9 Verſteigerung gelangte, hat der Vormund einen Kaufluſtigen vom Mitbieten abgehalten, ſo daß die Liegenſchaft um einen geringeren Preis, als Jener bieten wollte, dem Vormund zugeſchlagen worden iſt, haben die Gerichte beider Inſtanzen in jenem Verhalten des Vormundes eine Untreue im Sinne des § 266 Strafgeſetzbuch gefunden. — Karlsruhe den 3. Dez. Heute habe ich Ihnen von einem ſchrecklichen Unglück zu berichten, das mehrere Familien hier und in der Umgegend in tiefe Trauer verſetzt hat. Geſtern Abend gegen 6 Uhr ſtürzte in dem nahen Grün⸗ winkel ein großes Bierkellergewölbe zuſammen, welches Herr Fabrikant Sinner daſelbſt herſtellen ließ. Der Keller hatte ein Tonnengewölbe, das 3 Meter hoch mit Sand bedeckt war; ſchon am Vor⸗ mittag hatte man das Weichen einer Mauerwand beobachtet, auf welche die eine Seite des Gewölbes ſich ſtützte und man ſuchte deßhalb durch Abſprießen dieſer Wand größere Widerſtandsfähigkeit zu geben; auch war beabſichtigt, das Gewölbe ſelbſt durch Ent⸗ fernung des darauf lagernden feuchten Sandes zu entlaſten. An dieſer Arbeit waren einige zwanzig Mann gerade in dem Augenblick beſchäftigt, als das Gewölbe zuſammeybrach. Leider iſt eine An⸗ ahl Arbeiter dabei verunglückt: 5 Leute wurden geſtern vor Mitternacht todt aus dem Schutte her⸗ ausgefördert; 6 Mann, welche ſich noch unter den Trümmern befinden, werden vermißt. Gerettet ſind 11 Mann, von dieſen wird für Einen ernſtliche Beſorgniß gehegt. Die Anſtrengung zur Heraus⸗ ſchaffung der Leichen ſind während der ganzen Nacht fortgeſetzt worden. Zimmermeister Wilhelm Weiß von Mühlenburg, ein junger tüchtiger Mann, Vater von 10 Kindern, kam aus dem Keller, wo er das Abſprießen der gefährdeten Wand beſorgt hatte, in dem Moment auf die Höhe des Stockwerks, als die Kataſtrophe eintrat. Wohl in der Betäubung des Schreckens wich er unglücklicher Weiſe ſo weit zur Seite, daß er den Boden unter den Füßen verlor und durch einen offenſtehenden 60 Fuß hohen Schacht in die Tiefe ſtürzte; ſchwer verletzt nach Haufe gebracht verſchied er nach wenigen Stunden. Beamte der Bezirkspolizei, der Medicinal- und der Baube⸗ hörde waren ſofort nach Eintreffen der Meldung des Vorfalles an Ort und Stelle geeilt, um bei der Hilfeleiſtung und bei den Schutzmaßregeln gegen weitere Gefahr thätig zu ſein. Die Bauaccordanten wurden in gerichtliche Haft genommen. — (Nur gen au.) Von der außerordent⸗ lichen Sorgſamkeit, mit welcher preußiſche Behörden in Rechnungsſachen zu Werke gehen, gibt das nach⸗ ſtehende Beiſpiel Zeugniß. Ein in Saarbrücken wohnender Militär⸗Invalide hatte dieſen Sommer auf fiskaliſche Koſten eine Badekur gemacht. Vor Bezirkskommando die angenehme Nachricht, daß ihm damals zu wenig Geld ausbezahlt worden ſei. wurde ihm demgemäß aufgegeben, eine neue Quittung auszuſtellen und den der Aufforderung beigefügten Betrag in Empfang zu nehmen — der in einem ſorgfältig eingewickelten einzigen Pfennig beſtand. So wenigſtens berichtet die „S. Z.“ — Glück im Unglück. Der Beamte der Spar⸗ und Leihbank zu Oldenburg, C. Witte, iſt mit 45,000 Mk. entflohen. Indeſſen wird die Bank vollen Erſatz erhalten, da außer anderen Deckungsmitteln ein unter Witte's Effecten vorge⸗ fundenes Freiburger Loos in den letzten Tagen mit einem Gewinn von 40,000 Francs gezogen iſt. — Der Cirkus Bazola in Havre war unlängſt der Schauplatz einer blutigen Scene. Der Thier⸗ bändiger Jules Gerad war in den Löwenkäſig ge⸗ treten, und die Mehrzahl der Löwen gab, wie gewöhnlich, überraſchende Proben von Gelehrſamkeit und Folgſamkeit. Eine Löwin die offenbar übler Laune war, zeigte ſich gegen die Befehle ihres Herrn wiederſpenſtig, worauf ſie dieſer durch einen Peit⸗ ſchenhieb zum Gehorſam zu bringen verſuchte. Die Lömin ſtürzte ſich nun auf Gerad, warf ihn zu Boden und berſetzte ihm mehrere Biſſe in den Schenkel. Trotz des heftigen Schmerzes verlor je⸗ doch Gerad ſeine Kaltblütigkeit nicht; es gelang ihm, ſich von dem wüthenden Raubthier loszumachen und es durch einen förmlichen Hagel raſch nacheinander geführter Peitſchenhiebe einzuſchüchtern. Hierauf ver⸗ ließ der über und über mit Blut bedeckte Thier⸗ bändiger den Käfig, außerhalb deſſen er beſinnugs⸗ los zuſammenſtürzte. Seine Verletzungen ſind ge⸗ fährlich. — Aus Raſchau in Sachſen wird ein grauenhafter Selbſtmord gemeldet, der in einer lebensfrohen, im benachbarten Ort Förſtel beim Tanz ſich vergnügenden Geſellſchaft am Sonntag eine ungemeine Panik und das tiefſte Bedauern mit dem Opfer der entſetzlichen That hervorrief. Ein junger Mann der Geſellſchaft trat im Laufe des Abends plötzlich mit einer brennenden Dynamitpatrone im Munde unter den Kronleuchter des Tanzſaales, der gefährliche Sprengſtoff explodirte, die Lampen ver⸗ löſchten und zerriſſen flogen die Theile des Kopfes des unglücklichen jungen Mannes umher, die Wände und Decke mit Blut beſpritzend. Der Bruder und ein Mädchen, mit welchem der Entſcelte ein Liebes⸗ verhältniß unterhielt, ſollen mit anweſend geweſen ſein. Das Motiv der That iſt unbekannt. Einer vorher gethanen Aeußerung, „daß er in einer halben Stunde nicht mehr da ſein werde,“ hatten ſeine Freunde keine ſolche Bedeutung beigelegt. 7 (Der arme Lieutenant.) Gutsbeſitzer: Wie Es gegen die Militärs. — Lieutenant (ſchwärmeriſch, verzweiflungsvoll): Aber ich kann ohne ihre Emilie nicht leben! — Gutsbeſitzer: Das mag ſchon ſein mit der knappen Lieutenants⸗Gage. 0 (Wie die Vertheidiger ſprechen.) Meine Herren Geſchworenen, wenn je ein Fall vorge⸗ kommen iſt, welcher mehr als jeder andere Fall die ſorgfältigſte Vergleichung mit früheren Fällen er⸗ fordert, ſo iſt dieſer Fall jener Fall, der Ihnen in dieſem Falle vorliegt.“ Wir machen hierdurch auf die im heulſgen Blatte ſtehende Annonce der Herren Kaufmann Simon in Hamburg beſonders aufmerkſam, Es handelt ſich hier um Original⸗Looſe zu einer ſo reichlich mit Haupt-Gewinnen ausgeſtatteten Ver⸗ looſung, daß ſich auch in unſerer Gegend eine ſehr lebhafte Betheiligung vorausſetzen läßt. Dieſes Unternehmen verdient das volle Vertrauen, indem die beſten Staatsgarantien geboten ſind und auch vorbenanntes Haus durch ein ſtets ſtreng reelles Handeln und Auszahlung zahlreicher Gewinne allſeits bekannt iſt. 0 5 5 i Handels⸗Machrichten. 5 * Mannheim, den 6. Dezember 1880. (Produktenborſe.) Folgendes ſind die bezahlten Preiſe; (Per 100 Kilo. Preiſe in Mark.) Weizen, pfälzer 23.25 bis 23.75. ruſſiſcher 24.75 bis 25.25. Amerikaniſcher 24.50 bis —.—., Spring 24.25 bis —.—. Californiſcher —.— bis —.—. Roggen, pfälzer 22. — bis 22.50. ruſſiſcher 21.50 bis —.—. Franzöſſiſcher 22.50 bis 22.75. Gerſte hieſiger Geg. 17.75 bis 18.25. pfälzer 18.75 bis 19.25. neuer Hafer bad. 14.25 bis — — württemb. Alp 14.50 bis 15.—. Württemberger neuer Hafer —.— bis —.—. ruſſiſcher —.— bis 11 —.—. Mais amerikan. mixt. 14.50 bis 15.—. Bohnen 25.— bis 27.—. Linſen —.— bis —.—. Wicken 15.— bis 17.—. Kernen 23.50 bis —.—. Erbſen —.— bis —.—. Kohlreps, deutſcher 28.— bis —.—. ungar. 28.— bis —.— Kleeſamen, deutſcher 1. Sorte 108.— bis 112.—. 2. Sorte — — bis — .—. Provancer 140.— bis —. neuer Pfälzer Luzerne 115.— bis 120.—. Esparſette 35 — bis —.—. Leinöl in Parthien 62.— bis —.—. Faß⸗ weiſe 63.— bis —.—. Rüböl in Parthien 64.— bis —.— Faßweiſe 65.— bis —.—. Petroleum in Wagenladungen 29.— bis —.—. Faßweiſe 29.50 bis —.—. Weizenmehl per 100 Kilo mit Sack, Brutto für Netto. Nr. 0, N 1 39.—. 36.—. 35.—. al, ant gute 2 33.— Nr. 4. 29.50. einigen Tagen erhielt er auf Veranlaſſung der Intendantur des 8. Armeekorps vom Landwehr⸗ geſagt, Herr Lieutenant, ſchlagen Sie ſich meine Tochter aus dem Sinn. Ich bin grundſätzlich kniſchen Qualität daß auch ſeiner noch manche Annehmlichkeit wartete, und doch fühlte er, daß das Schöne dahin ſei aus ſeinem Leben, daß die Wunde, die ihm geſchlagen, niemals völlig heilen könne, daß ſie, wenn ſie ihn auch nicht augenblicklich niederwarf, doch um ſo länger ſchmerzen und bluten werde. „Es iſt traurig, Leonie,“ ſagte er endlich. „Ja,“ ſprach ſie eintönig. Es lag etwas Müdes, Gebrochenes in ihrer Haltung, wie ſie ſo an einem Baumſtamm lehnte, das graue Auge thränenlos in die Ferne gerichtet. Niemand hatte ſie jemals weinen, Niemand ſie auch nur aufgeregt geſehen, ſie trug Freud und Leid ſtets mit dem ihr angeborenen Phlegma. Eine lange Pauſe herrſchte. Herbert hob end⸗ lich, wie zu einem Entſchluß gekommen, ſchnell das Haupt. „Mag es denn ſein! ſagte er ſeſt, „ſie liebt ihn, mag ſie mit ihm hinziehen. Ich danke Ihnen, daß Sie mich vorbereitet haben, Leonie, bei einer plötzlichen Entdeckung hätte ich vielleicht dem Mäd⸗ chen das Herz ſchwer gemacht. Jetzt läßt ſich hoffentlich noch der Fluch der Lächerlichkeit ver⸗ meiden. Leonie ſchaute ihn mit einem bewundernden Blick an. „Ich hätte keinen andern Entſchluß von Ihnen erwarten ſollen,“ entgegnete ſie, „und den⸗ noch — — Sie dürfen nicht ſo großmüthig ſein, Herbert. Um Rothläppchens willen ſpielte ich die Verrätherin, ſie darf Herrn Rhoden nicht in die Hände fallen, denn“ — ſie zögerte einen Augen⸗ blick — er iſt ein Ehrloſer. Sie hob die Hand mit dem Brief, im welchem ſie vorhin geleſen, und machte eine Bewegung, ihm denſelben zu reichen; doch ſie hielt inne. „Wollen Sie mir ohne Beweis glauben?“ ſprach ſie beinahe flehend.“ „Unbedingt, Leonie!“ antwortete Herbert, ihre Hand ergreifend. „Ich kenne Sie genug, um zu wiſſen, daß nur die äußerſte Nothwendigkeit Sie zu dieſer Rolle zwingen konnte, die ſo entehrend für Sie iſt. Aber wollen Sie mir nicht noch das Eine ſagen. Wie finde ich Rhoden ſo, daß ich ihn zur Rechenſchaft ziehen kann?“ „Im Wald, an Lianens Lieblingsplatz,“ ent⸗ gegnete ſie kurz und mühſam, dann wandte ſie ſich ab. Er verließ ſie ſofort und ſchritt dem Walde zu. „Rothkäppchen, mein ſüßes Mädchen, wie danke ich dir, daß du gekommen biſt,“ ſprach Arthur Rhoden, die Hände Lianens mit glühenden Küſſen bedeckend, und ſie, die einen Kuß von ihrem Ver⸗ lobten für unſchicklich gehalten, duldete ohne Sträuben die Liebkoſungen des Fremden. 0 Er zog ſie zu ſich auf die Raſenbank am Fuß der großen Eiche nieder. Hier war es, wo ſie ſich zuerſt getroffen und wo Rhoden durch die Schil⸗ derung ſeines einſamen Lebens zuerſt das Mitleiden in dem Herzen des Mädchens wachgerufen hatte. i N 8 wg und enpfchled Hier war es, wo ſie ſich ſeitdem jeden Tag geſehen Alem Pdeiſen. und wo ſich ihr Inneres allmählig dem ſüßen Gift . Kauf der Ueberredung geöffnet. Sie ahnte dunkel, daß ſie irgend ein Unrecht begehe, wenn ſie den Fremden täglich hier erwarte, und eine unerklärliche Scheu hielt ſie ab, Herbert ein Wort davon zu ſagen, Ihr war immer, als werde ihr Verlobter Rhoden nicht ſo gut verſtehen wie ſie, als könne er ihn be⸗ leidigen oder ihm gar ein Leid zufügen. „Rothkäppchen,“ fuhr Rhoden fort, den Arm um ihre Taille legend, „wer weiß, wie lange mir noch das Glück vergönnt ſein wird, Dich hier zu ſehen, Dich, die einzige Seele, die ein wenig Theil⸗ nahme für mich hegt. Die Zeit meines Aufent⸗ haltes hier iſt längſt abgelaufen, ich habe meine Abreiſe nur verzögert, weil ich mich von Dir, Du Stern meines Lebens, nicht losreiſen konnte, aber jetzt — muß geſchieden ſein.“ Liane ſah ihn mit ihren großen, feuchtbraunen Augen erſchreckt an. „Sie wollen fort?“ war Alles, was ſie mit zitternden Lippen hervorbringen konnte. „Ich muß Rothkäppchen, ich muß!“ entgegnete er ſeufzend. „Oder kannſt Du glauben, daß ich freiwillig von hier gehen würde, wo ich das einzige das ſüßeſte Glück meines Lebens gefunden! (Fortſetzung folgt). . Lin N. did alen diu! . duc auf Wehn Au. in der Erde bieder ſriſch eingetro Redackion, Druck und Verlag don Puchere & Molitor Ladenburg.