berhfih Meine ligemeiner Anzeiger für Ladenburg und Schriesheim. Erſcheint Mittwoch und Samstag und koſtet vierteljährlich 1 20 7 i f n f jährlich ! WM. 20 Pf. mit illuſtrirtem Anterhaltungsblatt 1 Mk. 70 Pf. ercl Inſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die ein⸗ paltige Petitzeile oder deren Raum mit 10 Pf., Local- Anzeigen mit 6 Pf., Reclamen mit 20 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen entſprechende 0 7 5 C 5 Nr. 97. Samſtag, den 4. Dezember 1880. Deutſchland. Karlsruhe den 28. Nov. Heute Nach. wurde in der kleinen Kirche dahier das Jahresfeſt der bad. Bibelgeſellſchaft gehalten. Nach Begrüßung und Eingangsgebet durch Oberkirchenrath Gily hielt Stadtpfarrer Bauer von Lahr die Feſtpredigt über Pf. 56, 11, wobei er den Grund und den Segen unferes Rühmens des göttlichen Wortes darlegte. Hierauf erſtattete Geh. Kirchenrath Schellenberg im Anſchluß an Apg. 3, 6 den Rechenſchaftsbericht über das verfl. Geſchäftsjahr. Es kamen 1724 ganze Bibeln zur Vertheilung, 51 mehr wie im Vorfahr, und 50 neue Teſtamente. Die Einnahme betrug rund 2700 Mk., über 300 Mk. weniger als 1879; das Vermögen beträgt über 12,700 Mk. und hat ſich um ein weniges vermehrt. Die größten Ein⸗ nahmen und den größten Bibelabſatz haben die Didzeſen Stadt Karlsruhe und Pforzheim, wo jedes in der Kirche getraute Paar eine Bibel erhält. Das Schlußgebet und den Segen ſprach Sdtpfr. Brückner. Die Verſammlung war eine ſo zahlreiche, daß viele nicht Platz fanden. Berlin, den 29. Nov. Auf ein an Fürſt Bismarck gerichtetes Begrüßungstelegramm von 300 in Düſſeldorf verſammelten Mitgliedern des Vereins der deutſchen Eiſenhüttenleute, worin dieſelben für das Wohlwollen danken, welches der Reichskanzler für die Induſtrie durch die Uebernahme des Handels⸗ miniſteriums auf's Neue bekundet habe dankte der Reichskanzler, der „Nordd. Allg. Ztg.“ zufolge, telegraphiſch und fügte die Verſicherung hinzu, er werde fortfahren, das Amt des Handelsminiſters im Intereſſe der nationalen Arbeit wahrzunehmen, zu deren Schutz und Förderung er dasſelbe übernommen habe. ö Aus Köln kömmt die Nachricht, daß der dortige Gouverneur, Generallieutenant von Kronach, im Auftrage des Kaifers und der Kaiſerin dem Weihbiſchof Dr. Baudri eine prachtvoll geſtickte Altardecke zur Erinnerung an die Anweſenheit des Kaiſerpaares bei der Dombaufeier überreicht habe. Ausland. Wien, den 29. Nov. Wien und mit ihm ganz Oeſtreich feierte am heutigen 29. Novbr. den 100 jährigen Gedächtnißtag der Thronbeſteigung des Kaiſers Joſeph II. Noch heute lebt der todte Kaiſer in den Herzen der Oeſtreicher fort, deren Liebe er durch ſeine Leutſeligkeit und Toleranz erwarb. Aber nicht blos die deutſchen Oeſtreicher ehren heute den Kaiſer; auch die Ungarn und übrigen Völkerſchaften des Reiches feiern mit, und zwar erſtere aus vollem Herzen, denn ſie verdanken Joſeph II. ihre Befrei⸗ ung aus der Leibeigenſchaft. Bekannt ſind ja die herrlichen Charakterzüge des edlen Monarchen, denen ſelbſt in Schulleſebüchern Deutſchlands ein Denk⸗ mal geſetzt iſt. So iſt es erklärlich, daß das Land dieſe Tage der dankbarſten Erinnerung an jenen edlen Kaifer weiht. Aus allen Theilen der Monarchie laufen Nachrichten über den Feſttag ein. Die Stadt Wien eröffnete denſelben mit einem großen Fackelzug. In Brünn betheiligten ſich gegen 3000 Menſchen an der Feier, die auf dem Acker ſtattfand, auf dem Kaiſer Joſeph einſt zum Pfluge griff, und wo vor zehn Jahren ein Denkmal errichtet wurde. Kaiſer Joſeph II. hat den Grundſtein zum freiheitlichen Aufbau des Kaiſerſtaates gelegt, Kafſer Franz Joſeph I. hat den Freiheitsbon vollendet, mögen nun die öſtreichiſchen Völker den Bau durch Einigkeit er⸗ halten! Paris, den 1. Dez. Die franzöſiſchen und, wie man annimmt auch die deutſchen und italieniſchen Kriegsschiffe in der Bucht von Theodo werden wahr⸗ ſcheinlich die Heimfahrt noch im Verlauſe der erſten Dezemberhälfte antreten. Ueber die nächſte Be⸗ ſtimmung des ruſſiſchen und engliſchen Geſchwaders iſt hier bisher Nichts bekannt; allein man vermuthet, daß erſtere und vielleicht auch letztere ſich nach dem Piräus begeben werden, um daſelbſt zu überwintern. — St. Petersburg den 1. Dez. Mel⸗ dungen aus Charkow zufolge wurde eine geheime Druckerei entdeckt; mehrere Druckmaſchinen, eine Anzahl Dolche, Revolver, Exemplare der Zeitung „Semliai Wolja,“ falſche Päſſe und Stempel wur⸗ den aufgefunden. Zwei der revolutionären Partei Angehörige wurden verhaftet. — Petersburg den 1. Dezbr. „Herold“ meldet: In Kiew wurde dieſer Tage eine geheime Typographie, genannt Südruſſiſche Typographie, entdeckt, wobei zwei Perſonen, ein Mann und ei Weib, arretirt wurden. Beide ſind nach Petersburg transportirt worden, und geſtern Abend eingetroffen Verſchiedenes. i — Aus Baden. In Sinsheim wurde am 28. Nov. von dem Liederkranz das Andenken K radin Kreuzer's durch ein Konzert, bei dem nur Lieder dieſes beliebten Componiſten, ſowohl Münner⸗ chöre, als Sologeſänge, zum Vortrag kamen, gefeiert. Der Reinertrag mit etwa 60 Mark wird dem Bundespräfidenten zur Verfügung geſtellt. — Der Großherzog hat u. A. den Städten Achern, Meß⸗ kirch und Walldürn, die er in dieſem Jahre be⸗ ſuchte, ſein Bildniß für die Rathhäuſer dſeſer Städte überſendet. . — Aus Baden den 30. Nov. Im Jahre 1876 wurde die Hundeſteuer in Baden faſt um den doppelten Betrag erhöht, um zunächſt die Anzahl der Hunde zu vermindern. Dieſe Abſicht iſt erreicht worden, ohne daß die betr. Kaſſen eine Einbuße gegen früher erlitten haben. Es wurden dieſes Jahr 25,266 Hunde verſteuert, 12,766 weniger als im Jahre 1875. Der Ertrag der Taxen belief ſich heuer auf 243,648 Mk., während er im Jahre 1875 nur 230,308 Mk. war, alſo 1880 immer noch 13,340 Mk. mehr. In den Orten, wo die Taxe 16 Mk. beträgt, kamen 5190, in den übrigen Gemeinden mit einer Taxe von 8 Mark kamen 20,076 Hunde zur Verſteuerung. — Leipzig den 30. Okt. (Aus der Recht⸗ ſprechung des Reichsgerichts.) Man hüte ſich vor Gefälligkeitswechſeln! Das lehrt der nachſtehende Fall. Um ſich in augenblicklicher Verlegenheit durch Discontirung eines Wechſels Geld zu verſchaffen, bat ein anſcheinend gut ſituirter Kaufmann einen Feuilleton. RNothkäppchen. Erzählung aus der Haide von Clara Waldheim. (Fortſetzung). Ein Geſellſchaftsabend. Geſellſchoftsabend in der Tucheler Haide, auf welchem die Honoratioren der Gegend, die Förſter mit⸗ ihren Familien, ſich verſammeln, und der ſchöne, der elegante, der vornehme Arthur Rhoden hatte zugeſagt! Er, der in den ariſtolratiſchen Soiteen der Reſidenz geſehen und gefeiert worden! Die Wahrheit zu geſtehen, wunderte er ſich ſelbſt ein wenig über ſeine Herablaſſung; indeſſen ſagte er ſich, daß alle Soireen der Reſidenz nicht eine Perle wie Rothkäppchen aufzuweiſen hätten, und da er hoffen durfte, ſie zu treffen, hatte er ſich ent⸗ ſchloſſen, Leonie in die Geſellſchaft zu begleiten. Sein Erſcheinen erregte allgemeine Senſation. Auf dem Lande iſt jeder Fremde eine äußerſt inte⸗ reſſante Perſon, und ſelbſt wo die Bevölkerung ſo dünn iſt, wie in der Haide, hat ſie ihre unſichtbare Telegraphenverbindung, durch die ſich jede Neuigkeit mit Blitzesſchnelle verbreitet. Die Neugierde derer, die den Gaſt des Müllers noch nicht perſönlich geſehen hatten, war aufs Höchſte geſpannt, und Jeder hatte geſucht, die Vorzüge ſeines Geiſtes oder Körpers in's beſte Licht zu ſetzen, um vor dem Fremden damit zu glänzen. Die Dame des Hauſes entfaltete ihren eleganteſten Ge⸗ ſellſchaftston. Sie war ſich recht wohl bewußt, ein gewandtes Benehmen zu haben, denn ſie war eine Städterin, wenn ihr Geburtsort auch kaum 3000 Einwohner hatte, ſo war er doch eine Stadt, und deshalb ſagte die gute Frau ſich ſtets, daß ſie eigent⸗ lich zu etwas Beſſerem beſtimmt ſei, als hier in dieſer entſetzlichen Gegend ihr Leben zu vertrauern. Und nun wurde er den übrigen Gäſten vorge⸗ ſtellt. Da war ein koloſſaler, robuſter Mann mit langem Schnurrbart, der den liebevollen, galanten Ehemann in Geſellſchaft ſpielte, und daheim ſeine Familie mißhandelte. Seine Frau, ein zartes, ſchmächtiges, kleines Weſen, die in ihrem anmuthigen Geplauder ſtets inne hielt, ſobald der zärtliche Gatte in ihre Nähe kam, war im Geſpräch mit einer andern Förſterin, die im Bewußtſein, hoch über ihrer Sphäre zu ſtehen, die große Dame ſpielte und auf die ganze Geſellſchaft nur von oben herabſah. Sie war die Tochter eines Rittergutsbeſizers — freilich eines arg verſchuldeten und ruinirten. Ihre Tochter eine hübſche Brünette mit blitzenden Augen, war von den jungen Forſtgehilfen umringt, deren Schmeicheleien ſie mit vieler Herablaſſung anhörte. Sie war mindeſtens für einen Arzt oder dergleichen beſtimmt, das predigte ihr die Mutter tagtäglich; auf einen Förſter konnte ſie nur mit Verachtung herabblicken. Rhoden verbarg ſeine Ungeduld unter höflichen Redensarten, bis er endlich ſich dem Ziele ſeiner Sehnſucht gegenüber ſah. Rothkäppchen ſtand neben Leonie, die ihren Arm mit mütterlicher Zärtlichkeit um die Taille des jungen Mädchens gelegt hatte. Sie war ſo reizend neben der düſtern, unſchönen Leonie, daß Rhoden, obgleich er ſich, wenn er von ihr abweſend war, ihr Bild ſtets in den prächtigſten Farben malte, dennoch überraſcht war. Sie war ſo reizend in dem roſa⸗duftigen Geſellſchaftsanzug, daß er ſie hätte ſtürmiſch in ſeine Arme ziehen mögen, um das zarte Antlitz, den ſchneeigen Hals mit glühenden Küſſen zu bedecken. 5