alls: talerſtr, 5 Allgemeiner Tenzeiger für Ladenburg und Schriesheim. Erſcheint Mittwoch und Samstag und koſtet vierteljährlich !! M. 20 Pf. mit illuſtrirtem Anterhaltungsblatt 1 k. 70 Vf. excl Poſtproviſton. Inſerate, welche am Tage vor dem Erſcheine paltige Petitzeile oder deren Raum mit 10 Pf., tabattbewilligung. ehmen Inſerate für uns an. n bis Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die ein⸗ r Local-Anzeigen mit 6 Pf., Reclamen mit 20 Pf. berechnet. — Für Schriesheim nimmt Herr Gaſtwirth Franz Carqus zum „deutſchen Kaiſer Bei größeren Aufträgen entſprechende “jederzeit Inſerate an. — Alle Annoncen⸗Expeditionen Nr. 52. Mittwoch, den 30. Zuni 1880. N Mit dem 1. Juli beginnt das 12 III. Quartal und laden zum Abonnement ergebenſt ein. Volitiſche Aeberſicht. Die Debatten über die kirchenpolitiſche Vorlage m. preußiſchen Landtage haben die Gegenſätze zwiſchen den Nationalliberalen und dem Centrum leder einmal in ihrer ganzen Schärfe zu. Tage kreten laſſen. Intereſſant dabei war die Erſcheinung, daß die Hauptwortführer der beiden Parteien zwei Hanoveraner waren. Auf der Linken Benningſen, im Centrum Windthorſt. Daß die Vorlage, nach⸗ dem die Regierung zu verſchiedenen Abänderungen hre Zuſtimmung ertheilt hatte, ſchließlich ange⸗ nommen werde, war borausſichtlich, es bleibt nun abzuwarten, ob der Frieden zwiſchen Staat und Kirche nunmehr wirklich zu Stande kommen wird. Die Konferenz hat ihre Arbeiten im Weſentlichen beendigt. Am 25. Juni, Freitag, hielt e eine Zſtündige Sitzung, worin der franzöſiſche Vorſchlag der Grenzregulirung, der in den Arbeiten der Delegirtenkommiſſion ſeine nähere Feſtſetzung gefunden hatte, einſtimmig angenommen wurde. Lags zuvor hatte der italieniſche Botſchafter Graf e Launay ein Diner gegeben, zu welchem ſämmt⸗ ſche Mitglieder der Konferenz wie der Verſammlung er Sachverſtändigen geladen waren. Nach dem Miner am Abend waren die Delegirten noch einmal Uſammengetreten, um die Schlußredaktion des Ge⸗ ammigutachtens über die griechiſche Grenze vorzu⸗ ihmen, welches ſpruchreif der Konferenz unterbreitet berden konnte. Der Beſchluß der Konferenz wird gleichlautenden Noten der Mächte in Konſtan⸗ opel mitgetheilt werden, und man ſcheint wirklich llen Ernſtes zu hoffen, daß die Uebereinſtimmung der Mächte dergeſtalt der Pforte imponiren werde, um ihr jeden Gedanken an Widerſtand zu vertreiben. Was die Grenzlinie ſelbſt betrifft, ſo mocht darüber die Polit. Correſp. folgende angeblich authentiſche Mittheilung: Die neue Grenzlinie beginnt im Epirus bei Metzovo, durchſchneidet in zwei Theile das Ge⸗ biet von Zagori, erreicht bei Tſaraplana das Ufer des Kalamas und läuft in der Mündung dieſes Fluſſes aus. In Theſſalien läuft dieſe Linie über das Kamvuniongebirg und die Kapkaſpitze zum h. Dimitrion und von hier zum Gipfel des h. Elias des Olympgebirges, von wo ſie zum Aegäiſchen Meere herabſteigt. Von den 32,000 Seelen, welche das Gebiet von Zagori bewohnen, würden durch die neue Linie nur 11,000 Seelen an Griechenland fallen. Da die Zagoriten gute Griechen ſind, annexirt ſein wollen und vor Allem zuſammenbleiben wollen, wird die Weisheit der Entſcheſdung in dieſem Punkte anzuzweifeln ſein, wie auch das Korfu gegen⸗ überliegende Küſtenland ohne Zweifel beſſer mit Hellas vereinigt worden wäre. Das find Schwächen, Halbheiten, Anläſſe zu ſpäteren Streitigkeiten, wobei nur der Troſt iſt, daß eben ſolche Unebenheiten Anläſſe zu ſpäteren Streitigkeiten, wobei nur der Troſt iſt, daß eben ſolche Unebenheiten Mittel und Anlaß zu ſpäteren Fortſchritten, zu um ſo gründ⸗ licheren Löſungen zu ſein pflegen. Der moderne öſtreichiſche Diogenes, Graf Taaffe, ſucht Tag und Nacht Miniſter oder viel⸗ mehr ſolche Leute, die Miniſter werden möchten, aber er verbrennt das Oel ſeiner Laterne umſonſt. Diejenigen, die nach einem Portefeuille Luſt zeigen, kann er nicht brauchen und Die, welche er brauchen könnte, haben wieder keine Luſt. Da iſt es ſchwer, Miniſterpräſident ſein. Inzwiſchen hadern die Herren Collegen, welche im Kabinet ſitzen, unter⸗ einander und drei der Herren wiederholen Tag für Tag den Angſtruf: „Hinaus wollen wir, es gefällt uns nimmer!“ Es ſind dies die liberal angehauchten Miniſter Horſt, Korb und Stremayr. Zwiſchen dem Miniſter Korb und dem Miniſter Kriegsau ſpielte ſich in der letzten Zeit ein Intermezzo ab, das beſſer als alles Andere Zeugniß von der Wirthſchaft ablegt, welche in dem Kabinet Taaffe herrſcht. Der Handelsminiſter Korb hielt einen langen Vortrag über ein Abkommen, das er mit der Südbahn ge⸗ troffen, und empfahl dasſelbe dem Miniſterrathe zur Genehmigung, da erklärte der Finanzminiſter Kriegsau, dieſes Abkommen ziehe auch ſein Depar⸗ tement ſtark in Mitleidenſchaft und er müſſe daher ſeinem großen Erſtaunen Ausdruck geben, daß der Herr Handelsminiſter es nicht für nöthig befunden, ihn von den Verhandlungen mi der Südbahn in Kenntniß zu ſetzen. Die Herren Kollegen Taaffe, Falkenhayn und Prazak ſahen mißbilligend den Kollegen Korb an, da griff dieſer in die Taſche, holte zwei mächtige Schriftſtücke heraus und hielt ſie Herrn b. Kriegsau unter die Naſe. „Kennen Ew. Excellenz dieſe Unterſchrift?“ „Es iſt die meinige!“ „Nun gut, dieſe beiden Aktenſtücke ent⸗ halten die ganzen Unterhandlungen mit der Süd⸗ bahn — !“ Ungeheures Erſtaunen ſämmtlicher Miniſter, mißbilligendes Schütteln des Kopfes auf allen Seiten, höhniſches Lächeln des Herrn von Kriegsau, der meint: „Ja, du lieber Himmel, ich kann doch nicht Alles leſen, was mir zum Unter⸗ ſchreiben vorgelegt wird!“ Tiefe Stille, dann er⸗ regte Erklärung des Handelsminiſters, unter folchen Umſtänden verzichte er auf die Ehre, noch länger in dieſem Kabinet zu ſitzen, er reiche ſeine Ent⸗ laſſung ein und werde dieſe ſofort dem Kaiſer unter⸗ breiten. Alſo geſchehen im Jahre des Heils 1880, nicht in China oder der Türkei, ſondern dem Kul⸗ turſtaate Oeſtreich! In Frankreich iſt Gambetta der Mann des Tages. Die Rede, welche er in der Nationalver⸗ ſammlung zu Gunſten der unbedingten Amneſtie der Kommuniſten gehalten, hat ſeine Volksthümlichkeit auf den Gipfel gehoben und die Journale meinen, Gambetta könne ſich nicht mehr lange der Miniſter⸗ präſidentſchaft entziehen. Ob Gambetta auf diefe Präfidentſchaft wirklich reflektirt, möchten wir faſt bezweifeln. Der eigentliche Regent in Frankreich iſt er ja unbeſtritten, bei der nüchſten Wahl für den Präſidentenfitz wird Niemand als er in Betracht kommen; was ſoll er ſich als Miniſter abnutzen, wenn ihm in nicht allzu ferner Zeit die höchſte Ehren⸗ und Machtſtelle im Reiche winkt. Feuilleton. Careau- König. Novelle von Friedrich Rüffer. N (FJFortſetzung.) Ich erinnerte mich an das Geſpräch, voriges Jahr belauſcht hatte, an die Träume ihres Herzens vom künftigen Gemahl ihrer Liebe, und ich weiß nicht, ob ſie meine Empfindungen aus meinen Blicken las, oder ob ſie nur, ohne genaueres Berſtändniß meines Gefühls, durch den Antheil, i welchen ich ihr bewies, ſich gewonnen fand — ſchon nach wenigen Minuten ſprachen wir mit einander, wie die beſten Freunde von der Welt. Der alte Herr hatte ſich zur Ruhe niedergeſetzt, Die Mutter ſchrieb in einem fort in ihr Skizzenbuch, Beide ließen uns ungeſtört plaudern. Was ſie ſagte, war einfach, durchaus frei von Affectation, aber es blickte eine Weichheit und Melancholie des Gemüthes daraus hervor von ungekünſtelter, rühren⸗ 4 der Wirkung. Wir ſprachen von ihrem Gatten, den ſie mit ungeheuchelter Herzlichkeit liebte, ſie das ich wurde nicht müde, von ſeiner Güte zu ſprechen, wie ſie ihm Alles verdanke, wie er keinen ihrer Wünſche unberückſichtigt laſſe. Von dem Allen ſprach ſie, von ihrem verlorenen Jugendglück kein Wort. In dieſer edlen und reinen Seele war nichts als kind⸗ liche Liebe, Ergebenheit und frommes Pflichtgefühl zu leſen. Aber wer hätte an dieſer ernſten ſchwer⸗ müthigen Sprache und Empfindung das Mädchen wiedererkannt, das ich vor nicht 18 Monaten ſo heiter, ſo kindlich, ſo lach⸗ und tanzluſtig geſehen? Wie war ſie plötzlich geiſtig gereift, voll Einſicht, Lebenserfahrung und feinen ſittlichen Tactes! Durch welche Leidensſchule, dachte ich, muß ſie gegangen ſein! Der kleine See lag dicht zu unſern Füßen, rein und klar, ruhig und unergründlich, ein Bild ihres Herzens. Ich ſagte es ihr; ſie lächelte und erwiderte: „So iſt wohl noch manches Menſchenherz — an der Oberfläche ein ſtiller glatter Spiegel, in der Tiefe.. ..“ — „Die iſt Keinem bewußt,“ entgegnete ich lebhaft, und ihr Auge ſah gen Himmel. Rief ſie ihn im Stillen zum Zeugen? oder betete ſie um Stärkung für ihr Gemüth? Die Baronin erhob ihre ſcharftöͤnende Stimme, mum ihre Tochter herbeizurufen. Die Kühle des Waſſers bei ſinkender Sonne bekam dem General nicht wohl, er trieb zum Aufbruch. Gern hätte ich Cäcilie den Arm gereicht, aber ſie hing an den ihres Gemahls. Ich machte alſo den Rückweg in Geſellſchaft der Mutter und hatte ein langes, literariſches Geſpräch zu überſtehen. Sie ſchrieb an einem neuen Roman und wollte mir ihn in den nächſten Tagen vorleſen: eine harte Zumuthung, wenn man zu ſeiner Erholung reiſt. „Ich bedaure ſehr, gnädige Frau, ich reiſe weiter, nach Carlsbad.“ „Dahin geht unſer Weg auch. — Ich hoffe, Sie leiſten uns Geſellſchaft und wir rechnen auf das Vergnügen, Sie heute zum Diner bei uus zu ſehen.“ Ich verneigte mich. Wie die Sachen ſtanden, glaubte ich bereits ein Recht zu beſitzen, das Ge⸗ ſpräch mit der Baronin auf Cäcilie zu lenken und ihr in ſehr vorſichtiger Wendung meine Befürchtung anzudeuten: ob dieſe in jeder äußern Rückſicht ſo bortheilhafte Vermählung nicht doch vielleicht den innern Frieden, das Seelenglück ihrer Tochter einſtens ſtören könne. 5 0 288