n S „ andere hakte tieferen Eindruck auf den jungen Gerichtsbeamte gemacht, freilich hatte er kein Glück und, man wußte zwar in Schwanbach nichts Genaues, aber Martha vermutete es, als er nach längerer Werbung die entſcheidende Frage wagte und abgewieſen wurde, da ließ er ſich Kopf über Hals verſetzen. Wieder hatten Großmeiſters Glück. Der neue Arzt nahm bei ihnen Woh⸗ nung und er gefiel Martha womöglich noch beſſer als ſein Vorgänger; aber, wie ſie mit wachſender Erbitterung feſt⸗ ſtellen mußte, verfingen ihre Reize bei dem jungen Doktor nicht. Obwohl ſie ſich alle Mühe gab, zu gefallen und ſich im beſten Lichte zu zeigen. Weib tieferen Eindruck aus ihn gemacht. So war es denn am beſten, dem Zögern und Zaudern bald ein Ende zu machen Das Schichal hatte ihn ja weich gebettet und es war 29 in ein Grund vorhanden, unzu— frieden zu ſein. Während Hans Reichmann mit die⸗ ſen Gedanken beſchäftigt, nachdenklich den Rauchwölkchen ſeiner Zigarre nach⸗ ah, hörte er plötzlich unten im Garten eine helle Stimme. „Guten Abend, Herr Doktor! Auch noch wach? Eine prachtvolle Nacht heute. Kommen Sie nicht auch noch ein we⸗ nig herunter?“ . Um seinen großen Fliederſtrauch, der 2 lloch lein an der Biegung eines Gartenweges Hans Reichmann aber zog ſich nun ſtand, war eine hellgekleidete Geſtalt ſchnell ins Zimmer zurück, nachdem er getreten. die Fenſter geſchloſſen hatte. Abſicht und wird „Man merkt die 8 war ein altes, wahres Martha Großmeiſter, die Tochter des Bäckermeiſters, wär eine hohe, verſtimmt.“ Das ſchlanke Erſcheinung, nicht mehr ganz Wort. Martha Großmeiſters Gefall⸗ jung, aber immer noch hübſch, eines der füchtigkeit, ihre faſt zudringliche Lie⸗ ſchönſten Mädchen von Schwanbach. Sie benswürdigkeit mißfielen ihm im höch⸗ wußte es aber auch und bildete ſich nicht ſten Grade. So ſehr ſeinem Auge (vom wenig ein. Ihre Eltern hatten ihr eine äſthetiſchen Standpunkte) das Mädchen feine Erziehung geben laſſen. Sie war gefiele, ſo ſehr ſtieß ihn ihr Gebaren ab. in verſchiedenen Inſtituten des In⸗ und So ſehr, daß er ſchon mehrmals den Auslandes geweſen, hatte gelernt, Muſik Gedanken bei ſich erwogen hatte, ſich zu machen, Engliſch und Franzöſiſch zu eine andere Wohnung zu ſuchen. ſprechen, verſtand dagegen nichts von Während Hans Reichmann am der Führung eines Haushaltes und war Schreibtiſche ſaß, noch einige Eintra⸗ aus den Verhältniſſen, denen ſie ent⸗ gungen machte und ein paar Briefe durchlas, ertönte plötzlich Raſch betrat er das das gegen und Karten ſeine Nachtglocke. 9 nebenanliegende Zimmer, ſtammte und die ſie nach ihrer Heim⸗ 5 kehr natürlich wieder vorgefunden hatte, hingusgewachſen, ohne aber in jenen eit Briefwechfelecke in Berlin. (Mit Text.) Keeiſen Eintritt zu finden, in denen ſie ihrer Bildung nach wohl. die Straße lag, und beugte ſich aus dem Fenſter. verkehren hätte können. Daher langweilte ſie ſich in Schwan⸗ „Was iſt los?“ 5 bach gräßlich und wartete mit Ungeduld auf den Mann, der ſie Ein älterer Mann, der den Eindruck eines herrſchaftlichen bon dieser Langeweile befreien sollte. Auf ihre Veranlaſſung Dieners machte, ſtand mit ſeinem Fahrrade unten und ant⸗ bermfetsten die Eltern ſeit zwei Jahren die beſten Zimmer im wortete auf die Frage des Arztes: „Herr Doktor möchten ſofort, erſten Stocke an junge Herren beſſeren Standes und Hans Reich⸗ bitte, zum Herrn Oberſten Parth kommen. Der Herr Oberſt wann war der zweite Mieter nachdem der erſte, ein junger iſt plötzlich ſehr unwohl geworden.“ e Gerichtsbeamter, ſich plötzlich verſetzen hatte laſſen. HOHOberſt Parth! Wo wohnt der Herr Oberſt?“ Als Haus Reichmann Martha Großmeiſters Stimme ver., Draußen im Freienfeld. Villa Elfriede.“ Rahm, da machte er unwillkürlich eine Bewegung, tiefer ins „Ah, jetzt weiß ich ſchon. Ich komme gleich.“ a Zimmer zurückzutreten; jedoch Augen hatten ihn ſchon erblickt. 5 Er beugte ſich da⸗ der Stadt fuhr und den Weg gegen das Schwanbacher Villen⸗ ſeinem Zweirade aus * es war zu ſpät, Marthas ſcharfe Während Hans Reichmann auf her aus dem Fenſter viertel Freienfeld ein⸗ und entgegnete „Gu⸗ ſchlug, dachte er da⸗ ten Abend, Fräulein rüber nach, was er Martha! zeihen Sie gütigſt, über ſeinen neueſten Patienten bereits ge⸗ hört hatte. Oberſt Parth, ein ſchon älterer Herr, war bereits im Ruhe⸗ ſtande und lebte ſeit einigen Jahren hier in Schwanbach, wo er ſich die Villa El⸗ garre noch zu Ende rauchen jetzt aber geht es ins Bett, morgen will ich um ſechs Uhr früh ſchon in Nußberg draußen ſein.“ „Nun, dann nur f 1 Mo 8 a e 5 i friede, ſo genannt nig ee e nach ſeiner Tochter, — 1 „ 2 N : gebaut hatte. Das Gute Nacht!“ rief das Mädchen lachend, aber das Lachen klang ſpöt⸗ tiſch und in der Stim⸗ me war ein etwas ge reizter Ton. Ohne Hans Reich manns Gutenacht ab⸗ zuwarten, trat ſie wie⸗ der hinter die Sträu⸗ cher zurück. Sie war wirklich ſchon erbittert. Ihre Hoffnungen auf die neee ſich ja gewiſſermaßen erfüllt. Gleich der erſte war ein ge ildetec, ſunger Mann aus guter Familie geweſen und eine Zeitlang hatte es geſchienen, als ob er an ihr Gefallen fände dann war plötzlich und jäh der Umſchwung gekommen. Eine Landhaus lag von den anderen ziemlich ent⸗ fernt und war mitten i große Grund⸗ in das ſtück geſtellt, das zum Hauſe gehörte, und auf allen vier Seiten mit einer übermanns⸗ hohen Mauer einge— ſchloſſen war. Der Oberſt lebte mit Frau und Toch— ter ſehr zurückgezogen; vor allem hatte die Familie in Schwanbach ſeinerzeit nur ein paar Höflichkeitsbeſuche gemacht und dann keinen wpeiteren Verkehr angebahnt und gepflogen. Nur einige wenige aus⸗ erleſene Perſonen waren dann und wann in der Villa Elfriede 50 2 05 5 1 * — ' — * 2. 5 ung der Wafferwege gegen den Schleichhandel. (Mit Aeſchlagnahmte Schleichhandelsware w rd auf enn Boot der Waſſerſt Text.) Photo-Co.] vorwitziger Fal⸗ wegen Krankheit A 1 4. zu Gute. Einige dason d 4e Hans Melchaa end den wußte er, daß das habſche Landhaus von drei hochgebildeten, liebenswürdigen Menſchen bewohnt wurde, die wegen der ſeit Jahren währenden Kränklichkeit der Frau Oberſt ſo ein files, beſchauliches Leben führten. Man hakte ihm auch von Elfriede Parth, von ihrer Herzens⸗ und Geiſtesbildung, ſowie von ihrer außergewöhnlichen Schönheit ein hohes Lied geſungen. Auch davon erzählt, daß das ſchöne Mädchen ſchon einige Bewerber abgewieſen und daß auch ſein Zimmervorgänger bei Großmeiſters ſich in der Villa 3 5 5 Elfriede, wie ein ter am offenen Lichte, die Flügel verſengt hätte. Geſehen hatte Hans Reichmann Elfriede Parth noch nie ſie muß⸗ te äußerſt wenig in die Stadt her⸗ einkommen. Er war daher eini⸗ germaßen ge⸗ ſpannt, ſie ken⸗ nen zu lernen. Freilich ſchien es zweifelhaft, ob er ſie beim heu⸗ tigen nächtlichen Beſuche zu Ge⸗ ſicht bekäme, und ebenſo zweifel⸗ haft war es, ob dem einen ärzt⸗ lichen Beſuche noch mehrere fol⸗ gen würden. Nach kurzer Fahrt hatte er das Landhaus des Oberſten erreicht. Der Diener war vor ihm an⸗ gekommen und wartete beim Gartentore. Nebeneinander ſchoben ſie nun die Räder über den mit feinem Kieſe beſtreuten Gartenweg dem Hauſe zu; da⸗ bei fragte Hans Reichmann: „Iſt der Herr Oberſt ſchon län⸗ ger kränklich?“ „Nein, Herr Doktor. Der Herr Oberſt iſt oder war bis heute abend ein kern⸗ geſunder Mann. Er iſt auch nicht in Penſion ge⸗ gangen; ein Zu⸗ — ſammenſtoß mit 1 ſeinem Diviſions⸗ 3 kommandeur, der von militäriſchen Dingen nicht halb ſoviel verſtand wie unſer Herr Oberſt, bei einem Manöver war die Urſache. Gehen mußte aber der Herr Oberſt und nicht die Ex⸗ zellenz. Heute nach dem Nachtmahle fühlte ſich der Herr Oberſt nicht wohl und begab ſich gegen ſeine Gewohnheit früh zu Bette. Kurz nach elf wurde ich von dem gnädigen Fräulein geweckt und zu Ihnen geſandt. Der Herr Oberſt hatte einen Ohnmachts⸗ anfall erlitten. Hoffentlich iſt es nichts Schlimmes.“ 5 Sie hatten das hübſche, im deutſchen Landhausſtile erbaute Gebäude erreicht; der Diener ſchloß die Türe auß, verſorgte die Räder und führte den Arzt die Treppe hinauf. Auf dem Flur f 5 Studientopf. Nach einem Paſtell von Tito Con ti. 0 8 . S. 5 de eee Stodes, det soin gtenttiſchen ae geil eticuchte! war, wurden ſie von der Tochter des Hauſes erwartet. 5 Nie mehr in ſeinem Leben vergaß Hans Reichmann jenen Augenblick, in dem er Elfriede Parth zum erſten Male gegen⸗ überſtand. In ſchlichtem, aber um ſo vornehmer wirkendem Hauskleide ſtand die hohe, ſchlanke Geſtalt dort in dem breiten Gange und die herrlichen, tiefblauen Augen richteten ſich voll banger Erwartung auf den jungen Arzt, der dem geliebten Vater helfen ſollte. Der Ausdruck von Angſt und Sorge in dem anmut⸗ g i 1 2 5 vollen Geſichte des etwa zwan⸗ zigjährigen Mäd⸗ chens war ſo rüh⸗ rend, daß Hans Reichmann mit tiefer Verbeu⸗ gung auf Elfriede zu trat und ſprach: „Mein gnädiges Fräulein, Sie ha⸗ ben mich rufen laſſen, da bin ich. Geht es dem Herrn Oberſt beſ⸗ ſer? Es wird ſich hoffentlich nur um ein vorüber⸗ gehendes Un⸗ wohlſem han⸗ deln.“ „Vielen Dank, Herr Doktor, daß ſo ſchnell gekommen ſind. Mama und ich ſind in fürchter⸗ licher Sorge und Unruhe. Papa hat noch niemals etwas gefehlt.“ „Wie alt iſt der Herr Oberſt ?“ „Im zweiund⸗ ſechzigſten.“ „Und war noch ar nie ernſtlich rank?“ f „Noch niemals. Kaumeinmal un⸗ wohl.“ f „Nun, dann wird es ſicher nicht ſo ſchlimm ſein. Hat der Menſch einmal die Sechzig hin⸗ ter ſich, dann kön⸗ nen ſolche, im großen und gan⸗ zen nichtsſagende Störungen ſchon ab und zu ein⸗ treten.“ Hans Reich⸗ mann ſprach in dieſem Augen⸗ blicke mehr als 1 80 notwendig und ſtellte noch ver⸗ ſchiedene Fragen, nur um die erſte Elfriede Paärth ſprechen, ihre klangvolle Stimme hören zu können, voll auszunützen. . Elfriede führte dann den Arzt in das Wohnzimmer und von da in das Schlafzimmer ihres Vaters, wo den beiden Frau Oberſt th entgegentrat. i ö f e Reich nian verbeugte ſich abermals und nannte einen Namen. Frau Oberſt Parth war eine ſchmächtige, ältere Dame, der man an dem blaſſen, ſchmalen Geſichte längere Kränklichkeit anſah; ſonſt freilich trugen ihre Züge noch unverkennbare Spuren einſtiger Schönheit. Dieſe hatte Elfriede von der Mutter, vom Gelegenheit, mit Vater aber die hohe, ſchlanke Geſtalt geerbt. (portlezung ſolgt.