Verſchiedenes. Mainz, 13. Jan. Die hieſigen Blätter berichten über verſchiedene Militarſchlägereien, die in der Nacht von Sonntag auf Monkag ſtattge⸗ funden haben. Die größte derſelben wickelte ſich in einer Wirthſchaft auf der Bocksgaſſe ab: dorten waren es 118er, welche zuerſt mit Soldaten, dann mit Civiliſten ins Handgemenge geriethen, bei wel⸗ cher Gelegenheit von der blanken Waffe Gebrauch gemacht wurde. Gegen 10 Uhr fand an der Siegfriedſtraße eine Schlägerei zwiſchen Artilleriſten und Civiliſten ſtatt. Die Soldaten aber zogen den Kürzeren; doch intervenirte noch rechtzeitig die Polizei und wurden dadurch ernſte Ausſchreitungen vermieden. Tiger in Europa. Der Tiger kommt, wie es ſcheint, ſeit dem letztengeriege wieder einzeln in der ſüdöſtlichen Spitze des europäſchen Rußlands vor. Ueber einen intereſſanten Kampf mit einem Daer findet ſich neuerdings in ruſſiſchen Zeitungen folgender Bericht: Ein Bauer aus Golot⸗Ubani brachte die Haut eines Tigers von ungewöhnlicher Stärke zum Verkauf. Dieſelbe maß vom Gebiß bis zur Schwanzwurzel 6 Fuß. Der Bauer ſchätzte die Haut auf 150 Rubel; er trug auf ſeinem Ge⸗ ſicht die noch nicht verheilten tiefen Wunden, welche ihm die Krallen des Thieres geſc lagen hatten. Nach ſeinen Erzählungen hatte das Raubthier im Laufe des vorigen Jahres in den benachbarten Ort⸗ ſchaften großen Schaden angerichtet, es waren ge⸗ gen 50 Stück größeren Viehes von ihm zeriſſen worden. Die Einwohner ſchrieben dieſen Schaden der großen Vermehrung der Bären und Wölfe zu, 5 und ſtellten mehrfach erſolgloſe Jagden an. In ſich reden, bis es eines Tages wie ein Lauffeuer durch Tharand und Dresden ging, Graf B. iſt abgereiſt und zwar ſo plötzlich, daß er vorher noch vergeſſen hat, ſeine Schulden zu bezahlen. Nun erſt informirten ſich ſeine Gläubiger umfaſſend über die pecuniären Verhältniſſe ihres Schuldners und mußten erfahren, daß dieſe total zerrüttet ſeien. Baarvermögen war nicht mehr da und auf den Gütern ruhte eine enorme Schuldenlaſt, infolge deſſen es denn auch Niemanden hier einfiel, Klage gegen den edlen Magyaren anzuſtrengen, und die Gelddarleiher und Geſchäftsleute, anſtatt das gute Geld nach dem böſen zu werfen, lieber vorzogen, die Forderungen einfach in das ſchwarze Buch zu ſchreiben. Da, der Schmerz über die Verluſte waren längſt vergeſſen, zumal über eine Jahrzehnte darüber hingegangen war, erbt plötzlich von einer Seitenlinie ſeiner Familie der Graf ein bedeutendes Vermögen und mußte, um daſſelbe zu heben, kürz⸗ lich nach Paris reiſen. Niemand hatte hier eine Ahnung davon, um ſo überraſchter war man, als vor wenigen Tagen der Graf hier ankommt, bei ſeinen Gläubigern vorfährt und jeden Einzelnen von Heller zu Heller bezahlt. Unter Anderm ſoll ein hieſiger Wucherer 18000 Mk. und ein Wäſche⸗ geſchäft in der Neuſtadt gegen 200 Mark erhalten haben. Petersburg, 11. Jan. Der berüchtige Juchanzoff, welcher die ruſſiſche Bodencreditgeſell⸗ ſchaft um etwa 2 Millionen Rubel beſtahl, wurde nach Sibirien geſchickt; aber er reiste nach ſeinem Beſtimmungsorte Jeniſſeisk wie ein Fürſt oder Paſcha, indem er von einer hübſchen Franzöſin be⸗ gleitet wurde und auf der Reiſe verſchwenderiſch mit Geld um ſich warf. Er bedauerte nur, daß er nicht auch ſeinen Koch aus Petersburg mit⸗ dem verfloſſenen Dezember trat nun in den Bergen bedeutender Schneefall ein. Die Einwohner von Golot⸗Ubani fanden friſche Spuren eines ſtarken Thieres, die ihnen völlig unbekannt waren. Zwölf Männer mit Beilen bewaffnet, verfolgten dieſelben is an einen felſigen Abhang. Plötzlich ließ ſich in furchtbares Brüllen hören, der Tiger ſtürzte us einer Felſenhöhle und warf drei Bauern mit inem Satze zu Boden, deren Knochen man alsbald wiſchen ſeinen Zähnen knirſchen hörte. Nur der e Schnee, in den ſie hineinſtürzten, rettete ihr N Der beherzteſte unter den übrigen ſprang hinzu und ſpaltete mit einem gewaltigen Beilhiebe dem Tiger den Schädel, aber, bevor er verendete, hatte derſelbe noch ſoviel Kraft, dem Bauer mit der Taze einen Hieb ins Geſicht zu verſetzen. Dresden. Vor mehr als zehn Jahren, als noch die landwirthſchaftliche Academie in Tha⸗ rand ihren Sitz hatte, ſtudirte dort ein junger * nehmen konnte. Die ihn begleitende Beamten be⸗ handelte er wie ſeine Diener. Nach Verlauf ſeiner Strafzeit will er mit dem ihm verbleibenden be—⸗ trächtlichen Raube ſich in Sicilien niederlaſſen. Ein geringer Dieb wäre einfach in Ketten hingeſchleppt worden. Germersheim. Von Seiten der hieſigen Garniſonsverwaltung iſt die Lieferung von 38 ein⸗ männigen und 619 zweimännigen Kleiderſchränken ausgeſchrieben. Lieferungsluſtige, welche ihre Offer⸗ ten bis längſtens 24. Jan. d. J. einzureichen ha⸗ ben, können die Bedingungen bei den Garnifons⸗ verwaltungen Germersheim, Landau und Zwei⸗ brücken einſehen. In Bradford herrſchte am Somſtag große Aufregung in Folge des Strikes der dortigen Fa⸗ brikarbeiter. Nahezu 2000 der letzteren zogen, das Lied der Arbeitsloſen „Wir haben keine Arbeit“ ungariſcher Edelmann, Graf B. Sein flottes Le⸗ ben, ſeine tollen Streichen machten damals viel von ſingend, durch die Straßen. Da Ausſchreitungen befürchtet wurden, hatte die ſtädtiſche Polizei die Fabriken und Waarenmagazine mit ſtarken Wachen verſehen. Außer dem Einwerfen einiger Fenſter verlief die Demonſtration ohne Ruheſtörung. Die Arbeiter beanſpruchen eine Lohnerhöhung, die aber von den Fabrikbeſitzern verweigert wird. London, 8. Jan. Geſtern wurden im Tah weitere acht Leichen der Opfer der jüngſten Eſſen⸗ bahnkakaſtrophe bei Dundee gefunden, ſo daß jetzt im Ganzen 14 geborgen ſind. Eine Frau, die ihren Gatten und zwei Söhne durch das Unglück verloren, iſt dem Wahnſinn verfallen. — 12. Jan. Ein Individuum, Namens Alexander Schoſſa feuerte am Samſtag in der kath, Kirche St. Peter in Hatton Garden auf den die Meſſe celibrirenden Geiſtlichen fünf Schüſſe ah, vernichtete demnächſt die Altarbekleidung und zün⸗ dete die Vorhänge an. Der Geiſtliche blieb unver⸗ letzt. Schoſſa wurde verhaftet; derſelbe geſtand ein, daß es ſeine Abſicht geweſen ſei, den Geiſtlichen zu tödten. Die Polizei vermuthet, daß Schoſſg mit den deutſchen Sozialiſten in Verbindung ſtehe, Niederſtotzingen, 8. Jan. Von der Rohheit und Brutalität eines Theils unſerer ledigeh Jugend legt eine Gewaltthat, am Stephanisfeſes tage, Abends ausgeführt, ſprechendes Zeugniß ah, Zwei junge Leute von Stetten wollten auf de hieſigen Bahnhof gehen, um mit dem letzten Zuhe nach Ulm zu fahren. Zwiſchen Ober⸗ und Nieher⸗ ſtotzingen wurden ſie von einigen Niederſtotzinget Burſchen angefallen, und ſo zugerichtet, daß daz Blut in Strömen floß und ſofort ärztliche Hilfe in Anſpruch genommen werden mußte. Gerichtliche Unterſuchung iſt eingeleitet. Handels⸗Nachrichten. Weizen, pfälzer 24.50. bis 27.— ruſſiſcher 26.— bis 26.50 Amerikaniſcher 27.— bis 27.50 ungariſcher 23.50. bis 24.—. Neuer Spring 26.—. bis 26.50. Californiſcher Weizen 23.—, bis 23.50. Roggen, pfälzer 18.50. bis 19.25. ruſſiſcher 18.50. qis 19.50. franz. 15.25. bis 15.60, amerikaniſcher 14.— bis 14.50. Gerſte hieſiger Geg. 19.75. bis 20.25. pfälzer 20. bis 20.50. ungar. 16.75. bis 17.50. Hafer badiſcher 14.50. bis 15.50. württemberg. Alp 15.75. bis 16.—. ruſſiſcher 14.50. bis —. —. Kernen 24.50. bis 25.—. Bohnen. 25.—. Linſen —. . bis —. —. Wicken —.—. bis —. —. Erbſen —. —. bis —. —, Kohlreps, deutſcher 27.50. bis 29.—. ungar. 27.—. bis 27. 50. Kleeſamen deutſcher 1. Sorte 105.—. bis 110.—. 2. Sorte 92.—. bis 98 —. Provencer 125.—. bis 1.40.—. Luzerner 118 — 127.—. Esparſette — —. 9 Weizenmehl per 100 Kilo mit Sack: 1 Nr. 0. Nr, 1. Nr. 2. Nr. 3. Nr: 4. 38.— 34.50 32.50 28.50 24. — Redaction, Druck und Verlag von Wucherer T Molkfter Ladenburg. Nein, er hat die Luſt zur Arbeit verloren, und da er vom Ertrag ſeiner Dichtungen leben muß, ſo mird die Reue bald nachfolgen.“ „Sie ſcheinen ihrem Freunde darüber zu zür⸗ nen, daß er geſellig geworden iſt.“ „Ich zürne ihm weil er ſeinen Eharakter ver⸗ leugnet.“ „Wie das?“ „Oskar iſt Poet und dürfte als ſolcher nicht Gefühle zum Spielzeug müßiger Stunden ernie⸗ drigen, die er heilig preiſt. — er nennt es ſelbſt eitle Thorheit, daß er die Geſellſchaften beſucht, und ſpottet über den galanten Trödelkram, trotz deſſen giebt er ſich demſelben hin.“ Die Farbe war von der Wange Adelens ge⸗ wichen, denn was die Worte Barneck's andeuteten ſprachen ſeine Blicke noch deutlicher. In dieſem Augenblick trat Oskar in den Saal. „Ich werde es Ihrem Freunde ſagen, daß Sie ihn verleumden!“ flüſterte Adele mit neckiſchem Tone, aber mit zitternder Stimme. „Was, Barneck verleumdet mich?“ fragte Os- kar, der unterdeſſen'herangetreten war und die letzen Worte gehört hatte. „Herr von Barneck behauptet, ſie amüſirten ſich damit, den galanten Cavalier zu ſpielen,“ ent⸗ gegnete Adele, und das iſt eine Verleumdung, denn Sie laſſen eine Dame warten. Der Walzer, den ich Ihnen zugeſagt habe, iſt gleich vorüber.“ „Es iſt eine Luſt ſchuldig zu ſein, wenn ſo ſchnöe Lippen Vergebung flüſtern,“ antwortete Os⸗ kar ſo leiſe, daß nur Adele ihn verſtehen konnte; verzeihen Sie mir:“ Ernſt hatte verdrießlich dem Rival Platz ge⸗ macht, der ſich geſchickt zwiſchen ihn und Adele zu drängen wußte und ihr Ohr jetzt völlig in Be⸗ ſchlag nahm. „Haben Sie bis jetzt gearbeitet 2, fragte die Generalin, „nur in dieſem Fall kann eine Ent⸗ ſchuldigung gelten.“ „Ich arbeite ſchon lange nicht mehr; fragen Sie nicht warum; ich darf, ich kann Ihnen die Urſache nicht ſagen.“ Oslar ſprach dies mit einem Blick, der Adele das Auge niederſchlagen machte. „Ich will es den— noch wiſſen,“ ſagte ſie, „denn Ihre Dichtungen haben zu großes Intereſſe für mich.“ „Gnädige Frau, ſetzen Sie den Vogel des Waldes in einen Käfig, und er wird nicht ſchlagen. Was ſoll ich ſingen? — Freude, und ich bin nicht fr h, — Wemuth und Klage ? Gnädige Frau man ſingt das nicht, wenn es das Herz zerreißt.“ Adele antwortete nicht, ſie zieterte, ſie wagte es nicht aufzu ſchauen. „Ich habe ſo lange geſungen,“ fuhr Oskar fort, bis ich die Fee ſah, der es galt, und jetzt bin ich ſtumm. Doch wozu ſoll ich Ihnen das fagene Sie ſind froh, Sie ſind glücklich. Sie können mich nicht verſtehen, ich werde untergehen in Armuth und Elend und Schmerz, und man wird mich ver⸗ geſſen. — Gnädige Frau, wollen wir nicht tanzen? Es iſt unmöglich, den Sturm in Adelens Bruſt zu ſchildern, der ſie durchtobte; von taufend Gefühlen bewegt, — glühend und bebend, zitternd und jubelnd, wogte es in der Bruſt. „Oskar laſſen Sie mich, — jetzt nicht, — ſpäter!“ ſtotterte ſie flüſternd und entzog ihm die Hand, welche er ergriffen. Ein Lächeln des Triumpfes flog über die Züge des Dichters. Die Muſik ſchwieg, die Paare trennten ſich und Adele entſchlüpfte in das Gewühl der Menge. Oskar ſuchte Barneck einem Nebenzimmer. 4 „Du haſt Recht,“ ſagte er, „ich bin mit der Generalin zu weit gegangen, aber wer konnte auch denken, daß ſie Alles für Ernſt nimmt.“ . „Was iſt geſchehen? fragte Barneck, ih Mühe ſeinen Wiederwillen unterdrückend. „So viel,“ antwortete T., „daß ich abbrechen muß, aber ich konnte keine beſſere Heldin ſür meim Stlick finden.“ 85 „Er iſt unglücklich! Er liebt mich! ſtürmte in der Bruſt Adelens, „und ich bin Sch ald, daß er unterg⸗ 170 auf, er fand ihn in Nfg hn d. — dachte : 5