mut 88e tend letion 9 hat 99 1 — 12 * gers Vertrauen Imo 79 5 Erſcheint Mittwoch und Samstag und koſtet vierteljährlich! M. 20 Pf. mit illuſtrirtem Anterhaltungsblatt 1 Mk. 70 Pf. excl. Poſtproviſton. Inſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die ein⸗ paltige Petitzeile oder deren Raum mit 10 Pf., Local⸗ Anzeigen mit 6 Pf., Reclamen mit 20 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen entſprechende Rabattbewilligung. — Für Schriesheim nimmt Herr Gaſtwirth Franz Carqusé zum „deutſchen Kaiſer“ jederzeit Inſerate an. — Alle Annoncen⸗Expeditionen nehmen Inſerate für uns an. Nr. 84. iktwoch, den 20. Olitober 1880. Fürſt Bismarck und die Arbeiter. Es war borauszuſehen, daß der deutſche Reichs- lanzler nicht ohne Weiteres in das Lager der conſer⸗ vativen Arbeiterfreunde und der induſtriellen Arbeit⸗ geber übergehen würde; er iſt zunächſt keineswegs ſolidariſch mit dem Wirken, welches durch die beiden Namen Stumm und Baare bezeichnet wird und die Zwangskaſſen und die Verminderung der Haftpflicht auf ſein Banner geſchrieben hat. Die Sache liegt vielmehr ganz ſo, wie die Anhänger Bismarcks im liberalen Lager vermutheten — und deren Zahl iſt noch heute größer als man denkt. Der Reichskanzler erklärte ſelbſt, er habe gewiſſermaßen nur die Sig⸗ nalſchüſſe abgeben wollen, um damit anzudeuten, daß er die Zeit für gekommen erachte, überhaupt der ſogenannten Arbeiterfrage näher zu treten. Offiziös wird ganz richtig bemerkt, daß ebenſo wie die Uebernahme des Handelsminiſteriums, die Für⸗ ſorge für die Arbeiter nur ein weiteres Glied in der Kette der wirthſchaftlichen Reform iſt, welche mit der Zollpolitik eingeleitet wurde. Wir fügen hinzu, daß Bismarck nicht erſt bei der Berathung des Sozialiſtengeſetzes ſeine Geneigtheit betont hat, jede Beſtrebung zu fördern, welche poſitiv auf Verbeſſerung der Lage der Arbeiter gerichtet ſei, ſondern ſchon 15 Jahre früher, im preußiſchen Landtage bei Be⸗ rathung der Lage der Waldenburger Arbeiter ge⸗ äußert hat, er hoffe, daß es einſt gelingen werde, ganz ebenſo wie man aus Leibeigenen einen blühen⸗ den Bauernſtand geſchaffen habe, zu rechter Zeit auch die Lage der Arbeiter zu verbeſſern. Als da⸗ mals Bismarck hervorhob, die Hohenzollern ſeien niemals nur Könige der Reichen geweſen, äußerte er: „Wir, auf der Stelle, wo ich ſtehe, ſind nicht gewohnt, die Klage der Armuth als ein Spiel zu behandeln, auch nicht, ſie mit Entſchloſſenheit in den Wind zu ſchlagen, wie dies vom Standpunkte der Wohlhabenden, gegen den die Klagen der Armuth gerichtet ind, vielleicht gewünſcht werden mag!“ Die vom Fürſten Bismarck jetzt gegebene An⸗ regung, in der Arbeiterfrage irgend etwas zu thun, muß allſeitig freudig begrüßt werden. Die Ge⸗ werbeordnung verlangt gewiſſermaßen ihre Ergänzung in Bezug auf die Arbeiterverhältniſſe, und Niemand kann dem Staate das Recht beſtreiten, auf Einrich⸗ tungen hinzuwirken, welche die zahlreichſte Klaſſe der Staatsangehörigen berückſichtigen, und den Verſuch zu machen, die Lage der Arbeiter und damit die Wohlfahrt der Gewerbe zu heben. Natürlich werden dabei nicht nur die Arbeitgeber, ſondern auch die Arbeitnehmer zu hören ſein, und gerade Fürſt Bis⸗ marck dürfte nicht der Mann ſein, welcher in dieſer großen Intereſſenfrage einſeitig zu urtheilen gedenkt. Die Gewerbvereine haben bereits in einer Berliner Verſammlung die Inter ſſen der Arbeiter hervorge⸗ hoben, und auch im Reichstage werden ihre For⸗ derungen laut werden: Erweiterung der Haftpflicht, Anmeldung von Unfällen und Schutz der Arbeiter gegen Gefahren, Selbſthülfe und freie Kaſſen, ge⸗ ſchützt durch ein Normativgeſetz. Aus den Wünſchen der Arbeiter ſelbſt ergiebt ſich, daß ſie gleichfalls Staatshilfe, wenn auch nur durch zweckmäßige Ge⸗ ſetze verlangen, und man wird nicht fehlgreifen, wenn man annimmt, daß der Reichskanzler eine vermittelnde Stellung zwiſchen den Intereſſen des Kapitals und der Arbeſt einnimmt, die der Sache ſelbſt und damit den Intereſſen des Staates, wie auch der Arbeitgeber und Arbeiter gerecht wird. Deutſchland. Aus Baden den 15. Okt. Die Entrüſtung über ein großes Vergehen, bei dem ein ſchwerer Vertrauensmißbrauch gegen den Landesherrn im Spiele iſt, begreift ſich leicht. Bis jetzt aber galt es als eine Pflicht, eine Ehrenpflicht der Preſſe ohne Parteiunterſchied, ſolcher Entrüſtung einen ſittlichen, auch in der Form würdigen Ausdruck zu geben. Dem letzten Vorkommniß — der großen Unter⸗ ſchlagung in der Hofkaſſe — war es vorbehalten, lebendig zu zeigen, welche große Aenderung die Neuzeit auch in dieſer Beziehung hervorgerufen hat. Nicht allein wurden mit unglaublichem Unbedacht Perſonen eingemengt, die mit dem Vergehen in gar keiner Beziehung ſtehen, es wurden ſogar konfeſſio⸗ nelle Fragen ganz künſtlich herbeigezogen und der Schuldige mit derben Schimpfworten überhäuft. Letzteres geſchah gerade von einer Seite, auf der man ſtets am lauteſten gegen die Rohheit und Ent⸗ ſittlichung durch die Schule lamentirt. Sollte nicht auch die Preſſe in ſolchen und gerade in ſolchen Dingen ihre ſittigende Aufgabe im Auge behalten? Geſchieht das nicht, ſo kommen wir auf den edlen tandpunkt jenes Berliner Börſenblattes, welches für die Todesſtrafe mit dem einfachen Satz plädirt: Wozu die Lumpen ſo lange füttern? Karlsruhe den 15. Okt. Die am 1. Dez. ſtattfindende Volkszählung findet diesmal in der Art von 1875 d. h. ohne Gewerbezählung ſtatt und zwar in Baden wieder mit Zählungsliſte für ganze Haushaltungen, nicht mit Zählungskarten für die einzelnen Individuen. Köln den 17. Oktober. Als Wahrzeichen deutſcher Kunſt, deutſcher Größe und deutſcher Einig⸗ keit und Macht, ragt heute der vollendete herrliche Kölner Dom gegen Himmel. Mit ganzer Seele nahm Alldeutſchland an dem herrlichen Feſte Theil, deſſen Schauplatz in dieſen Tagen das altehrwürdige Köln geweſen. Mit Jubel und lebhafter Zuſtimmung wurden überall die goldenen Worte aufgenommen, welche Kaiſer Wilhelm, umgeben von allen deutſchen Monarchen oder deren Repräſentanten bei der er⸗ habenen Feier geſprochen. Ohne Mißton verlief das wunderbare Feſt, das einen neuen Beweis lieferte, daß Fürſt und Volk im deutſchen Reiche in Liebe und Treue an einander hangen. Die Wiedergeburt des deutſchen Reiches und die Vollendung des Kölner Domes, dieſe grandioſen Ereigniſſe ſind mit Flammen⸗ ſchrift in die Herzen unſeres Volkes, mit goldenem Griffel in das Buch ſeiner Geſchichte gegraben. 5 Ausland. Wien den 17. Okt. Die Montagsrevue er⸗ klärt, daß trotz des ſeitens der Pforte kundgegebenen ernſten Willens, Dulcigno zu übergeben, die Flotte angewieſen ſei, bis zur gänzlichen Erledigung der 8 Jacob Stainer, der tyroler Geigenbauer in Cremona. Geſchichtliche Novelle von Fr. Clemens. 28 3 (Fortſetzung). . Schön war die Gruppe, doch nur einen flüch⸗ tigen Augenblick, denn nun beſiegte Scham die Feigheit der Halunken; man drängte überdem von hinten nach und jetzt begann die Rauferei, begleitet von wild verworrenem Geſchrei. Nicolo, der nie⸗ mals ohne Dolch ins Freie ging, zog ſeine Waffe und miſchte ſich, zur Seite Stainers ins Gedränge; und, ſonderbar! Auch Pater Felix taucht im Hinter⸗ grunde der Laube auf. Stainer erobert ſich mit raſchem Griff von einem knirpzigen Parteigänger einen Rebenknittel und ſchwingt ihn drohend mit der Rechten, während mit der Linken er Chiara ſchützend umfaßt hält und einen freen Durchgang zu erfechten ſucht. In dieſem Augenblicke holt Nicolo, den Dolch in ſeiner Rechten, weit aus, um im Gedränge Stainer zu durchboren. Doch raſch iſt Pater Felix hinter ihm und entwindet durch eine feine Wendung die verrätheriſche Waffe. Stainer wußte aber davon nichts. „Wer ſeinen Schädel liebt!“ ruft er und ſchwingt den Knittel, „der bleibe mir zwei Schritte von der Seite, und rechts- und links hin fallen hageldicht de Hiebe und mehr als Einer fällt und heult vor Schmerz. Nun endlich iſt der Rückzug frei und immer noch hält er, auf freiem Plane angekommen, Chiara in ſeinen Armen. In dieſem Augenblick werden die Amati's wie⸗ der ſichtbar und Felice, zum Tode erſchrocken, ruft ängſtlich aus: „Herr, mein Gott! Was hat das zu bedeuten? Unglücllicher! Chiara in ſeinem Arm! was thuſt Du?“ „Laß ab von dieſer Circe! Ruft Meiſter Antonio. Der Teuffel wohnt in dieſer gleisneriſchen Hülle und alle Welt bethört dies unglückſelige Weib!“ „Kurzſichtiger!“ beſchwichtigte Geronimo, willſt Du den Frieden Deiner Familie ſtören? Danke Deinem Gott, daß dieſes Ahbild Deiner Frau der Schutzgeiſt Deines Hauſes wird! Jacob! Du haſt das rechte Theil erwählt; führe das Mädchen hin⸗ weg, ich bleibe ſchützend Dir zur Seite.“ In dieſem Augenblick erſcheint der Wirth mit Wache und treibt die Anführer aus einander. So führt nun Stainer ſeinen Schützling ungefährdet N ab, indem er noch dem allzeit freundlich geſinnten Geronimo zuruft: „Ich dank Euch, edler Meiſter! Für dieſes Kleinod will ich gern mein Blut ver⸗ ſpritzen und ſeldſt mein Leben hätte ich freudig daran gewagt.“ i Jetzt frei geworden von Bedräugniß, macht hiara eine Wendung abſeits und mißt ihren helden⸗ haften Beſchützer vom Scheitel bis zur Zehe. Dann aber, überraſcht und voll Begeiſterung ruft ſie ihm freudig entgegen: . „Du, Jüngling, biſt es werth, mich zus beſitzen und indem ſie die ſchöne freie Stirn desſelben mit einem Kuß erfreute, vollendet ſie die Phraſe: „Nimm dieſen Kuß von mir zur Dankbarkeit!“ Dorine ſchließte ſich ihnen an und alle drei „verſchwanden unbeläſtigt durch die Eingangspforte 8 3