haͤltn'ſſen keinen Moment von der Bahn der Ehre und Gerechtigkeit abwich. Auch unter uns Ruſſen erfreut ſich Kaiſer Wilhelm in Folge der treueſten Freundſchaft, welche ihn mit dem unvergeßlichen Czaren verband, der hoͤchſten Achtung. Der Kaiſer hat es oft ausgeſprochen, daß deutſche und ruſſiſche Regimenter nur neben, nicht gegen einander mar⸗ ſchiren könnten. Die bisherigen freundſchaftlichen Beziehungen ſeien auch auf den jetzigen Herrſcher Rußlands übergegangen, davon lige die Danziger Zuſammenkunft Zeugnis ab. Das jüngſt erhobene Kriegsgeſchrei ſei völlig unſinnig. Der „Golos“ ſchließt: „Somit ſtimmen auch wir mit aufrichtgem Gefühl den Millionen zu, welche heute Kaiſer Wil⸗ helm eine ruhige und noch lange Regierung wünſchen.“ Verſchiede nes. Ladenburg, 24. März. Sonntag den 26. d. M., hält der demokratiſche Verein im Saalbau in Mannheim eine Verſammlung, in welcher die Reichs⸗Tabakmonopols⸗Geſetzvorlage zur Diskuſſion gebracht wird. Alle Tabak⸗Intereſſenten ſind hiezu eingeladen und beginnt dieſelbe nachmittags halb 4 Uhr. Ludwigshafen, 21. März. Geſtern mittag fiel ein 5jähriger Knabe auf dem Hemshof in den Abtritt und kam jämmerlich um's Leben. — Ein furchtbarer Brand hat in Emöd (Ungarn) ſtattgefunden. Das Feuer hat 358 Häuſer zerſtört. Bisher iſt der Verluſt von neun Men- ſchenleben konſtatiert. — Aus Pommern wird geſchrieben: Der Rittergutsbeſitzer von S. mietete einen Kutſcher. Bevor letzterer ſeinen Dienſt antreten konnte, ſtarb der Vater desſelben, und in Folge deſſen begab er ſich zu dem Gutsherrn mit der Erklärung, er könne nun den Dienſt nicht antreten, er müſſe bei der Mutter bleiben. v. S. war einverſtanden, forderte aber den Mietsthaler zurück. Betrübt geſtand der Dienſtknecht, daß er ihn nicht habe. — O, erwi⸗ derte der Gutsherr, Du haſt den Thaler, ich weiß es! Gieb ihn heraus! Hoch und teuer verſicherte der Kutſcher, daß es nicht der Fall ſei. Nun ſo ziehe den rechten Stiefel aus, Du haſt den Thaler unter dem Fuß! Treuherzig thut auch dies der Knecht. — Kaum iſt es geſchehen, ſo ergreift v. S. den Stiefel und ruft: Nun Du erhälſt den Stieſel, wenn Du den Thaler bringſt! Sprachs, u. ging. — — Sechs Perſonen verunglückt. Die »Independanc Belge“ meldet ein großes Unglück, welches ſich am 17. März in der Umgebung von Marſeille, Thal de Baufreges, zugetragen und ſechs Menſchenleben gekoſtet hat. Es befindet ſich dort eine Reihe von Kalköfen, welche ein Eigentum Herrn Jouve's in Marſeille find. Am gedachten Tage ſtieg ein neunzehnjähriger Arbeiter, Louis Cheylan, in einen dieſer Ofen hinab, um nachzusehen, ob der Kalkſtein ſchon erhitzt ſei. Von den Gaſen ergriffen, begehrte er eine Planke, um eilig wieder herauszu⸗ ſteigen, aber er konnte nicht mehr heraus und ſtürzte bewußtlos zuſammen. Ein anderer Arbeiter, Im⸗ bert, welcher den jungen Cheylan, der ein Sohn des Werlführers war, retten wollte, ſtürzte ebenfalls tot zu Boden. Thomas Ollive eilte ſeinen zwei Kameraden zu Hilfe und unterlag wie ſie. Als Vater Cheylan erfuhr, daß ſein Sohn im Ofen ſei, wollte er hinabſteigen, um ihn zu retten, fiel aber asphyxiert tot zu Boden. Nun kamen zwei italie⸗ niſche Arbeiter, Mauri und Macari, die als ſie das Stöhnen vernahmen, ebenfalls an den Unglücksort eilten und gleichfalls tot blieben. Es lagen nun ſchon ſechs Leichen da. Die herbeigerufene Polizei ließ dieſelben endlich wegſchaffen und auf den Kirch⸗ hof von Saint Pierre bringen. Drei der Opfer ſind Familienväter und laſſen minderjährige Kinder zurück. — Eine höchſt myſteriöſe Affaire, die in ihren Details eine überraſchende Ahnlichkeit mit dem ſeiner Zeit viel beſprochenen Fall Barbara Übryck beſißt, wird der „Tribüne“ gemeldet. In einer Dachwohnung, Brüderſtraße 7 in Berlin wohnt ſeit ca. 35 Jahren die 71jährige Witwe des Hausdieners Schmeling mit ihrer jetzt etwa 30 Jahre alten Tochter Wilhelmine. Nach einer Ver⸗ ſion hatte die Mutter in Folge eines unglücklichen Liebesverhältniſſes der Tochter, wie Andere wollen, aus religiöſem Wahnſinn, ihre einzige Tochter ſeit circa 10 Jahren vollſtändig der Welt entzogen und dieſelbe, die von den Hausbewohnern längſt für tot gehalten wurde, in der ganz abgeſchloſſen gelegenen Dachkammer eingeſchloſſen gehalten. Die älteſten Bewohner des Grundſtücks glauben die letzten Le⸗ benszeichen von dem Mädchen, das damals nach Angabe der Mutter hoffnungslos krank war, vor circa ſieben Jahren wahrgenommen zu haben. Seitdem wußte kein Menſch mehr etwas von der Tochter, und um die Alte kümmerte man ſich nur wenig. Seit Sonntag den 12. ds. Mts. war es den Nachbarn aufgefallen, daß auch die alte Frau nicht mehr geſehen wurde und man beſchloß, die Thür durch die Polizei öffnen zu laſſen. Man fand nun von der alten Frau ſelbſt zwar keine Spur, dagegen die totgeglaubte Tochter in der oben er⸗ wähnten Dachkammer noch lebend, aber in einem entſetzlich verwahrloſten Zuſtand im Bett liegen. Mit hohlliegenden, glanzloſen Augen ſtierte die le⸗ bendig Begrabene die Eintretenden an und über⸗ zeugte dieſe, daß man es mit einer zweifellos Gei⸗ ſteskranken zu thun habe; die Fingernägel waren wie Krallen und die Haare fielen übermäßig lang und ſtruppig in das Geſicht herab. Auf die Frage der Beamten nach der Mutter erklärte die Unglück⸗ liche, daß ihre Mutter vor circa neun Tagen g geblich nach Potsdam zu Verwandten gereist ſe und ihr als Nahrung nur einen Eimer Wafſe zurückgelaſſen habe. Ein hinzugerufener Arzt ſon ſtatierte, daß das Mädchen geiſteskrank ſei und oed nete ihre Überführung nach der neuen Charite an Ihr Zuſtand iſt ein nahezu hoffnungsloſer. 5 Recherchen nach der Witwe Schmeling, die nac Ausſage von Hausbewohnern an religibſem Wahn ſinn leidet und wiederholt ſchon vor Jahren geäußert hat, ihre Tochter müſſe eine „Himmelsbrauf“ wer, 4. 10 b 2 den, ſind bisher ohne irgend welchen Erfolg geblieben ie 9 — Petersburg, 22. März. Die Zeit m ut ungen berichten, bei dem Theaterbrand ſei der 79 in li 7 jährige Beamte Löwenſtein, der bei dem Ausbrug ben 1 des Feuers in dem Orcheſter ſich befand und de fügt Ausweg verfehlte, mitverbrannt. — Aus Chios werden unterm 22. ds, Aehnng de ſtarke Erdſtöße gemeldet, die erſchreckten Einwohne 13 flüchteten aus den Wohnungen in im Freien aufg 55 . 191. . ſchlagene Zelte. gh i Se — Germanengräber. In Pfarrhofen be bn 7 Naſtätten hat man dieſer Tage ca. 2000 Jahr 72 e alte germaniſche Familiengräber freigelegt. I ein e Form eines Vierecks umgibt ein noch gat erhaltene 10 Mate 22 Wall 76 Grabhügel von je 3— 15 Meter Durch⸗ l 711 meſſer. Die Ausgrabungen leitet Herr Oberſt 99 u 6. 8 Cohauſen aus Wiesbaden. 10 fc b 455 — Das Eldorado der Dienſtmädchen dürft 1 Halbe 8 be Auſtralien ſein, weil dort die Schwierigkeit, e in n De b. Dienſtmädchen zu mieten, trotz dem hohen Loh Föhn, mdr / von 10 Mark und mehr wöchentlich, immer große 3 zu werden ſcheint. Die Angelegenheit wurde ſoga Mainz de 20. im Parlamente der Kolonie Süd⸗-Auſtraliens zu Der Bt. 25 Sprache gezogen, und es wurde einſtimmig der An Geber trag angenommen, den Generalagenten der Kolon — in London anzuweiſen, daß er ſo viel Dienſtmädche wie möglich auf Staatskoſten ſende. Die Herre des Perlaments rühmten ſich, wie rückſichtsvoll ihre Mädchen behandelt würden. Einer ſagte ſogar aus daß er ihnen ſeine Pferde und Wagen, wenne dieſe nicht ſelber gebrauche, immer gerne zur Ver⸗ fügung ſtelle! — Kindliche Logik. „Nun Mariechen, ſagte kürzlich in Paris eine Dame zu ihrem Pathen Vegenſe Derſteig vid an Dienztag den I. „Sie haben wie immer recht, Frau Werner, es wird ja geſchehen, ich werde es mir überlegen,“ war die jedesmalige Antwort des Rats und ſo blieb es immer beim Alten. Es fiel ihm ſehr ſchwer, eine Anderung ſeiner ihm liebgewordenen Lebens⸗ weiſe eintreten zu laſſen, aber dies ließ ihn nicht immer wieder zögern, ſondern die Befürchtung ein andrer Gegenſtand könne die Liebe ſeines Kindes, die ihm bis jetzt ſo ungeteilt gehört, abſorbieren, ließ ihn erbeben und ſo oft er ſich auch mit Selbſt⸗ vorwürfen peinigte, daß dies der elendeſte Egoismus ſei, der ſtarke Mann konnte dieſes Gefühl nicht in ſich zum Schweigen bringen. So fern lag auch dieſe Beſorgnis nicht, Eugenie war ſehr ſchön und mußte überall Aufſehen erregen. Sie war aber nicht nur mit allen Vorzügen des Körper⸗ ausge⸗ ſtattet, ſondern auch mit denen des Geiſtes, ſie hatte ine ungewöhnlche Bildung genoſſen, war ein groß⸗ artig angelegter Charakter, Überaus talentvoll und von einer Herzensgüte, die Jeden für ſie einnehmen mußte. Jetzt endlich war der große Entſchluß zur Ausführung gekommen, Eugenie hatte ihre erſte Ge ſellſchaft bei Legationsrat G. mit ihrem Vater beſucht und war dort als der glänzendſte Stern betrachtet worden. Wir finden ſie beim Eingang unſerer Erzähl⸗ ung am Morgen nach jener Geſellſchaft mit ihrem Vater zuſammen, ihm ihre dort gemachten Bekannt⸗ ſchaften und Eindrücke mitteilend. Die öftere Er⸗ wähnung eines jungen Arztes, den ſie dort ebenfalls kennen gelernt, veranlaßte den obigen Ausſpruch ihres Vaters, worauf ſie ihm mit unverholenem rſtaunen entgegnete: 2 „Aber Papa, was könnte mich dabei wohl für ein beſonderes Intereſſe leiten? Ich habe Dr. Horn Siehſt Du, geſtern das erſte Mal geſehen und wohl nur darum ſeiner öfter erwähnt, weil er mir als ein kenntnis⸗ reicher Mann und bei Weitem bedeutender, als die Andern erſchien. Was konnte Dich dabei ſo auf⸗ regen, daß Du ſogor an meine Liebe apellierteſt?“ „Du haſt recht, es war ein thörichter Gedanke. mein Kind, ich gleiche einem alten Geizhals, der ſein ganzes Leben dazu verwandt hat einen Schatz zu ſammeln und ihn vor aller Welt verborgen hat. Jetzt hat man ihn entdeckt und er fürchtet Jeden, der ihn harmlos betrachtet, glaubt, daß man ihm ihn entreißen will.“ „Dieſer Vergleich, Papachen,“ fiel Eugenie ſchmeichelnd ein, „trifft nicht zu. Du ſelbſt glaubſt nicht, daß die Liebe Deines Kindes auf ſo ſchwan⸗ kendem Boden ſteht, um annehmen zu können, daß Dir dieſen Beſitz je einmal Jemand rauben könnte.“ „Sprechen wir nicht weiter davon Ich werde mich daran gewöhnen müſſen, Dich von aller Welt bewundert zu ſehen. Sei dem alternden Mann nicht böſe, der den eigenen Egoismus über das Glück ſeines Kindes ſtellt. Viel Trübes hat ihn dazu gebracht, der Rückblick in die Vergangenheit iſt kein freudiger und er klammert ſich an das ein⸗ zige Beſitztum, das ihm ſtets Glück und Freude gebracht hat wie der Ertrinkende an den letzten Strohhalm.“ e „Aber Papa,“ fiel Eugenie erregt ein. „Verſprich mir eines, mein Kind,“ fuhr er fort. „Ich habe ſtets Dein volles Vertrauen be⸗ ſiſſen, verbirg mir auch in der Zukunft nie etwas. Laſſe mich immer wie bisher in Deiner Seele wie in einem offenen Buche leſen und überſchlage keine Seite darin, wenn Dir auch der Inhalt derſelben kinde, als ſie an dem Laden eines Chokoladehünd⸗ ve rtr lers vorüber kamen, wo tauſenderlei Fabrikate fn naher Pele Seher Auslagefenſter prangten, „ſoll ich dir Glaube, Hoff len nung und Liebe kaufen?“ Dabei zeigte ſie auf eine ] Hare r kleine Figurrengruppe, welche die genannten chriſt Nelnbs, lichen Tugenden darſtellte. Mariechen dachte eine Teint 88 Moment nach, zeigte dann mit ihren kleine im Ban van Händchen auf eine andere, längere Reihe von Fi⸗ i m n guren und ſtammelte: „Liebe Pathe, ich mochte urn n lieber hier die zwölf Apoſtel, daran hätte ich länger Fer. Wid zu eſſen. Saen 8. einſt für mich nicht geeignet erſcheint. Verſprichf 2 Du mir dies?“ 5 „Mit Herz und Hand, lieber Papa. Doch — en was ſtimmt Dich heut ſo beſonders ernſt und trau⸗ Nen er rig? Das kann doch unmöglich mit meiner Ex⸗ ee zählung zuſammenhängen. Was hat Deine Ver⸗ rung d b. gangenheit ſo trübe gemacht? Du haſt mir außer dem Tode meiner Mutter, die bei meiner Geburt ihr Leben aushauchte, noch niemals etwas von Dir erzählt. Hältſt Du mich, mit der Du jede Freude teilſt, für ſo oberflächlich, daß Du glaubſt, daß ſch nicht auch Verſtändnis für Dein Leid hätte ?“ „Dies pußt nicht in Dein fröhliches ſonniges Leben. Dr. Horn, der ja auch auf mich einen ſeh 1 W e angenehmen Eindruck gemacht hat, erinnerte mich * H. Bur 3 durch einen Zug in ſeinem Geſicht an einen teuerg 1 1 5 Freund, den ich einſt beſeſſen und früh verloren 0 8 u u 7 habe. Der Gedanke an ihn erfüllt mich immer mit u — großem Schmerz und dies, ich gebe es zu, mag ** Aste 1 wohl die Schuld an meiner Erregung getragen has ann ben. Laß Dich jedoch dadurch nicht weiter berſtim⸗ fung N men. Sei heiter und fröhlich. Du biſt ja der Fan e Sonnenſtrahl in meinem einſamen Leben. Ich laſſe 0 11 Dich jetzt allein, ich habe noch einen Gang zu mo⸗ Fare 15 chen. Adieu, mein Kind,“ und ſie zärtlich in ſeine da. A en Arme ſchließend, verließ er das Zimmer. — l 0 * *. * Während Eugenie ihrem eigenen Nachdenken überlaſſen blieb, war in einem der eleganteſten Kaffees die jeunesse dorée der Stadt B. verſammelt⸗ FC Fortſetzung folgt.) 3 Redaktion, Druck und Verlag von Wucherer & Mo lite Ladenburg.