ſie erſt einmal drinnen, nicht mehr verlaſſen werden, darauf kann der Kaiſer von Fez und Marokko Gift ehmen. Verſchiedenes. 8 Ludwigshafen den 17. Juli. (VI. Pfälziſches Sängerfeſt.) Während in unſerer Nach⸗ barſtadt Mannheim die treffliche Pfalzgau⸗Ausſtellung mit jedem Tage eine großere Anzahl Beſucher her⸗ beizieht, ſchreiten hier ſtetig die Vorbereitungen zum 6. Pfälziſchen Sängerfeſt weiter. Die Sängerhalle wird in wenigen Tagen vollendet ſein und geſtattet nunmehr eine Beurtheilung des koloſſalen Raumes, der an Größe den Gürzenichſaal in Köln übertrifft und für 4000 Perſonen berechnet iſt. Eine ent⸗ ſprechende Anzahl von Fenſtern zu beiden Seiten der Feſthalle, im Zuhörerraum ſowohl wie im Podium, gewährt vollſtändig ausreichendes Licht zur Tageszeit, die Art der Bedachung, ebenſo wie die Herſtellung der Seitenwände bietet Schutz gegen allenfallſige ungünſtige Witterung, die mehrfach ſchon erprobten Ventilatoren des Fabrikanten Herrn St. Wollmann aus Frankenthal werden eine für Mit⸗ wirkende und Zuhörer läſtige Temperatur verhindern und die eben unter bewährter Leitung ſtattfindende Herſtellung der Gasbeleuchtung wird eine ebenſo ausreichende Anzahl von Flammen für das Sonn⸗ tag Abends ſtattfindende Feſtbankett gewähren. Das Wirthſchaftscomite hat ſich unterdeſſen ebenfalls eines Theils ſeiner Aufgabe entledigt und die Reſtauration an den Feſttagen dem Reſtaurateur Hrn. Chriſtian Schloſſer hier übertragen, der den an ihn geſtellten Anforderungen gewiß entſprechen wird. So herrſcht bei dieſen Vorarbeiten eine allſeitige, anerkennens⸗ werthe Thätigkeit und wenn nicht alle Anzeichen trügen, ſo wird dieſes Sängerfeſt eines der beſuch⸗ teſten werden, das je der Pfälziſche Sängerbund gefeiert hat. Für die Bewohner unſerer Nachbar⸗ ſtadt Mannheim dürfte dasſelbe von beſonderem Intereſſe ſein, da Mannheim vor 26 Jahren zum letzten Male ein ſolches Ffeſt ſelbſt veranſtaltete, ſeit 1844 aber nicht mehr in der Lage war, einem der⸗ artigen Sängerwettkampf in ſo unmittelbarer Nähe anwohnen zu können. Auch aus den benachbarten Städten und Orten, aus Rheinheſſen und von der Bergſtraße ſind vorliegenden Nachrichten zufolge Feſttheilnehmer zu erwarten und die Pfalz wird ſicher auch dießmal ein nicht kleines Kontingent der Freunde deutſchen Männergeſanges ſtellen. Wie wir ſoeben vernehmen, unterſtützt die Direction der Pfälziſchen Bahnen das Streben des Sängerbundes unſerer Heimath in dankenswerther Weiſe; denn die von derſelben bewilligte Fahrtaxermäßigung von 50 Proc. für Mitwirkende und Feſtbeſucher wird nicht wenig dazu beitragen, den Beſuch des 6. Sängerfeſtes hier, indirect aber auch jener der Pfalzgau⸗Ausſtellung in Mannheim, zu fördern. Näheres hierüber, wie über das Programm der muſikaliſchen Aufführung und des am gleichen Tage ſtattfindenden Feſtbanketts behalten wir uns bor. — Eine intereſſante Szene ereignete ſich am Sonnabend in einer armen Familie in Berlin bei Gelegenheit einer Zwangsvollſtreckung. Die Leute, früher in recht guten Verhältniſſen, ſahen das Letzte auf den Möbelwagen laden und wollten ſelbigen Tages die Wohnung verlaſſen, um einzeln bei Verwandten ein vorläufiges Unterkommen zu finden. Bei dem Transport der Möbel wurde durch Ungeſchicklichkeit eines Arbeiters ein Spiegel, eir ſogenannter Trumeau, zerſchlagen den die Frau vor einigen Jahren als Andenken ihres ganz plötzlich auf einem Spaziergange an einem Schlagfluß ver⸗ ſtorbenen Vaters an ſich genommen hatte, ſicherlich ohne Ahnung davon, daß derſelde einen Schatz ent⸗ halte. Beim Zuſammenſucken der Trümmer fanden ſich hinter dem Glaſe Werthpapiere im Geſammt⸗ betrage von 4700 Mark, von deren Exiſtenz die arme Familie bisher nichts wußte. Daß die Freude über den unerwarteten Fund groß war, brauchen wir nicht hinzuzufügen. — Aus Jeruſalem ſchreibt man dem „Nürnb. Anzeiger:“ Eine jüngſt vor dem hieſigen Gericht verhandelte Klage zweier Deutſchen gegen einen türkiſchen Officier dürfte intereſſant genug ſein, um auch in Deutſchland bekannt zu werden. Vor einigen Wochen traf ein hier anſäſſiger Geſchäfts⸗ mann Morgens im Hausgang einen türkiſchen Officier, hieſiges Stadtkind wie er eben den Gang verunreinigte. Obgleich nun der Officier nicht im Hauſe wohnt und nach hieſigem Geſetz jedem Haus⸗ bewohner das Recht zuſteht, einem fremden Ein⸗ dringling, er mag gute oder ſchlechte Abſichten haben oder nicht, das Haus auf das Empfindlichſte zu verweiſen, that es der Betreffende, Herr Bienzle, doch nicht, ſondern verwies dem reinlichen Araber ſein Benehmen. Dieſer brutale Herr jedoch ſah ſich dadurch gekränkt, brach in Schimpfreden aus, zog endlich vom Leder und verſetzte Bienzle vier Säbel⸗ hiebe. Als ein anderer Deutſche, der im gleichen Haus wohnte, ſolches ſah, wollte er nach Hülfe für ſeinen Landsmann eilen, der Officier merkte das, ſprang mit gezogenem Säbel auch dieſem älteren Mann durch das Haus nach und ſchlug ihm eine Rippe entzwei, ſo daß der Verletzte heute noch leidend iſt. Gegen dieſe Gewaltthat nun erhoben die Herren Bienzle und Oeppinger Klage. Als der Tag der Verhandlung kam, ſtellten ſich die Kläger rechtzeitig ein, wurden aber von den Efendis (Be⸗ amten) mit finſteren Mienen empfangen und muß⸗ ten ſogleich wahrnehmen, daß das Geld bei den beſtochenen Richtern ſeine Schuldigkeit gethan habe. Endlich erſchien auch der Angeſchuldigte. Dieſer aber wurde nicht etwa finſter, ſondern im Gegen⸗ theil ſehr höflich empfangen, indem ſich ſämmtliche Richter ſofort erhoben, ihn zu begrüßen und ihm Sitz anzubieten, wovon der Bellagte Gebrauch machte mit der Anfrage, ob er auch im Gerichtssaal rauchen dürfe. Dies wurde nicht nur ſogleich gewährt, ſondern einer der Richter bot ihm ſogar ſelhſt Tabgl an, auch erklärte man unverholen, daß den Ge⸗ richtshof Allah bewahren wolle, ihm, dem Ange⸗ ſchuldigten, zu nahe zu treten. In dieſer partei, iſchen Weiſe dauerte die Verhandlung fort, und daz ſchließliche Reſultat entſprach würdig dem Anfang. Herr Bienzle wurde noch zu 11 Franken Strafe verurtheilt, Herrn Oeppinger der Verlust ſeiger Rippe als bereits verbüßte Strafe angerechnet, Der Oberlieutenant wurde zu acht Tagen und um eines weiteren Reats, Beſchimpfung „der deutſchen Ne⸗ gierung und ſeiner eigenen, die ſeiner Meinung nach den Deutſchen den Garaus machen ſollle, zu drei Wochen Haft verurtheilt. Dieſe vier Wochen aber erhielt er, wohlgemerkt, nur pro forma; zu erſtehen hat er dieſen Arreſt nie. Zu dieſer Affaßre geſellte ſich noch ein weiteres pikantes Nachſpiel. Der Officier hatte nämlich den Deutſchen geſchworen, ihre Frauen entehren zu wollen, was eine grabiſche Form der Rache iſt () und in Wirklichkeit entdeckie Herr Bienzle einige Tage darauf einen Offiezer unter ſeinem Divan verſteckt, der im Auftrag handeln ſollte. Er ließ den Officier ſofort verhaften. An⸗ geſichts dieſer Thatſache und noch verſchiedener anderer Erlebniſſe haben ca. vierzig hier wohnende Deulſche, die nicht geſonnen ſind, ſich länger der Willkür und Corruption ſolcher Beamten und Richter auszuſetzen, Veranlaſſung genommen, ſich an das auswärlige Amt in Berlin zu wenden, hieſigem Konſulat mehr Macht einzuräumen, damit es ſeine Schußbefohlenen mit dem Nachdruck in künftigen Fällen vertreten kann, als dies bisher trotz aller Energie, mit welcher das Konſulat ſich ſeiner Landsleute annimmt, mög⸗ lich war. Allgemein, ſowohl in deutſchen wie in den Kreiſen der übrigen hier wohnenden Ausländer, iſt man geſpannt, welcher Beſcheid aus der deutſchen Reichshauptſtadt eintreffen wird. Bei der bisher entwickelten Energie des aus⸗ wärtigen Amtes in ähnlichen Fällen iſt jedenfalls einge für unſere Landsleute günſtige Entſcheidung zu erhoffen. — (Enttäuſchung.) Frau: „O lieber Mann, da ſieh nur einmal den zudringlichen Men⸗ ſchen, der uns ſchon eine halbe Stunde folgt. Wenn es nur keine Eiferſuchtsſcene gibt.“ — Mann: „Daß Du Recht hätteſt, liebes Lottchen, leider aber hat's der Kerl auf mich abgeſehen, ich bin im noch die ganze Ladeneinrichtung ſchuldig — es iſt der 0 1 Schreinermeiſter W (Selbſtſchäßzung) Ein Liebhaber ſchille ſeiner Geliebten ſein Porträt mit der Poſt. Da er nun fürchtete, daß das Porto ſonſt zu hoch kommen würde, ſchrieb er auf die Adreſſe: „Muſter ohne Werth. Euch als Eltern dieſes Eures Knaben: er muß nach Cremona zu den Amati, unbedingt; und um die Sache kurz zu machen, ſo nehme ich ihn — ſofern es euch recht iſt — gleich mit. Nun ſprecht, was ſagt Ihr zu meinem Anerbieten?“ Ob ſolcher Rede hatte nun der Jacob gewaltig die Ohren geſpitzt, indem er zugleich abwechſelnd auf den Pater und dann wieder auf ſeine Eltern den Blick gerichtet hielt, um die Worte gleichſam vom Munde zu leſen, und aus den Geſichtszügen der letzteren zum Voraus die Meinung und darauf folgende Antwort zu enträthſeln. Als dann, nach⸗ dem der Pater geredet, die Antwort noch auf ſich warten ließ, konnte der aufs Höchſte an⸗ und auf⸗ geregte Burſche ſich nicht länger bemeiſtern, ſondern ergriff mit dem lebhafteſten Intereſſe das Wort, in⸗ dem er begann: „Nun, ja denn! — was iſt denn da noch weiter zu beſinnen ? daß ich des Schafehütens längſt ſchon überdrüſſig bin, iſt Euch bekannt, und eine Gelegenheit wie dieſe, den großen Schlingel, der ich nun einmal in Euern Augen bin — los zu werden, kommt wohl ſo leicht nicht zum andern Male wie⸗ der ins Haus geſchneit. — Bin ich nun erſt ein⸗ mal in Cremona, da ſollt Ihr dann ein blaues Wunder von Euern Jacob erleben. — Die ſchönſten Geigen baue ich Euch, gebt nur Acht, und Geld verdiene ich wie Heu, wenn's auch eben nicht ſo lang iſt. Davon bekommt ihr denn ein gut Theil hergeſandt, dafür, daß ihr mich ſo lange in eurem Neſte gefüttert habt. Und wißt: in Kleidern werde ich daneben hergehn, wie ein Landvogt. Wetter hinein! das ſoll euch ein Leben werden! — Gelt! Geſichter ſchneidet? Man ſah es aber den guten ehrlichen Bauers⸗ leuten an, wie Liebe und Pflicht für ihres Kindes Heil den Kampf bei ihnen begonnen hatte. Die Mutter trocknete ſich ſogar eine Thräne von ihren blaſſen Wangen, und warf ſich dann ſchweigend an ihres Mannes Bruſt. „Du biſt Vater!“ ſchluchzte ſie, und brachte dann nicht mehr heraus. Den fehlenden Nachſatz konnte man ſich gar leicht hinzudenken; er mochte heißen: „Was du beſchließt, dem füge ich mich ge⸗ duldig.“ Der Alte fühlte das auch ſehr wohl heraus, denn er begann, indem er einen beredten Händedruck hinzufügte: „Der Pater war ja allezeit ein Ehrenmann, und was er ſpricht, iſt ſchier ein ehrlich redlich Wort und wohlgemeint; darum gebe ich meinen Segen dazu und denke und hoffe, die Mutter wird mich nicht unmündig machen wollen.“ Darauf hatte der muntere Jacob aber nur eben gewartet, und wie ein Reh durchbrach er die Gruppe maulaffen feil habenden weiteren Neſtküchlein der geſegneten Familie, mit einem raſchen Sprunge, und in das Hüttchen, um ſich reiſefertig zu machen, —. Ich ſehe nicht ein, wozu ihr da noch bedenkliche wohin ihm die beiden zweitälteſten Brüder folgten, während die Mutter nunmehr auch wieder Sprache gewann und ihres Herzens Meinung in die Worte faßte: „Es iſt ein altes Wort: daß man dem Glücke eine Brücke bauen ſoll, und ob es gleichwohl dem Mutterherzen ſauer ankommt, ſo iſt's nun mal nicht anders, zumal, wie der Herr Pater meint, der liebe Gott hier ſelbſt ein Wörthchen drein geredeſ hat. — Doch mit Verlaub, Herr Pater: beringt Ihr den Buben auch zu guten frommen Leuten Bedenkt, es iſt mein Erſtgeborener und mein Aug⸗ apfel. Das Geigenbauen thuts am Ende allein noch nicht; die Seele begehrt auch ihr Theil, und wenn die Zeiten gleichwohl ſchlecht, man reicht doch aus, und wahr, was das alte Sprüchwork ſagk; Je mehr Kinder, je mehr Segen.“ Der gute Pater konnte der Mutter Vor⸗ und Nachſicht nur löblich finden, und verſprach allezeit ein wachſames Auge auf den Knaben behalten zu wollen, und für den Knaben ſo gewiſſenhaft zu ſorgen, als ob es ſein eigen Blut ſei. „So nehmt ihn denn in Gottes Namen hit,“ erwiderte der Alte, und in dem Augenblicke kam Jacob auch ſchon aus der Thür gesprungen, inden ſeine ganze Habe in ein kleines Tuch geknüpft und an einen Wanderſtab gehängt, auf ſeiner Achſel rühte ; Redackion, Druck und Verlag von Wucherer & Molitor Ladenburg. (Fortſetzung folgt.)