Eſcheint täglich mit Misnahme der Sonn⸗ und Miertage. — Bezugspreis monatlich 1.50 Mark mib Trägerlohn; durch die Poſt bezogen vierteljährlich 4.50 Mk., ohne Zuſtellungs⸗ gebühr. — Druck u. Verlag der Hof⸗ Buchdruckerei Karl Molitor Nachfolg. * Ludwig Nerlinger :: Ladenburg am Neckar. 9% %%% %%%, 2 1 Anzeiger für Vade 8 nburg, asblatt für den Amtsbezirk Mannheim. Amtliche Tages f ſchan. Der „L.⸗A.“ meldet aus Mitan, daß General von Eber⸗ bard, der Kommandeur der 20. Reichswehrbrigade, zum Nachfolger des abberufenen General von der Goltz ernaunt Wurde. Er hat den Beſehl, die Räumung des Baltikums durch die deutſchen Truppen zu Ende zu führen. Von einem etwaigen Wiederbeginn der Blockade, die nach einer „Temps“⸗Meldung nach dem 20. Oktober wieder begin⸗ nen ſollte, iſt an zuſtändiger Stelle nichts bekannt. Im Zuſammenhaug mit der Volksabſtimmung in Luxem⸗ burg hat die belgiſche Regierung ihren dortigen Vertreter abberufen. „Vaderland“ meldet aus Maaſtricht, daß im Zuſammen⸗ bang mit der in Brüſſel herrſchenden feindlichen Strömung die holländiſche Regierung Maßnahmen getroffen habe und alle Wege von Maaſtricht nach Belgien mit Poſten verſehen babe. Die Garniſon von Maaſtricht wurde auf Eysden zu⸗ ſammengezogen. In Pariſer Konferenzkreiſen verlautet, daß der Oberſte Nat an Italien oder Japau das Erſuchen richten werde, den Friedensvertrag ſofort zu ratifizieren, daß er in Geltung treten kann. Aus Paris kommt die Nachricht, daß die Führer des ita⸗ lieniſchen Heeres ſich d Annunzio zur Verfügung ſtellten, falls die Südſlawen einen Angriff auf Fiume unternähmen. Aus den dalmatiniſchen Küſtenſtädten werden Unruhen ge⸗ meldet. Ein italieniſcher Dampfer wurde bei Cattaro von den Serben beſchoſſen. Die däuiſchen Studenten haben ebenſo wie die ſchwedi⸗ ſchen und norwegiſchen die Einladung zu einer Studenten⸗ konferenz nach Straßburg abgelehnt, da die deutſchen Stu⸗ denten nicht eingeladen wurden 5 Es iſt höchſte Zeit. Dem „Stockacher Tageblatt“ entnehmen wir nachfolgen⸗ den Artitel, der in allen Punkten den Nagel auf den Kopf trifft. Nur wenn die in dieſem Artikel trotz aller Kürze mit großer Klarheit zuſammengefaßten Mahnungen von allen beherzigt werden, an die ſie gerichtet ſind, kann es ge⸗ lingen, noch in letzter Stunde namenloſes Unglück von un⸗ jerem ohnehin ſo ſchwer geprüften Volk und Vaterland ab⸗ zuwenden. Der Artikel lautet: Das Volk im allgemeinen hat an innerem Gehalt und fittlichen Werten durch den Krieg viel verloren. Die Ju⸗ gend iſt verwildert und verwahrloſt. Der Begriff von Mein und Dein iſt bei vielen verwiſcht. Der Sinn für Einfach⸗ Beit, Beſcheidenheit und Zufriedenheit iſt geſchwunden; an ſeine Stelle iſt vielerorts Putzſucht, Vergnügungstaumel, Tanz und Genußſucht getreten in einem Maße, daß aus⸗ ländiſche Zeitungen von Deutſchland als dem Paradies der Narren erzählen und unſere Feinde gar nicht einſehen wol⸗ len, warum ihre Friedensbedingungen für uns ſo hart ſeien. Die Rückſichtsloſigkeit gegen die Mitmenſchen feiert in nächt⸗ lichen Ruheſtörungen, in Gewalttaten und räuberiſchen Ueberfällen ihre bedenklichen Triumphe. Das deutſche Volk, vor dem Kriege als ein Kulturvolk erſten Ranges in der Welt hochgeachtet, verfällt immer mehr der Lächerlichkeit und Verachtung und büßt an moraliſchem und geldlichem Kredit am Auslande ein! Gegen eine ſolche Volkskrankheit helfen behördliche Vorſchriften nur wenig. Die Heilung muß von innen heraus kommen. Das Volk ſelbſt in allen ſeinen Schichten hat ſich eines Beſſeren zu beſinnen. Die Zügel⸗ Joſigkeit muß durch Selbſtbeſchränkung und Selbſtbeherr⸗ ſchung, der Eigennutz und die Selbſtſucht durch Selbſtentſa⸗ gung und Selbſtzucht abgelöſt werden. Dieſe Selbſtzucht müſſen vor allem auch die die einzelnen Erwerbs⸗ und Be⸗ rufsſtände üben und pflegen und ihre Gedanken fortan we⸗ niger dem eigenen Ich als vielmehr der Allgemeinheit zu⸗ wenden. Nur ein verbeſſerter Gemeinſinn bietet die Ge⸗ währ für die Wiedergeneſung des ſchwerkranken deutſchen Volkskörpers. Die Handarbeiter dürfen fernerhin ihre Ar⸗ . beitsleiſtungen nicht von fortgeſetzten Lohnerhöhungen ab⸗ hängig machen Arbeitseinſchränkungen und Streiks kann ſich auf die Dauer ein Volk, das ſich durch Warenausfuhr die erbeſſerung des Markkurſes und des Kredits im Ausland und damit die Vermehrung und Verbilligung der Lebens⸗ mitteleinfuhr erkämpfen ſoll, fürwahr nicht ſein! Auf an⸗ derem Wege aber haben wir vom Auslande nichts zu er⸗ warten. Die Hoffnungen der deutſchen Arbeiterſchaft auf die vordem ſo vielgeprieſene Solidarität der Internationale ind in leeres Nichts zerfloſſen. Die Bauern aber müſſen endlich einſehen, daß eine wei⸗ tere Erhöhung der Lebensmittelpreiſe einfach unmöglich iſt, denn ſie würde ohne weiteres vermehrte Lohn⸗ und Gehalts⸗ forderungen der Hand⸗ und Kopfarbeiter und eine zuneh⸗ mende Verteuerung der Induſtrieerzeugniſſe und der ſon⸗ igen Bedarfsartikel des täglichen Lebens zur Folge haben. ine Schraube ohne Endel Auch von allgemeiner Auf⸗ bebung der Zwangswirtſchaft kann jetzt noch keine Rede ſein. Der Verſuch mit dem Hafer iſt ſehr lehrreich! Wenn er ein Teit der Bauern ſogar jetz: anfängt, die hohen Daferpreiſe dadurch auszunützen, daß ſie den ganzen Hafer⸗ norrat reſtlos verkaufen und den billigeren Weizen in gendeiner Form an das Vieh verfüttern, ſo ſind ſie ſich des Verbrechens am Volke nicht bewußt. Denn wenn dieſer Frofitwucher in der Bauernſchaft weiter um ſich greift, ſind Wir in einigen Monaten mit dem Brotgetreide zu Ende und am Anfang einer entſetzlichen Hungersnot! Kommt noch agu, daß viele Bauern ihrer ſonſtigen Ablieferungspflicht nicht nachkommen und nur -hintenherum“ unter Ueberſchrei⸗ s Verkündigun ä — Beilage: wöchentlich ein vierſeiniges Illuſtriertes Sonntagsblatt Anzeigen: die einſpaltige Petitzeine oder deren Raum 35 Pfg. Reklamen 120 Pfg. Redaktion: L. Nerlinger, Ladenburg. Poſtſcheckkonto Nr. 4031 mt Karlsruhe. : Fernſprecher Nr. 15: Neeteeses be cc bee bee 00 90 3 8 — 50. Jahrgang Montag, den 6. Oktober 1910 teiligt ſind, ſo liegt offen zutage, warum ein kleiner Volks⸗ teil alles beſitzt, wonach Herz und Mund verlangt, während die Mehrzahl der Bevölkerung buchſtäblich ums tägliche Brot zu kämpfen hat. So kann das nicht weitergehen! Tritt nicht in allernächſter Zeit eine vermehrte freiwillige Lebens mittel⸗ abgabe zu gerechten Preiſen ein, ſo ſind Raubzüge aufs Land die unweigerliche Folge, und an ihnen werden dann ſolche Maſſen beteiligt ſein, daß es gegen ſie keine Abwehr gibt! Man verkenne nicht die Gefahr: es ſteht auf Spitz und Knopf! Die Landwirtſchaft hat während des Krieges ihre Schuldigkeit getan. Wohlan denn: Bleibe ſie ſich ihrer menſchlichen und chriſtlichen Pflichten auch in den nächſten Monaten bewußt, wo des Volkes Not größer denn je ſein wird! Wer behauptet, die Landwirtſchaft rentiere ſich nicht, weil ſie unter der allgemeinen Teuerung leidet, der ſpricht — daneben. Die Bauern haben ſich in den letzten Jahren großenteils ſchuldenfrei machen können, und die oft wahn⸗ ſinnigen Grundſtückskaufpreiſe beweiſen, daß bei dem Ge⸗ ſchäft immer noch etwas herauskommt. Schlimm daran ſind die Leute, die alles kaufen müſſen; dies ſind aber nicht die Bauern! In der Waldshuter Gegend haben die Bauern angeſichts der reichen Obſternte willig den Zentnerpreis auf 15—20 Mark herabgeſetzt. In der Bodenſeegegend beträgt er 25—40 Mark, und die Butter⸗ und Eierpreiſe ſind un⸗ erhört! Auch die Beamten und Augeſtellten im Stgats⸗ und Pri⸗ vatbetriebe müſſen ihren Gemeinſinn im Maßhalten bei ihren Gehaltsanſprüchen betätigen. Ihre Lage iſt allerdings Fielfach eine ſehr ungünſtige. Wenn ſte einerſeits mit den Handarbeitern die Notwendigkeit teilen, alles zum Leben Erforderliche kaufen zu müſſen, ſo ſind ſie andererſeits viel⸗ fach ſchlechter bezahlt als die ungelernten Fabrikarbeiter. Auch ſollte die Arbeiterſchaft niemals vergeſſen, daß die ver⸗ hältnismäßig glatte Einführung des demokratiſchen Staats⸗ betriebs hauptſächlich dem treuen Ausharren der Beamten auf ihren Dienſtpoſten zu verdanken iſt. Die Pflicht der Kaufleute und Gewerbetreibenden aller Art gegenüber der Allgemeinhett iſt die gleichmäßig geord⸗ nete Vermittlung des Güteraustauſches und der Erzeugniſſe aus Handwerk, Induſtrie und Landwirtſchaft. Zurückhal⸗ tung von Waren aus grenzenloſem Eigennutz, partetiſche Belieferung der Verbraucher, künſtliche Hemmung des Wa⸗ renumſatzes zur Erzielung höherer Preiſe, Verdeckung ſchlechter Warenqualität durch auf Täuſchung berechnete Packungen u. a. müſſen dem Geſchäftsmann unbekannte Ge⸗ pflogenheiten ſein, der ſich auch fernerhin der Achtung ſeiner Mitbürger erfreuen und einen treuen Kundenſtamm erhal⸗ ten will. Gewiſſe Vorkommniſſe werden hoffentlich ein für allemal der Vergangenheit ſchon deshalb angehören, weil ihre Wiederholung die ſchlimmſten Folgen zeitigen müßte. Von Regierungsſeite follte aber auch alles unterbleiben, was die Geſchäftsfreude der Gewerbetreibenden und ihre frohe Mitarbeit am Wiederaufbau der Volkswirtſchaft beein⸗ trächtigt. Darum wäre die Aufhebung der Verordnung über den völligen Sonntags⸗Ladenſchluß ein Gebot der Klugheit, ſofern nur dabei den kaufmänniſchen Angeſtellten der durch jene Verordnung erſtrebte ſoziale Schutz ander⸗ weitig geſichert bleibt. Einen durchgreifenden Schutz erwartet aber jetzt endlich die Allgemeinheit von der Regierung vor allem gegen das geradezu verbrecheriſche Treiben der Schleichhändler, Schie⸗ ber und Wucherer. Sie ſind das Krebsgeſchwür am wunden Volkskörper, gegen das die bisher angewandten Heilmittel unzulänglich und zu milde waren. Sie üben ihr dunkles, gemeingefährliches Gewerbe nachgerade mit einer Frechheit aus, die ans Unglaubliche grenzt. Und wenn je einmal ſo ein Gutedel erwiſcht wird, ſo erlegt er die Geldſtrafe mit lächelnder Miene, weil er weiß, daß er das Hundertfache vorher eingeſteckt hat und das Vielfache der Geldſtrafe in der nächſten Schiebernacht im Handumdrehen von neuem „verdienen“ wird. Während noch im Vorjahr eine kleinliche Häfeles⸗ und Päcklesguckerei in Uebung war, verſtauen jetzt die Schleichhändler und Schieber ihre vollgepfropften Ruck⸗ ſäcke und Kiſten ganz offen im Eiſenbahnabteil und Güter⸗ wagen. Des Nachts aber wird das Weißmehl auf Hand⸗ karren „verſchoben“ und manches Stück Vieh auf heimlichen Wegen „verſtellt“ und Dutzende von Kälbern oder Schwei⸗ nen dem „ſchwarzen Tod“ überliefert. Käme das Weißmehl, das in gewiſſen Mühlen zu 2 Mark das Pfund verkauft wird, zum Verbacken bei den Bäckern, und würde alles Brotgetreide für Selbſtverſorgeß und Verbraucher gleich⸗ mäßig ausgemahlen, dann köunte das Stadtbrot nicht ſo ſchwarz und ſchlecht ſein. Und würde die Stallkontrolle ſtlcager als gisher dgarchgeführt und jeder Bauer des Verbleibs eines ſpurlos verſchoundenen Stück oder Schweines unnachſichtlich zur Rechenſchaft gezogen, dann bliebe manche Tierhaut im Inlande, anſtatt zur Nachtzeit über den Rhein in die Schweiz oder ins jetzt franzöſiſche Elſaß geſchmuggelt zu werden, weil dort der Franken das Vielfache der deutſchen Mark wert iſt. (Nebenbei geſagt, ſoll es auch vorkommen, daß gewiſſenloſe Schieber Brotgetreide ins Ausland verkaufen. Die Schufte) die ſolches ſchwere Verbreuen an ihrem eigenen, allen Schrecken des Hungers ausgeſetzten Volke begehen, ſollten ohne weiteres aufgehängt werden!) Woher nimmt der Bauer das Recht, über die hohen Leder- und Schuhpreiſe zu klagen, wenn er ſelbſt den Däute⸗ und Lederwucherern Helfersdienſte leiſtet? Der Schwindel und der Volksbetrug, deſſen ſich die Schleichhönd⸗ ler, Schieber und Wucherer ſchuldig machen, muß jetzt endlich energiſch unterbunden werden. Die Schmarotzer und Blut⸗ ſauger am Volkskörper müſſen erbarmungslos mit Gefäng⸗ nis und Zuchthaus beſtraft und ihre Namen in einer Schand⸗ tafel öffentlich in den Zeitungen bekanntgegeben werden. Geſchieht dies nicht ud macht ſich Eigennutz und Profitgier auch weiterhin zum & zaden weiterer Volkskreiſe breit, dann erleben wir entſetzliche Zuſtände, noch bevor das Jahr zu wegen Viehs Ende iſt! An der Reaieruna iſt es. ſie mit allen ihr zu Ge⸗ tung der Höchſtpreiſe an Schleichhändler und Schieber ab⸗ geben und nebenbei auch an vielen Schwarzſchlachtungen be⸗ — bote ſtehenden oder zn ſchäffenden Machtmittern zu verhüten Es ist höchſte Zeit! Deutſchland. , Die offizielle Bekanntgabe der Ernennungen. W. T. B. Berlin, 3. Okt. Auf Vorſchlag des Reichskanz⸗ lers hat der Reichspräſident auf Grund des Artikels 53 der Verfaſſung den Abg. Reichsminiſter a. D. Schiſſer zum Reichsminiſter der Juſtiz, den Abg. Oberbürgermeiſter Koch⸗ Kaſſel zum Reichsminiſter des Innern berufen, und Min ſter Schiffer zugleich mit der Vertretung des Reichskan lers betraut. Die Beſetzung des neuzubildenden Miniſt riums für Wiederaufbau wird voraus ſichtlich ſchon in deu allernächſten Tagen erfolgen. Dr. David wird der Reichs⸗ regierung als Miniſter ohne Portefeuille angehören. W. T. B. Berlin, 3. Okt. Wie man ſoeben erfährt, ſcheint Herr Koch noch nicht ganz auf den Miniſterpoſten verzicht zu haben. Die neueſte Verſion geht dahin, daß er nach D ſeldorf vor allem deswegen gefahren iſt, um mit der dor gen Stadtverwaltung, die ihn ſoeben erſt zu ihrem Ober⸗ bürgermeiſter gewählt hat, ſich zu beſprechen. Die demo⸗ kratiſche Fraktion wird, wie wir hören, zuerſt den Beſcheid des Oberbürgermeiſters Koch abwarten, bevor ſie weiter zu den Perſonalfragen Stellung nimmt. i Die Beſetzung des Auswärtigen Dienſtes. Berlin, 4. Okt. Die Beſetzung der diplomatiſchen u. han⸗ delspolitiſchen Stellen des auswärtigen Dienſtes iſt abhän⸗ gig von der Ratifizierung des Friedens vertrages. Es wer⸗ den etwa 60 wichtigere Poſten zu beſetzen ſein. Hierfür ſind bereits Vorbereitungen getroffen; die Liſte der zu Botſchaf⸗ tern und Geſandten neu in Ausſicht genommenen Perſön⸗ lichkeiten ſteht, wie zuverläſſig verlautet, im weſentlichen feſt. Auch für dieſe Stellen hat ſich, wie bei den höheren Poſten des Staatsdienſtes, ein ſtarker Wettbewerb ergeben. Auch nach Inkrafttreten des Friedensvertrages wird die endgül⸗ tige Beſetzung nicht ſofort erfolgen können, da nach diplo⸗ matiſchem Brauch bei jeder Stelle erſt die Erklärung der beteiligten Regierung abzuwarten ſein wird, ob die in Aus⸗ ſicht genommene Perſönlichkeit „genehm“ iſt oder nicht. Deutſche Nationalverſammlung. Berlin, 3. Okt. Am Regierungstiſch die Miniſter Erz⸗ berger, Dr. Bell. J Eröffnung der Sitzung 1.20 Uhr nachmittags. 1 Zur Interpellation des Abg. Dr. Heintze (D. V.) und Gen. über 1 Zahlung der Einfuhrzölle in Gold. i erklärte 3 Reichsminiſter Erzberger, daß Verhandlungen mit den Alliierten ſchwebten, die in Kürze wieder aufgenommen würden. Vorher könne er keine Erklärungen abgeben. Es folgt die Fortſetzung der Beratung des Geſetzentwur⸗ fes über das Arbeitsentgelt der Empfänger von Militärverſorgungs⸗ gebührniſſen. 8 Abg. Könen (U. S.]: Der Dank des Vaterlandes für die Kriegsbeſchädigten ſei nicht weit her. Auch für die Zivil⸗ invalidenrentner, beſonders die Knappſchaftsrentner, müſſe mehr geſchehen. . 5 ö Der Geſetzentwurf geht an den ſozialen Ausſchuß. 5 Es folgt die Interpellation Wachhorſt de Wente wege Bewilligung weiterer Mittel zur 5 . Errichtung von Kleinwohnungen. Abg. Wachhorſt de Wente (Dem.) begründet die Inter pellation, die beſonders auch Kleinwohnungen auf dem pl ten Lande unter Bereitſtellung von Reichsmitteln forde benſo Mittel zur Errichtung von Wohnungen im beſetzten Gebiete, in den Großſtädten und den Induſtrieſtädten, evtl! von Baracken. f Reichsminiſter Schlicke: Die Regierung fordert 150 Mill. Marr über den bereits bewilligten Betrag von 500 Millionen hinaus. Dieſe 150 Millionen reichen aber nicht aus. Aus Preußen, Baden und Heſſen liegen zahlreiche weitere An⸗ träge auf Bauunterſtützung vor, die berechitgt find. ES wird zurzeit unterſucht, wie auf anderem Wege geholfen werden kann. Es ſind Schritte getan, um die praktiſche Durchführbarkeit von Lehmbauten zu prüfen. 4 Abg. Gölzer (Soz.): Der Privatmann kann heute über⸗ haupt nicht mehr bauen, ſondern nur große Verbände, Ge⸗ meinden, Siedelungsgeſellſchaften. Aber auch dieſen fehlen der Zement und die Ziegel. Darum muß man zum Holabau übergehen. 5 ö Abg. Schirmer (Ztr.): Die Kleinwohnungsfrage iſt in erſter Linie eine Arbeitsfrage. Solange geſtreikt wird, kom⸗ men wir nicht aus dem Wohnungselend heraus. ö Abg. Dr. Mumm (D. N.) tritt für Förderung der W ſiedelungsgeſellſchaften ein. Unterſtaatsſekretär Scheidt: Der Geſchäftsgang in Frage der Bewilligung von Zuſchüſſen hat Verzögern erlitten, nicht aus bürokratiſchen Rückſichten, ſoudern wege Mangel an Mitteln. Insbeſondere hat der preußiſche Fi nanzminiſter Bedenken, die inzwiſchen behoben ſind. Es wi alles geſchehen, was menſchenmöglich iſt, um das deutſch Wohungsweſen zu fördern und die Schwierigkeiten aus de Wege zu räumen. In Preußen iſt eine neue Bauordnung geſchaffen worden, die den Beifall der Sachverſtändigen fin⸗ det. Die Mietskaſernen müſſen ausgeſchaltet werden. Die Flachbauten mit Garten müſſen gefördert werden. Se erwünſcht wäre ein ſtändiger Wohnungsausſchuß bei de Nationalverſammlung. 1 Abg. Henke (U. S.]: Es fehlt die Sozialiſterung des nungsweſens. Die Arbeiter würden von dem Grundbe ausgebeutet. Ungehenere Summen ſeien vergeudet worden