ſeiner Autorität auf das Entſchiedenſte erklärt, daß ſchon das Herablaſſen der Drahteourtine genügk hätte, um alle zu retten. Die ganze Nacht ſpielten ſich die herzzerreißendſten Szenen in der Nachbar⸗ ſchaft des Brandplatzes ab, Hunderte ſuchten ihre Angehörigen, in den wenigſten Fällen mit Erfolg, da die meiſten herausgeſchaften Leichen bis zur Un⸗ kenntlichkeit entſtellt waren. Nach der Wiener Allg. Zeitung weiſen die richtig geſtellten Liſten, ein⸗ ſchließlich der bereits aufgefundenen und agnoszier⸗ ten Leichen, 917 Vermißte auf. Der Gemeinerat von Wien hat angeordnet, daß die Beſtattung ſol⸗ cher bei dem Brande Verunglückter, deren Beerdig⸗ ung nicht durch Angehörige erfolgen kann, morgen Vormittag 11 Uhr nach einem feierlichen Requiem im Stefansdome auf dem Zentralfriedhofe ſtattfin⸗ den ſoll. Aus allen Städten und Ländern gibt ſich die regſte Teilnahme an dem Unglücke kund. — Wien, 12. Dez. Nach dem heute vor⸗ mittag in der Stefanskirche abgehaltenen Requiem bildete ſich ein Trauerzug, welchem u. A. der Ge⸗ meinderat, viele Abgeordnete, zahlreiche Schauſpieler der Wiener Theater, Vertreter der Ariſtokratie, die Studentenſchaft, Vereine und Korporatinonen folgten. Zehn Minuten nach 11 Uhr begann die Leichen⸗ feier. Eine Muſikkapelle ſtimmte den Trauermarſch von Beethoven an, die Geiſtlichkeit aller Konfeſſionen, voraus Kreuzträger nahte dem Katafalk. Dann kamen 8 katholiſche Geiſtliche, der Probſt⸗Marſchall, der Opernchor, einen Trauerchoral ſingend. Hierauf folgte ein griechiſch⸗Katholiſcher Archimandrit und ein Geiſtlicher, vier proteſtantiſche Paſtoren, Rabbiner und Synagogenchor. Der Probſt⸗Marſchall nahm zuerſt die Einſegnung vor, worauf der Opernchor das Lied: „Es iſt beſtimmt in Gottes Rat“ ſang, und die katholiſchen Geiſtlichen die Sargreihen ab⸗ ſchritten, wobei der Probſt⸗Marſchall jeden Sarg mit Weihwaſſer beſprengte und denſelben ſegnete. Dann traten die griechiſchen Geiſtlichen zur Ein⸗ ſegnung vor; lautes Wehklagen unterbrach die heilige Handlung. Eine Mutter war vor Schmerz am Sarge ihres Kindes wahnſinnig geworden und konnte nur mit Mühe entfernt werden. Nach der griechiſchen Einſegnung hielt der Pfarrer der ev. Gemeinde die Leichenrede, ſchilderte in ergreifenden Worten das Unglück, verwies die von Trübſal ſchwer Heimgeſuchten auf die Allmacht, aber auch Allgüte des Ewigen, unter deſſen gewaltige Hand wir uns beugen wollen: Er hat uns zerriſſen, Er wird uns guch heilen. Kein Auge blieb Thränenleer. Hierauf folgte die Einſegnung des Paſtors der helbetiſchen Gemeinde. Nachdem ein Choral geſungen, trat der jüdiſche Prediger Jellinek vor, hielt gleichfalls eine herzzereißende Leichenrede, in welcher er das unſäg⸗ llich traurige Ereignis betonte: Möge es für Alle, welche Kunde davon erhalten, eine ernſte Mahnung ſein, ſtreng und Gewiſſenhaft in jeder Richtung ihre Pflicht zu thun, denn die gexringſte Pflicht iſt heilig. Jede Vernachläſſigung derſelben kann Verheerung, Vernichtung herbeiführen; möge aus thränenfeuchtem Staube, aus gemeinſamer Erde der Baum des re⸗ ligidsſen Friedens, konfeſſioneller Eintracht auch für's Leben erſprießen; möge unſere Stadt allen andern Skädten und Staaten boranleuchten durch edle Brüderlichkeit, welcher keine Sprache fremd iſt, keine Konfeſſion ferne ſteht, dann wird der Feuerſchein in der Nacht vom 8. Dezember nicht blos zerſtört, getötet, ſondern durch Frieden geſtiftet, den Bruder⸗ ſinn belebt haben. Der Synagogenchor trug hierauf ein Trauerlied vor. Alsdann betrat der Bürger⸗ meiſter Newald die Eſtrade, um Namens der Stadt Wien die Trauer auszudrücken und ſchloß ſeine Rede mit den Worten: An dieſem Grabe trauert die Be⸗ völkerung Wiens, trauert Oeſtereich, trauert die ganze Welt! So mächtig und allgewaltig der Schmerz iſt, ſo unvergänglich wird die Trauer ſein; nimmer werden Die vergeſſen werden, welche dort ruhen, ſorgſam ſoll ihr Grab gepflegt, an jedem wiederkehrenden Todestage geſchmückt werden. Das Denkmal ſoll ſich über ihnen erheben zum Troſte der Hinterbliebenen, zur mahnenden Erinnerung für ewige Zeiten. Alsdann ſetzte ſich der Trauerzug zum Grab in Bewegung. — London, 11. Dez. Auf der North⸗ London⸗Eiſenbahn hat ſich geſtern ein ſchauderhaftes Unglück ereignet. Auf bis jetzt noch unaufgeklärte Weiſe entgleiſte in dem Tunel zwiſchen Juisbury ein ſtark beſetzter Perſonenzug und fuhr mit voller Geſchwindigkeit auf einen von der entgegengeſetzten Richtung kommenden gemiſchten Zug. Mehrere Wagen beider Züge wurden zertrümmert. Noch ehe aber Notſignale gegeben werden konnten, brauſte ein dritter Zug daher und grub ſich in die Trüm⸗ merhaufen ein. Der ganze Tunnel war mit Dampf angefüllt und das Jammern der Verwundeten und Sterbenden herzzerreißend. Bis jetzt ſind 9 Leichen gefunden; außerdem wurden 5 ſchwer Verwundete nach dem deutſchen Hospital in Dalſton verbracht. Die minder ſchwer Verletzten, 57 der Zahl nach, wurden nach ihren meiſtenteils nicht entfernt ge⸗ legenen Wohnungen geſchafft. Man befürchtet, daß noch viele Todte unter den zertrümmerten Wagen liegen. Inzwiſchen fragt man ſich, wie es kam, daß der dritte Zug überhaupt abgelaſſen werden konnte, da die Linie mit dem Blockſyſtem verſehen iſt. (Ein zwölfjähriger Mörder.) Ein Akt uner⸗ hörter Roheit hat ſich am 26. v. M. in der Ge⸗ meinde Ober⸗Siebersdorf bei Straß ereignet, Mehrere Schulknaben mißhandelten ein ſiebenjähriges Schulmädchen auf dem Heimwege von der Schule, und Letzteres flüchtete ſich in einen Wald. Einer der Knaben, zwölf Jahre alt, verfolgte jedoch das Kind weiter, zog es in eine Höhlung und ermor⸗ dete dasſelbe, indem er demſelben Stiche im Kopfe beibrachte und endlich den Hals abſchnitt. Sonn tags morgen fanden Kirchgänger das arme fein tot in einer Blutlache. Der ſchnell erſchſenener Gendarmerie von Mureck geſtand der Knabe nag geſchickt geführter Unterſuchung ſeine Unthar, ohne jedoch im mindeſten Reue hierüber zu empfinden Wenn man den Umſtand berückſichtigt, daß dies Knabe erwieſenermaßen das Zerreißen von Hühne bei lebendigem Leibe, ebenſo das Braten von Krün gleichfalls bei lebendigem Leibe, das Lebendigbegrahe von jungen Schwalben zu ſeinen Lieblingsunferhgl tungen zählte, ſo kann man auf die Roheit ſeine Gemütes ſowie auf ſeine Zukunft einen ſſcherz Schluß ziehen. — Drei kleine Geſchwiſter, ein zehn jähriger Knabe, ein ſieben⸗ und ein vierjähriges Mädchen, haben kürzlich ganz allein die Reiſe 90 Deutſchland nach Miſſouri gemacht. Die Kinde kamen aus Kulm und reiſten nach Sedalia, cg ihre Eltern leben, die das Geld zur kberfahrt ge⸗ ſchickt hatten. Das älteſte Mädchen, ſchreſbt de „Anz. des Weſtens“ über das Eintreffen der Kinde in St. Louis, trug in der Hand ein kleines Buch es war dies ein Neues Teſtament; eine Tante in Berlin hatte es ihr gegeben und geſagk, ſie möchte es unterwegs nur Jedem zeigen, der mit ihr ſpreche, und beſonders das erſte Blatt in dem Buche, Auf dem Blatte war nämlich zu leſen, wie die drei Kleinen heißen, daß ſie aus Kulm ſeien und zu ihren Eltern nach Sedalia in Miſſourf keiſten, Darunter ſtand: „Denn was ihr dſeſer Kindlein Einem thut, das habt ihr mir gethan, ſpricht Chriſtus.“ — In der hannoverſchen Stadt H. fand im Jahre 1873 eine Verſammlung der Welfenportei ſtatt. Der Saal war bis auf den letzten Platz ge⸗ füllt, und lebhaftes Bravo und donnernde Beffalls⸗ ſalven wurden den Rednern, lauter Koryphäen de Partei, zu Teil. Schließlich meldet ſich ein Un⸗ bekannter zum Wort. „Mein Name iſt Piepen macher, ich bitte ums Wort.“ „Sie haben es,“ antwortete der Vorſitzende. „Up'n Diſch,“ ruft die Verſammlung. Der Redner beſteigt die Tribüne; „Meine Herren! (Bravo! hört, hört!) Meine Herren, der König von Hannover (Bravo! Hurrohl Hoch⸗hoch!) kommt niemals wieder.“ (Raus! Haut ihm! Ruſmieten!) — Ein Fremder hat bei den Welfen in H. nie wieder reden dürfen. + (Aus der Inſtruktionsſtunde.) Sergeant: „Wenn Sie für einen Herrn Offizier einen Mantel zu holen haben und es regnet, wie tragen Sie da den Mantel über die Straße?“ — Gemeiner: „Mit dem Futter nach innen.“ — Sergeant: „Ganz richtig.! und warum?“ — Gemeiner: „Weil es merſchtenteils verriſſen iſc.“, 95 1 8 Mammonstiſche zurück, auf den Keiner mehr außer dem Grafen ein Recht hatte; laut auf jubelte Fa⸗ rina; wilde, herzliche Freude legte Graf Brühl an den Tag; nur der Gewinner ſtand noch ſo ſtumm und in nachdenkender Stellung wie früher, und Lauca blieb ſteif wie ein Gefrorner ſitzen; der Teil ſeines Geſichts, den die Larve nicht bedeckte, war erdfahl anzuſchauen. 1 Da warf plotzlich der Graf von Sachſen Mantel und Larve zu Boden, und Alles ſah auf die koloſſale Jünglingsgeſtalt, deren edelſchöne For⸗ men, deren ritterliche, faſt königliche Haltung in der netten deutſchen Tracht jetzt erſt recht ſichtbar wur⸗ den, deren feurig mildes, ſieghaft glühendes Auge ſtolz und auf Battiſta haſten blieb, der ſo ſprachlos und in Schreck und Staunen verſunken ſtand, wie Suzzo. — „Platz, meine Herren!“ rief er nach einer Pauſe gegen dir Thür hin, und nun trat er herzu, bückte ſich nieder, faßte mit der Rechten an einem Beine den grünen Tiſch, hob mit geradem Arm die ſchaudervolle Laſt in die Luft frei empor, und warf den Donnerworten: „Battiſta — hier ein lumpiges Douceur!“ den Tiſch ein weites „Stün vor ſich hin, daß er unter dröhnendem Kra⸗ (chen zerſchmettert mit dem laut erklingenden Mam⸗ mon darniederfiel. 1 Wie ein Zauberſpuck hatte ſich all dieſes Selt⸗ ſame vor den Augen der Anweſenden zugetragen, und ein Gefühl, das der Ehrfurcht nicht minder ähnlich war als dem Grauen, durchdrang die Män⸗ ner, welche Zeugen geweſen waren von der faſt übernatürlichen, fabelhaften That des Jünglings. Bei dem lauten Klange des Goldes ſtürzte Battiſta lachend und weinend in die Knie; Luca aber, der im Starrkrampf geſeſſen, ward von dem ſchrillen Getön wie durch elektriſche Kraft emporge⸗ ſchnellt und ein wilder Schrei rang ſich aus ſeinem Buſen. Die Larve riß er herab, und einen Glas⸗ dolch aus den Kleidern, und: „Du Rieſengeſpenſt! Gieb mein Gold her, das laut nach mir ſeufzt!“ mit gebrochener Stimme ſchreiend, ſtürzte er auf den Grafen von Sachſen zu, brach aber, ehe er ihn mit dem Dolche erreichte, leblos zuſammen, um nie mehr aufzuſtehen. Das verhängnisvolle Coeur⸗As hatte durch unausſprechliche Verzweiflung das Herz des Sünders gebrochen. Erſchüttert ruhten Aller Blicke auf dem Toden, da drang dumpfes Röcheln von der Seite des Buf⸗ fets herüber, wohin Niemand geſehen hatte, und was erblickte man? Suzzo, der Gefährte Luca's und durch gleiche Schuld und Geſinnung an dieſen gebunden, wälzte ſich in konvulſiviſchen Zuckungen auf dem Boden. Er hatte mit irgend einer Leckerei des Buffets zugleich ein ſchnell tötendes Gift hinab⸗ geſchluckt; bald lag er ſtill, auf ewig. — Nun lagerte ſich ein dumpfes Grauen über die Männer im Saale; die ſchreckliche Kataſtrophe ſchien Alle betäubt zu haben; Niemand wußte, was hier zu thun oder zu laſſen ſei, und von den Hel⸗ fershelfern der Toden ließ ſich keiner ſehen. Der Gewinner war es, der ſich zuerſt ermannte, und in der That, wenn auch das Spiel ſchrecklich geendet, ſo hatte für ihn der Schreck keine Bedeutung. Im Bunde mit dem Glücke hatte er geſiegt, und den Frevel vernichtet; das Schlachtfeld war ſein, und was gingen die Leichen der überwundenen vernich⸗ teten Frevler ihn an? 6 An Battiſta wendete ſich der Graf von Sachſen zuerſt und ſprach: „Hier, mein Junge, dieſer ganze Plunder iſt Dein, ich gebe Dir nichts, die Vorſehung gibt es Dir durch mich, darum liege nicht vor mir auf den Knien, ſondern nimm das Geld und trag es in Sicherheit; Niemand wird Dir den Gewinn enk⸗ reißen, denn ich ſelbſt begleite Dich.“ Wie ein Träumer erhob ſich Battiſta vom Boden, der freudige Schreck hatte ihm kaum die Kraft gelaſſen, ſich auf den Füßen zu erhalten, wie Nehrng at Van Au N Juſednt daz det V. bal. ſollte er eine ſolche Laſt ſchleppen, und wohin sollte er ſie bringen in ſeiner Veworrenheit? Der edle Geber ſah dies auch ein und wandte ſich deßhalh an den vergügten Farina. „Nehmt Ihr das Geld,“ ſagte er; „bei Euch iſt es in ſicheren Händen. Sobald Battiſta es braucht, mag er es don Euch beziehen.“ Der Kaufmann war dazu ſehr bereit, und nun wurden die Säcke zuſammengeſtellt, die herum⸗ gerollten Goldſtücke aber aufgeleſen, und bald trat, von Farina's Diener gerufen, eine Schaar Hand⸗ lungsgehilfen ein, die mit dem Mamon ſich belud, und von den beiden Deutſchen, ſowie von dem Handlungschef und Battiſta begleitet, davonging, — Unangefochten gelangte die Geſellſchaft ins Freie, unangefochten auf die Piazetta, woſelbſt Fa⸗ rina's Comptoir war; die Banditen hatten keinen Angriff gewagt; der Tod ihrer Oberhäupter mußte auch ihre Thatkraft ertötet haben. Die Spielgeſell⸗ ſchaft im Saale hatte ſich ſchon früher zerſtreut, um das Unerhöorte durch ganz Venedig zu verkünden. Gortſetzung folgt Eg ſich en — u N Pfeif f Aedolpe