr, dieſer Mann genießt hier zu Lande keinen guten Ruf und ich fange an zu glauben, daß er es nicht beſſer verdient; aber be⸗ denken Sie doch, Suſanne, daß ich dieſem Manne einige Genugthuung ſchuldig din für die rückſichts⸗ loſe Art und Weiſe, wie ich ihn damals verabſchiedet habe. Wenn Ihnen aber das⸗Anlaß gibt, mir zu mißtrauen, ſo werde ich den Breih nicht mehr be⸗ ſuchen und werde ihn zu entichädigen ſuchen durch die vielen Wohlthaten, womit ich ſeine arme Frau überhäufen will. Sie fühlen wohl, Suſanne, daß