E Aus der Pfalz. In der Nacht von Sonntag auf Montag machte der in Großbockenheim in Arbeit ſtehende Schrei⸗ nergehilfe Martin aus Grünſtadt drei Selbſtmordverſuche. Zuerſt ſtürzte er ſich aus dem zweiten Stock in den Hof, wobei er ſich Verletzungen am Fuße zuzog, ſodann verſuchte er, an einer zum Strohſchneiden benützten Sichel ſich die Adern aufzuſchnei⸗ den und ſchließlich hängte er ſich auf, wobei der Strick riß. In bewußtloſem Zuſtande wurde er aufgefunden und nach Grünſtadt gebracht. a — Am 10. d. M. ereignete ſich in Bingerbrück ein beklagenswerther Unglücksfall. Zwei Kinder eines am Bahnkörper beſchäftigten Bademeiſters wurden, während ſie über die Geleiſe zu gehen verſuchten, von einem zu Thal kommenden Zuge er⸗ faßt und überfahren. Das eine blieb auf der Stelle todt, das andere erlitt ſehr ſchwere Verletzungen an beiden Beinen. E Ein Lehrer aus Oberſchaas bei Freiburg bemühte ſich um die Kirchenchulſtelle zu Wendiſch⸗Bohra. Bei einer Or⸗ gelprobe ertönen plötzlich ſchreckliche Mißklänge; man eilt aufs Cohr — und findet den Spieler vom Schlage gerührt vor. Trotz ſchleunigſt herbeigeholter ärztlicher Hilfe verſchied derſelbe, fern von Weib und Kind nach wenigen Stunden. Ein Knecht zu Keltſch bei Heilsberg hatte einem Kameraden mit Gewalt ein halbes Liter Schnaps einfiltrirt, dem er eine Menge Rauch- und Schnupftabak beigeſetzt hatte. Dieſe an Beſtialität ſtreiſende Rohheit hatte zur Folge, daß der Un⸗ glückliche an Alkohol⸗Vergiftung verſtarb. i — Der berüchtige und gefährlichſte Wilderer in Mittel⸗ franken, genannt der „ſchwarze Seff“, wurde am 1. d M. bei einer Streife, die von 6 Gendarmen und 3 berittenen Ula⸗ nen uach ihm angeſtellt worden war, in einem Kornacker nach heftigem Widerſtand erſchoſſen. Ein Gendarm wurde bei dieſer Gelegenheit durch ein Schrotſchuß veawundet. n — Zu Oſtende iſt ein bedeutendes Torf⸗ und Braun⸗ keohlenlager entdeckt worden, welches nebenbei ſehr bernſteinhaltig iſt. Es umfaßt einen Flächenraum von 40 Morgen und ſichert deine Ausbeute von 200,000 Raum⸗Meter Torf. Bezüglich der tiefer liegenden Braunkohle und des Bernſteins werden Borver⸗ ſuche angeſtellt. 5 — Dem ſtaatstreuen Probſte Kieck zu Kähme iſt am 5. d. Mts. von ultramontaner Seite ein Schabernak geſpielt wor⸗ den, der einem Bubenſtück gleicht. Probſteilandes ſind über Nacht-abgemähr Uf dfe Karköffeln aus der Erde herausgeriſſen worden. Der Thäter iſt noch nicht er⸗ griffen, doch wird vermuthet, daß derſelbe unter den fanatiſirten Parochianen zu ſuchen iſt. e — Der Menſch iſt doch all' ſein Lebtag Todtengräber, zu 12 Jahren begräbt er ſeine lachende Kindheit, zu 18 Jahren begräbt er ſeine roſige Jugend, zu 20 begräbt er ſeme erſte Liebe, zu 30 ſeinen Glauben an die Menſchheit, zu 40 begräbt er ſeine Hoffnungen, zu 50 begräbt er ſchon ſeine Wünſche, zu 60 begräbt er nach und nach ſeine fünf Sinne, das Hören, das Sehen u. ſ. f., und ſo gräbt der Menſch ſtets ein Grab, und denkt doch nie an den Tod, und jede Erinnerung an ſein Alter erſchreckt ihn. Das Opfer eines Despoten. (Fortſetzung aus Nr. 56.) Monate vergingen, ohne daß dieſe Liebe zum Geſtändniß kam, aber das ſüße Geheimniß flog doch von Aug' zu Auge. Sophie ſah in dem Umſtand, daß Angelo ſeinem Endymion die eigenen Züge gegeben, eine unzweideutige Anſpielung, der Kur⸗ fürſt dagegen hierin nichts Arges, ſo daß er darüber ſcherzte. Die Bilder Bellioli's erregten ſeine höchſte Bewunderung wegen ihrer Farbenglut, ihres unnachahmlichen Incarnats, ihrer Lü⸗ ſternheit. Angelo mußte das dritte malen: Apoll unter den Hirten, wie er dieſe durch ſein Saitenſpiel hinreißt. Unter die jungen Hirtinnen ſetzte er wiederum ein Bild Sophiens, als derjenigen, welche von den himmliſchen Tönen am tiefſten ergriffen, ent⸗ zückt, vergeiſtert iſt. Als der Kurfürſt das halbfertige Gemälde auf der Staffelei ſah, war er von dem edlen, geiſtigen und doch 3 ſinnlich erregten und leidenſchaftlichen Ausdruck in dem Köpfchen in eine Nachbarſtadt, und wußte es einzuleiten, daß ſeine Briefe Sämmtliche Erntefrüchte des “ der jungen irtin ſo hingeriſſen, daß Sophie ihm auch hiezu ſitzen mußte. Und eines Tages, als ſie ihm ſaß, als die beglei⸗ tende Freundin auf einige Minuten abberufen ward, ſprengte die lange perhaltene Leidenſchaft ihre Dämme und brach mit voller Gewalt hervor. Ohne Worte fanden ſich Maler und Mo⸗ dell in einer langen, glühenden verzückteu Umarmung, in feu⸗ rigem Kuſſe, worin ihre Seelen gleichſam in einander übergin⸗ gen. Briefe, heimliche Stelldichein folgten: die alte ichte von der verhängnißvollen Liebe, deren Glut mit den hg niſſen nur wächſt! Sophie vergaß ihren Stand, 1% Verhältniß zum Kurfürſten, ihre Entehrung. Die Liebe Angelo's ſchien ſie. zn adeln, zu ſühnen, loszuſprechen; ihr Gefühl war unendlich, allgewaltig. Sie ſtieß den Jurfürſten zurück, ſie bat ihn um Entlaſſung, ſie ſagte ihm, daß ſie ſich ihrer Stellung ſchäme; aber vergebens! der Lüſtling ließ ſie nicht los dieſer Kampf, dieſer Wiederſtand waren ihm etwas neues. Da vetabrebeten die Liebenden eine Entführung, eine Flucht, aber dleſe ward vereitelt, denn argwöhniſche Augen hatten das Verhältniß bemerkt und es dem Fürſten verrathen. War es Großmuth oder Schwäche, er ver⸗ gab Sophien unter der Bedingung, daß ſie ſich von Bellioli los⸗ ſage, der gefangen war und dem ſchwerer Kerker, wo nicht die Rache durch Kabinetsjuſtiz drohte. Um ihn zu retten, gelobte ſi ihm zu entſagen, und er ward des Landes verwieſen. Allein Anker einer Verkleidung, unter angenommenem Namen dberbarg er ſich zu Sophien gelangten. Von neuem kamen die Liebenden überein, ihr Heil in der Flucht zu ſuchen; aber Sophie ward zu genan bewacht. Da gerieth ſie in der Verblendung der Leidenſchaft auf den furchtbaren Gedanken, den Kurfürſten zu vergiften, und ſuchte ſich Gift zu verſchaffen. Allein der Apotheker, den fie beſtach, fürchtete die Verantwortung, denn er wähnte, balle ſich an ihrem eignen Leben vergreifen; er gab ihr daher nur ein ſtarkes Schlafpulbder, und ſie reichte dieſes eines Tages dem Kurfürſter in der Chokolade. Allein lei es. daß die Wirkung keine vollſtän⸗ dige war, daß dgs Opiat auf den zerrütteten Körper des L lings anders wirkte, — ſtakt Tod oder Schlaf erfolgte nur in Anfall von Tobſucht, von heftigen Delirien, der den ganze, Hof in Beſtürzung verſetzte. Man muthmaßte Vergiftung, und als man die Comteſſe Sophie bermißt, bezüchtigte man ſie des Attentats und verfolgte ſie gefliſſentlich. Sie ward eingeholt, ehe ſie noch die Grenze überſchritten hatte, zurückgebracht und eng bewacht. Der Kurfürſt war ſchon gerettet durch ſtarke Brechmittel und ähnliche Gewaltmaßregeln. Er konnte nicht an Sophiens Schuld glauben, ſelbſt als ſie ihm weinend zu Füßen ſtürzte und ihre Schuld geſtand. Da brachten die Feinde der Gräfin die Briefe und Papiere, die ſie mit auf die Flucht genommen hatte, — Briefe von Angelo, welche den ganzen Anſchlag verriethen, welche bewieſen, daß er ſchon ſeit Monaten ihre ganze Liebe be⸗ ſaß, und als ihr der Fürſt nun dieſes zum Vorwurf machen wollte, als er ſie des Undanks, des Verraths bezüchtigte, da er⸗ wachte in Sophien das Weib, und ſie rechnete. ſich die Liebe Angelo's zum Ruhme, ihr Dulden für ihn als Verdienſt an, und überhäufte den Fürſten mit der ganzen Wucht ihrer Ver⸗ achtung, ihres Haſſes. Dies verkehrte im Nu die ſinnliche Glut des Schwächlings in den bitterſten Haß. Der Gedanke, ſich von ihr getäuſcht zu ſehen, die ja im Grunde voch nichts anderes war als das Spiel⸗ zeug ſeiner Lüſte, das er über lurz oder lang doch weggeworfen haben würde, mochte ihm unerträglich ſein, und im erſten In⸗ grimme beſtellte er ein Scheingericht, um ſie wegen des verſuchten Giftmords zu verurtheilen. Der Wunß des n bevorzugten Nebenbuhler nicht in ſein. Gewalt be dieſer glück⸗ licherweiſe die Grenze nicht überſchritten ha dern Sophien jenſeits derſelben erwartete, ſollte ſie, die Verrätherin, zum Opfer