Volitiſches. Laut eines Privattelegramms des Berl. Tage⸗ blatts iſt der Domherr der Peterskirche in Rom, Graf Heinr. Campello zum Proteſtantismus übergetreten. Der Brief den er an ſeinen Vorge⸗ ſetzten, Kardinal Boromeo, ſchrieb, in dem er ſeinen Übertritt begründet, und der Schritt ſelbſt, erregt ungeheures Aufſehen. Berlin, 16. Sept. Prinz Wilhelm erhielt bei Beginn des heutigen Manövers bei Itzehoe die Beförderung zum Major. f Paris, 18. Sept., 9 Uhr 28 Min. Nach allgemeiner Anſicht iſt Kriegsminiſter Farre in ſeiner Stellung unmöglich geworden; noch nie gab es gegen einen Miniſter ſolchen Sturm in der Preſſe. Farre ſoll auch geſtern am Schluß des Miniſterrats ſeine Abſicht zu demiſſionieren ausgeſprochen haben. Es verlautet: General Logerok habe Befehl erhalten, die Hauptſtadt Tunis zu beſetzen, doch widerſetze ſich der Bey der Okkupation der Hauptſtadt. Ge⸗ neral Logerot gab Befehl jeden bewaffneten Araber zu erſchießen — Mehrere republikaniſche Blätter kon⸗ ſtatieren, daß im ganzen Lande wegen Afrika ſchmerzliche Aufregung zu herrſchen beginne. Fachmänner de⸗ monſtrieren, daß Frankreich nur noch vierzig intakte Regimenter beſitzt. Die andern hundert Regimenter haben ihre vierten Bataillone nach Afrika geſendet. Wien, 18. Sept. Wie die „Montagsrebue“ vernimmt, wird in der nächſten Zeit eine Begeg⸗ nung der Kaiſer von Oſterreich und von Rußland ſtattfinden; über den Ort und die Zeit der Begeg⸗ nung ſei noch nichts Definitives beſtimmt. Fongbranch, 19. Sept. Prä- ſident Garfield iſt 10 Ahr 50 N. abends geſtorben. Verſchiedenes. — Aus Weinheim teilt man uns mit. Geſtern vormittag 11 Uhr traf der König Oskar von Schweden nebſt Gemahlin und dem Kronprinzen nebſt großem Gefolge mit Extrazug hier ein und wurden am reich bekränzten Bahnhofe bon dem Herrn Staatsminiſter Turban, Generalmajor v. Grolmann, Oberſt⸗Lieutenant v. Deimling, Oberſt Baron Eynatten, General v. Keller, Baron v. Bergheim, Kammerherr, ſowie ſämtlichen hieſigen Staats⸗ und Civil⸗Beamten begrüßt. Der Aufent⸗ halt währte 10 Minuten. N — Freiburg, 12. Sept. Das Domkapitel wählte letzten Samstag vormittag in der Kapitels⸗ ſitzung den derzeitigen Erzbistumsverweſer, den hochw. Herrn Domkapitular Dr. Orbin, zum Dom⸗ dekan. Heute vormittag 12 Uhr fand die Inveſti⸗ tur des neuen Domdekans im Chore des Münſters ſtatt. Wes — Karlsruhe. Bei der am 16. und 17. d. M. hier abgehaltenen Einjährig⸗ Freiwilligen⸗ Prüfung, zu der ſich im Ganzen 14 Kandidaten angemeldet hatten, haben ſämtliche 8 Zöglinge der hieſigen Militär⸗Vorbereitungsanſtalt des Premier⸗ lieutenant a. D. Fecht den Berechtigungsſchein er⸗ langt, während von den übrigen 6 Examinanden 5 zurückgewieſen werden mußten. — In Kirchhofen (Amt Staufen) verun⸗ glückte Bürgermeiſter Steiger in gräßlicher Weiſe. Als er mit einem ſchwer beladenen Holzwagen nach Hauſe fahrend die Hemmvorrichtung an den Vor⸗ derrädern anziehen wollte, glitt er mit einem Fuße aus und wurde am Kopf von einem Wagenrad ſo erfaßt, daß er beinahe ganz ſkalpiert wurde. Ein Teil des knöchernen Schädeldaches, aus dem Sand und kleine Steinchen mit Mühe entfernt wurden, liegt blos. Durch eine ſtrenge antiſeptiſche Wund⸗ behandlung hofft man das Leben des Unglücklichen zu retten. — Mülhauſen, 15. Sipt. Ein ganz ent⸗ ſetzlicher Fall wird aus Gebweiler berichtet, wo am Samstag mittag ein Vater in ſeinem Jähzorn ſeinen 20jährigen Sohn erſchoß. Der Vater war Briefträger und der Sohn, ein bis zur Prima ge⸗ langter Gymnaſialſchüler, pflegte bei ſchlechtem Wetter dem Vater in der Ausübung ſeines Berufes zu helfen. Am Samstag hatte der Sohn ſolches un⸗ terlaſſen, worüber der Vater ihm die heftigſten Vor⸗ würfe machte, welche den Sohn ſo erbitterten, daß er dem Vater mit einem dicken Stocke einen Streich über den Kopf gab. Bevor er ein zweites Mal ausholen konnte, ergriff der Vater einen auf dem Tiſch liegenden Revolver und ſchoß denſelben auf den Sohn ab. Die Kugel ging durch die linke Bruſt, und tötlich getroffen ſank der Unglückliche auf ſein Bett nieder, das er nicht wieder lebend verlaſſen ſollte. — Aus Wiesbaden wird mitgeteilt: Der ehemalige naſſauiſche Landesdirektor Joſeph Werren, hat ſich am Samstag in einem in den Kurhaus⸗ Anlagen befindlichen Aborte, in einem Anfall von Schwermut, erhängt. — Berlin, 18. Sept. Der kommandierende General des dritten Armeekorps, v. Groß, iſt heute geſtorben. — New⸗-York, 18. Sept. Der Dampfer „Daniel Steinmann“ iſt auf der Fahrt von Boſton nach New⸗York in der verfloſſenen Nacht bei Vin⸗ chard Haven Sound geſcheitert. Es iſt ſofort Hilfe dorthin abgegangen. + Nationale Eigentümlichkeiten. In Deutſch⸗ land wird der Thermometer von Réaumur, einem Franzoſen, benutzt; in Frankreich der von Celſius, einem Schweden; in Rußland der von Leslin, ei⸗ nem Engländer; in England der von Fahrenheit, einem Deutſchen. Wie wahr iſt bei ſolchen Eigen⸗ tümlichkeiten das deutſche Sprüchwort: „Der Ni, phet gilt nichts in ſeinem Vaterlande!“ Es iſt nichts mit den Kindern klagt ein Familienvater dem andern. Hat man Söhne, die halbwegs geſunde und gerade Glieder haben 4, Tocte kommen ſie zum Militär; und hat man hüßbſche b Be und normale Töchter, ſo kommt das Milifär z 2 mit Mar ihnen. 17 betdenden, + (Was iſt der Menſch in der Zeitung 10 gcgen Wenn er geboren wird, immer ein „geſunder, keof⸗ 7110 tiger Knabe“, von dem ſeine Mutter „ſchwer, gher gag den 5 doch glücklich“ entbunden wurde; wenn er ſeinen g ſnittag Eltern fortläuft, ein „lieber, guter Sohn, dem feht alles Vorgefallene Verzeihung zugeſichert wird“ wenn er eine Frau auf dem nicht mehr ungewöhn⸗ lichen Wege der Annonce ſucht, ein „junger Mann ſlauſe hie un leich verb duabung den ! aus anſtändiger Familie“; wenn er eine Brieftasche Huge mit Wertpapferen verloren hat, ein „armer Haus⸗ A Hu knecht“; wenn er ſeinen alten Filzdeckel gegen einen neuen Hut vertauſcht, „der wohlbekannte Herr, der U ſich keine Unannehmlichkeiten machen wird“; und Nehl- Ti 1 1 wenn er ſtirbt, immer „der treue Gatte und brghe 10 17 6 Freund, für Alle, die ihn kannten“. 1.5183, Die “ 5 in das fat Nachrichten. balabous bier pre Handels Nachrichten 155 1882 f * Mannheim, den 19. Septemb. (Produ tenbörſe.) Folgendes ſind die bezahlten Preiſe. (ser 100 Kilo. Preiſe in Mark.) 1 Weizen, pfälzer 26.— dis 26.25. ruſſiſcher 26.25 bis 26.50 Amerikaniſcher 27.— bis 27.25 Spring 26.— bis 26.50. Californiſcher 26.50 bis —.—. Roggen, pfälzer 21.— bis —.—. ruſſiſchet —.— bis —.—. Franzöſſiſcher 21.— bis 21,25 Gerſte hieſiger Geg. 20. — bis —.—. pfälzer 20.—, u brsben werde 0 ſnd bis läng 6, nachmittags nt der Aufſcht . böten Be i angeſchen . Wohung, den 1 bis 20.50 neuer Hafer bad. 16.—. bis 16.25. Gemein württemb. Alp 16.50. bis 16.75. Württemberger A Hu neuer Hafer —.—. bis —.—, kuſſiſcher —.— bis Hat. ö —.—. Mais amerikan. mixt. 15.50 bis 16.—, Karls Bohnen 27.— bis 28.—, Linſen —.— bis — n u- l. Ku Wicken 20.— bis —.—. Kernen 25.— bis 25.50. fell Erbſen —. — bis — —. Kohlteps, deutſcher 28.50 ] fte bis 29.—. ungar. 28.50 bis 29.— Kleeſamen, n ud deutſcher 1. Sorte —. —. bis —.—. 2. Sorte 5 —.— bis — —. Provencer —.—. bis —.—. Mittem neuer Pfälzer Luzerne —.— bis —.—. ö iallegtperbe Leinöl in Parthien 61.— bis —.—. Faß⸗ 70 weiſe 63. — bis —.—. Rüböl in Parthien 64.— 1 h. g bis —.—. Faßweiſe 65.— bis —.—. Petroleum 3 in Wagenladungen 27.— bis —.—. Faßweiſe 5 27.50 bis —.—. Weizenmehl per 100 Kilo mit 8 Sack, Brutto für Netto. 5 Volta Nr. 0 e i Alung von 7 in nir zur Au Müſfiigen mar Aung begrüt Trennung von dem Geliebten! Die⸗ ſer eine furchtbare Gedanke laſtete mit wahrhaft erdrückender Gewalt auf ihre Seele. auf um dem bekümmerten Gemüt durch lautes Kla⸗ gen Luſt zu geben. Aber das alles brachte ihr den Geliebten nicht zurück. Sie begab ſich in das nebenanliegende Schlafkabinet und warf ſich bitter⸗ lich weinend auf ihr Lager; ſie barg das ſchöne Haupt tief in die Kiſſen desſelben, aus welchen das ununterbrochene Schluchzen in das Nebenzimmer und an das Ohr der noch immer harrenden Lau⸗ ſcherin drang. 5 Allmälig legten ſich die Sturmwellen in Sel⸗ mas erregtem Gemüt und ihre Klagen verſtummten nach und nach. Aber es wollte ſich kein Schlaf erlöſend auf ihre Augenlider ſenken. Die Qualen des ſchrecklichen Erkenntniſſes zermarterten ihr das Hirn. Sie dachte an das ſchwere Vergehen ihres Vaters, für das ſie zu büßen verurteilt war, an die Verachtung Walther's gegen Alles, was den Namen Wernheim trug, mithin auch gegen ſie, die Unſchuldige; ſie dachte an die zerſtörten Hoffnungen und an ihr unter Trümmern begrabenes Lebens⸗ glück. Warum hatte ſie Gott ſo ſchwer heimgeſucht? Was hatte ſie verbrochen, daß Gott ſie ſtrafte, wo ſie ſich keiner Schuld bewußt war? f Auch an das Dokument dachte Selma. Wa⸗ rum mußte ſie es gerade finden, dieſen Zeugen der Schande Wernheims? Warum wurde ihr es gerade in die Hand gedrückt, dieſes Brandmal ihres Na⸗ mens? — Wo war es? rückgelaſſen auf dem Tiſch ihres Wohnzimmers! Sie mußte hin, um es zu vernichten, kein weiteres Auge ſollte es erblicken? Aber durfte ſie das? War das Dokument nicht ein unbeſtrittenes Eigen⸗ Sie ſprang Ah! ſie hatte es ja zu tum Walthers? hatte ſie ein Recht, darüber will⸗ kürlich zu ſchalten? Nein! Und dennoch konnte es ihr Niemand verargen, wenn ſie mit der Be⸗ ſeitigung dieſes Dokuments weitere Schande von dem Haupte ihres Vaters abwendete, der, ſo ſehr er auch gefehlt, doch immer ihr Bater war. Sie erhob ſich eben von ihrem Lager, um den ſchnell gefaßten Vorſatz auszuführen, als ſie leiſe die Thür ihres Wohnzimmers in's Schloß fallen hörte Sie eilte hinein und ihr erſter Blick fiel auf den Tiſch, worauf das Dokument gelegen — es war verſchwunden! Was war damit geſchehen? Hatte man es ihr geraubt? Nicht möglich! es war doch Niemand hier! Das leiſe Zuſchlagen der Thür mußte eine Einbildung ihrer Phantaſie geweſen ſein! Und dennoch: es konnte nicht anders ſein, es mußte Jemand fortgenommen haben, denn ſo viel ſie auch ſuchte, es fand ſich nicht mehr. Aber wer ſollte wiſſen, daß ſie es gefunden hatte? Selma ſtand hier vor einem unlösbaren Rätſel und ihre bis auf's Höchſte erregte Phantaſie ſchrieb dieſe Erſcheinung dem Walten einer überirdiſchen Macht zu, die ihr das Dokument in die Hände gegeben und wieder entriſſen hatte, damit deſſen Vernichtung verhindert werde und damit man ihres Vaters Namen, ihren Namen, an dem Schandpfahl des Verbrechens prangen laſſen könne. Siedenheiß drangen der Gefolterten bei dieſem Gedanken die Blutwellen vom Herzen zu den Schläfen; ſie ſah im Geiſte die Obrigkeit heran⸗ nahen, die den Valer feſſelte und ſie vom Hauſe der Eltern vertrieb, weil ſie, ſo lange ſie lebte, von verſchlichenem Gute gezehrt, ſie ſah ſich hohnlachend von der gaffenden Menge umſtanden, die ſich an A Nütln zur R Wadi zu be Wan erreicht K kfrde, ein v ihr Unglück weideten — da im Hintergrunde tauchte vor ihrem geiſtigen Auge das Nebelbild Walthers empor, das ſie ernſt und ruhig anzublicken ſchien — ſie erhebt die Arme zu ihm und fleht um Ex⸗ dini barmen und Hilfe, — ſie fühlt, wie er ſie don ic i bollſtänd ſich ſtößt und ſich verachtend von ihr abwendet — e n auch ur Und mit einem gellenden, markerſchütternden den gerufen Aufſchrei, der durch das ganze Haus wiederholte, kahn dees ſtürzte Selma zuſammen. — — Wünd md! Der Morgen begann kaum zu dämmern, als Ahh in J die gutsherrliche Chaiſe vor dem Herrenhaus hielf J zemienbr 0 die dazu beſtimmt war, vier Perſonen nach det wich f 50 nahen Stadt zu führen. Zuerſt ſehen wir Wern⸗ heim und Fräulein Löhr einſteigen, dann folgte der Arzt, den wir bereits an dem Krankenlager Walthers fun werd s zug ſandt 0 und ſeines Vaters kennen lernten; neben ihm her ö ſchritt Selma, die das Auge unſtätt und irrend in 19 die Ferne richtete und die nur mit Mühe zu be Fal g wegen war, in dem Wagen Platz zu nehmen, * Die Armſte, ſie ahnte nicht, daß man ſie i, Aich Her Irrenhaus führte! — — aha Acht Tage nach dieſer Begebenheit treffen weiß don lange Wernheim, Fräulein Löhr und Meinhardt im Kue duen 0 garten von Travemünde luſtwandelnd in den langen de . Gängen der herrlichen Anlagen. Es achtete wohl a Niemand von den Dreien auf die melodiſchen Klänge ( ene S herübertönten. Es ſchien ein jeder mit ſich ſelbſt welche von dem Standort der Badkapelle zu ihnen 1 beſchäftigt, hauptſächlich war es Wernheim, der hoͤchſt 9 einſilbig und mißgeſtimmt war. (Fortſ. folgt) o e be: Molitor 15 * Redaktion, Druck und Verlag von Wucherer & Ladenburg