Verschiedenes. * Ladenburg den 31. Dez. Verfloſſenen Rittwoch Abend kurz vor 7 Uhr verunglückte an er hieſigen Eiſenbahnſtation der 21jährige Eiſen⸗ zahnarbeiter Brand von Leutershauſen beim heraus⸗ pringen aus einem Güterzug während derſelbe ſich m Gehen befand, wobei ihm ein Fuß abgeführt durde. Nachdem ihm ein Verband angelegt worden par, wurde er mit dem folgenden Perſonenzug ach Heidelberg in das ac. Krankenhaus verbracht. — Aus Baden. Aus Oberrothweil am Raiſerſtuhl wurden der „Br. Ztg.“ Blüthen von freiſtehenden Zwetſchgenbäumen zugeſandt, eine zur Winterszeit wohl unerhörte Seltenheit. Der Ueber⸗ ender bemerkte dazu, und wir fürchten mit Recht, zaß ſolche Vorkommniſſe auf kein günſtiges Obſt⸗ rgebniß für's kommende Jahr hinweiſen. — In Neudenau a. d. Jagſt wurde vor etlichen Tagen in junger Mann, Soldat, zu Grabe getragen. Die rſache an deſſen Krankheit und Tod war folgende: a derſelbe an ſtarkem Fußſchweiß litt, ſo tauchte er in der vorletzten Heuernte ſeine Füße in das alte Waſſer der Jagſt und zwar mehrere mal. 8 dauerte nicht lange, ſo fühlte er ſich unwohl und nach faſt zweijährigem ſchrecklichen Leiden erlöste hn der Tod. — Pforzheim, den 27. Dezbr. In den Tagen vom 26. Dez. bis 4. Januar hat der hieſ. Kunſtgewerbeverein im großen Saale des Gewerbe- chulgebäudes eine reiche Sammlung von kunſtge⸗ werblichen Gegenſtänden aller Art in ausgeführten Arbeiten, Modellen und Zeichnungen ausgeſtellt. Darunter ſind antike, egyptiſche, indiſche ꝛc. Schmuck⸗ gegenſtände und andere Gold⸗ und Silberartikel, Proben von Emaill⸗, Niello⸗ und Tauſchirarbeiten, eine Eiſengüſſe, Majoliken und Büchereinbände, ferner Gypsmodelle und Abbildungen von kunſtge⸗ werblichen Gegenſtänden der verſchiedenſten Art, ſo namentlich von ſolchen aus der reichen Kapelle in München. — Wiesloch, den 27. Dez. Heute Abend gegen 7 Uhr hörte die Schuldienerin im Conferenz⸗ zimmer der höh. Bürgerſchule ein ſtarkes Röcheln; als dieſelbe öffnete, lag Reallehrer Wertheimer (Iſr.) Lehrer an der höheren Bürgerſchule, auf dem Boden im Todeskampfe. Die Frau holte ſogleich Nach⸗ barbewohner und den Großh. Bezirksarzt. Man fand den Mund des Sterbenden mit Schaum be⸗ deckt, und bemerkte ſofort, daß derſelbe ſeinem Leben mit Gewalt ein Ende bereitet hat. Neben ihm lagen zwei Briefe, ein Brief war an einen ſeiner Collegen adreſſirt, und der andere an die im Schulhauſe wohnende Lehrersfamilie. Letzterer enthielt ungefähr die Worte: Bis Sie in den Beſitz dieſer Zeilen gelangen, bin ich nicht mehr unter den Lebenden. In ſeinen Taſchen fand man 2 Gläſer, ein Trink⸗ in Medieinglas. Letzteres roch, 1 0 ite nach Blauſäure. Gegen 8 1 war der Todeskampf vollendet. Die Leiche 185 5 in das Spital verbracht. W. war ſeit Herbſt 18 0 an erwähnter Lehranſtalt als Reallehrer angeſte und iſt ungefähr 26 5 18 Die Beweggründe jeſer That ſind unbekannt. * 8 en den 22. Dez. Der gl. Oberförſter auf dem Jagdhaus bei Kaiſerslautern, Freiherr Leopold b. Stengel, machte geſtern wie alltäglich ſeinen Reviergang; als er am Nachmittage noch nicht zurückgekehrt war, wurde ſeine Familie unruhig und ließ nach ihm ſuchen und fand man denselben gegen Abend im Walde an einem Graben, den rechten Arm unterm Körper liegend todt auf. Ein Schuß war ihm von der linken Wange durch den Kopf gegangen. Aller Wahrſcheinlichkeit nach ſprang, nach den vorhandenen Fußspuren, Herr b. Stengel, ein Wild verfolgend, mit geſpanntem Ge⸗ wehr über den Graben, rutſchte auf der naſſen Erde aus und fiel ſo unglücklich, daß ſich die Waffe ſelbſt d. 5 — Kaſſel den 23. Dez. Eine heitere Szene ereignete ſich geſtern Mittag hier auf dem Fiſch⸗ markt: Eine Frau handelte mit einer Fiſchhändlerin um einen großen Hecht. Im Begriffe das Geſchäft abzuſchließen, berührt die Käuferin mit dem Zeige⸗ finger den Kopf des Fiſches. Dieſer aber lebt noch, ſchnappt zu und erfaßt mit ſeinen ſcharfen Zähnen den Finger der Frau. Dieſe ſchreit laut auf während das Blut zur Erde rieſelt. Alle Verſuche, den Rachen des Fiſches zu öffnen, bleiben erfolglos, bis ein hinzugekommener Herr mit einem Meſſer den Kopf des Thieres vom Rumpfe trennt. Nun ſchreit die Fiſchhändlerin Zetermordio. Die Frau weigert ſich, den Fiſch, der ihr beinahe den Finger abgebiſſen, zu kaufen, die Fiſchhändlerin behauptet, daß niemand ihr den geköpften Fiſch abkaufe. Am Ende ſieht der ebenfalls mit in den Streit ge⸗ zogene menſchenfreundliche Herr ſich genöthigt, den Fiſch zu erwerben, obgleich er lachend betheuert, nie ein Liebhaber von Fiſchen geweſen zu ſein. Aus Baden. Als am 28. ds., 5 Uhr Morgens, die Frühzählung der Zuchthausſträflinge in Bruchſal vorgenommen wurde, ſtellte ſich, wie der „B. Ldsztg.“ berichtet wird, heraus, daß der gefährliche Dieb und Einbrecher Reffert aus Ladenburg fehlte. Derſelbe war auch bei dem letzt⸗ jährigen großen Diebſtahle in Karlsruhe betheiligt und zu langjähriger Zuchthausſtrafe verurtheilt. Als Schreiner beſchäftigt, gelang es ihm, mit einem ſog. Fuchsſchwanz die Eiſenſtäbe ſeiner Zelle zu durch⸗ ſchneiden. Die ſpätere Flucht aus dem hoch ge⸗ legenen Stockwerk und über die mächtige Mauer iſt geradezu räthſelhaft. Bis Nachmittags 1 Uhr war der Verbrecher noch nicht wieder ergriffen. Seit dem Beſtehen des Bruchſaler Zuchthauſes iſt er der wie Perſonen 4. oder 5. Ausvtech. . le würden jedoch sieher dingfeſt gemacht. — Karlsruhe d 29. Dez. Der gus dem Zuchthaus in Bruchſal evichene Sträfling Reffett machte bei Herrn Kaufma Schwab dahier einen Einbruch offenbar um J die Mittel zur An⸗ ſchaffung von Kleidern beibringen was ihm auch gelang. Den geſtrigen Tagerbrachte er im Hardt⸗ walde. Abends kam er inie Stadt, um ſſch ig einem Kleiderladen der Kakſtraße einen Anzug zu kaufen. In dieſem Laden wde er von zwei Schuz⸗ leuten betreten und ſofort igfeſt gemacht, — Aus Montaubn, den 28. Dez, wird über den Einſturz der Kirchdes Weſlers Sgillayot im Canton Cavins, im Vaxrtement der oberen Garonne, gemeldet: Am 27 waren zur Vesper in der Kirche über hundert Pemen verſammelt gl die Decke einſtürzte und die nweſenden unter den Trümmern des Gewölbes beub. Am 28. waren acht Todte und mehr als atzig Verwundeie gaz den Trümmern hervorgezogen Das Gewölbe oa wiederholt ausgebeſſert worde, aber die Arheſle waren nicht genügend oder, ſchlecht“ gusgeſüh —— N Handels⸗Nachchten. * Mannheim, den 0. Dezember 1880 (Produktenborſe.) Folgendes ſindie bezahlten Preiſe; (Per 100 Kilo. Preis in Mark.) Weizen, pfälzer 23.— 8 , ruffiſche 24.25 bis 24.50. Amerikaniſche 24. —, bis — Spring 23.75 bis —.—. Calirniſcher — — —.—. Roggen, pfälzer 21.50 3 —.— kruſſiſche 20.50 bis —.—. Franzöſſiſcher? 175 bis - Gerſte hieſiger Geg. 17.50 bis 7 pfalzer 18.75 bis 19.—. neuer Hafer bad. 3,25 bis 13.50. württemb. Alp 14.25 bis 14.50 Württemberger neuer Hafer —. — bis —.—, uſſche Mais amerikan. mixt. 1 bis Bohnen 23 50 bis 25.50. Linſen . bis Wicken 15.— bis 17.—. Kernen 280 bis Erbſen —.— bis —.—. Kohlreps deutſcher 28 bis —.—. ungar. 28.— bis — , Fleeſamen, deutſcher 1. Sorte 106.— bis 10e, 2, Sor — — bis — —. Provancer 140 s neuer Pfälzer Luzerne 115.— bis . Eporſelſe 35 — bis —.—. 1 5 Leinöl in Parthien 62.— bit . Faß⸗ weiſe 63.— bis —.—. Rüböl in Pithten 64. bis —.—. Faßweiſe 65.— bis — . Mitoleum in Wagenladungen 30.— bis — u Fate 31.— bis —.—. Weizenmehl per 100 Feile g Sack, Brutto für Netto. l Nr. 4 29.50 Nr. 0. 38.50. Nr. . 5 Nr. 2. 34.50. Nr. g. 33.— gekoſtet, ſich wegen der Zukunft ihrer Kinder an ihre Schweſter zu wenden, die ſeit dem Tode ihrer Eltern die einzige nahe Verwandte war. Dieſe Dame lebte, ſeit mehreren Jahren Wittwe und Herrin eines bedeutenden Vermögens, in einer entfernten Stadt und ſtand in dem Rufe großer Sanftmuth und Wohlthätigkeit. Die Kranke durfte daher hoffen, eine Fehlbitte zu thun, wenn ſie dieſe Schweſter, die kinderlos geblieben, erſuchte, Mutterſtelle an ihren beiden Nichten zu vertreten. Seit einer Reihe von Tagen harrte ſie voll banger Sehnſucht auf Ant⸗ wort, ja, es ſchien faſt, als ſei es nur dieſe fieber⸗ hafte Erwartung, die die Seele noch immer an dieſen gebrochenen Körper feſſelte und die völlige Auflöſung verhinderte. Ach, und ſo oft ſchon war der Poſtbote in das Zimmer getreten ohne den er⸗ ſehnten Brief in ihre Hände zu legen, ſo unzählig oft hatte ſie jedem fremden Schritt, der auf der Treppe hörbar ward, mit ängſtlicher Spannung ge⸗ lauſcht — keine Antwort auf ihren letzten, glühen⸗ den Herzenswunſch! Die Kranke ſeufzte tief auf bei dieſem Ge⸗ danken, der wohl zum hundertſten Male ihr Gehirn zermarterte. Seit den letzten Tagen hatten die Schmerzen, die ſie vorhin gepeinigt, nachgelaſſen, und eine unüberwindliche Schwäche und Apathie war an ihre Stelle getreten. Die Leidende wußte, das war der Tod, der ihr langſam ans Herz trat, und mit dem Gefühl unendlicher Erleichterung ſchloß ſie die Augen, in der Ausſicht baldiger Erlöſung; aber der Gedanke an ihre unverſorgten Kinder ſtachelte ihren müden Geiſt immer wieder zu macht⸗ loſer Verzweiflung auf. Ihre Töchter befanden ſich neben ihrem Lager. Luiſe, die älteſte, von jener ſtreng regelmäßigen Schönheit, wie ſie bei Kindern mehr befremdet als entzückt, den Stempel allzu früher geiſtiger Reife auf dem ernſten Antlitz, hielt die erkaltende Rechte der Mutter in den Händen. Ohne Worte und ohne Thränen, das große weit geöffnete Auge mit dem Ausdruck namenloſer Angſt auf die Kranke ge⸗ richtet, verharrte ſie regungslos in vorgebeugter Stellung, und die ganze Außenwelt ſchien für ſie nicht zu exiſtiren. Ihre um drei Jahre jüngere Schweſter lag ſchluchzend neben dem Bett auf den Knieen, in kindlich ſüßen Worten die Mutter bittend, nicht von ihnen zu gehen, dem lieben Gott zu ſagen, daß ſie noch ein Weilchen hier bleiben möchte, da⸗ mit ihre Kinder nicht ſo verlaſſen ſeien. Wie Centnerlaſt legten ſich dieſe Ausrufe kindlicher Angſt auf das Herz der armen Mutter. i „Lina,“ ſagte ſie mit Anſtrengung, „ſei nicht ſo traurig, mein Kind. Der liebe Gott wird euch nicht verlaſſen, auch wenn ich ſterbe. Die Tante wird kommen — ja, gewiß, Eugenie kann, ſie wird meine einzige, letzte Bitte nicht abſchlagen — — o, mein Gott, noch immer keine Nachricht!“ Sie preßte die Hände an die fieberhaft pochenden Schläfe und ein krampfhaftes, thränenloſes Schluchzen er⸗ ſchütterte ihren ganzen Körper. „Sei nur ruhig, liebe theure Mang,“ ſleh die älteſte Tochter, in furchtbarer Angſt, der Bruſ⸗ kampf könne wiederkehren, der die Krane heul ſchon mehrmals dem Erſtickungstodte nahe gebracht, „Soll ich zur Poſt gehen? Vielleicht i ein Beg an Dich da.“ a Die Mutter nickte und die Kleine ſchlahe, ohne an eine Umhüllung zu denken, lautlos dien in den ſtrömenden Regen. „O Gott, Gott, laß mich nicht ſo ſterben flehte die Kranke inbrünſtig. „Dieſe lee Be ruhigung laß mir noch zu Theil werden Ach, wenn Eugenie wüßte — — —“ Ein erſſickender Huſten unterbrach ſie und preßte ihre Bruſt zuſam⸗ men. Die Kleine an ihrem Bett brach in ein neues Wehegeſchrei aus. „O liebe Mama,“ rief ſie, die Hände det Kranken ſtreichelnd, „die Tante wird ja kommen, Luiſe wird gewiß einen Brief bringen, denke doch nicht immer daran.“ Ja, ſie muß, flüſterte die Kranke, der Sprüche wieder mächtig geworden, heiſer und heftete die weit geöffneten Augen, auf die ſchon die Schleier des Todes ſich zu legen begannen, in ſieberhafler Span- nung auf die Thür. „Eugenſe kann ſo grauſam nicht ſein — oh, Luiſe — —“ 5 1 (Fortſetzung ſolgt.) —— Redackſon, Druck und Verlag von Wucherer K Mol Ladenburg.