auf ſich warten Laſſen Unruhen in Indien. Die „Times“ melden aus Bombey, aß in Hodeida die Eingeborenen das britiſche Hoſpital kürmten, die Wachen und Polizeibeamten thteten und schließ: ich faſt die ganze Stadt beſetzten. Ein balbes Batallon Brahminen und zwei Minernzeſafgen nach Bo 1 85 4 n find infolgedeſſen a ird, it ein Angriff mit einer Wie gemeldet wird. b W trächtlichen Truppenmacht auf die Eingeborenen bereits „ e in Spanien. Hier taucht die i er Grippe i Hier F Berſchledene Blätter melden Grippefälle in der Hauptſtadt und in den Provinzen. Eine jemli rk verſeucht. Die Behörden ver⸗ aſerne war ziemlich ſta und 5 5 s ſich um Einzelfälle handelt e bet naß men zur Berhlikung der Ausbreitung getroffen ſind. Drahmachriehten. Vollſtändige Stillegung des Eiſenbahnverkehrs in England. Tu. Rotterdam, 29. Sept. Nach Londoner Meldun⸗ gen liegt der geſamte Eiſenbahnverkehr ſtill. „Daily Mail“ ſchreibt, die Regierung beabſichtigt den Kampf mit allen Mit⸗ teln weiterzuführen. Die Eiſenbahnen werden von Trup⸗ ven bewacht. Die Demobiliſation iſt eingeſtellt. Mobiliſierung in Lettland. W. T. B. Mitan, 80. Sept. Die lettländiſche Regierung hat die Mobiliſierung aller in den Jahren 1892 bis 1900 Gebo⸗ renen anbefohlen. e Bombardement auf Kronſtadt. 8 1 Helfingfors, 30. Sept. Kronſtadt wird täglich von eng⸗ lſchen Fliegern bombardiert. Die Bevölkerung der Stadt durchlebt angſtvolle Tage. In den letzten Wochen wurden die Feſtungswerke der Stadt mit 90 000 Kilo Sprengſtoff belegt. b . Zuverſichtliche Aeußerungen Trotzkijs. WTB. Amſterdam, 29. Sept. Engliſchen Blättern vom 25. September zufolge hat nach einer Radiomeldung aus Moskau Trotzkij auf dem Kongreß weiblicher Arbeiter in Moskau erklärt, er könne nach allen ihm zur Verfügung ſtehenden Informationen mitteilen, daß der ruſiſche Sowjet jede Ausſicht auf einen vollſtändigen und abſoluten Sieg habe. Weder Lloyd George noch Clemenceau noch Wilſon werde es wagen, dem Willen des weſteuropäiſchen Prole⸗ tarfats entgegenzuhandeln. Sie ſeien nicht in der Lage, groſte Armeen abzuſchicken, ſondern ſie ſeien gezwungen, ſich auf kleine, freiwillige Streitkräfte zu beſchränken. Wir ſind, . 5 nicht länger von ausländiſchen Interventionen 3 „Die Diktatur der Mitte.“ In der politiſch intereſſterten Oeffentlichkeit wird zur ein in der „Glocke“ erſchienener Artikel des Mehrheits⸗ n Exwin Barth lebhaft erörtert, der ſich mit der einer „Diktatur der Mitte“ befaßt. Für unſere Le⸗ ßer dürſte es von Wert ſein, die Ausführungen Barth's im weſentlichen kennen zu lernen. Sie lauten: „Das iſt das Grundübel unſerer fürchterlichen Not: Es wird geredet und geredet in Deutſchlnd und man kommt vor lauter eRden zu keiner poſitiven Handlung. Das Volk iſt zerriſſen in ein Dutzend Parteien, von denen jede ein⸗ elne behauptet, das ganz allein richtige Programm für den Neubau Deutſchlands zu beſitzen. In Wirklichkeit ſind ſie alle kopflos. In anarchiſtiſchen Zuſtänden, in denen wir uns nach dem Eingeſtändnis wohl aller Menſchen befinden, Pelfen ſchöne Diskuſſtonen und wohlgemeinte Berge gedruck⸗ ten Papiers nicht mehr. In einer ſolchen Zeit bedarf es des entſchloſſenen Willens, einer einheitlichen Führung, um 775 Volk wieder mit Vertrauen zu ſeiner Zukunft zu er⸗ en. Die Linksparteien glauben mit dem Syſtem der Räte⸗ Perrſchaft Deutſchland reibungslos aus dem Chaos heraus⸗ hren zu können. Daran glaube ich nicht! Ich will hier gar keine Anſpielungen auf Rußland und Ungarn machen, ich will mich vielmehr dahin zuſammenfaſſen, daß auch die Näteherrſchaft vom erſten Tage an wieder Kampfobjekt der Parteien ſein würde und den Knoten doch nicht löſen könnte, ohne vorher durch monatelange Verſammlungsdiskuſſionen Karren noch tiefer in den Dreck gefahren zu haben. Die letzte Rettung wäre, nachdem man in ewig dauernden Dis⸗ Kuſſionen die Unmöglichkeit zu einer raſchen Rettung ein⸗ 1 Im Hauſe Dettinger. Emme Schweizer Familien geſchichte von Heinrich Köhler. (Nachdruck verbeten. Der brave Fritz wußte gar nicht, wie ihm geſchah, als er ſeine junge Frau ſo frohgelaunt, ſo lebhaft und zugänglich fand. Er vergaß darüber ſeine Be⸗ rchtungen vom geſtrigen Abend, und er ſah ſie mit euchten Augen an. Sie ließ plötzlich die Blumen auf den Tiſch zurückfallen und ergriff lebhaft die kräftige Hand ihres Gatten, die ſie in der ihren drückte. 15 „Du biſt ſo gut,“ ſagte 1 gerührt, „höre mich an, Fritz. Bis jetzt habe ich dir nur Qual und Lange⸗ weile verurſacht, und du wirſt eine ſchlechte Meinung von mir bekommen haben. Aber jetzt, da es mir beſſer geht, will ich alle Verſprechungen halten, die ich dir machte, als wir uns heirateten. Sobald meine Kräfte vollſtändig zurückgekehrt ſind, werde ich mich dem Haus⸗ Halt widmen und unſere kleine Wohnung immer ſo Halten, daß du dich nach getaner Arbeit wohlfühlſt.“ 15 bewegt, „ich werde ſchon zufrieden ſein, wenn ich ſehe, daß du nicht bedauerſt, mich geheiratet zu haben“ 5 Er umarmte ſie, und ſie hielt ihm ſchüchtern die Wange hin. Er aber preßte ſie feſt in ſeine Arme und küßte ſie wieder und immer wieder. Ah, ſagte er mit einem tiefen Seufzer, indem er ſie 129 in den Lehnſtuhl ſinken ließ, „jetzt bin ich 5 5 en. Ich merke, daß es mit uns beiden noch — 85 198 geſtalten wird. Du ſiehſt, Gertrud, daß Das N ſchwierig iſt, mich glücklich zu machen und Rezept dazu in deiner Hand trägſt.“ 46 auf den d ſte gemeinſchaftlich an dem runden Fälkiz 2% Va Frühlingsblumen die Gertrud ſorg⸗ ältig in eine Baſe geſtellt hatte, dufteten, und Fritz ließ behaglich die Blicke durch Zimmer ſchweifen, das Das durch den warmen Märzſonn l . erhellt . 5 8 Würzſonnenſchein id freundlich „Siehſt du,“ rief er, als di 1 7 i 1 9 nach dem Nachtiſch eine Taſſe Kaffee 31 1 — 5 Maſchine bereitete, „das iſt die erſte gemütliche Mittags⸗ „Ich danke dir, Gertrud,“ antwortete Fritz ſehr geſehen hätte, wenn ein enkſchloſſener Mann aufſpränge und durch die Tat, durch die Diktatur den Redereien ein Ende machte. Dieſe Diktatur würde einſetzen, nachdem weitere ſchwerſte Schädigungen der Volkskraft eingetreten ſind, nach⸗ dem ſich zu den Hunderttauſenden an Unterernährung be⸗ reits Geſtorbenen weitere Hunderttauſende geſellt hätten und nachdem blutige Kämpfe weitere große Menſchenziffern ausgelöſcht hätten. Die Rechtsparteien ſehen in dem brodelnden Hin und Her der deutſchen Wirtſchaft und in ihrer Verzweiflung über die ſtarke Lockerung der Bande einer vernünftigen Ord⸗ nung in der Militärdiktatur und in der Wiedereinſetzung der früheren Herrſchaftsverhältniſſe wirtſchaftlicher und po⸗ litiſcher Art das Heilmittel. Bei dem ſtarken Mißtrauen, das namentlich in den Schichten der unteren produktiven Stände gegen die Monarchie und die ſchrankenloſe kapitali⸗ ſtiſche Wirtſchaft beſteht, würde eine Syſtemänderung nach dieſer Richtung Kampf und Blut koſten und eine weitere Schwächung der deutſchen Volkskraft. Die Diktatur von rechts wäre genau ſo eine Einſeitigkeit wie die Diktatur von links, ſie wäre parteimäßig abgeſtempelt und würde die ee ee des deutſchen Volkes nicht beſeitigen önnen. Was will ich alſo mit meiner „Diktatur der Mitte?“ um es auf eine kurze Formel zu bringen: Ich ſehe die Rettung unſeres Volkes nur darin, daß ſich alle wahrhaften Freunde des Volkes, gleichviel welcher Parteirichtung, gleichviel wel⸗ cher ſozialen Stellung, mit einem energiſchen Ruck frei ma⸗ chen von den läſtigen Parteirückſichten. Ich will, daß dieſe Feſſeln, die weite Kreiſe des Volkes immer zu einer ein⸗ ſeitigen Behandlung der Rettungsaktion zwingen, über Bord geworfen werden, daß alle Männer, die poſitiv mitwirken wollen an einem Aufbau unſerer Wirtſchaft, an dem das Le⸗ ben unſeres Volkes hängt, ſich geſchloſſen auf einer Linie finden, auf der einſeitige Intereſſen, perſönliche Sondervor⸗ teile und ſoziales Unrecht keinen Platz haben ſollen. Ich will, daß die Führung dafür ſtraff in eine Hand gelegt wird und ſolauge darin bleibt, bis Ordnung und Ruhe wieder eingekehrt ſind. . Von ehrlichen Menſchen ſind politiſche Parteien nie au⸗ ders verſtanden worden, denn als Werkzeuge zur Beſſerung der Geſamtlage des Volkes. Parteien ſind nicht Selbſtzwetk, fondern Mittel zum Zweck, der Zweck iſt die Volkswohlfahrt, und wenn das Mittel zu gegebener Zeit ein anderes ſein muß, um dem Volk Rettung zu bringen, ſo muß die Partei zurücktreten. Parteien, die je geglaubt haben, in erſter Linie um ihrer Organiſation willen zu beſtehen, ſollen ver⸗ schwinden, beſſer heute als morgen. Wir gehören zuſammen, ſind durch Blutsbande unlösbar verknüpft. Wir als einzelne gehen mit unſerem Volk zu⸗ grunde oder blühen mit ihm auf. Und darum muß in un⸗ ſerem eigenen Intereſſe die Sorge für die Geſamtheit des Volkes uns am höchſten ſtehen. f ö ö Was das Volk in dieſer Zeit bitterſter Not und ſteigen⸗ den Elends braucht, iſt geſteigerte Arbeitsleiſtung und eine Verteilung der Lebensgüter in der Weiſe, daß auch der Aermſte und Letzte, der die Notwendigkeit des Aufſtieges unſeres Volkes durch ſein Verhalten bejaht, die Möglichkeit, ſich ſatt zu eſſen beſitzt. Das heißt, daß mit rückſichtsloſer Energie, und wenn es ſein muß, mit brutaler Gewalt, gegen alle diejenigen vorgegangen werden muß, die jetzt noch glauben, nicht poſitiv am Aufbau der Volkskraft mit⸗ tun zu brauchen. Die ſchwere Vergeudung an wirtſchaft⸗ lichen Gütern durch grenzenloſen Luxusverbrauch auf der einen Seite und durch Untätigkeit auf der anderen Seite muß jetzt aufhören. Die erſte Aufgabe iſt, nicht Lebens⸗ güter zu zerſtören, ſondern ſolche neu zu ſchaffen! Wer verbraucht, ohne entſprechend zu produzieren, wenn die Mög⸗ lichkeit dazu gegeben iſt, der iſt ein Paraſit, ein Schädling an der Volkskraft; und ihm gegenüber muß verfahren wer⸗ den wie es der Gärtner mit den Schädlingen ſeiner Pflan⸗ zen tut: ſie müſſen unſchädlich gemacht werden. Die Geſell⸗ ſchaft hat kein Intereſſe an ſolchen Menſchen, die ihre Werte verzehren; ſie hat Intereſſe au denen, die Werte neu er⸗ zeugen. Denen muß Schutz werden. Für dieſe muß alles nur Erreichbare beſchafft werden. Und es kann vieles für ſie 1 werden, wenn entſchloſſen und ſcharf zugepackt wird. Dazu reicht jetzt, wo der Mann im Waſſer liegt und um ſein Leben ringt, nicht mehr ein vielköpfiger Beratungs⸗ körper aus, der redet und redet und ſich die Köpfe zerbricht, wie man die Rettungsaktion anzupacken habe, ſondern ein entſchloſſener Wille, der all die ſchwankenden Geſtalten auf die Seite drückt nud mutig ohne Zögern ans Werk geht. Dieſer Mann — ich betone nochmals, nicht ein vielköpfi⸗ ges, in unzählige Kompetenzen verſtricktes und nicht zur Aktion kommendes Beratungsungeheuer — muß als Führer au die Spitze geſetzt werden. Es muß ein Mann ſein mit glühendem Herzen für ſein Volk, der mit dieſer Liebe die Aber ruhe, die mir ſeit unſerer Hochzeit zuteil wird. es wird nicht die letzte ſein, denke ich. Gertrud, mein Liebling, du ſollſt es nicht bereuen, zu mir Vertrauen gefaßt zu haben. Ich will alles tun, um dich glücklich zu machen. Für den Augenblick haben wir nur daxan zu denken, dich vollſtändig wiederherzuſtellen und wollen die friſche Luft dazu zu Hilfe nehmen. So⸗ bald das Wetter noch etwas wärmer iſt, werde ich einen Wagen mieten, und wir fahren aus. Am beſten aufs Land, die Landluft wird dich kräftigen. Du ſollſt ſehen, welch behagliches Leben wir miteinander führen werden!“ . Als ſeine Zeit um war, ging er glückſtrahlend ins . hinunter, um ſein Tagewerk wieder aufzu⸗ nehmen. Während der folgenden Wochen, welche die Wieder⸗ herſtellung Gertruds noch in Anſpruch nahm, blieb der Ehehimmel der Neuvermählten ungetrübt. Es war ein herzliches Verhältnis, das für die Zukunft das Beſte hoffen ließ. Die Schwäche der jungen Frau erfor⸗ derte noch die äußerſte Schonung, und Fritz achtete darauf, daß ſie ſich keinen Anſtrengungen ausſetzte. Gertrud gab ſich die größte Mühe, ſich ihrem Manne aufmerkſam, ergeben und liebenswürdig zu zeigen, und es koſtete ſie keine Ueberwindung, dies zu tun. Das ruhige Glück der jungen Eheleute warf ſeinen Schimmer über das ganze Haus. Frau Oettinger war entzückt von der Wendung, spelche die Dinge genommen hatten, und Onkel Arnold rieb ſich die Hände und klopfte gelegentlich Fritz auf die Schulter, wobei er ihm voll Genugtuung beſtändig wiederholte: „Nun, mein Junge, was habe ich dir geſagt? — Man muß die Frauen nur zu behandeln verſtehen.“ Gegen alles Erwarten erholte ſich Gertrud in⸗ deſſen nur ſehr langſam. Innerhalb der Mauern des alten Geſchäftshauſes blieb ſie bleich und ſchwach. Der Arzt riet zu einem längeren Aufenthalt auf dem Lande. Man befand ſich im Anfang Mai, und der Frühling brachte außergewöhnlich warme Tage. So machte Fritz ſeiner Frau unter Zuſtimmung ſeiner Schwiegermutter und des Onkels den Vorſchlag, nach dem Weinbergs⸗ * häuschen überzuftedeln und dort die ſchöne Jahres⸗ ſetzte ſich in Bewegung zeit zu verleben. 777 jeden trifft, der ſich am Gemeinwohl verſündigt Noch iſt's Zeit. Es iſt die letzte Stunde all aur Befinnung. Die Verzweiflung und das Elend, in das un, fer Volk immer tiefer hineinſinkt, hat die Parteigegenſatze aufs äußerſte getrieben. Und die Zeit des Umſchtages nicht mehr fern. Dann aber wird es die Diktatur der einen Seite ſein, die angefüllt iſt mit der ganzen Verbiitenm über die Unentſchloſſenheit der deutſchen Volks führung aß die dadurch in einſeitige Betrachtung der Dinge hinein, zogen worden iſt. Die Diktatur der Mitte ſoll ſich freitze ten von Parteibedürfniſſen, ſoll nur das Volk ſelbſt um ſeine Bedürfniſſe in allen Handlungen vor Augen haben und ſoll dadurch den geſchwundenen Glauben des Volkes an eine glückliche Zukunft wieder erzeugen. 4 Der Mann, der die Zügel jetzt au ſich nehmen muß, ba ſich freizuhalten von jeder einſeitigen Vorliebe für dieſen oder jenen. Er muß durch ſeine Taten ſich erzwingen, nach Möglichkeit jede arbeitsfähige Kraft ſich an der Ret tung beteiligt, und daß alles Privatvermögen ſich in den Dienſt des Volkes zu ſtellen hat. ö Ich rede als Sozfaldemokrat ſo. Als ein Mann, der woßl weiß, was in den Parteien an guten Kräften wachgerufen wird. Der Ideeninhalt der einzelnen Parteien bleibt immer beſtehen, auch wenn die äußere Form zeitweilig leidet oder ſich umgeſtaltet. Ich bekenne mich zum Sozialismus, darum will ich, daß zunächſt die neue Kräftigung unſerer Wirt⸗ ſchaft erreicht wird, daß die Anarchie, das brodelnde Durch⸗ einander in der deutſchen Wirtſchaft zunächſt verſchwindet und daß zunächſt alle Vorausſetzungen für die Sozialiſiern der Geſellſchaft erzeugt werden. Ich habe den Glauben daß mein Vorſchlag einer vorübergehenden Diktatur der Mitte in ehrlichem, entſchloſſenem und überzeugtem Sinne Förderung der gemeinſamen Volksintereſſen dienlich iſt Nur hört jetzt auf zu reden! Jetzt muß gehande — den, weil gerettet werden muß?!!! . e N „ Das Räteſyſtem. In der Abſicht, in die bochgehenden Wogen der eingeriſſenen wirtſchaftlichen und politiſchen Anarchie glättendes Oel zu gießen, gab die Regierung von Wei mar aus am 1. März das Verſprechen, die „Räte“ i das deutſche Wirtſchaftsſyſtem einzuführen. Man ver⸗ hieß zur politiſchen auch die wirtſchaftliche Demokratie. „Wir werden,“ ſo hieß es, „die Organe der wirtſchaſt⸗ lichen Demokratie ausbauen: die Betriebsräte, die aus 8 3 3E TTT—T—T—T—T—— 2 freieſten Wahlen hervorgegangene berufene Vertreter al⸗ el ler Arbeiter ſein müſſen. Wir werden das Ziel der en wirtſchaftlichen Demokratie: die konſtitutionelle Fabrik ln 1 auf demokratiſcher Grundlage“ Alſo das Räteſpyſtem ſoll auch in die deutſche Volſs⸗ il wirtſchaft eingeführt werden. Manche haben ſich beim erſten Hören des Wortes gewaltig daran geſtoßen, daß lit die Heimat des Räteſpſtems — Rußland iſt und ſeine i Mutter die ruſſiſche Revolution von 1905. Als polen 10 tiſche Inſtanzen, als welche ſich die Räte in Rußland gebärdeten, waren ſie in Deutſchland unbrauchbar, ſollte nicht die ganze Regierung mattgeſetzt und das Land dem Chaos überantwortet werden. Es galt daher den Ge⸗ danken, auf dem ſich nun einmal gewiſſe Maſſen ver⸗ biſſen hatten, darauf hin anzuſehen. ob er vielleicht etwas Brauchbares enthalte, das ſich dann der hoch⸗ entwickelten deutſchen Wirtſchaft einordnen ließe. Daß ein brauchbarer Kern in dem Rätegedanten enthalten iſt, wer wollte das bezweifeln: es iſt bei ee nauerem Zuſehen nicht einmal etwas Neues, ſondern der alte Gedanke der berufsſtändiſchen Vertretung iu dem Gewand der wirtſchaftlichen Demokratie. Einen brauchbaren Kern wird man dort nicht beſtreiten, we man als wichtigſte Lehre nicht bloß der wirtſchaftlichen Anarchie der letzten Monate, ſondern der ſozialn Kämpfe der letzten Jahrzehnte überhaupt erkannt hat, daß es gilt, die Arbeiterſchaft in eine engere Verbin⸗ dung mit den Betrieben zu bringen. Seitdem die Ein⸗ flellung der Maſchine in die Warenerzeugung Kaplal wt und Arbeit, die beiden wertſchaffenden Faktoren, aus, un einandergeriſſen hat, ſeitdem vollends das Verhältnis fil zwiſchen beiden zu einem wenn auch leicht verdeckten, aber oft genug auch offen zutage tretenden irſegszu ſtand geworden iſt, war es der Gegenſtand der Sorge aller ſozialpolitiſch denkenden Kreiſe, dieſes Verhältnis zu einem freundlichen umzugeſtalten. Schri et um Schriſt 3 — —̃— — — Das iſt eine ausgezeichnete Idee!“ rief der Onkek. „Gertrud befindet ſich dort beſtändig in friſcher Luft und hat den alten Hintze zu ihrer Geſellſchaft. Fritz kann täglich gegen Abend hinausradeln, um zum Abe eſſen bei ihr einzutreffen. Es iſt alſo abgemacht, Trudchen!“ Gertrud hätte jeden anderen Aufenthalt dem auf dem Weinbergshäuschen vorgezogen, an das die füfßeſten und zugleich ſchmerzlichſten Erinnerungen ihres Le bens ſich für ſie knüpften. Sie wollte ja mit ihnen abgeſchloſſen haben und glaubte manchmal, daß es geſchehen ſei, aber ſie fühlte ſich doch nicht feſt 9 113 ckte um nicht die Rückfälle zu fürchten. Indeſſen eine Weigerung nicht begründen, und ſo ni ſie zuſtimmend mit dem Kopfe. „Bravo!“ ſagte Herr Oettinger. „Ich werde ale peach morgen die Sache in die Hand nehmen und en alten Hintze erſuchen, die beiden großen Zimmer zu räumen. Die nötigen Möbel ſind bald hinausge⸗ ſchafft.“ Dank der eifrigen Tätigkeit des Onkels waren die beiden fraglichen Zimmer innerhalb einer Woche zur Wohnung für die junge Frau bereit. Frau Oettin⸗ Har legte noch die letzte Hand an, um alles recht be⸗ haglich zu machen, und am erſten Juni wurde die Ueberſiedelung vorgenommen. Ein bequemer Landauer hielt nach der Mittags pauſe vor dem Geſchäftshauſe am Marktplatz, un das junge Ehepaar nahm darin Platz. Der Onkel wäre gern mitgefahren, um ſich an der freudigen Ueber raſchung Gertruds zu weiden, wenn ſie ihr Sommer heim in Augenſchein nahm, aber Fritz bat ihn, Geſchäft zu bleiben. Es machte ihm Vergnügen, ſeim Frau für ſich allein zu haben und ſie ſelbſt in i neues Heim einzuführen. „Schön, einverſtanden,“ flüſterte Onkel Arnold Fritz auf die Schulter klopfend, dieſem ins Ohr: en macht euch alſo allein auf den Weg, bei einem ſo jungem Paar iſt ein Dritter allerdings nur ein Störenfreeh Du kannſt nun denken, es geht auf die Hochzeitsreiſ, Er machte dem Kutſcher ein Zei und der Wag