„ * * * 75 7 chriesheim. Poſtproviſion. a Inſerate. welche am Tage vor dem Erſcheinen bis Mittags 12 Uhr in der Expedition eingehen, finden ſofortige Aufnahme und werden die ein⸗ paltige Petitzeile oder deren Raum mit 10 Pf., Local⸗Anzeigen mit 6 Pf., Reclamen mit 20 Pf. berechnet. Bei größeren Auftrügen entſprechende Rabattbewilligung. — Für Schriesheim nimmt Herr Gaſtwirth Franz Carqus zum „deutſchen Kaiser“ jederzeit Inſerate an. — Alle Annoncen⸗Expeditionen nehmen Inſerate für uns an. Erſcheint Mittwoch und Samstag und koſtet vierteljährlich 1 2. 20 Pf. mit illuſtrirtem Anterhaltungsblatt 1 Mk. 70 Pf. exel Mittwoch, den 12. Mai Die Kanzlerrede vom 8. Mai. Fürſt Bismarck iſt müde, todtmüde. Es hat, da er bisher mit dem Reichstage und ſeinen Par⸗ teien ſchließlich ſtets gut ausgekommen iſt, wenn auch die Majorität immer unzuverläſſiger und der Erſatz abgehender Miniſter immer ſchwieriger wurde, den Anſchein, als ob auch noch in höheren Regionen Urſachen zu Friktionen zu ſuchen ſind, welche ſein Vertrauen auf eine gedeihliche Entwicklung der inneren Verhältniſſe Deutſchlands erſchüttert haben. Vor Reichstagsauflöſungen und vor Conflikten hat ſich der Kanzler nie gefürchtet, vor Intriguen in Regierungskeiſen, die im Bundesrathe zum Ausdruck kommen, ſcheint er bereits die Segel zu ſtreichen. Jedenfalls iſt erkennbar, daß das Demiſſionsgeſuch des Fürſten Bismarck anläßlich der Nichtbeſteuerung der Poſtanweiſungen, die Publizirung ſeines kaum von der Dinte trocken gewordenen Circularerlaſſes in der Angelegenheit von St. Pauli, ſowie die jetzt neuerdings erklärte ernſtliche Abſicht, ins Privatleben zurückzutreten, nur den Rauch des Feuers bedeuten, das in der Reichsregierung ausgebrochen iſt. Es handelt ſich wahrſcheinlich- um Vorgänge, die ſich der Oeffentlichkeit noch entziehen. Den eigentlichen Sitz des Uebels glaubt Fürſt Bismarck im Centrum gefunden zu haben, welches in ſeiner Oppoſition durch die reichsfeindlichen Par⸗ teien, die Polen und Sozialdemokraten, häufig durch die Fortſchrittspartei und zuweilen durch die Ueber⸗ läufer aus dem liberalen und ſelbſt konſervativen, Lager unterſtützt wird. Der Kanzler ſieht die An⸗ ſprüche der Ultramontanen und Partikulariſten wachſen, mit denen in allen ractionären Fragen die Konſervativen Hand in Hand gehen. Indeſſen, das war vorauszuſehen, und ein ſo kluger Politiker wie Fürſt Bismarck mußte ſich ſagen, daß er die Zoll⸗ reform nicht ungeſtraft dem Häuptling der Partiku⸗ lariſten, Herrn v. Värnbüler, anvertrauen, daß er nicht ohne Gegenleiſtung durch das Centrum die Liberalen an die Wand quetſchen laſſen konnte. Mit dem Augenblick, da Frankenſtein über Benningſen ſiegte, trat das Reich in die konſervativ⸗ ultramontane Aera ein und ließ ſeine alten Freunde zurück. Aber dieſer Pfad iſt abſchüſſig, und am 8. Mai hat der Reichskanzler ihn verlaſſen, indem er dem Centrum ſtatt des erhofften Lohnes den Scheide⸗ brief ſchrieb. Alles was Bismarck über die Feind⸗ ſeligkeit der Ultramontanen und Partikulariſten ge⸗ ſagt hat, kann jeder Freund der nationalen Sache unterſchreiben, nur iſt es nichts Neues, ſondern oft genug warnend vorhergeſagt worden, daß Kanzler und Reich ſich nicht für die Dauer auf die morſchen Säulen ſtützen können, deren Sockel die Inſchriften tragen: Ultramontanismus, Partikularismus, Feuda⸗ lismus. Zunächſt hat das Centrum auch die ſchwere Verantwortung auf ſich geladen, den Kirchenfrieden zum Scheitern gebracht zu haben, obwohl es trotz Bismarcks Erklärung gegen das Centrum nicht außerhalb der Möglichkeit liegt, daß der Vatikan den deutſchen Ultramontanen ernſtlich verbietet, päpſtlicher als der Papſt zu ſein. Alles in Allem zweifelt jetzt Niemand mehr daran, daß Fürſt Bismarck gern die Leitung der Geſchäfte anderen Händen anvertranen möchte. Der Kanzler deutete echt konſtitutionell darauf hin, daß ſeine Nachfolger im Lager der Konſervativen und Ultramontanen zu ſuchen ſeien. Für dieſen Fall würden wir uns allerdings freuen, den Fürſten Bismarck unter den Reichsboten zu erblicken, denn frei von Rückſichten, welche ihm jetzt ſeine Stellung auferlegt. würde er zweifellos der Mann dazu ſein, der kurzen Mißregierung der ultramonkan⸗partiku⸗ lariſtiſchen Reaction ein raſches Ende zu bereiten. Wir aber hoffen, des Kanzlers Mabnung an die Einigkeit aller reichskreuen Elemente wird erfolgreich ſein und ſowohl im Bundesrathe wie im Reſchstage beachtet werden, ſteht aber die Sache ſo verzweifelt, wie es der elegiſche Ton der Kanzlerrede bekundet, ſo möge Fürſt Bismarck wenigſtens nicht eher die nationalen Angelegenheiten aus der Hand legen, als bis er nach einer Reichstagsauflöſung nochmals an das Volk appellirt hat. 77 Tf 5 5 Deutſchland. Berlin den 11. Mai. Der Kaiſe geſtern beim Fürſten Bismark ſehr befriedigt über des letzteren Reichstagsrede geäußert haben. Fürſt Bismark hielt dem Kaſſer Vortrag über den Geſetz⸗ entwurf bezüglich der diskretionären Handhabung der Maigeſetze. — Der Reichskanzler bleibt bis Mitte Juni in Berlin und geht dann nach Kiſſingen. Berlin den 11 Mai. General v. Treskow hat dem Kaiſer nach Wiesbaden die befriedigendſten Nachrichten über den Aufenthalt der Glückwunſch⸗ deputation in St. Petersburg überbracht. Die aus St. Petersburg zurückgekehrten preußiſchen Offiziere wiſſen nicht genug die Aufnahme zu rühmen, die ſie en St. Petersburg und namentlich beim Kaiſer Alexander ſelbſt gefunden haben. Sie waren wäh⸗ rend der kurzen Zeit ihres Aufenthaltes nicht we⸗ niger als viermal in das kaiſ. Palais geladen und der Kaiſer behandelte ſie ſtets mit der gewinnenſten Liebenswürdigkeit. Er ſtreifte ſogar die Politik. Er bemerkte z. B., man müſſe garn kein Gewicht auf Gerede und Geklatſch legen, als ob ſein Sohn, der Thronfolger, dereinſt nach anderen Grundfätzen als er ſelbſt regieren werde. Das innig freundſchaftliche Verhältniß zu ſeinem Oheim, Kaiſer Wilhem, werde niemals einem Wandel unterliegen und ebenſo ſei er überz'ugt, es werde ihnen, den Herrſchern ge⸗ lingen, zu bewirken, daß auch die beiden großen Reiche wie bisher in Frieden und Freundſchaft mit⸗ einander leben. a Verſchiedenes⸗ 8 Die Eröffnung der Nahnſtrecke Fried- richsfeld-Schwetzingen findet am 1. Juni l. J. ſtatt. Ladenburg den 14. Mai 1880. Unſer Landsmann, Herr. Bildhauer Peter Koch wird auf der Gewerbe- Ausſtellung in Mannheim durch 2 Grabmonumente vertreten ſein Dias Reliefbild zu einem dieſer Monumenten einen trauernden Engel darſtellend, iſt über- die i Ladſchi iſt der Sohn einer unehelichen Tochter vor Vroni, der Waſcherin, etwas weit droben im Kinzigthal. Seine Mutter hieß Käthi oder Kätherle, überkam das Geſchäft von ihrer Mutter, hatte aber ſtändig für andere Leute ſo viel zu waſchen, daß Euſep, genannt Ladſchi, weil er in ſeiner Jugend mit ſeinen langen Armen und Beinen gar unbe⸗ holfen umging und als höchſt ungewaſchener Junge aufwuchs. Die Käthi war eine ſehr ſtarke Weibsperſon und fürchtete ſich vor dem ſtärkſten Manne nicht, das geht auch daraus hervor, daß ſie einmal einem Flößer, der am Ufer der Kinzig Scheitholz losmachte und ſich ungebührlich gegen ſie benahm, eine Ohr⸗ feige gab, daß er in den Fluß hineinſtürzte. Ein —— andermal wollte ein Schneider, da ſie noch in jun⸗ gen Jahren war, mit ihr närrlen als ſie eben vor einem vollen Zuber Waſſer ſtand, er patſchte in das Waſcher, daß es ihr, in das Geſicht fuhr. Halt Schnefterle, rief ſie, faßte ihn hinten beim Kragen, tauchte ihn mit einer Hand in den vollen Zuber, zog ihn, wie einen Lumpen, darin hin und her, indeſſen ſie mit der andern Hand ihn einſeifte und wuſch. wie ein ordentlich Stück Zeug, dann ſtellte ſie ihn auf die Beine, gob ihm einen Fußtritt auf den⸗ jenigen Theil, welcher bei den Schneidern der empfindſamſte iſt und er ſprang dahin, wie ein gehetztes Böcklein, ohne ſich umzuſchauen, oder auch nur ein wenig zu meckern. Zu ſolchen Kraftſtücken war der Ladſchi wirk⸗ lich zu faul; er ſtellte ſeinen Mann nur beim Eſſen, vorzüglich mit dem großen Suppenlöffel beim Früh⸗ ſtück, wo eine lange Nacht ſeinen Magen zu einem gefräßigen Ungeheuer ausgebildet hatte. Dann im Sommer ſchlenderte er herum, ſtolperte ſich jeden Tag einige Zehen blutig, verrammelte den Leuten fetten Klee oder üppige Grasplätze und bekam dafür zum Lohne gewöhnlich eine Tracht Prügel, die aber weiter keinen Nutzen hatten, als ihn in Etwas gegen des Schickſals Schläge abzuhärten und deß⸗ halb auch nichts ſchadeten. Im Winter lag er auf der Pritſche hinterm warmen Ofen und wenn ihm das Holz zum Heizen ausging, griff er die nächſte beſte Beuge der Nachbar an; denn er meinte, die hättens auch nicht wachſen laſſen. Für dieſe kom⸗ muniſtiſchen Grundſätze bekam er freilich manche Hand voll unverbrannter Aſche zu koſten ! daß ihm der Rücken blitzeblau wurde. Aber das richtete den zangen Kerl erſt recht auf und gab ſeiner Taille eine hübſche Schlankigkeit. Man kann eigentlich nicht ſagen, daß er aus der Schule kam, weill er ſo zu ſagen nie hinein kam; denn das nimmt man in den Thälern nicht ſo genau, wo das Klima der Schule ſo ungünſtig iſt, und mit, dem Ladſchi nahm man es gar nicht ſo genau. Als er aber 15 Jahre und einige Monate zählte, wollte Mutter Käthi ihn doch frei haben, machte für ihn das Examen und Schul⸗ meiſter und Pfarrer willigten in ihren Willen, weil ſie ihren Widerwillen fürchteten. Wer wollte auch einer Waſcherin Widerpart halten, abſonderlich einer, wie lob ſan Käthi war?