8 8 2 8 f 6 ü a Betriebsjahres 1919/20 mer Verordnung über während des Betriel r 0 3 Abweichungen vom Geſetz über das Brannt- wein monopol zu. Zum Entwurf etner Berordnung über den Verkehr mit Zucker 2 55 d ialdirektor Schlehhaupt. daß ni viel Zucker⸗ r ſeien wie im letzten Friedenswirtſchaftsjahr. Sitzungsbericht. g 98. Sept. Eröffnung der Sitzung um 3 3 e wünſcht der Nationalverſammlung einen geſegneten Einzug in ihr Berliner Heim. Er 18555 ſodann des verſtorbenen Abg. Dr Naumann, der ebenſo her⸗ vorragend als Menſch, wie als Parlamentarier geweſen ſei. Das Haus hatte ſich von den Sitzen erhoben. Auf der Tagesordnung ſtehen zunächſt Anfragen. Auf eine Anfrage Hilſing (Str.] betr. die Unterſtützung der Flüchtlinge aus Elſaß⸗Lothringen antwortet ein Regie⸗ rungsvertreter, daß durch Bereitſtellung von Reichsmitteln durch das Rote Kreuz und durch Erleichterung der Befug⸗ n Darlehenskaſſen in dieſer Richtung alles Mögliche geſcheh 20. Löbe (Soz.) fragt an, ob die Regierung das Vor⸗ gehen des Volksbundes in Sachen der Kriegsgefangenen bil⸗ ige, und ob regierungsſeits Aeußerungen dahin gefallen eien, daß wir Kriegsgefangene nicht brauchen können. Regierungskommiſſar Stücklen erklärt, das unqualifizier⸗ bare Vorgehen des Volksbundes hat der engliſchen Regie⸗ rung erſt das Material geſchafft, das dieſe gegen unſere Kelegsgefaugenen ausgeſpielt habe. Reichskanzler Bauer babe niemals eine Aeußerung dahin getan, daß kein Gelb für Ueberläufer vorhanden ſei. Die Regierung ſei beſtrebt, alles zu tun, um zu verhüten, daß die Gefangenenfrage zu politiſchen Zwecken mißbraucht werde. Es gereiche ihm zur Genugtuung, daß die Heimtransporte der Kriegsgefangenen 19 bisher glatt abwickelten. Die Kriegsgefangenen haben ch dankbar und erfreut gezeigt, daß ſie in ſo herzlicher eiſe von der Heimat willkommen geheißen werden. Es folgt die erſte Beratung des Geſetzentwurfes beir. die vorläufige Regelung des Reichshaushalts für 1919. Der Notetat wird in allen drei Leſungen erledigt und angenommen. 5 N Es folgt die erſte Beratung des Geſetzentwurfes über die durch innere Unruhen verurſachten Schäden. Abg. Heymann (Soz.): Jede Haftung lokaler Gemeinden für die Schäden aus Unruhen müßte ausgeſchloſſen ſein. Das Reich allein iſt zuſtändig. Rechtlich iſt auch die Abwäl⸗ zung von einem Drittel der Haftung auf die Gemeinden unhaltbar. Die Zehntauſende von Feſtſtellungsklagen wür⸗ den dann auch wegfallen und damit viel Koſten und Arbeit beantrage Ueberweiſung an den Hauptausſchuß. Abg. Aſtor (Str.): Das Gefetz iſt notwendig. Wir können den Grundgedanken des Geſetzes nicht billigen, daß die Re⸗ volutionsſchäden auf gleicher Grundlage wie die Kriegs⸗ ſchäden behandelt werden ſollen. Ich beantrage Ueberwei⸗ fung an eine beſondere Kommiſſion von 28 Mitgliedern. Abg. Beerwald (Dem.): Das Geſetz fetzt geradezu eine Prämie auf die Plünderungen. Vielleicht kann man auch die Veranſtalter der Unruhen zu den Eutſchädigungen he⸗ ranziehen. Ich beantrage Ueberweiſung an eine Kommiſ⸗ ſion von 21 Mitgliedern. Unterſtaatsſekretär Lewald: Die Unruhen werden aller⸗ dings in den meiſten Fällen von Mitgliedern der Gemein⸗ den, nicht von Fremden erregt. Deshalb iſt die Gemeinde verantwortlich. Gerade wenn die Schäden vom Reiche voll erſetzt werden würden, dann wäre dies eine Prämie auf die Plünderungen. Es muß bedacht werden, daß wir vielleicht Roch nicht am Ende der Tumulte ſtehen. Alſo iſt es unmög⸗ lich, daß das Reich die Schäden in ihrem ganzen Umfange erſetzt. Abg. Warmuth (D.⸗N.): Die Haftpflicht der Gemeinden kann nicht ganz ausgeſchaltet werden, zumal die Schäden nicht nur durch die Tumultanten, ſondern auch bei der Ab⸗ wehr verurſacht wurden. Um 6 Uhr vertagt das Haus die Weiterberatung auf 8 8 1 Uhr, außerdem Interpellation Heinze (Valuta⸗ rage). Eiſenbahnerſtreik in England. Die Streiklage in England. T.Uu. London, 1. Okt. Die Regierung veröffentlicht ein Kommunique, in dem zum Ausdruck kommt, daß die Streik⸗ lage im weſentlichen unverändert iſt. Es verkehren nur noch wenige Züge. Viele Freiwillige haben ſich der Regierung zur Dienſtleiſtung zur Verfügung geſtellt. W. T. B. Amſterdam, 390. Sept. Das Preſſebüro Radio meldet, daß eine Anzahl von Lokomotivfübrern auf der Süd⸗ Im Hauſe Dettinger. Elne Schweizer Famillengeſchichte von Heinrich Köhler. (Nachdruck verboten. Die Sonne ſchien zwar recht heiß hernieder, aber Weg, der im Tale hinlief, war von großen Bäumen beſchattet. Später wurde die Straße hügelig, und der Wagen kam nur langſam vorwärts. Deſto reizvoller und abwechslungsreicher aber wurde die Landſchaft, die oft von großen Felspartien unterbrochen war, aus denen hier und da kriſtallhelles Waſſer hervorſickerte. Verſchiedene Male fuhr der Wagen über eine Brücke, die über einen Waldbach führte, und bei einer Biegung des Weges konnte man die Ausläufer einer tiefen dunklen Schlucht entdecken. Gertrud, die nach der langen Zeit im Krankenzimmer doppelt empfänglich für die Reize der Natur war, ſtieß einen Freudenruf zus, als ſie die Berge, die blumenbewachſenen Wieſen, te ganze im Frühlingsſchimmer vor ihr ausgebreitete Landſchaft ſah. Und Fritz fühlte ſich hochbeglückt, daß ine Frau ſich der ſchönen Natur freute, daß ihre leichen Wangen ſich etwas röteten und ihre Augen Frahlten. deln dne näher man dem Weinbergshäuschen tam. ſto ſtitler wurde Gertrud. Der Rückfall, den ſie 1 fürchtet hatte, ſtellte ſich wirklich ein. So ehrlich ie auch gekämpft hatte, ſie beſaß eben das Gefühl ner Frau und empfand in dieſem Augenblick, daß 3 noch nicht 8 Pelte über die Vergangenheit gewor⸗ en 3 Ihre Heiterkeit verſchwand, und ihr Blick wurde matter und teilnahmsloſer, ohne daß ihr Gatte * Grund dieſer plötzlichen Veränderung erklären Die Erinnerungen überwälti * * Deike hatte ſin im Dereſt dem Senne für 915 Liebe Walters gedantt, an dieſer Rotdornhecke waren be vom Wagen geſtiegen, um zu Fuß nach dem Wein⸗ dergshäuschen zu wandern, deſſen Dach man hinter den Nußbäumen hervorſchimmern ſah. Es waren die⸗ ſelben Weinanlagen, in denen ſie mit Walter pro⸗ meniert, ſie hörte das Rauſchen des Gießbaches, wie an 5 ausſchuß der Nationalverſammlung angenommenen Entwurf Iſt⸗ 50 be werden, wenn die Gemeinden ausgeſchaltet würden. und Chantam⸗Bahn ſich bereit erklärt haben ſoll, die Arbeit wieder aufzunehmen. Die Regierung bedient ſich zur Ueberſendung von dringenden Briefen und Botſchaften nach den Provinzen der Flugzenge. Wie die Blätter melden, iſt me Regierung der Anſicht, daß eine Einberufung des Parla⸗ ments vor dem Herbſt nicht nötig iſt. Die Eiſenbahngeſell⸗ ſchaften teilen mit, daß eine beträchtliche Zahl von Eiſen⸗ bahnarbeitern, die mit dem Streik nicht einverſtanden ſind, ſich wieder zur Arbeit melden. W. T. B. Amſterdam, 30. Sept. Einer Neuter⸗Meldung auß London zufolge gab Dowuiig⸗Street folgende Meldung aus: Die aus dem Lande eintreffenden Nachrichten beſagen, daß ſo gut wie der geſamte Eiſenbayndienſt eingeſtellt wurde. Unruhen ſind nicht gemeldet Die Regierung richtet in den Straßen Transportdienſte ein, um die Lebens mittelverſor⸗ gung ſicherzuſtellen. Das Reuterbüro meldet, daß Anord⸗ nungen erteilt worden ſind, nach Mitternacht in Cardiff die geſamte Verſchiffung von Kohlen einzuſtellen, ſo daß alle verfügbaren Kohlen den engliſchen Verbrauchern zuguke kommen. Die Angeſtellten der Londoner Automobile, Om⸗ nibuſſe und Straßenbahngeſellſchtften haben beſchloſſen, vom 29. September die Arbeit nicht einzuſtellen und über die Lage zu beraten . Folgen des Ausſtandes WT. B. Amſterdam, 1. Okt. Engliſche Preſſemeldungen treffen mit großer Verſpätung ein. Die engliſchen Zeitun⸗ gen erſcheinen nur in ganz kleinem Umfange. Aus den Be⸗ ſprechungen über die Streiklage geht hervor, daß die Allge⸗ meinheit das Vorgehen der Eiſenbahner ſchroff verurteilt. Die Regierung hat die Oeffentlichkeit gebeten, größtmög⸗ lichſte Sparſamkeit in der Benutzung der Verkehrsmittel walten zu laſſen. Telegraph und Telephon dürfen nur in 7 80 allerdringendſten Fällen in Anſpruch genommen wer⸗ Regierungsmaßnahmen gegen den Streik. T. K. London, 1. Okt. In London werden Maßnahmen gegen den Streik jetzt mit großer Energie durchgeführt. Es iſt jedoch bisher noch nichts geſchehen, um die unmittelbaren Wirkungen des Ausſtandes einigermaßen auszugleichen. Die Militariſierung der Bahnen ſteckt noch in den Anfän⸗ gen. Der Verkehr iſt auf allen Strecken lahmgelegt. Geſtern wurden nur 3 Züge von London nach Edinburg abgelaſſen, ſie blieben jedoch unterwegs liegen. Die Verſuche, zur Auf⸗ rechterhaltung der Verſorgung mit Lebensmitteln, Kraftwa⸗ gen heranzuziehen, ſind durchaus unzulänglich. Vor neuen Streiks in England. a T. U. London, 1. Okt. Die Transportarbeiter, einſchließ⸗ lich der Straßenbahn⸗ und Omnibusgeſellſchaften, die Dock⸗ arbeiter und die Seeleute haben heute nacht eine endgültige Verſammlung abgehalten, um zu beraten, ob ſie ſich dem Streik anſchließen ſollen oder nicht. „T. U. London, 1. Okt. Nach einer Meldung aus Waſhing⸗ kon gibt das Schiffahrtsamt bekannt, daß alle Verſchiffun⸗ gen von den Vereinigten Staaten nach England eingeſtellt Serescez und zwar infolge der Ausdehnung und Dauer des Streikes. Drahtnachnichten 8 Die Verteilung des deutſchen Luftflotte. 71 T. K. Verſailles. 30. Sept. Die Vertreter der 5 alliierten Mächte unter Vorſitz Pichons traten heute vormittag zu⸗ ſammen und nahmen die Vorſchläge über die Verteilung der deutſchen Luftflotte an. Es wurde beſchloſſen, einen Proteſt wegen des Verkaufs verſchiedener Flugzeuge an neutrale Staaten an die deutſche Regierung zu richten. Es wurden Maßnahmen getroffen, um fernerhin ein Abwan⸗ dern deutſchen Materials nach dem Auslande zu verhindern. Die Ratifizierung durch die franzöſiſche Kammer. T. K. Paris, 30. Sept. Nach einer Pariſer Meldung erklärte Clemenceau, daß er die Ratifizierung der Kammer ſpäteſtens in der Nacht vom Donnerstag auf Freitag in Händen haben werde. 5 Die Iſolierung Fiumes. T. K. Bern, 1. Okt. Die Iſolierung Fiumes iſt laut „Se⸗ colv“ vollſtändig durchgeführt. Zeitungen treffen ſeit drei Tagen nicht mehr von dort ein. Sämtliche Verbindungen ſind unterbrochen. Die Grenze gegen Kroatien iſt geſchlof⸗ ſen. Wilſons Erkrankung. T. K. Bern, 1. Okt. Nach einer Radiomeldung aus Wa⸗ ſhington iſt Wilſons Erkrankung ernſter als angenommen wurde. Die ärztliche Unterſuchung hat ergeben, daß Wilſon völlig überarbeitet iſt. Er muß ſich infolgedeſſen einige Mo⸗ 7 nate von den Regierungsgeſchäften zurückziehen und W größte Schonung auferlegen. Hans Thomas 80. Geburtstag Am 2. Oktober wird der berühmte Maler und Gr Profeſſor Dr. Haus Thoma achtzig Jahre alt. Die Ehrungen, die ihm insbeſondere in den drei letzten zehnten zuteil wurden, beweiſen die große Beliebtheit Künſtlers, deſſen Schaffen nach Ueberwindung mancher derſtände allgemeine Anerkennung fand. Hans Thom wurde in Bernau geboren. Als Zwanzig⸗ jähriger verließ er die Schwarzwälder Heimat, um die Kunſtſchule in Karlsruhe zu beſuchen. Seine ſelbſtändige Wirkſamkeit kam immer mehr zur Geltung, und mit ihr be⸗ gann der ruhmreiche Aufſtieg. Nach ſeinem Aufenthalt in Düſſeldorf und Paris kam Thoma auf Veranlaſſung des badiſchen Großherzogs nach Karlsruhe, um von dork aus im Jahre 1870 nach München, der Stätte ſeiner größten Er⸗ folge, zu überſtedeln In dieſer Zeit entſtanden ſeine erſten Hauptwerke: Der Rhein bei Säckingen, das Frühlingsidyll und der Dorfgeiger. 1874 weilte er in Italien. D er dort die Werke des 15. Jahrhunderts ſtudierle, ſchloß er ſich vornehmlich den altdeutſchen Meiſtern an, wie überhaupt ſein gelamtes Schaffen als ein Deutſchſein in der Kun ene en . one a 15 en beſonders ſeit 1890 eintretenden Erfolgen reihten von Jahr zu ahr neue Bilder an. Die Bilder 5 große Gefühlswärme, die übrigens auch ein perſönlicher Weſenszug Thomas iſt. In der Kompoſition treffend, im Tone ſchön und im Empfinden durchgreifend, kann man des Künſtlers Werke kennzeichnen. Seine Motive ſin äußerſt zahlreich; neben landſchaftlichen, religiöſen und dem Leben entnommenen Bildern bearbeitete Thoma die ſeiner Phantaſie entſprungenen Stoffe. Auch ſchöne Nadie⸗ rungen u. viele farbige Lithographien wurden von ihm aus⸗ geführt. So blickt Hans Thoma heute auf eine ebenſo aus gedehnte wie erfolgreiche Schaffenszeit zurück. Er ehört zu den Lieblingsmalern des deutſchen Volkes, das ihm unt ſeinem 80. Geburtstage die beſten Wünſche eee e eee Frühehen und Spätehen. „Ueber das ſehr wichtige Problem der Frühehen und Spätehen, ſowie deren Einwirkung auf Volksvermeh⸗ rung und Vollsgeſundheit hat Dr. Alfred P15 eine Unterſpchung veröffentlicht, über die H. Fehlin⸗ ger in der bei Guſtav Fiſcher in Jena erſcheinenden „Naturwiſſenſchaftlichen Wochenſchrift“ Bericht erſtattet. Als das Alter der Frühehen ſetzt Plötz bei Min⸗ nern die Lebenszeit zwiſchen dem 21. und 25. und bel den Mädchen das Alter zwiſchen 18 und 22 Jahren an. Heiratet ein Paar, wo der Mann noch nicht 21, das Modchen noch nicht 18 Jahre alt iſt, ſo iſt dieſe Ehe als eine vorzeitige zu bezeichnen. Am anderen nde der Reihe ſtehen die Spätehen, die von mehr als 30. jährigen weiblichen und mehr als 35jährigen männ⸗ lichen Perſonen geſchloſſen werden. Die Statiſtik der Eheſchließungen zeigt, daß bei uns die Zahl der Früh⸗ ehen bemerkenswert gering iſt; denn im Jahre 1973 ſland nur etwas mehr als ein Viertel der eheſchließen⸗ den Männer und Mädchen, in dem die Frühehe bezeich⸗ nenden Alter. Lehrreich iſt ein Vergleich über die Häufigkeit der Frühehen in Deutſchland und in Rußland: von je 1000 eiratenden männlichen Perſonen ſtanden zu Beginn die⸗ ſes Jahrhunderts im Alter von weniger als 20 Jah⸗ ren in Rußland 325, in Deulſchland aber nur 6, wäh⸗ rend von je 1000 heiratenden weiblichen Perſonen in Rußland 571 und in Deutſchlaud 161 weniger als 20 Jahre alt waren Die Frühehe ſpielt alſo in der Be⸗ völlerungsbewegung Rußlands eine unvergleichlich viel größere Rolle als bei uns, und damit ſtehen auch dle Geburtenziffern im Einklang: in Rußland betrug im Johre 1911 die Geburtenhäufigkeit 5,1 aufs Tauſend, in Deutſchland betrug ſie nur 28,6 aufs Tauſend der Bevölkerung. Unzweifelhaft wirkt die Häufigkeit der Frühehen unmittelbar auf das Steigen der Geburten⸗ zahlen, während Spätehen ſicherlich wohl zumeist kin⸗ derarm bleiben. Es käme alſo für die deutſche Volks⸗ vermehrung in erſter Linie darauf an, die mittelzeiti⸗ gen Ehen der Männer von 25 bis 35 und der Fraues von 22 bis 30 Jahren in Frühehen zu verwandeln Al⸗ jenem Abend, als Walter ihr ſeine Liebe geſtand. Zum großen Erſtaunen des jungen Mannes ſagte Gertrud keine Silbe mehr, und es kam ein Lächeln bis zum Halten des Wagens vor dem Weinbergshäus⸗ chen unter den Nußbäumen nicht mehr in ihr Ge⸗ ſicht. Auf der Schwelle wurden ſie von dem alten Hintze und ſeiner Frau empfangen. Die Geſichter des alten Ehepaares waren unverändert geblieben und eigten den an ihnen gewohnten freundlichen Aus⸗ rück, als ſie die jungen Leute begrüßten. a „Willkommen, junges Frauchen!“ rief Vater Hintze, „und auch Sie, Herr Eberhardt, ſeien Sie mir herzlich willkommen! Wir haben Sie ſchon lange erwartet! Sie arme, junge Frau, Sie haben heute nicht ſo roſige Wangen wie damals, als Sie mit dem feinen jungen Herrn kamen, der Ihre Schweſter geheiratet hat. Aber nur Geduld! Wenn Sie unſere friſche Bergluft erſt einige Zeit genoſſen haben, dann wird die Farbe ſchon wiederkommen.“ 1 Die prophezeite Wirkung ſtellte ſich ſchon früher ein; ſie kam ganz unmittelbar; aber freilich aus einer anderen Urſache. Die Anſpielung auf Walter in Ge⸗ genwart ihres Gatten färbte die Wangen Gertruds purpurrot, und ſie wurde ſo verlegen, daß dies Fritz nicht entgehen konnte. Dies ſonderbare Benehmen ſeiner Frau ließ bei Fritz ſeine Vermutungen von früher erwachen, und er fragte ſich, ob die Erinnerung an den Doktor nicht die Urſache der geheimen Schwer⸗ mut ſei, die ſich Gertruds auf dem Wege bemächtigt hatte: Aber er blieb genügend Herr über ſich, um ſich nichts anmerken zu laſſen. Er beeilte ſich, die junge Frau in das Innere des Hauſes zu führen und ihr die ſehr nett und anheimelnd eingerichteten Zimmer zu zeigen. Das eine davon war das Wohn⸗ und Speiſezimmer, das andere war ein bequem ein⸗ gerichtetes Schlafzimmer. g 4 a In dem Wohnraume war ein Imbiß bereitge⸗ halten und die jungen Eheleute ſetzten ſich einander gegenüber. Das Geſchwätz der Mutter Hintze füllte die Pauſen aus, wenn die Unterhaltung zwiſchen ihnen ins Stocken kam, und nachdem man gegeſſen und ge⸗ trunken hatte, ging man in den Obſtgarten, wo die Bäume ſchon Früchte angeſetzt hatten un Schatten verbreiteten. In den büchsbaumeingefaßten Beeten blühten Nelken und Reſeda und erfüllten die Luft mit ihrem Wohlgeruch. Die Sonne ſtand ſchon niedrig am Horizont, und mehrere Nachtigallen ſchlugen aus dem Gebüſch in der Nähe. Es war ein Abend wie geſchaffen zu Liebesſchwärmereien, und Fritz, obwoßt im ganzen nicht romantiſch veranlagt, unterlag unwill⸗ kürlich dem Einfluſſe dieſes Frühlingstages. Er hatte den Arm Gertruds genommen, und ihn feſt gegen ſeine Bruſt drückend, huſtwandelte er mit ſeiner fungen Fran in den Gängen des Gartens auf und ab. Dabei ge⸗ langten ſie ſchließlich an das äußerſte Ende desſelbes, wo eine Holzbank einen einladenden Sitz zwiſchen den Nußbäumen und Fliederbüſchen bot. 5 Gertrud erkannte ſofort den Platz wieder, wo ſie an jenem Abend im Herbſt geſeſſen hatte mit Walter, und die lebhafte Bewegung ihres Herzens zwang ſie, einen Augenblick ſtehen zu bleiben. 9 „Du biſt müde,“ ſagte Fritz, „ich ſchlage vor, daß wir uns hier ein wenig nfederlaſſen.“ i „Nein, nein,“ wehrte ſie, mit einer Lebhaftigken ab, die ihrem Gatten auffallen mußte. „Einige Minuten nur, der Abend iſt ſo ſchön, ſch bitte dich darum.“ 5 „Nein,“ wiederholte ſie entſchieden, „ich fühle die Kühle des Abends und will ins Haus gehen.“ Sie wandte der Bank den Rücken und ging dem Hauſe zu. Fritz folgte ihr, er war ſehr nachdenklic geworden. Bei dem Nachgrübeln über dieſes ſonder bare Benehmen erinnerte er ſich daran, daß One Arnold damals, als ſie im Herbſt zuſammen hier waren, etwas davon fallen gelaſſen hätte, daß er den Doktor und Gertrud ganz am Ende des Gartens an einer Bank erſt habe aufſuchen müſſen. Je mehr er ſich in dieſe Erinnerung vertiefte, um ſo mehr gewann die Wahrſcheinlichkeit in ihm Raum, daß zwiſchen Ger trud und dem Doktor Beziehungen bestanden hatten, Es war ihm, als ob eine eiskalte Hand an ſein dei griffe. Ein Gefühl unbändiger Eifer ſucht gewann die Oberhand in ihm und verdüſterte ihm herrlichen Frühlingsabends. 1 5 den Neſt dieſes 4 5 i t