unbeweglich in Vunla bleiben, könne aber ſpäter leicht ſich an einen anderen Punkt begeben, da Eng⸗ land der Unterdrückung der Chriſten in den aſiati⸗ ſchen Provinzen der Türkei nicht ruhig zuſehen lönne, vielmehr auf die Durchführung der Reformen in denſelben beſtehen werde. 2 „„ Kiew, 4. Nov. Das Kriegsgericht verur⸗ theilte 9 politiſche Verbrecher: Krzanowsky zum Tode durch den Strang, Schurkau und Kaſalſchzowsky zu 10 Jahren Zwangsarbeit, Turowitſch zu 6 Jahren Zwangsarbeit, Woljansky und Stopansly zu vier Jahren Zwangsarbeit, Orlowski zu einem Monat Arreſt und Gunadfi und Owitzky zu 7 Tagen Arreſt. Stopansky erhielt eine Strafmilderung in Gefäng⸗ nißhaſt in Ausſicht geſtellt. Serbien 3 Die amtliche Belgrader Zeitung veröffent⸗ licht das Ergebniß des geheim geführten Prozeſſes gegen den Prinzen Karageorgewitich und Genoſſen, die ſich ſämmtlich auf öſtreichiſchen Boden befinden, ſammt den in dieſem Prozeſſe in allen 3 Inſtanzen gefällten Urtheilen. Zwei der Angeklagten ſind zum Tode und Prinz Karageorgewitſch ſammt den übrigen Angellagten zu je 20jährigem Kerker verurtheilt. Türkei. Aus Oſtrumelien wird gemeldet, daß die Pforte die Auflöſung der berüchtigten Turnvereine gefordert hat, mit Berufung auf Art. 42 des or⸗ ganiſchen Statuts. Dieſe Forderung ſetzt Aleko Paſcha in eine große Verlegenheit, inſoferne, als er aus Furcht vor Einbuße ſeiner Popularität dieſer Lieblingsinſtitution des Panbulgarismus nicht zu Leibe zu gehen wagt, und anderſeits jede noch ſo ſofiſtiſche Auslegung des organiſchen Statuts ihm doch nicht die Handhabe liefert, um gegen die legi⸗ time Forderung der Pforte mit Erfolg zu remon⸗ ſtriren. Verſchiedenes. Ladenburg, 4. Nov. In Schriesheim mes in der Nacht von Sonntag auf Montag zu einer großen Schlägerei, bei der das Meſſer wieder ſo ungkücklich mitſpielt, daß ein Burſche todt auf dem Platze blieb. Der Stich drang unter dem Ohr in den Hals. Der Thäter iſt bereits ver⸗ haftet. Es ſoll ein verheiratheter Mann ſein. Aus der Gegend von Speyer ſchreibt man dem „P. K.“: Das Tabakſtengel⸗Geſchäft geſtal⸗ tet ſich immer grobartiger; über 11,000 Centner ſollen bereits in Speyer aufgeſtapelt ſein und faſt jeden Tag kommen noch neue Zufuhren aus Badenz in der Pfalz iſt ſchon nichts mehr zu haben, man⸗ che unſerer Tabakbauer wollten auch nichts von dieſem Geſchäft wiſſen. Es werden 50 bis 60 Pf. gezahlt für den Centner, an die Trockenanſtalt ge⸗ liefert. Seit einer Woche etwa hat man mit dem Doͤrren der Stengel angefangen; an hundert Ar- beiter ſind mit dem Spalten derſelben ꝛc. ſowie an der Darre beſchäftigt. Wozu die gedörrten Stengel verwendet werden ſollen und für welche Firma das Geſchäft betrieben wird, darüber hört man bis jetzt nichts Verläſſiges. Mainz, 4. Nov. Unter Bedeckung von Gensdarmerje wurde heute ein Mann, welcher be⸗ ſchuldigt iſt, in der Nähe von Worms eine Brand⸗ ſtiftung verübt zu haben, eingebracht. Der Be⸗ ſchuldigte hat ſein Verbrechen bereits eingeſtanden und meint er bei dieſer Gelegenheit ganz keck: „Die Zeiten ſind ſo ſchlecht, daß man nirgends beſſer als im Zuchthaus aufgehoben iſt. 8 Kempten, 31. Oct. Heute Nacht halb 2 Uhr überfielen (buchſtäblich) zwei Poliziſten einen hieſigen Bürger, Metzger Zorn, mit dem ſie vor⸗ her im „Kreuz“ geſpielt und getrunken hatten. Die bei der Kneiperei entſtandenen Meinungsdifferenzen wurden unmittelbar unter Polizeiwache ausgetragen. Beide Poliziſten fielen über Zorn her und machten von ihrer Waffe in unerhoͤrter Weiſe Gebrauch. Dem Unglücklichen wurde ein Finger abgehauen, der Kopf und das Geſicht durch verſchiedene Hiebe verletzt. Nachdem den beiden Polizeiſoldaten dieſe rohe Mißhandlung durch die allgemeine Aufmerk⸗ ſamkeit der Nachbarſchaft geſtört zu werden drobt, ſchleppteu ſie ihr Opfer die Stiege des Rathhauſes hinauf und maltrairten den Wehrloſen, weiter in höchſt empörender Weiſe. Nach Ausſage des Zorn ſoll die hinzugekommene Polizeiwache noch an dieſem pöbelhaften Act mitgeholfen haben. Der arme Mißhandelte war mit Blut übergoſſen, als er ins Spital gebracht wurde. Zwei Polizeiſoldaten ſind bereits vom Dienſt dispenſirt. Magdeburg, 4. Nov. Am 29. Mai d. J. wurde an der in dem Hauſe Goldſtr. Nr. 2 wohnenden, unverehelichte Dorothe Güſewell ein Raubmord verübt; man fand die G. als Leich⸗ mit durchſchnittenem Halſe in ihrem Zimmer er⸗ mordet am Boden liegend, und die in einem ver⸗ ſchloſſenen Schrank befindlich geweſenen Dokumente waren entwendet. Wegen Verdacht des Mordes wurden kurz nach der Entdeckung deſſelben mehrere Perſonen in Haft genommen, mußten aber, da jeder Anhalt für ihre Thäterſchaft fehlte, bald wie⸗ der entlaſſen werden. Der Verdacht lenkte ſich je⸗ doch bald auf den heimlich von hier ausgerückten Konditor, früheren Schloſſergeſellen Friedrich Bock, und eine bei der Mutter deſſelben abgehaltene Hausſuchung war inſofern von Erfolg gekrönt, ein Thel der geraubten Dokumente bel dieſer funden wur e. Der muthmaßliche Mörder hatte ſich nach Thurin geflüchtet, wo er indez mittelt und auf Requſſition der Behörden berhg 700 iſt. Nach Abſchluß der Auslieferungsverhandlun 2 auf de iſt ein hieſ. Polizeibeamte dorthin gereiſt, hat i aßen N Mörder in Empfang genommen und iſt mit 0 Ton un ſelben geſtern Abend hier eingetroffen. Jin gel Ein dieſer Tage in Schietingen vorgelt aden 8 mener Verkauf eines Ackers von 1 Morgen Flach nde gehalt iſt als große Seltenheit zu veröffentlich Das Grundſtück wurde zu 20 Pfg., verkauft mußten der Ortsvorſteher und die dabei funktion den Gemeinderäthe auf die Einſchreihgebühren e er verzichten. be 1 fre 2 0 Lotales. 17 ö Lodenburg, 2. Nov. Geſtern feierte ue en aeg Gemeinde ein herrliches Feſt, das unſeres WI en Ain bisher in keiner altkatholiſchen Gemeinde geſe U r o worden iſt: die Einweihung zweier von Ham n Wien Frankenthal gegoſſenen Glocken, für welche 5 opferwilligen Mitglieder und befreundeten Proſeſ ten die Summe von 1000 Mark aufgebracht hab Die Feier begann um 10 Uhr in unſerer mit; dächtigen gefüllten und zierlich geſchmückten Se ſtianuskirche. Das Hochamt hielt Herr Pia Bauer von Mannheim unter Aſſiſtenz des Profeſſor Dr. Watterich von Baden⸗Baden und z Pfarrer Pyszka von Carlsruhe. Nach dem E gelium nahm Pfarrer Rieks, umgeben von den nannten Geiſtlichen die Weihe der zwiſchen Nebenaltären aufgeſtellten, ſinnvoll bekränzten G vor und bediente ſich bei dieſem Akte des We berg'ſchen Formulars. Vor dem Weiheakte D die Gemeinde zwei Pſalmen geſungen und beſchſoß f enz vn die Weihe mit dem Liede: en!“ „1) Die Glocke die wir heute weih'n, Zu feſtlich ene] enen er ſtem Läuten, Auch ſie ſoll uns Ermunterung ſein, De Sahl“ Und bens Ernſt uns deuten; Sie ſei im ſchnellen Flug der dene. Im ſcampf mit Welt und Eitelkeit, Uns Mahnung nach Oben. Dem, der ſich nicht beſinnen mag, Den ganz die bindet, Verkünd' ihr ſtündlich reger Schlag: O Me das Leben ſchwindet. Sie ſpreche dem, der gern erf Und hilft und milde Gaben ſtreut, Vom Lohn bei di Vater! Sie mahne den, der trauernd naht, An ſeiues Lei Ende, Den Sünder auf dem irren Pfad, Daß er zu ſich wende; Sie töne Ruh ins wunde Herz Und Lind jedem bittern Schmerz; Sie wecke, ſtärke, kröſte!“ Die darauf folgende Predigt behandelte E de N. 3826 bor ſtadis: — der Augenblick war da, wo die „Vor⸗ nehmen“ zur Harmonie wallten — ja wallten, denn je wichtiger ſich ein im Amte Stehender fühlte, deſto langſamer ſchritt er mit Weib und Kind durch das ſcharfe Kreuzfeuer ſämmtlicher nicht harmoniefähiger Augen. Tiefe Stille herrſchte überall auf den Straßen — nur dann und wann ſchallte ein devotes: „Ganz unterthänigſter Diener! —“ oder ein herablaſſendes: „Guten Abend“ hinüber und herüber. Wer nicht zu den „Vornehmen“ gehörte, dennoch aber einen Anſatz von Selbſtgefühl beſaß, ſtand in ehrfurchts⸗ vollem Schweigen vor ſeiner Thür und grüßte die Vorübergehenden mit äußerſter Demuth — wer ſich aber durchaus nicht fühlte, der ſtand von ferne, tief im Hintergrunde ſeines ärmlichen Zimmers und wagte laum ſeine Augen aufzuſchlagen und die Pracht, die da draußen vorüberzog, anzuſchauen. Plattner wallte demnach in Begleitung des Unterſteueramts⸗Direktors und der Unterſteueramts⸗ Direktorin Punkt ſechs Uhr dem feſtlich dekorirten Neunionshauſe zu und ſpähte unterwegs forſchend umher, ob er nicht irgendwo die Geliebte am Fenſter gewahren könne. Die Wohnung des erſten Senators hatte er noch nicht auskundſchaften mögen. Dieſe Shpäherblicke mußte er jedoch ſehr verſtohlen verſen⸗ den, da ſein Oheim das Geſpräch nicht eine Sekunde ruhen ließ, ſondern bald Dies, bald Jenes zu be⸗ merken hatte. Hauptſächlich ſchärfte er dem Neffen wiederholt die Geſetze ein, und bat ihn flehentlich, hm heute Abend keine Schande zu machen. „S iſt gar bald geſchehen!“ ſeufzte er mit be⸗ kümmerter Miene, „mein leiblicher Bruder hat mich vor zwei Jahren erſt ganz erbärmlich ins Unglück geſtürzt. Sechsmal in fünf Minuten ſündigte er gegen die Titulatur, nannte Jedermann kurzweg Herr ſo und ſo — ſchnauzte den Kellner an, daß ich ſchon die Orfeige klatſchen zu hören meinte, und kramte ſeine durchaus abweichenden politiſchen Mei⸗ nungen fortwährend aus. Wenn ich an den Abend denke, wird mir's ganz farbig vor den Augen!“ „Um Dir Ehre zu machen, lieber Onkel,“ ver⸗ ſetzte Plattner mit feierlichem Ton, „werd' ich auf⸗ bieten, was mir von Goldſtädter Anſtandsregeln im Gedächtniſſe bleibt.“ Plattner hatte den redlichſten Willen von der Welt — auch war wirklich bereits eine gewiſſe Gold⸗ ſtädtiſche Feierlichkeit in ſeine Geſichtsmuskeln und Gliedermaßen gefahren — — aber was helfen guter Wille und vornehme Gebärden, wenn der Teufel ſein Spiel mit dem Menſcheu treibt! Die Unterſteueramts⸗Direktion mit dem hoffen⸗ den und ſpähenden Arzte hatte die Ehre, die Reihe der Kommenden zu eröffnen. Hocherfreut über die⸗ ſen glücklichen Zufall, poſtirten ſich Oheim und Neffe in eine Fenſtervertiefung, damit der Erſtere den Letz⸗ tern mit Namen, Stand und Titel der Eintreten⸗ den bekannt machen konne. Bald öffnete ſich die Thür, und herein trat ein wohlgenährtes, holdlächelndes, würdevolles Ehepaar in den beſten Jahren, ſelige Hoffnung in den klei⸗ nen, fettumquollnen Augen. ſer 6, 10— 17, damit die Bedeutung des en fed heiligenfeſtes wie die Bedeutung und Beſtimm an en 7 der Glocken verknüpfend. In dem Hochamt wo l. d. 0 die von Pfarrer Bauer kunſtvoll geſungene Pr egen i tion und Gloria von ergreifender Wirkung, . „Das iſt der wirkliche Geheime Kommerz 5 1 ratb Seligmann nebſt Frau!“ flüsterte der Unten d 9 ſteueramts⸗Direktor dem horchenden Neffen zu. n, nit d reicher Mann, ein vornehmer, einflußreicher Mang del, dh Schade, daß er nur „ſeine Leit“ liebt!“ thing Ji Und wieder oͤffnete ſich die Thür, und her 0 balancirte eine große, hopfenſtangenähnliche Fig Alten in pechſchwarzes Tuch gehüllt vom Nacken bis unh Ferſe, links und rechts hin grüßend und winke der als ob Tauſende ſeines Segens harrten. 6 „Das iſt der hochehrwürdige Diaconus Gas Blindmann,“ erklärte der Oheim weiter. I 9 —— heilig und demüthig — ein würdiger Mann!“ Iikar Plattner war ſo verſunken im Anſchau'n die 5 großen Mannes, daß er die beiden Geſtalten, 1 85 gleich nach dem Diaconus über die Schwelle ſcht bea, J ten, nicht gewahrte, und erſt auf einen gelin denn 0 Stoß des Unterſteueramts⸗Direktors die Augen Nag, 1 S Thür zuwandte. 80 g „Das iſt der Herr Senator Stolzer mit Fri . fn lein Emilie!“ raunte Wunderlich dem Neffen Punt, d der ſich beim Anblick der Eintretenden plötzlich verfbehlz ang 5 und in höchſter Verwirrung mit leiſer Stimme ausrf N79 bon 1 „Das iſt ja mein Bürgerwehrkommandank d id ltr 5 geſtern Abend!“ — „na, das wird eine rare Braſ be werberei abgrben! Ich will mich freuen, wenn i n 5 mit Ehren dieſe Wände hinter mir habe! — Efie] in, ung iſt für mich verloren — ja verloren, 15 i Wacht wer verloren!“ 655 lan (Fortſetzung folgt.) a 9