— Aus Bruchſrl wird dem B. B. berichtet: Wiederum eine weitere Nummer in die Gemälde⸗ gallerie derjenigen, welche durch Wechſelfälſchung, Betrug. Bankrut und Durchbrennen ꝛc. die Skadt Bruchſal in Verruf gebracht haben. Anton Renner, eine bekannte Perſönlichkeit, Tanzlehrer, Bierwirt, Sodawaſſerfabrikant und Inhaber einer Spjeluhr, iſt durchgebrannt, hat Weib und Kinder zurückge⸗ laſſen und ſeinen vielen Gläubigern eine höchſt un⸗ liebſame Überraſchung bereitet. Der Stadtwitz läßt den Durchgebrannten bei ſeiner Ankunft in Amerika und bei Begrüßung der in gleicher Angelegenheit dort weilenden Patrioten von hier ſagen: Kennt ihr mich noch, ihr Männer? Ich bin der Anton Renner. . — Wien, 30. Aug. Auf den Diebſtahl bei Andraſſy und Szell folgte heute ein ſolcher beim Staatsſekretär Matlekovits. — Peſt, 31. Aug. Das Erntereſultat der Hauptprodukte Ungarns iſt nach den miniſteriellen Daten: Weizen 3.714.497, Roggen und Halbfrucht 15,537,760, Gerſte 12,982,911, Raps 651,861, Hafer und Dünkel 9,328,324 Meterzentner. In dieſem Ertrag iſt Kroatien, Slavonien nicht einbe⸗ griffen. Nach Abzug des inländiſchen Bedarfs ver⸗ bleibt ein exportfähiges Superplus: Weizen 15,450,000, Roggen und Halbfrucht 7,750,000 Meterzentner. — Über einen ſchauderhaften Fall von Leichenſchändung erzählt der „M. A.“: In vielen Gegenden Griechenlands iſt noch heute der Aberglaube verbreitet, daß die Toden zuweilen um die Mitternachtsſtunde ihre Gräber verlaſſen und in ihre früheren Wohnungen zurückkehren, wo ſie dann verſchiedenes Unheil anſtiften. Kürzlich war auch in einem Dorfe auf der Inſel Andros das Gerücht verbreitet, es ſeien in der Nacht vorher einige erſt jüngſt beigeſetzte Tode in den Straßen geſehen wor⸗ den. Daraufhin begaben ſich in der nächſten Nacht mehrere Bauern auf den Friedhof, holten hier die bezeichneten Toden aus ihren Gräbern hervor, ſchlugen ihnen die Köpfe ab und hieben die Leichen in Stücke, damit es ihnen ſo unmöglich werde, wieder ihre Ruheſtätte zu verlaſſen und unter die Lebenden zurückzukehren. — Kaum ſind es drei Jahre, ſeit Hebel's Rheinländiſcher Hausfreund bei Lang in Tauber⸗ biſchofsheim erſcheint, und ſchon hat derſelbe eine Verbreitung gefunden, die weit über die engen Grenzen unſeres Vaterlandes hinausgeht. In ganz Deutſchland, in der Schweiz, in Amerika, ja allent⸗ halben wo die deutſche Zunge klingt, hat er bereits Eingang gefunden. Dieſe ganz unerwarteten Er⸗ folge begreift man übrigens, wenn man dem „Rheinländiſchen“ etwas genauer ins Auge fchaut. Der 1883er Jahrgang liegt vor uns: Das iſt ein Volksbuch in hervorragendem Sinne des Wortes; gleichweit entfernt von politiſchen wie kirchlichen Parteiſtrömungen, iſt es getragen von einer pietät⸗ vollen, ſittlichen Weltanſchauung. In ſchlicht⸗edler Sprache, die nicht ſelten Hebels originelle Schreib- weiſe erreicht, bietet es dem Leſer eine Reihe dem Volksleben entnommener Erzählungen humoriſtiſchen Inhalts, enthält in objektiver Darſtellung kurze Bio⸗ graphien von Karl Friedrich, von Orbin und Doll, von Garfield und Auerbach, liefert zwei Natur⸗ ſchilderungen aus der Alpenwelt, mehrere Städte⸗ bilder aus dem Mittelalter (darunter auch Laden⸗ burg), ein Schatzkäſtlein mundartlicher Dichtungen u. a. m. Gegen 60 Bilder, ausgeführt von nam⸗ haften deutſchen Künſtlern, illuſtrieren den reichen Inhalt in einer für einen ſo wohlfeilen Kalender faſt allzuluxuriöſen Art. Wir ſind der Überzeugung, daß Hebel's Rheinländiſcher Hausfreund ſeine kulturhiſtoriſche Miſſion in würdiger Weiſe wieder aufgenommen hat. Möge er fortfahren, dieſelbe zum Frommen des Volkes immer erfolgreicher zu erfüllen. — Es dürfte nicht allgemein bekannt ſein, daß die Ruſſen ihre Armee durch Akquirierung von ſtarken und wohldreſſierten Hunden vermehrt haben, von denen jeder Kompagnie eine Koppel zu⸗ geteilt wird. Dieſe wachſamen Tiere ſind vornehm⸗ lich dazu beſtimmt, mit den Schildwachen die Vor⸗ poſten im Felde zu beziehen, wo ihr ſcharfes Gehör und ibr noch ſchärferer Geruch gegen heranſchleichende feindliche Spione vorausſichtlich gute Dienſte leiſten wird. Es iſt das eine Art von Bluthunden aus dem Ural, welche die ausgezeichnete Eigenſchaft ver⸗ läßlicher Schweigſamkeit beſitzen; ein ſolcher Hund knurrt wohl, aber er bellt nie. Außerdem iſt er in Verteidigung ſeines Herrn äußerſt kouragiert, was insbeſondere bei einſamen, vorgeſchobenen Poſten von Wichtigkeit iſt. — Ein Feuer⸗Diner. Gelegentlich eines am 20. Auguſt ſtattgehabten Bankettes des Rhei⸗ niſch⸗Weſtphäliſchen Feuerwehrverbandes in Barmen wurde folgendes feurige Menu veranſtaltet! „Ver⸗ bands Hummer. — Flammenſuppe und Feuer⸗ werkskörpern. — Waſſerleitungs⸗Salm mit Dele⸗ gierten⸗Sauce. — Gelöſchtes Roaſtbeef mit Waſſer⸗ Gurgen und Schlauch⸗Nudeln. — Spritzen⸗Sauer⸗ kraut mit Aſſekuranz⸗Schinken und vertrampelten Erdäpfeln. — Aus dem Feuer gerettetes Geflügel mit Sicherheits⸗Salat und Prämien⸗Compot. — Brand⸗Torte. — Deſſert von verzuckerten Rettungs⸗ ſäcken mit Strickleitern.“ Man kann ſich den Durſt denken, den dieſes Feuer⸗Diner hervorrufen mußte. — Klage eines Berliner Touriſten. Aus der Schweiz läßt ein Berliner Touriſt folgen⸗ den poetiſch⸗meteorologiſchen Stoßſeufzer vernehmen: Rigi, im Auguſt. „In die Schweiz, in die Schweiz! Zieh nicht in die Schweiz, Mein Sohn, ich rate Dir gut! Der's trotzig gewagt, der Knabe bereut's 5 ö Vom Himmel ſtrömet die Flut: 2 Vom Himmel ſtrömt ſie in wilder Haſt — 5 Laut jammern Kellner und Wirt, 1 2 f Doch ſchröpfen ſie darum nicht minder den 0 d Der ſich zu ihn verirrt. f Der arme Gaſt, daß Gott ſich erbarm'! 0 Sitzt fröſtelnd am warmen Kamin, Blickt ſinnend hinein in den Funkenſchwarm Und — ſehnt ſich zurück nach Berlin. In Berlin! in Berlin! Dort iſt es ſo gut Theater, Muſik und Ballet — : Und ſendet ein Wolkenbruch ſelbſt ſeine Flut, So regnet Dir's doch nicht — in's Bett!“ Des Guten zu viel! Ein Papſſe Feuilletoniſt erzählt: Als ich geſtern im Reſtaura eben im Begriffe ſtand, ein Stück Roquefork⸗ az anzuſchneiden, welches vortrefflich ſchien und schen ziemlich belebt war, ſtürzt plötzlich ein Tiſchnachbnz auf mich los, reißt mir den Teller aus der Hand 6.1 und ruft im indignierteſten Tone: Aaburg „Halt, mein Herr! Dieſen Käſe werden Sie 8 nicht in meiner Gegenwart verzehren!“ . „Ja, warum denn nicht?“ 7 0 „Ich bin Mitglied des Tierſchutzvereins !“ 90 — Spleen. In Havre hat ſich in des ig Nacht zum 10. v. M. ein junger reicher Engländer; rn den Hals durchgeſchnitten. In einem hinterlaſſenen 5 Schreiben gibt der Selbſtmörder das kegneiſche en e Wetter als Urſache der That an. 72 l e Handels Nachrichten. A * Mannheim, den 30. Auguſt (Produ tenbörſe.) Folgendes ſind die bezahlten Preſſe, 3 (Per 100 Kilo. Preiſe in Mar k.) 9 ſſe Weizen, pfälzer 22. — bis 23.—, xufſiſche 9 0 22.50 bis 23.50 Amerikaniſcher 23.50 bis 24 f zu Spring —.— bis —.—. Californiſcher 24.50 hi rng 25.—. Roggen, pfälzer 17.50 bis 18.—, ruſſiſche dealt 17.50 bis 18.—. Franzöſiſcher 18.— bis — 1 Gerſte hieſiger Geg. 16. — bis 17.—. pfälzer 16.50. bis 17.50 neuer Hafer bad. 16.——, bis 16.28 em hn württemb. Alp 16.50. bis 17.—. Württemberg an neuer Hafer —.—. bis —.—. kuſſiſcher 16. — 0g ga fal 16.50. Mais amerifan. mixt. 17.— bis e fia ne Bohnen 22.50 bis 23.—. Linſen —.— bis . win Wicken —.— bis —.—. Kernen 21.50 bis 29.— de Erbſen —.— bis —.—. Kohlreps, deutſcher 30 fal bis 31.—. ungar. 31.— bis 32.— Kleeſumen deutſcher 1. Sorte —. —.bis —.—, 2, Sete Sei —.— bis —.—. Provencer —.—. bis —.— neuer Pfälzer Luzerne —.— bis —.—, Eſparſ. N gefallen, fern der Heimat in fremder Erde ruhten. Oft ſagte ſie ſich, ihr Sohn würde, wäre er zu Hauſe geblieben, vielleicht auch mit unter den Ge⸗ fallenen ſein, während er jetzt möglicherweiſe in der neuen Welt ſich im friſchen Kampfe mit dem Schick⸗ ſal eine glückliche Zukunft erobere — wenn er noch lbt, fügte ſie in Gedanken traurig hinzu, dann faltete ſie die Hände und betete für den „Ver⸗ ſchollenen“. — Mit Hedwig war unterdeß eine Veränderung vorgegangen, ſie ſchien ernſter, als gewöhnlich, ge⸗ worden zu ſein, ſuchte die Einſamkeit und hatte ihre frühere Heiterkeit ganz verloren. Vergeblich forſchte die Mutter nach dem Grunde dieſer ſelt⸗ men Erſcheinung, nichts jedoch konnte ihr einigen Anhalt geben, bis der Zufall ſie zur Entdeckung führte. Als Hedwig wieder einmal ſinnend am Fenſter ſaß und auf die belebte Straße hinabſchaute bemerkte die Mutter, wie plötzlich ihre Geſtalt ſich aufrichtete und wie ſie dann mit großem Intereſſe dem Gruße eines vorübergehenden Herrn dankte. Indem die beſorgte Frau die Wahrheit mehr erriet und vermutete, fand ſie die Erklärung für die be⸗ merkte Veränderung ihrer Tochter. „Wer war der junge Mann, welchem Du eben Deine Aufmerkſamkeit zuwandteſt, Hedwig?“ ledete ſie nun die über dieſe Frage in Verwirrung Geratende an. „Ich weiß es nicht,“ erwiderte dieſe verlegen, „er grüßte mich und da dankte ich ihm, vielleicht bin ich ihm neulich auf dem Balle begegnet.“ „Hedwig, ich ſehe tiefer,“ fuhr die Mutter fort, indem ſie ſich der Tochter näherte, „als Du glaubſt, antworte mir offen und ehrlich, kannteſt Du den Herrn nicht?“ „O, Mutter, quäle mich nicht, ich will Dir ſpäter Alles ſagen, aber ...“ „Nun, wir ſind allein, Hedwig ſprich, vertraue Dich mir an, vor Deiner Mutter ſollteſt Du kein Geheimnis haben!“ „Ja, ich will .. . Alles will ich Dir geſtehen, aber, bitte, verrate es dem Vater nicht, er möchte böſe werden und dem Herrn dann grollen; es iſt der Aſſeſſor Gutknecht, der mich grüßte, er hat ſchon oft mit mir geſprochen und mich ſtets ſehr gut un⸗ terhalten; dann ſchickte er mir ſogar neulich nach dem Kaſinoballe einen Blumenſtrauß und ein reizen⸗ des Gedicht, welches er ſelbſt verfaßt hatte.“ „Und das verſchweigſt Du Deiner Mutter,“ entgegnete dieſe, „ich ſollte Dir zürnen! Du biſt nun ſchon über 21 Jahre alt und darfſt ſolche Dinge nicht mehr ſo leicht nehmen, wie in jüngeren Jahren. Verſprich mir vorläufig, nichts zu unter⸗ nehmen, was dem Herrn Aſſeſſor Hoffnung geben könnte; ich werde mich unterdeß über ſeine Verhält⸗ niſſe und ſeinen Lebenswandel erkundigen,“ ſchloß etwas ſtreng die Mutter. „O, liebe Mutter, wie danke ich Dir,“ jubelte die Tochter und warf ſich ungeſtüm der Mutter an die Bruſt, holde Scham bergend. — Der Aſſeſſor Gutknecht rechtfertigte in jeder Beziehung die Hoff⸗ nungen, welche die Familie des Profeſſors an einen zukünftigen Schwiegerſohn ſtellen konnte. Er war von guter Familie, hatte feine Manieren, vor ſich eine brillante Staats⸗Carriere, die ihn zu den hoͤchſten Ehren⸗Stellen bringen konnte, und war in den beſten Kreiſen der Reſidenz als gewandter, talent⸗ voller Mann bekannt. Zwar gab es einige Dame, welche ihm nie verzeihen wollten, daß eine mächtige Schmarre, von N 1 5 einem Duell herrührend, ſeine Stirn zierte, und andere mit Töchtern geſegneten Familien hatten es ihm ſehr verargt, daß er ſich nicht für ihre Toͤchler t intereſſierte. Im Allgemeinen aber ſchien das Ur⸗ teil, welches die Frau Profeſſor einheimſte, ſehr zu gn friedenſtellend geweſen zu ſein, denn eines Tages en kam ſie mit froher Miene auf ihre Tochter zu und ehen teilte ihr mit, ſie könne vielleicht bald recht glücklſch bebe werden. Was damit gemeint war, verſtand Hedwig G. ſehr gut, und ſeit dieſer Zeit war wieder neues Leben in ſie zurückgekehrt. Die Traurigkeit ber“ 7 ſchwand, und der Sonnenſtrahl der Liebe, welcher 0 in ihr Herz gefallen war, ſtrahlte aus ihren ſchönen dunklen Augen wieder und verriet ein tiefempfun⸗ 0 fe denes Glück. — i ehen Bis jetzt waren die während der Wintermonaſe ur ſtattfindenden Bälle die einzige Gelegenheit geweſen, e wo Hedwig mit dem Aſſeſſor zuſammentreffen konnte, 1 und in den glänzend erleuchteten Sälen wachten hundert Augen auf jede Bewegung. Nicht das d kleinſte geheime Zeichen der aufkeimenden Liebe 8 konnte hier unbemerkt ausgetauſcht werden. Die Ale alten Damen, welche ihre Töchter zum Balle beglei⸗ at teten, waren ſchon ſeit längerer Zeit neugierig, ob 10 denn der Aſſeſſor Gutknecht, welcher ſchon ſeit 3 11 Hahren alle feineren Bälle der Reſidenz beſuchle, Ia noch nicht von Amors Pfeile verwundet worden ſei, 0 1 Alle Pläne, gegen ſeinen Junggeſellenſtand gerichtet, 1 waren bisher an ſeiner Gewandtheit und an dem feinem Talt geſcheitert, welche er ſeinen liebenswllr⸗ I digen Angreiferinnen gegenüber zu entfalten wuß le. 6 (Fortſetzung folgt.) 2 — u N. Redaktion, Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. 1