5 * — Allgemeiner Denzeiger für Ladenburg und Schriesheim. Poſtproviſion. Erſcheint Mittwoch und Samstag und koſtet vierteljährlich 1 M. 20 Pf. mit illuſtrirtem Anterhaltungsblatt 1 Mk. 70 Pf. excl. i Inſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die ein paltige Petitzeile oder deren Raum mit 10 Pf., Local⸗Anzeigen mit 6 Pf., Reclamen mit 20 Pf. berechnet. Rabattbewilligung. — Für Schriesheim nimmt Herr Gaſtwirth Franz Carqus zum „deutſchen Kaiser“ jederzeit Inſerate an. — Alle Annoncen⸗Expeditione Bei größeren Aufträgen entſprechend N nehmen Inſerate für uns an. r f 3 7 a Nr. 68 Mittwoch, den 25. Auguſt 1880. 1 „14 Volitiſche Aeberſtcht. Der Sommer des laufenden Jahres regt hie und da in recht unangenehmer Weiße die europäiſche Geſellſchaft an, und ganz gegen alle hiſtoriſchen rwartungen machen die Monate Juli⸗Auguſt auch E ohne Schlachten⸗Bulletins viel Geſchichte. Die nicht umzubringende orientaliſche Kriſis nehmen die Völker bereits als ein unvermeidliches Uebel in das politiſche 90 Tagesprogramm auf und ſie gewöhnen ſich nahezu —— daran, jeden Tag irgend einen anderen Tempeldiener oe an der Glocke des Orients zur Aktion läuten zu ere ſehen. Im Orient iſt doch Jedermann berechtigt, chez die Kriſis in Fluß zu bringen, und ſteht dieſes Recht * den dortigen Räuberbanden ebenſo wie den Inſur⸗ 0 genten welcher Farbe immer gleich den Großmächten zu. Streitigkeiten über Weideplätze oder ein Dieb⸗ ſtahl an Vieh verſetzt die Balkanhalbinſel gerade ſo wie die Abtretung eines Königreiches in Flammen. Eine Frage alſo, die man mit Recht den Pulver⸗ 5 verſchleiß en gros & en detail nennen könnte, 4, und die ſich daher auch nicht kontroliren läßt, die kann nicht überraſchen, vielmehr muß die Welt täg⸗ lich auf eine Exploſion gefaßt ſein. Allein die letzten Wochen zeigten auch einen anderen Schatten heran⸗ nahender Fragen an, die in mächtigeren Händen ruhen und die nach Wunſch und Forderung ſo konzentrirt ſind, daß ſich die Blicke der geſammten Welt nur einem ihrer Faktoren zuwenden, von dem die Ereigniſſe abhängen. Frankreich kann den Verluſt von Elſaß And Lothringen nicht verwinden. Es hat die ver⸗ 1 llorenen Schlachten, die gezahlten Milliarden ver⸗ ſchmerzt, aber vor der Statue der Stadt Straßburg llegen die Pariſer mit Flor umhüllte Immortellen⸗ kränze nieder, den Verluſt dieſes Ausfallthores gegen Dieutſchland können ſie nicht übers Herz bringen. Alles Sinnen und Trachten der Franzoſen gipfelt in dem Gedanken der Revanche, und die Worte, welche Gambetta en Cherbourg geſprochen, waren nur der Ausdruck deſſen, was die Bruſt jedes Fran⸗ zoſen erfüllt. Nun iſt man aber allgemein der trifft, dem ſich wieder erſtarkt fühlenden fränkiſchen Anſicht, Gambetta ſei der Mann der Zukunft, d. h. der Nachfolger Grevy's, und die „Berliner National⸗ zeitung“ bemerkt daher ſehr richtig, Gambettas Kandidatur für die Stelle des Präſidenten der Republik beſitze den Charakter einer Kriegskandidatur. Kann man es unter ſolchen Umſtänden der Reichs⸗ regierung verübeln, wenn ſie bei Zeiten Vorkehrungen Gegner jeden Augenblick gerüſtet entgegentreten zu können! Vollſtändig wahr iſt es: das Volk ſeufzt ſchwer unter der eiſernen Rüſtung, welche man es zu tragen nöthigt, aber Den möchten wir ſehen, der angeſicht des chauviniſtiſchen Treibens jenſeits der Vogeſen heute die Unverfrorenheit beſäße, der Re⸗ gierung einen Vorwurf über ihre Vorſorglichkeit zu machen, oder gar den traurigen Muth hätte, das Verlangen nach Abrüſtung laut werden zu laſſen. In Berlin weiß man ſehr gut, daß man in Frank⸗ reich danach fiebert mit Deutſchland Abrechnung zu halten, und man trifft daher alle Vorkehrungen, wenn die Stunde ſchlägk, den Franzoſen bei dieſer Abrechnung gründlich den Meiſter zu zeigen. Iſt dies geſchehen, dann, aber auch erſt dann dürfte die Zeit kommen, in der ſich Deutſchland und mit ihm Europa des dauernden Friedens freuen können. Heute haben wir keinen Frieden, heute haben wir nur einen Waffenſtillſtand, wie lange derſelbe noch dauern wird, ſteht außer Berechnung, daß ſeine Kündigung Deutſchland aber nicht unvorbereitet finden wird, mag den Franzoſen zur Warnung, dem deutſchen Volke aber zum Troſte und zur Beruhigung dienen. Oeſtreich⸗ Ungarns Völker haben dieſe Woche anläßlich des 50jährigen Geburtstages ihres Kaiſers und Königs dieſem neue Beweiſe ihrer Liebe, Treue und Verehrung gegeben. Alle Städte und Ortſchaften der Monarchie begingen feſtlich den Ehrentag des Kaiſers und es hat ſich bei dieſem Anlaſſe wieder gezeigt, daß trotz allem Nationali⸗ tätenhader die Völker des vielſprachigen Reiches einig ſind in dem Gefühle der Anhänglichkeit an die Dynaſtie. Seit Joſeph II. hat es in Oeſtreich keinen Regenten gegeben, der in ſolchem Maße des Volkes Liebe und Verehrung beſaß wie Franz Joſef I. Leider ſchwebte über dem ſchönen Feſte, welches Oeſtreich⸗Ungarns Völker feierten, ein trüber Schatten. Große Strecken der Monarchie wurden in den letzten Wochen von Waſſersfluth heimgeſucht, die unbe⸗ rechenbaren Schaden gebracht haben. Auch Wien und Peſt blieben davon nicht berſchont. Die Donau ſchwoll in den erſten Tagen der vergangenen Woche derart an, daß die niedergelegenen Theile ihrer Ufer⸗ ſtädte zu verſchiedenen Malen unter Waſſer geſetzt wurden. Die Berichte, die vom flachen Lande vor⸗ liegen, ſind alle ſehr trauriger Natur. Was auf den Feldern ſtand wurde zerſtört und an vielen Orten riſſen die brauſenden Fluthen die bereits ein⸗ gebrachte Ernte ſammt den Scheuern mit fort. In Italien iſt man auf Frankreich bitterbös zu ſprechen. Die Franzoſen wollen den Italienern, die Tunis als eine Birne betrachten, welche ihnen über kurz oder lang in den Schooß fallen müſſe, dort ein Kukuksei ins Neſt legen, indem ſie die Haupteiſenbahn des Landes in ihren Beſitz bringen wollen. Es hat ſich in Folge deſſen ein ſehr erreg⸗ ter Notenwechſel zwiſchen Rom und Paris ent⸗ ſponnen und die italieniſchen Blätter ſagen den Franzoſen Grobheiten, welche dieſe nicht hinter den Spiegel ſtecken, ſondern mit gleicher Münze heim⸗ zahlen. Das Verhältniß zwiſchen den beiden Staaten iſt ſolchergeſtallt ein ſehr geſpanntes, was in erſter Linie Oeſtreich zu Gute kommt, das nun ſchon ſeit geraumer Zeit von den Umtrieben der Italia irre⸗ denta verſchont wird. Aus dem Orient liegt nicht viel Neues vor. Die Griechen rüſten fort und fort — es läßt ſich dieſer Rüſtungen wegen aber Niemand ein graues Haar wachſen, nicht einmal der Sultan — und die Montenegriner üben ſich noch immer in Geduld, die freilich von den Türken auch auf eine recht harte Probe geſtellt wird. Die Einigkeit der Groß⸗ mächte bezüglich der orientaliſchen Frage wird noch immer deklarirt, die Flottendemonſtration aber iſt allem Anſcheine nach ins Waſſer gefallen. el . o 0. N 3 1 1 N 1 Jacob Stainer, d der tyroler Geigenbauer in Cremona. Geſchichtliche Novelle von Fr. Clemens. n= l. 12 (Fortſetzung). 5 Wie hätte ich denn nur ſo viel Güte und Liebe von Euch erwarten können? — Ich muß die frohe Mähr nur gleich den Meiſtern künden.“ So phankaſirte der, ſolcher Affekte unge⸗ wohnte junge Mann, und erhob ſich raſch, um ſeinen Worten ſogleich die That folgen zu laſſen. —- Allein Frau Beate erhaſchte ihn noch rechtzeitig an der Zunmerthür, und zog ihn wieder zu ſeinem Sitze nieder. 5 „Was denkſt Du denn?“ ſprach ſie mit ihrer milden heſchwichtigenden Stimme, „zu einem ſo zarten, innigen Bündniß als das unſere gehören nur zwei, nicht mehr, mein junger Freund. Du haſt freilich noch keine Erfahrung in dergleichen zar⸗ ten Verhältniſſen, Du biſt zu jung und kennſt die fein nüancirten Regungen der menſchlichen Gemüther nicht. Allein laß Dich belehren: bejahrter Männer Herz iſt ſchon zu hart, zu unempfänglich für zärk⸗ liche Empfindungen. — Auch habe ich Dir ſonſt noch viel und Wichtiges zu ſagen und will nun⸗ mehr ſofort von jenem Recht, das Du mir einge räumt, Gebrauch machen. Sage an darum: biſt Du im Stande, mir Deine geheimſten Gedanken zu erſchließen?“ Der junge Mann ſchwieg und deutlich war ihm anzuſchauen, wie die verführeriſche Frage in ſeinem Schädel nach Klärung rang. Er ſenkte nachdenkend ſein Haupt und ſprach dann, indem er den Blick zu ihr erhob, mit leiſer unſicherer Stimme: „Ich glaube, ich könnte es. Jedem, Frau Beate.“ Dieſe Antwort aber genügte dem Quälgeiſt nicht, und hielt ſie mit ihrem Zweifel nicht zurück. „Das glaub ich nicht,“ ſprach ſie, und fügte hinzu: „Beſinne Dich einmal, könnteſt Du es Deinem Meiſter Antonjo? — „Hm! — Ihr macht mir Angſt mit ſo ver⸗ fänglichen Fragen. Wenn ich es recht bedenke: ſo glaube ich doch: Nein! — ich könnte es nicht!“ „Nun, ſiehſt Du wohl? Ich konnt' mir's denken. Allein, warum denn nicht? Was iſt es denn, das zu entdecken, Du Anſtand daran nehmen würdeſt? Dem armen Knaben ſtieg bei dieſem peinlichen Examen das Blut bis an die Stirn, und ganz verſchämt, ohne aufzublicken, flüſterte er: 8 „Ich weiß es nicht; zuen mindeſtens kann ich es Euch nicht ſagen; es würde Euch vielleicht kränken, wohl gar erzürnen. Nein! auf mein Wort: ich kann es nicht, gewiß nicht. Ich bitt! Euch ſchön: laßt mich fort. Es thut mir nicht gut!“ Beate ergötzte ſich an der Verlegenheit des ſchüchternen Knaben, und lächelte ſchelmiſch: „Sieh, wie das Roth auf Deine Wange ſteigt! Ich glaubte in der That, ein Deutſcher halte beſſer ſein Verſprechen. Nennſt Du das nun Ver⸗ trauen zu ſeiner Schweſter haben? Doch warte nur, mein junger Freund, ich helfe Dir ſogleich heraus. Komm, ſieh mir einmal rechtſchaffen