98 An⸗ ege die r beſter erſucht, Allgemeiner Qenzeiger für Ladenburg und Schriesheim. Erſcheint Mittwoch und Samstag und koſtet vierteljährlich ! . 20 Pf. mit illuſtrirtem Anterhaltungsblatt 1 Wk. 70 Pf. excl. Poſtproviſion. f Inſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die ein⸗ ſpaltige Petitzeile oder deren Raum mit 10 Pf., Local-⸗A nzeigen mit 6 Pf., Reclamen mit 20 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen entſprechende Rabattbewilligung. — Für Schriesheim nimmt Herr Gaſtwirt Franz Carqusé zum „deutſchen Kaiſer“ jederzeit Inferate an. — Alle Annoncen⸗Expeditionen nehmen Inſerate für uns an. Samstag, den 9. September 1882. %, tiges Karlsruhe, 5. Sept. Dem „Schw. M.“ wird von hier geſchrieben; Der Aufenthalt im Bad Kreuth hat die Rekonvaleszenz des Großherzogs ſehr gefördert; auch das im Verfolge der ſchweren Krankheit aufgetretene Augenleiden ſoll im Weſent⸗ lichen gehoben ſein. Zunächſt iſt noch ein Aufent⸗ halt von einigen Wochen am Bodenſee beabſichtigt; gegen Ende des Monais werden die kgl. Hoheiten nach Baden überſiedeln, wo auch der übliche Beſuch S. Maj. des Kaiſers in Ausſicht ſteht. Voraus⸗ ſichtlich wird die Großherzogin gegen Mitte Oktober nach Stockholm reiſen zum Beſuche ihrer Tochter, der Kronprinzeſſin Viktorig, deren Entbindung auf jene Zeit zu erwarten iſt. Wie man vernimmt, ſoll Zu Anfang Oktober der Großherzog wieder die Regierung übernehmen, während der Erbgroßherzog ſodann nochmals nach Potsdam ſich begeben und dort den infolge der Erkrankung ſeines Vaters un⸗ terbrochenen Dienſt im Regiment fortſetzen wird. Breslau, 5. Sept. Der Kaiſer iſt mit dem Kronprinzenpaar abends 7 ½ Uhr im beſten Wohl⸗ ſein eingetroffen. Vom Großfürſten Wladimir mit Gemahlin, der Prinzeſſin Albrecht, dem Erbprinzen von Meiningen, dem Fürſtbiſchof, dem Weihbiſchof, der Generalität, ſowie den Spitzen der Behörden am Bahnhof empfangen, fuhr derſelbe unter endlo⸗ ſem Jubel einer dichten Volksmenge durch die feſt⸗ lich geſchmückten, erleuchteten Straßen, worin die Kriegervereine Spalier bildeten, mit dem Kronprin⸗ zenpaar in offener Equipage nach dem Palais, wo eine Ehrenwache aufgeſtellt war. Abends 9 Uhr großer Zapfenſtreich, Wetter prachtvoll. Frankfurt, 7. Sept. In Kurzem werden es ſiebenzig Jahre, daß unſer Kajſer als ſechszehn⸗ jähriger Jüngling an der Seite ſeines Vaters in Breslau weilte, und daß von dort aus jener Aufruf „An mein Volk“ erging, der zum erſtenmale nach langer, erniedrigender Fremdherrſchaft den deutſchen Gedanken wieder aufflammen ließ. Die Gemächer im Breslauer Schloſſe, welche unſer Kaiſer heute wieder bewohnt, geſtatten ihm allerdings, auf den unverändert gebliebenen Platz hinabzuſchauen, auf welchem damals Friedrich Wilhelm III. die Blüte der ſchleſiſchen Jugend, die ihm in der Waf⸗ fenkleidung vorgeführt wurde, militäriſch begrüßte. Die Söhne und Enkel derer, welche damals zu Kampf und Tod hinauseilten, ſehen heute das Werk vollbracht und, ſeinen Kaiſer heute begrüßend, regt ſich in der Bruſt des Schleſiers wohl der Gedanke: Wenn der Erbfeind, woher er auch ſei, — wieder⸗ kommen ſollte, wir werden unſerer Väter würdig ſein. Es iſt recht gut, daß ſolche Tage gleichſam als Feſttage von einer Provinz gefeiert werden. Sie gewinnen wenigſtens als Markſteine in der Geſchichte unſeres eigenen Volkes, wie auch in der Staatengeſchichte einen hervorragenden Platz. Un⸗ ſerem Volke bringen ſie Belehrung darüber, daß die geringſchätzige Art und Weiſe, in welcher Demokra⸗ tentum und Radikalismus von Heer und Heereszweck reden, als ob es ſich gar nicht mehr verlohne, dieſe Dinge ernſt zu nehmen, da ja morgen ſchon das Heil der Republik erſcheinen könne, — daß ſolche Mißachtung, ſagen wir, an Hoch- und Landesver⸗ rat bedenklich nahe hinſtreift. Den auswärtigen Staaten aber pflegen am Schluße einer ſolchen Kaiſerreiſe regelmäßig Berichte zuzugehen, welche dem Chauvinismus jeden vernünftigen Grund ent⸗ ziehen oder, wo ſie eben wider eine wahnwitzige, unheilbare Raufgier als den Selbſtzweck des Ehr⸗ geizes anprallen, — doch mindeſtens die Siegesge⸗ wißheit gar weſentlich abkühlen. In dieſem weite⸗ ren Sinne entbehrt die dermalige Kaiſerreiſe ſo wenig ihres hochbedeutſamen Charakters, wie irgend eine frühere. Wien, 7. Sept. Die Preſſe erfährt aus authentiſchee Quelle, daß der Bombenattentäter vom 2. Auguſt in Trieſt verhaftet wurde, er heißt Con⸗ tento ein ſtellenloſer Kellner und wird vor das Grazer Schwurgericht geſtellt. London, 6. Sept. Der „Times“ wird aus Kaſſaſſin unterm 4. ds. gemeldet: Der Feind über⸗ wacht unſer Lager ſehr ſcharf und zahlreiche in der Nachbarſchaft umherſtreifende Beduinen machen es unſicher, ſich ſehr weit außerhalb des Lagers hinaus⸗ zuwagen. Geſtern abend wurde, wie es heißt, eine Vedette der Leibgarde getötet. Der Leichnam des Soldaten iſt gefunden worden, er war verſtümmelt. Arabi hat hier eine ausgezeichnete Stellung inne Er iſt in direkter Eiſenbahnverbindung mit Sagaſig und Salahieh. Per Eiſenbahn und Kanal verſieht er ſeine Truppen mit Waſſer und ſeine thätige Kavallerie hält ſeine Dispoſitionen und Bewegungen geheim. Heute in aller Frühe durchſtreift eine ſtarke Abteilung bengaliſcher Uhlanen und ein Detachement Infanterie die Gegend zwiſchen dem Lager und Maxama an der Schleuße, um nach marodierenden Beduinen auszuſchauen, aber die Truppen kehrten nach dem Lager zurück, ohne feindlichen Reitern be⸗ gegnet zu ſein. Wie aus Ismailia gemeldet wird, beabſichtigt General Wolſeley die Offenſive nicht eher zu ergreifen bis er in der Lage iſt, mit ſeiner geſamten Streitmacht einen Schlag auszuführen und einen Erfolg durch einen ſchnellen Vorſtoß auszunützen. — Alexandrien, 6. Sept. Der verhaftete griechiſche Konſulatagent Ankonopultos ſoll nach Griechenland zurückgeſandt werden. Den anderen verdächtigen Perſonen riet die Polizei das Land zu verlaſſen. — Heute früh brach in der Scherifſtraße eine Feuersbrunſt aus und wurden mehrere der Brandſtiftung Verdächtige verhaftet. Geſtern wur⸗ den zwei Häuſer hier und in Ramleh ausgeplündert Newyork, 5. Sept. Zehntauſend Arbeiter zogen heute durch die Straßen von Newyork, Banner tragend mit den Inſchriften „Die Rechte der Arbeit!“ „Nieder mit dem Monopol!“ „Zahl keine Miete!“ Letzteres Motto wurde von den Zu⸗ ſchauern mit höhniſchem Gelächter begrüßt. Der Aufzug ging in vollkommener Ordnung vor ſich. — Der Gouverneur von Texas hat einen Aufruf an das Publikum erlaſſen um Geldſpenden und ärzt⸗ liche Hilfe für die Stadt Vrownsvill, wo bereits 500 Perſonen am gelben Fieber erkrankt ſind und die Epidemie im Verhältnis von 75 Erkrankungs⸗ fällen täglich um ſich greift. Das Herz hat geſtegt. Erzählung von Philipp Scheffel.“ Es war im Jahre 1877, der Wi og wiederum in's Land, hoher Schnee bedeckte die Erde, und wer ſich der Wohlthat einer gutgeheizten Woh⸗ nung erfreuen konnte, fühlte ſich bei der draußen herrſchenden Kälte deſto behaglicher in ſeiner Be⸗ hauſung. Die Wirkung des Unglücks der letzten Jahre, von dem das deutſche Reich in ſo verſchiedener Weiſe heimgeſucht worden war, und die Folgen der ſozialen Zuſtände zeigten ſich faſt überall in trau⸗ riger Weiſe und eröffneten jedem chriſtlich denkenden Menſchen ein reiches Feld der Wohlthätigkeit. Reſchlicher denn je wurden auch in der Reſidenz die Armen bedacht, und das Chriſtfeſt brachte wohl Jedem, auch dem Armſten ſeine Feſtgabe. Im Hauſe des Profeſſors war dieſes Jahr ein großer Chriſtbaum angezündet, da die Enkel und Enkelinnen, drei an der Zahl, ſchon ſeit einer Reihe von Jahren dort ihre Geſchenke zu erhalten pflegten, nachdem ihnen zu Haus bereits eine Vor⸗ beſcheerung bereitet worden war. In fröhlichem Getümmel umringten die Kinder der glücklich drein⸗ ſchauenden Eltern den Weihnachtsbaum, im Hinter⸗ grunde ſtanden die Großeltern beiſammen, welche halb erfreut über die Gegenwart, halb trübe ge⸗ ſtimmt durch die Vergangenheit, ſich gern die Lieb⸗ koſungen der kleinen Enkel gefallen ließen. Die Frau Profeſſor ging aber bald hinaus in ein einſames Zimmer und trocknete ſich dort die Thränen, welche ſich über ihre Wangen ſtehlen wollten. Ein im Hausflur entſtehendes Geräuſch ſpre⸗ chender Perſonen ließ ſie aufhorchen und veranlaßte ſie hinauszutreten, um zu erfahren, um was es ſich handle. Ein kräftige Männergeſtalt erteilte eben mit lauter Stimme der Magd die Weiſung, ſie bei der Herrſchaft anzumelden, da er heute noch den Profeſſor zu ſprechen wünſche. Der Fremde hatte keinen Namen genannt und eben wollte die Magd ihn danach fragen, als in dieſem Augenblicke die Frau Profeſſor hinzutrat, den Herrn näher an⸗ ſehend. Ein großer Pelz umhüllte ſeine hohe Ge⸗ ſtalt, das friſch gerötete Geſicht war mit einem Vollbart bewachſen und aus den Augen ſprühte Feuer und Energie. Als er die Frau des Hauſes erblickte, ſchien es, als wollte er ſich ihr vorſtellen; doch plötzlich rief er, indem er einige Schritte vortrat: „Mutter, kennſt Du Deinen Sohn denn nicht?“ und fiel der halbohnmächtigen Frau um den Hals, ſie zugleich mit den Armen ſtützend. Nach einigen ſtummen Augenblicken, die Dienſtboten ſtanden in einiger Entfernung und betrachteten ſcheu die Gruppe, kam die Mutter wieder zu ſich und blickte dem wie⸗ dergekehrten Sohne unter Thränen in's Antlitz. „Mein Rudolph, mein Sohn, Du biſt es, Du lebſt! Gott ſei gedankt, der Dich zurückge⸗ führt hat!“ Das Geſicht der glücklichen Mutter leuchtete vor Seligkeit und nun zog ſie den Sohn, der den Pelz abgelegt hatte, hinein in's Weihnachtszimmer. Alle ſtanden beim Eintreten des fremden Herrn von ihren Sitzen auf, doch das Ausſehen und die Worte der Mutter zerſteuten in wenigen Augen⸗ blicken die Zweifel, die ſich auf den Geſichtern ge⸗ lagert hatten. Rudolph ging ſchnell auf ſeinen Vater zu, beugte ſeine Knie und ſprach: 5 „Vater, verzeih' mir!“ „Komm an mein Herz,“ rief mit bebender Stimme der Vater und blickte forſchend dem Sohne in's Angeſicht, „verziehen und vergeſſen ſei Alles.“ Nun trat die Schweſter näher und küßte unter Worten der Liebe den Bruder, welcher nicht wenig erſtaunt war, ſie als Gattin und als Mutter von drei Sprößlingen wiederzuſehen. Der Schwager war nicht minder erfreut, und die Kleinen umhüpf⸗ ten voll Neugier den nenen Onkel. . Nachdem der erſte Sturm der Gefühle vorüber und der beglückende Friede in die Herzen der Be⸗ teiligten eingezogen war, begann ſich das Dunkel,