Allgemeiner Jenzeiger für Ladenburg und Schriesheim. Poyſsproviſon. nehmen Inſerate für uns an. Erſcheint Mittwoch und Samstag und koſtet vierteljährlich 1 Da. 20 Pf. mit ilkuſtrirtem Anterhaltungsblatt 1 Mk. 70 Ff. erck 1 Juſerate, welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die ein⸗ en oder deren Raum mit 10 Pf., Local⸗ Anzeigen mit 6 Pf., Reclamen mit 20 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen entsprechende abattbewilligung. — Für Schriesheim nimmt Herr Gaſtwirth Franz Carqus zum „deutſchen Kaiſer“ jederzeit Inſerate an. — Alle Annoncen⸗Expeditionen Mittwoch, oͤen 14. Juli 1880. Nr. 56. Volitiſche Jleberſicht. N Allem Anſcheine nach wird es den Diplomaten wieder einmal Angſt und bang vor der Arbeit, die ſie gemacht haben. Zwar lautet ein alter Hand- werksſpruch „doppelt genäht hält beſſer“, aber auf den Berliner Kongreß und ſeinen Nachläufer die Botſchafter Konferenz will dießes Sprüchlein gar nicht paſſen, Was da zuſammengenäht wurde, ſcheint wenig zu taugen, jedenfalls paßt es dem Tauren nicht, an deſſen Haut geſchneidert wurde und der kranke Mann zeigt jetzt gar grimmig die Zähne und verſichert, wenn die Griechen das möchten, was die Konferenz ihnen, ohne den Sultan zu fragen, zugeſichert, dann ſollen ſie nur kommen und . ſich's holen, gutwillig gäb er's aber nicht her. Das iiſt nun ein Jammer in den Kobineten, daß ſi der alte Kümmeltürke nicht mag bei lebendigem Leibe ſchinden laſſen. Kein Geld im Hauſe, keinen Kredit bei Freund und Feind, exiſtirend von der Gnade Europa's und ſo dickköpfig, der Türke iſt wirklich ein inkurabeler Patron! So urtheilen die Diplomaten, andere Leute urtheilen anders. Sym⸗ pathien hat gewiß Niemand mehr für einen Staat, der innerlich durch und durch faul iſt, aber gibt dies den Großmächten das Recht fortwährend an dieſem Reiche herumzuſchneiden, um bald dieſem bald jenem ländergierigen Kleinſtaate, deſſen innere Ver⸗ hältniſſe, bei Licht betrachtet, auch nicht viel ſchöner auslehen, als die türkiſchen, einen Brocken hiuzu⸗ werfen. Die Mantenegriner haben ſich ihr Anrecht auf Länderzuwachs mit den Waffen in der Fauſt erkämpft, mit welchem Rechte begehren aber die Griechen, daß man für ſie ein ſaftig Stück aus dem türkiſchen Torſo herausſchneide? Etwa weil ſie wie einer ihrer Diplamaten ſagte, den Muth hatten, ruhig zuzuſchauen, als Rußland mit der Türkei Krieg führte! Das iſt jedenfalls ein ſpaßiger Helden⸗ muth, dem nur eines fehlt: die Pointe! Der Grund⸗ ſatz: Macht geht vor Recht, auf internationale Fragen angewendet, iſt das Gefährlichſte, was es geben kann, er muß alle ſchwachen Staaten mit 1 2 CCC AAG eee EE Bangen erfüllen. Denn was heute der Türkei geſchieht, lann morgen an einem andern Staate probirt werden, ſofern nur die Großen über die Erſprießlichkeit des Experiments im Reinen und — einig find. Wir haben ſtets gegen die Türkei Front gemacht, deren Lumpenwirthſchaft Ekel erregt, wenn aber heute die Pforte ſich dem Urtheile der Konferenz nicht beugt, wenn ſie ſich weigert, neuer⸗ dings eine Amputation an ſich vollziehen zu laſſen, ſo finden wir keine Urſache, ſie deßwegen zu ver⸗ dammen. Sie weiß, daß ihr Schickſal im Rathe der Großmächte beſiegelt iſt, aber wenn ſie doch untergehen ſoll, ſo will ſie wenigſtens mit Ehren untergehen und das iſt immerhin achtungswürdig. Oeſtreich verſtärkt ganz in der Stille ſeine Truppen in Bosnien und der Herzegowina. Man macht ſich in Wien darauf gefaßt, daß der Spek⸗ takel in Albanien und Theſalien bald losgehen wird und trifft bei Zeiten Vorkehrungen um von den Ereigniſſen nicht überraſcht zu werden. Im Paſcha⸗ lik von Nopfbazar wird ein größeres Korps zu⸗ ſammengezogen, um die Hauptſtadt NoviBazar, die noch im Beſitze der Türkei iſt und woſelbſt bereits die größte Anarchie herrſcht, cerniren und beſetzen zu können. Die Oeſtreicher dürften, wenn's da unten losgeht, auch wieder zum Handkuß kommen. Mr. Gladſtone, deſſen Initiative die Nachkon⸗ ferenz das Leben verdankte, wird jetzt Gelegenheit erhalten, den Beweis zu erbringen, ob ſeine orien⸗ taliſche Politik, welche bekanntlich das Gegentheil der Polttik ſeines Vorgängers iſt, was taugt. Ueber die inneren Schwierigkeiten trägt den engliſchen Premier die orientaliſche Frage vorderhand hienüber, ob ſie aber nicht ſchließlich Herrn Gladſtone und ſeiner Partei die Herrſchaft koſten wird, das iſt eine Frage, deren Verneinung wir durchaus nicht riskiren möchten. Rußland ſitzt wie ein Fuchs auf der Lauer. England arbeitet ihm ſo trefflich in die Hünde, daß es ruhig zuſchauen und abwarten kann, bis die orientaliſchen Früchte, welche die Diplomatie neuer⸗ dings zu ſchütteln unternommen, ihm in den Schooß Grundſtücken von 4 Ar und mehr fallen. Daß bei den Wirren im Oriente den Haupt⸗ profit Rußland einſacken wird, liegt auf der Hand. Wenn die Türkei mit Griechenland übereinander kommt, wird die lange gelegte Mine in Oſtrumelien losgehen und Bulgarien nach ſeinen natürlichen Grenzen greifen. Auf zwei Seiten zu kämpfen, dazu iſt die Türkei aber zu ſchwach. Rumelien wird verloren gehen und die Ruſſen dann vor den Thoren Konſtantinopels ſtehen, denn daß Bulgarien nichts weiter als ein ruſſiſcher Vorpoſten iſt, darüber gibt ſich Niemand einer Täuſchung hin. Wir fürch⸗ ten ſehr, die nächſte Zukunft gehört wieder vor⸗ herrſchend der orientaliſchen Frage; dieſe verdammte Seeſchlange iſt nicht zur Ruhe zu bringen. Deutſchland. Ladenburg den 12. Juli. Das Tabak⸗ ſteuer⸗Geſetz vom 16. Juli 1879. (Schluß.) B. Fixation der Steuer. 1. Eine Fixation der Tabakſteuer ſoll nur in ſolch'n Gemarkungen, in welchen die Geſammiftäche der Tabakpflanzungen im Vorjahre 2 Hektar nicht überſtiegen hat, Platz greifen, und zwar nur, bei Flächeninhalt, und wenn die örtlichen Verhältniſſe für die Durch⸗ führung der Gewichtſteuer oder der Flächenſteuer nicht günſtig ſind. 2. Bei der Fixation der Steuer wird Menge und Gewicht des zu verſteuernden Tabaks, vorbe⸗ haltkich der Berückſichtigung einer durch Unglücks fälle herbeigeführten Verminderung des Erntegewinus, nach Verhältniß des Flächeninhalts der Pflanzung und nach dem Durchſchnittsertrag beſtimmt, welche in dem betreffenden Jahr in andern Gemarkungen nach dem Ergebniß der Verwiegung erzielt wird. 3. Im Fall der Fixation der Steuer finden die für die Flächenſtener beſtehenden Vorſchriften (ſiehe oben Ziff. 2, 4, 5 und 6) ebenmäßig An⸗ wendung. Hiermit am Schluß unſerer Aufgabe angelangt — die Vorſchriſten über Rückvergütung der Tabak⸗ Wee Jacob Stainer, der tyroler Geigenbauer in Cxemona. Geſchichtliche Novelle von Fr. Clemens. . 5 Es war im erwachenden Frühling des Jahres 1674 als am Abhange eines mit Gras und Kräutern „ reich begrünten Bergabhanges unweit des Dörfchens 34. Abſom, im Bezirk Hall in Tirol, ein leidlich heran⸗ li- gewachſener Bauernknabe, den ſein Vater als Hüter u. einer kleinen Heerde Schafe angeſtellt hatte, unter einem reichbezweigten Baume ſaß, und mit einem kleinen, unſcheinbaren Taſchenmeſſer an einem 1 Stückchen Holz umher ſchnitzelte, das bereits eine gen entfernte Aehnlichkeit mit dem Hals einer Violine der hatte. 15 Von Zeit zu Zeit hielt er das Holz in einer gewiſſen Entfernung von ſeinen Augen, um deſſen fortſchreitende Geſtaltung zu beurkheilen, wobei er es nach allen Seiken wendete und bei ſich ſelbſt etwas in den Bart murmelte, dann aber wieder zu ſchnitzeln begann. — Von Zeit zu Zeit ſchärfte er dann auch ſein kleines Einſchlage⸗Meſſer, das ſicher nicht vom beſten Stahl geſchmiedet war, auf einem kleinen dazu vorgerichteten Sandſtein, denn das Holz, das er bearbeitete, ſchien ſehr hart zu ſein. Bei allem Eifer und Fleiß aber, die er ſichtbar auf ſein Schnitzwerk verwendete, vergaß er dennoch auch ſeine eigentliche Funkton, die Hütung der Schafe, nicht, denn er beſchattete öfter mit erhobener Hand ſeine Augen, um die Heerde darunter zu be⸗ obachten, und ſchickte ſeinen Spitz ab, der die Ordre ſeines Gebieters ſehr genau zu verſtehen ſchien, in⸗ dem er ſie immer richtig ausführte, und der Knabe ſtreichelte dann ſeinen vierfüßigen Boten allemal beifällig bei deſſen Rückkehr. Nachdem er dieſe abwechſelnde Thätigkeit nun eine Weile ſo fortgeſetzt hatte, ſchien ihm die Be⸗ trachtung der Arbeit an ſeinem Holze ebenfalls bei⸗ fällig zu berühren, denn es hatte ſich ein prächtiger Löwenkopf daraus entwickelt, und in der Freude ſeines Herzens ſtreichelte er denſelben mit derſelben ſelbſtzufriedenen Miene, womit er vorhin ſe inen Spitz geſtreichelt und cajolirt hatte. — Endlich ließ er ſich ſogar zu einer Art Monolog herbei, indem er bei Betrachtung ſeines Schnitzwerkes dasſelbe ſeinem klugen Spitz vorzeigte, und mit folgender Anrede begleitete. — „Sieh einmal Hurkig, was dein Jacob für ein geſcheiter Junge iſt; Heißt das nicht eine Pracht arbeit? — was? — he? — So ſchön iſt mir noch kein Löwenkopf gelungen; und, weißt du. Hurtig, zeige ich ihn dem Vater, ſo bekomme ich ſicher die neue Jacke, die er mir ſchon lange ver ſprochen hat. — Nun, will ich dir etwas ſagen, mein Spitz — mußt aber auch recht zuhören! — Sobald dieſe Geige fertig iſt, trage ich ſie nach Hall, und tauſche mir ein Paar neue Schuh dafür ein, denn, höͤrſt du, ein Geigenbauer kann doch nicht immer barfuß gehen: das ſchickt ſich wohl allerdings für einen Schaafhirten — du gehſt ja auch barfuß — aber ein Künſtler wie ich muß Schuhe tragen. — Was? — meinſt du nicht auch? —“ (Hurtig blickte ſeinen Herrn dabei gleich ſam verwundert an, denn dergleichen Anreden waren ihm noch nie vorgekommen). — Jacob aber fuhr fort: „Ach du biſt ein einfältig Thier, und ver⸗ ſtehſt mich nicht. — Sieh nur einmal her: — ein ſolches Prachiſtück! — Was? — O wartet nur